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Archiv "Medikamentenbedingte QT-Verlängerung und Torsade de pointes: Frequenzkorrektur der QT-Zeit" (06.01.2003)

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(1)

Beachtung der QT-Zeit bei Verordnungen

Möglicherweise sind durch Medika- mente hervorgerufene ventrikuläre Arrhythmien eine der Hauptursachen des plötzlichen Todes. Das Auftreten von Torsade-de-pointes-Tachykardien ist mit einer verzögerten Repolarisati- on assoziiert, und in den meisten do- kumentierten Fällen wurden im Inter- vall sehr lange QTc-Zeiten gemessen.

Ich habe jedoch Zweifel, ob QTc-Zei- ten über 500 ms eine notwendige Vor- aussetzung für Torsade-Ereignisse sind. Gut dokumentiert sind vor allem die vorhersehbaren Fälle, in denen ei- ne Monitorisierung bereits vor dem tachykarden Ereignis bestand. Das sind häufig Intoxikationszustände, die mit wesentlich verlängerten QT-Zei- ten und gleichzeitig mit gehäuftem Auftreten ventrikulärer Tachykardien einhergehen.

Der plötzliche Tod ist dagegen in der Regel nicht hinreichend doku- mentiert, und die QT-Zeiten sind un- bekannt. Dieser Umstand bewirkt ei- ne Verzerrung zugunsten der Korrela- tion zwischen Torsade und QT-Zeit.

Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit ei- ner ventrikulären Tachykardie bei mäßig verzögerter Repolarisation ge- ring wäre, müsste dies nicht für die ab- solute Anzahl tachykarder Ereignisse gelten, da mäßige Verlängerungen ent- sprechend häufiger sind.

Plötzliche Todesfälle sind unter zahlreichen Substanzen aufgetreten, die, wie Haloperidol, nur mäßige QT- Zeit-Veränderungen bewirken. Die Ursache mancher unvorhergesehenen Todesfälle ist vielleicht nicht die selte- ne extrem verlängerte, sondern die häufigere mäßig verlängerte QT-Zeit.

Ich möchte dafür plädieren, die QT- Zeit bei Verordnung einschlägiger Substanzen generell sehr aufmerksam zu beobachten.

Es scheint mir nicht zweckmäßig zu sein, eine Zeit in der Einheit ms½oder ms2/3anzugeben, auch wenn sie „korri- giert“ ist. Das ist eine Frage der Form, nicht des Inhaltes. Wenn zum Beispiel die Bazett-Korrektur als QTc: = QT*

(f/f0)½ angegeben wird, wo f die ge- messene Herzfrequenz in 1/min und f0

= 60/min bedeuten, dann hat QTc auf

natürliche Weise dieselbe Dimension wie QT. Insofern ist die Angabe in s oder ms eigentlich keine „Vereinfa- chung“, sondern einfach nur vernünf- tig.

Dr. med. Bernhard J. Connemann Psychiatrische Universitätsklinik Leimgrubenweg 12

89075 Ulm

E-Mail: bernhard.connemann@medizin.uni-ulm.de

Frequenzkorrektur des QT-Intervalls

In Tabelle 1 leiten die Autoren aus den klassischen Formeln zur Frequenzkor- rektur des QT-Intervalls Zeiteinhei- ten mit gebrochenen Exponenten ab und favorisieren sie als die „mathema- tisch richtigen“. Nimmt man die For- meln so, wie sie dastehen, trifft das auch zu. (Jedoch müsste QTc nach der Fridericia-Formel dann aber die Ein- heit s2/3haben.)

Sowohl mit der Formel nach Bazett als auch mit der nach Fridericia wird beabsichtigt, QT auf einen Wert zu korrigieren, der sich ergäbe, wenn das Herz des untersuchten Menschen mit einer Frequenz von 60 min-1 schlüge.

Es gibt demnach keinen sachlichen Grund, QTc in einer anderen Maßein- heit zu messen als QT. Das Problem besteht darin, dass die Formeln bezüg- lich der Maßeinheiten nicht korrekt sind.

Diese Korrekturformeln wurden empirisch gefunden und haben sich of- fenbar in der Praxis bewährt. Anders als bei physikalisch exakt hergeleite- ten Formeln versagt bei empirischen Formeln nicht selten die Maßeinhei- tenrechnung, das heißt, es müssen zu- sätzliche Informationen über die zu verwendenden Maßeinheiten gegeben werden. In der Tabelle 1 haben die Au- toren das auch getan, aber leider ver- mischt mit Maßeinheitenrechnung.

Vollständige und richtige Angaben zu den verwendeten Formeln sind etwa:

RR in Sekunden, QT in Sekunden, QTc in Sekunden.

Eine saubere Lösung des Maßein- heitenproblems in den genannten For- meln ist möglich, wenn man den RR- Abstand unter dem Wurzelzeichen durch eine Sekunde dividiert. Die Wur-

zel wird dann aus einer reinen Zahl ge- zogen, und der reziproke Wert des Er- gebnisses ist der Korrekturfaktor des QT-Intervalls. In (1) ist dieses Verfah- ren exakt begründet worden.

Dass es sich hierbei nicht um akade- mische Spitzfindigkeiten handelt, er- hellt sogleich, wenn man bedenkt, wel- che Konsequenzen es hätte, ernsthaft mit den von den Autoren verwendeten Maßeinheiten für QTc zu rechnen.

Beispielsweise wären dann 0,5 s½ nicht etwa 500 ms½, sondern 15,8 ms½. Ganz andere Umrechnungsfak- toren entstünden, wenn auf diese Wei- se nach Fridericia korrigiert worden wäre. Das ist verwirrend und belastet unnötig den ohnehin komplizierten Sachverhalt.

Literatur

1. Molnar J, Weiss JS, Rosenthal JE: The missing second:

What is the correct unit for Bazett corrected QT inter- val? Am J Cardiol 1995; 75: 537–538.

Dr. med. Helmut Nocke Institut für Physiologie Otto-von-Guericke-Universität Leipziger Straße 44 39120 Magdeburg

Frequenzkorrektur der QT-Zeit

Die Einheit s½macht keinen Sinn. Viel- mehr ist die absolute QT-Dauer immer in s oder ms, die relative dimensionslos oder in Prozent anzugeben.Als QT-Zeit von 100 Prozent ist 0,39 s bei einer Herz- frequenz von 60 min-1definiert. Die Fre- quenzkorrektur erfolgt nach der Formel QTs = 0,39 s ⫻√60min-1/H¬F, wobei QTs die frequenzkorrigierte Soll-QT-Zeit von 100 Prozent ist. Dann dividiert man die gemessene QT-Zeit durch QTs. Das Ergebnis ist dimensionslos und kann nach Multiplikation mit 100 in Prozent angegeben werden.

Beispiel:

HF = 80 min-1und QT = 0,40 s.

QTs = 0,39 s ⫻√60min-1/80min-1¬= 0,39 s ⫻0,87 = 0,34 s.

QT/QTs = 0,40 s/0,34 s = 1,18 ent- spricht 118 Prozent.

Dr. med. Lothar Schott Riesengebirgsstraße 2 93057 Regensburg M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1–26. Januar 2003 AA47

(2)

Schlusswort

Für die ergänzenden Bemerkungen von Herrn Dr. Nocke zu meinem Bei- trag bedanke ich mich. Die beim Ein- satz der Formel nach Bazett zu ver- wendende Maßeinheit ist in der Ver- gangenheit häufig Gegenstand von Diskussionen gewesen. Für ungeeignet halte ich die früher oft verwandte und von Herrn Dr. Schott favorisierte An- gabe der frequenzkorrigierten QT-Zeit in Prozent. Dies unter anderem des- halb, weil die Festlegung einer „Soll- QT-Zeit von 100 Prozent“ wenig sinn- voll ist.

Herr Dr. Connemann weist rich- tigerweise darauf hin, dass massi- ve Verlängerungen der myokardialen Repolarisation keine für das Auftreten von Torsade de pointes unbedingt not- wendige Voraussetzung sind. Zahlrei- che in der Literatur gut dokumentierte Fälle von medikamenteninduzierten Torsade de pointes weisen aber da- rauf hin, dass das QT-Intervall zumin- dest zum Zeitpunkt der Arrhythmie in den meisten Fällen erheblich verlän- gert ist. Dies schließt eine mäßige Ver- längerung des Wertes außerhalb von Arrhythmiephasen nicht aus. Das ist auch für Haloperidol gut dokumen- tiert. Aufgrund solcher Zusammenhän- ge sollte jeder Verlängerung des QT-In- tervalls Beachtung geschenkt werden.

Zweifelsohne ergeben sich, wie von Herrn Dr. Mayer ausgeführt, bei den im Beitrag in Tabelle 2 aufgelisteten Medikamenten zum Teil erhebliche Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens von Torsade de pointes. Ak- zeptierte Klassifikationen, die es erlau- ben würden, das torsadogene Potenzial einzelner Substanzen besser einzu- schätzen, fehlen derzeit leider. Bei der Verschreibung von Medikamenten sollte das Nebenwirkungsprofil der je- weiligen Substanz bekannt sein. Infor- mationen hinsichtlich der Beeinflus- sung des QT-Intervalls finden sich in der Regel auch in den Fachinformatio- nen beziehungsweise sind bei den Her- stellern der Präparate erhältlich.

Priv.-Doz. Dr. med. Wilhelm Haverkamp Medizinische Klinik und Poliklinik C Universitätsklinikum Münster Albert-Schweitzer-Straße 33 48149 Münster

Detaillierte Angaben fehlen

Als Grundlage für ein neu einzu- führendes Massenscreening ist der Ar- tikel leider nicht ausreichend. Es feh- len detaillierte Angaben zu absoluten Risiken, Nutzen und Kosten der vor- geschlagenen Intervention.

Im Gegensatz zu der von den Auto- ren erwähnten Abstrichuntersuchung der Cervix Uteri handelt es sich bei der Koloskopie um eine Untersu- chung mit nicht nur nennenswerten Unannehmlichkeiten, sondern auch potenziellen schweren Zwischenfällen wie Darmperforationen und Blutun- gen. Gerade wenn – wie die Autoren selbst angeben – bisher keine validen Daten aus randomisierten prospekti- ven Interventionsstudien vorliegen, so ist die Nennung der bisher besten Evi- denzen zu diesen Daten (CONSORT- Kriterien!) für ein Projekt dieser Größenordnung sicherlich ein „Muss“

und für Epidemiologen eigentlich selbstverständlich.

Eine adqäquate Nutzen-Risiko- Aufklärung wird auch von den Juri- sten gerade bei präventiven Interven- tionen in höherem Ausmaß gefordert;

im Schadensfalle führt eine mangel-

hafte Aufklärung schnell zu Urteilen zu Ungunsten des Arztes; mindestens aber zu einer Beweislastumkehr.

Aus den mir vorliegenden Daten habe ich die geläufigsten Risikopara- meter kalkuliert; sollten die Fachauto- ren über bessere Zahlen verfügen, so mögen Sie diese bitte an dieser Stelle benennen.

Verbindet man die aus der Literatur bekannte Rate an schweren Komplika- tionen (1 : 2000) (1) mit den altersent- sprechenden Prävalenzen von Darm- krebs und großen Polypen (Zahlen aus dem Saarland) (2), so ergibt sich in der Altersgruppe von 55 bis 59 Jahren bei Frauen eine Rate von 0,4, beziehungs- weise 1,4 bei Männern an schweren Komplikationen je früher entdecktem Darmkrebs. (Schwere Komplikation ist hier als nichttödliche schwere Blutung oder Darmperforation zu verstehen).

Brenner et al. zitieren zwei Kohor- tenstudien mit Koloskopie-Screening;

die von Citarda et al. zeigt eine 66-pro- zentige Risikoreduktion in zehn Jah- ren, die andere (von Winawer et al.) zeigt eine 76- bis 90-prozentige Risi- kominderung in fünf Jahren. (Die Er- gebnisse der Fall-Kontroll-Studie von Brenner entsprechen diesen Zahlen.) Nimmt man den bestmöglichen Fall an (75-prozentige Risikoreduktion in zehn Jahren), dann ergibt sich folgen- de Number-Needed-to-Harm (NNH):

0,4 (0,2) schwere Komplikationen bei 55- bis 59-jährigen Frauen (Männern) für jeden verhinderten Fall von Darm- krebs.

Die Kosten für das Screening liegen in der genannten Hauptzielgruppe bei über 130 000 Euro (bei über 77 000 Euro) je verhindertem Kolonkarzi- nom bei Frauen (bei Männern) (Ko- sten je Darmspiegelung mindestens 171,20 Euro [EBM-Ziffer 154 + 156 bei Punktwert 4 Cent]).

Mit zunehmendem Alter werden die Prävalenzen höher und damit die Rate von Komplikationen beziehungs- weise die Kosten je Präventionserfol- gen günstiger. Allerdings erscheint es wenig sinnvoll, bei einem Alter über 70 Jahren noch derartige Langzeit- prävention zu betreiben. Zahlen dazu liegen mir allerdings nicht vor.

Vermutlich sehen realistische Zah- len eher ungünstiger aus, denn ent- M E D I Z I N

A

A48 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1–26. Januar 2003

zu dem Beitrag

Präventionspotenzial endoskopischer

Vorsorgeuntersuchungen für kolorektale

Karzinome

von

Prof. Dr. med. Hermann Brenner

Dr. med. Volker Arndt Priv.-Doz. Dr. med.

Til Stürmer

Dipl.-Med. Inform. Christa Stegmaier

Dipl.-Vw. Hartwig Ziegler Prof. Dr. med. Georg Dhom in Heft 33/2002

DISKUSSION

(3)

sprechend der Bayesschen Wahrschein- lichkeitsrechnung und unter Alltagsbe- dingungen verschlechtern sich bei selte- nen Erkrankungen die Vorhersagewer- te deutlich.

Literatur

1. Scholefield JH: ABC of colorectal cancer. Screening.

BMJ 2000; 321: 1004–1006.

2. http://www.rki.de/GBE/KREBS.HTM?/GBE/KREBS/

ALTERSVERTEILUNG/ALTERSVERTEILUNG2002.

HTM&1.

Uwe Popert Dörnbergstraße 21 34119 Kassel

Schlusswort

Wir danken Herrn Popert für sei- ne Ausführungen zu unserem Artikel.

Im Gegensatz zu den Ausführungen von Herrn Popert war die Intention unserer Arbeit, die epidemiologischen Daten zum Präventionspotenzial en- doskopischer Vorsorgeuntersuchun- gen des Darms unter Berücksichti- gung neuester Daten einschließlich der ersten einschlägigen Studie aus Deutschland, im Überblick darzu- stellen. Selbstverständlich sind als Grundlage für ein neu einzuführendes Massenscreening neben der in unserer Arbeit abgehandelten Thematik wei- tere Größen, insbesondere auch die Kosten-Effektivität, zu berücksichti- gen.

Hierzu liegen in der Literatur we- sentlich detailliertere und qualifizier- tere Berechnungen vor als sie Herr Popert in seiner Zuschrift anfertigt.

Entsprechende Literaturstellen (3, 5, 6) waren in unserer Arbeit zitiert. Die- se Arbeiten, in denen neben den von Herrn Popert angesprochenen Aspek- ten weitere sehr wesentliche Faktoren wie zum Beispiel die Compliance sorg- fältige Berücksichtigung fanden, kom- men übereinstimmend zu dem Schluss, dass der Einsatz endoskopischer Ver- fahren in der Darmkrebsvorsorge ko- steneffektiv ist, eine Einschätzung, die durch eine neuere, zwischenzeitlich er- schienene systematische Reviewarbeit zu dieser Thematik nachhaltig gestützt wird (4).

Darin werden beispielsweise für die Vereinigten Staaten die Kosten pro

gerettetes Lebensjahr für verschie- dene endoskopiebasierte Screening- strategien in der Allgemeinbevölke- rung ab 50 Jahren in der Größen- ordnung von 10 000 bis 25 000 US- Dollar geschätzt, ein gerade auch im Vergleich zu anderen breit akzeptier- ten Präventionsmaßnahmen sehr gün- stiger Wert.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass in bisherigen Studien angesichts feh- lender einschlägiger epidemiologi- scher Daten eine langfristige (über zehn Jahre anhaltende) Risikoreduk- tion nach Durchführung einer endo- skopischen Vorsorgeuntersuchung un- berücksichtigt blieb. Diese Thematik wurde in unserer Fall-Kontroll-Stu- die in Deutschland erstmals systema- tisch untersucht (1). Dabei ergab sich, dass eine erhebliche Risikoreduktion um etwa 60 Prozent auch dann noch persistierte, wenn die letzte endosko- pische Vorsorgeuntersuchung mehr als zehn Jahre (im Median 19 Jahre) zurücklag.

Unter Berücksichtigung dieser Langzeiteffekte stellt sich die Ko- steneffektivität endoskopischer Vor- sorgeuntersuchungen noch wesentlich günstiger dar als in bisherigen Berech- nungen ermittelt (2).

Literatur

1. Brenner H, Arndt V, Stürmer T, Stegmaier C, Ziegler H, Dhom G: Long-lasting reduction of risk of colorectal cancer following screening endoscopy. Brit J Cancer 2001; 85: 972–976.

2. Brenner H, Arndt V, Stürmer T: Cost-effectiveness of colonoscopy in screening for colorectal cancer. Arch Intern Med 2002; 162: 2249.

3. Frazier AL, Colditz GA, Fuchs CS, Kuntz KM: Cost- effectiveness of screening for colorectal cancer in the general population. JAMA 2000; 284: 1954–

1961.

4. Pignone M, Saha S, Hoerger T, Mandelblatt J: Cost- effectiveness analyses of colorectal cancer screen- ing: a systematic review for the U.S. Preventive Ser- vices Task Force. Ann Intern Med 2002; 137: 96–104.

5. Sonnenberg A, Delcò F, Inadomi JM: Cost-effectiven- ess of colonoscopy in screening for coloretal cancer.

Ann Int Med 2000; 133: 573–584.

6. Vijan S, Hwang EW, Hofer TP, Hayward RA: Which co- lon cancer screening test? A comparison of costs, effectiveness, and compliance. Am J Med 2001; 111:

593–601.

Für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Hermann Brenner Deutsches Zentrum für Alternsforschung Abteilung Epidemiologie

Bergheimer Straße 20 69115 Heidelberg

Alternative Therapieoptionen

Zur Therapie der Restenose nach Stent- implantation wird darauf hingewiesen, dass die Brachytherapie zu einer Sen- kung der Restenoserate nach Behand- lung einer In-Stent-Rezidivstenose in erheblicher Weise beiträgt und derzeit die einzige effektive Methode zur Be- handlung der In-Stent-Restenose dar- stellt. In diesem Zusammenhang wird leider nicht im Einzelnen auf Alternati- ven zur alleinigen Re-PTCA einer In- Stent-Restenose mit hoher Restenose- rate eingegangen.

Eine Vergleichsstudie der Arbeits- gruppe um Antonio Colombo konnte zeigen, dass der Einsatz eines Cutting- Ballons in der Therapie der In-Stent- Rezidivstenose zu einer Restenoserate von lediglich 20 Prozent führte und in dieser Hinsicht deutlich besser war als Rotablation, zusätzliche Stentimplan- tation und konventionelle PTCA (1).

Da in den meisten Studien zur Thera- pie der In-Stent-Rezidivstenose mit- tels Brachytherapie eine Vorbehand- lung der Stenose mittels Cutting-Bal- lon vorgenommen wird, erscheint al- lein der Einfluss des Cutting-Ballons in der Reduktion der Restenoserate in M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1–26. Januar 2003 AA49

zu dem Beitrag

Strahlentherapie der Herzkranzgefäße

von

Priv.-Doz. Dr. med. Dietrich Baumgart

Prof. Dr. med. Wolfgang Sauerwein

Dr. med. Christoph Naber Dr. med. Christoph A. Kaiser Prof. Dr. med. Peter Meusers Prof. Dr. rer. nat. Ulrich Quast Dr. rer. nat. Irene Langner Dr. rer. nat. Dirk Flühs

Prof. Dr. med. Martin Stuschke Prof. Dr. med. Raimund Erbel in Heft 34-35/2002

DISKUSSION

(4)

diesem Zusammenhang sehr groß zu sein und müsste diskutiert werden.

Auch in der Arbeit von Herrn Baum- gart und Koautoren wird darauf hinge- wiesen, dass pharmakologische Interven- tionen die Intimaproliferation nach Stent- implantation nicht beeinflussen können.

Diese Aussage wird zumindest durch die publizierte Val-PREST-Studie widerlegt, die eindeutig zeigen konnte,dass der Ein- satz von 80 mg Valsartan nach Stentim- plantation bei Typ-B2- und Typ-C-Läsio- nen in einem randomisierten, placebo- kontrollierten und einfach verblindeten Studienansatz bei Einschluss von vorwie- gend Patienten mit akutem Koronarsyn- drom die In-Stent-Rezidivrate von 38 Prozent in der Placebogruppe auf unter 20 Prozent in der Verumgruppe senken konnte (2). Dieses Ergebnis bei aller- dings nur kleinen Patientenzahlen in bei- den Gruppen verdeutlicht, dass die Dis- kussion um die Wertigkeit pharmakolo- gischer Interventionen noch nicht been- det ist. Hier werden meines Erachtens viel zu sehr neue interventionelle Verfah- ren (Brachytherapie, drug-eluting stents und so weiter) in den Vordergrund ge- stellt.

Literatur

1. Adamian M, Colombo A, Briguori C, Nishida T, Marsico F, Di Mario C,Albiero R, Moussa I, Moses JW: Cutting ballo- on angioplasty for the treatment of instent restenosis: a matched comparison with rotational atherectomy, addi- tional stent implantation and balloon angioplasty. J Am Coll Cardiol 2001; 38: 672.

2. Peters S, Götting B, Trümmel M, Rust H, Brattström A:

Valsartan for prevention of restenosis after stenting of type B2/C lesions: the Val-PREST Trial. J Invas Cardiol 2001; 13: 93–97.

Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Peters Klinikum Dorothea Christiane Erxleben gGmbH Quedlinburg

Medizinische Klinik – Kardiologie Ditfurter Weg 24, 06484 Quedlinburg E-Mail: s.peters@klinikum-quedlinburg.de

Schlusswort

Die Brachytherapie ist nach wie vor die Therapie der Wahl zur Behandlung der In-Stent-Restenose. Diese Aussage kann auch heute noch im Zeitalter der be- schichteten Stents unterstrichen werden, da bisher nur wenige Daten zur Behand- lung der In-Stent-Restenose mit be- schichteten Stents vorliegen. Die Daten, die verfügbar sind, deuten bisher auf kei-

ne überzeugende Therapieoption hin.Wir sind durchaus mit dem Kollegen Peters einer Meinung, dass auch der Cutting- Ballon zur Behandlung der In-Stent- Restenose geeignet ist und bessere Lang- zeitergebnisse als die konventionelle PTCA, die Rotablation oder die zusätzli- che Stentimplantation erbringt. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass es sich bei den untersuchten Läsionen überwiegend um kurze Läsionen (< 15 mm) handelt. Die kurze Läsionslänge hat bekanntlich einen positiven Effekt auf die Rezidivrate bei den In-Stent-Reste- nosen. Die Restenoserate von 20 Prozent ist also nicht repräsentativ für ein großes Patientenkollektiv und kann daher nicht auf lange Läsionslängen, wie wir sie bei brachytherapierten Läsionen antreffen, extrapoliert werden. Große neue Multi- centerstudien wie die REDUCE- oder RESCUT-Studie konnten dagegen den positiven Effekt des Cutting-Ballons bei der Behandlung der In-Stent-Restenose nicht bestätigen. In beiden großen Studi- en lag die Rate erneuter Revaskularisa- tionen zwischen 25 und 31 Prozent und war vor allem nicht unterschiedlich zum Placebokollektiv.

Aufgrund der positiven Eigenschaften des Cutting-Ballons wird er tatsächlich vermehrt für die Vorbehandlung von Ste- nosen im Rahmen der Brachytherapie genutzt. Diese Rate liegt jedoch im eu- ropäischen RENO-Register bei nur circa 17 Prozent. In randomisierten Studien wurde der Cutting-Ballon sogar noch sel- tener eingesetzt, sodass der Erfolg der Brachytherapie allein aufgrund der ver- wendeten Zahlen nicht auf den Einsatz des Cutting-Ballons reduziert werden kann.Tatsächlich ist die Kombination aus Cutting-Ballon und Brachytherapie be- sonders erfolgversprechend und erzielte im RENO-Register eine Reststenoserate von nur neun Prozent. Aus diesen Grün- den würde ich den Einsatz des Cutting- Ballons durchaus empfehlen. Sein Ein- satz wird jedoch teilweise durch ein großes Ballonprofil und eine schwere Er- reichbarkeit der Stenose sowie durch ei- nen relativ hohen Preis eingeschränkt.

Bis heute liegen keine großen rando- misierten Studien vor, die die wirksame Reduktion der Intimaproliferation durch eine pharmakologische Intervention nachweisen können. Die vom Kollegen Peters zitierte Studie weist zwar eine sig-

nifikante Verbesserung durch den Ein- satz von Valsartan auf, der Wert der Stu- die wird jedoch durch das relativ kleine Patientenkollektiv eingeschränkt. Über- zeugende Studiendaten zum pharmako- logischen Erfolg werden in der LIPS-Stu- die präsentiert. Hier wurden 1 677 Pati- enten zwischen Placebo und 80 mg Flu- vastatin randomisiert. Nach vier Jahren zeigt sich eine signifikante Reduktion kardialer Ereignisse um 22 Prozent. Be- merkenswert jedoch ist, dass keine Re- duktion der Restenoserate nachgewie- sen werden konnte. Damit ist eher die Stabilisierung atherosklerotischer Pla- ques und weniger die angiographische Restenose für das Überleben der Patien- ten verantwortlich. Nach neueren Ergeb- nissen gibt es jedoch berechtigte Hoff- nung, dass auch oral zugefügtes Sirolimus oder andere Medikamente, die in den Zellzyklus eingreifen, zu einer wirksa- men Reduktion der Restenose führen können.Auch wir würden uns wünschen, dass es in Zukunft weniger invasive The- rapien oder prophylaktische Maßnah- men zu einer wirksamen Verhinderung der Intimaproliferation gibt. Derzeit ist jedoch kein schlüssiges Konzept nach- weisbar, auf das Patienten oder auch be- handelnde Ärzte ihre Hoffnungen grün- den können. Daher ist die Brachythera- pie nach wie vor die Therapie der Wahl zur Behandlung der In-Stent-Restenose und zugleich Ansporn auf der Suche nach neuen Therapieoptionen.

Priv.-Doz. Dr. med. Dietrich Baumgart Klinik für Kardiologie

Zentrum für Innere Medizin Universitätskinikum Essen Hufelandstraße 55, 45122 Essen M E D I Z I N

A

A50 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1–26. Januar 2003

Hinweis

In dem Zeitschriftenreferat mit dem Titel „Thiopurin- methyltransferase- (TPMT-)Messung bei Azathio- prin“ in Heft 48 wurde vermerkt, dass die Bestim- mung der TPMT-Aktivität durch das Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut kostenlos durchgeführt wird.

Dies trifft so nicht zu. Die anfallenden Kosten werden durch die Firmen Dr. Falk GmbH und Merckle GmbH als Service für in erster Linie gastroenterologisch tätige Ärzte übernommen. Dazu ist ein Laboranfor- derungsschein nötig, der nur über die betreffenden Pharmaunternehmen erhältlich ist. MWR

Referenzen

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