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Archiv "Einige Zukunftsperspektiven der klinischen Nuklearmedizin" (13.10.1988)

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Einige

Zukunftsperspektiven der klinischen

Nuklearmedizin

Abbildung 1: Typische Meßorte für die Knochendichtemessungen sind die Lendenwir- belsäule (LWS), der proximale Femur, der distale Radius und der Calcaneus. Da die Verminderung der Knochenmasse die Skelettabschnitte nicht gleichmäßig betrifft, läßt sich von der gemessenen Knochendichte an einem Meßort nicht unbedingt auf die Dich- te an einem anderen Meßort schließen. Alle Meßorte scheinen sich jedoch für Verlaufs- untersuchungen gut zu eignen

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

r : I

Peter Pfannenstiel, Emil Heinz Graul, Gustav Hör

und Michael Cordes

Die derzeitige und künftige kli- nische Nuklearmedizin wird ge- prägt durch die computerisierte Funktionsszintigraphie, qualita- tive und quantitative Aussagen über relevante Stoffwechselvor- gänge ermöglicht. Die Single- Photonen-Emissions-CT ist für die Praxis die Methode der Wahl. Nuklearmedizinische Ver- fahren sollten überall dort An- wendung finden, wo sie gegen- über anderen Verfahren wirk- liche Vorteile bieten,

D

ie Stellung der Nu-

klearmedizin in der heutigen Medizin wurde maßgeblich ge- prägt von den diagno- stischen Verfahren, die gegenüber anderen Untersuchungsverfahren den entscheidenden Vorteil besit- zen, Stoffwechselvorgänge und Funktionsabläufe in Organen und Organsystemen nicht invasiv und re- lativ einfach zu erfassen. Die heute benutzten Geräte zum Nachweis ra- dioaktiver Strahlen ermöglichen ei- ne quantitative Analyse der Stoff- wechselvorgänge und Funktionsab- läufe mit hinreichend hoher Präzi- sion und Richtigkeit. Der Einsatz von Gamma-Strahlen emittierenden Radionukliden mit kurzer physikali- scher Halbwertszeit verursacht im allgemeinen eine nur geringe Strah- lenexposition der Patienten.

Die nuklearmedizinische In-vi- vo-Diagnostik wird zukünftig ge- prägt sein durch folgende drei Ver- fahren:

1. Quantitative Photonen- absorptionsmessungen für die Bestimmung des Mineralgehaltes von Knochen,

2. Single-Photonen-Emis- sions-Computertomogra- phie (SPECT),

3. Positronen-Emissions- Tomographie (PET).

Diese drei Verfahren werden sowohl bei der Primärdiagnostik als auch bei der Therapiekontrolle zahl- reicher Krankheiten eine entschei- dende Rolle spielen (15).

1. Quantitative Photonen-

absorptionsmessungen

Die quantitative Photonenab- sorptionsmessungen zur Bestim- mung des Knochenmineralgehaltes basieren entweder auf einer Single- Photonen-Absorptiometrie (SPA) oder einer Dual-Photonen-Absorp- tiometrie (DPA). Beiden Verfahren gemeinsam ist die Schwächung eines von einem äußeren Strahler ausge- henden Photonenstrahls durch das sich im Strahlengang befindliche Knochengewebe.

Gesellschaft zur Förderung der Forschung an der Deutschen Klinik für Diagnostik e. V., Wiesbaden A-2838 (64) Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988

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Abbildung 2: Nach (4) ist die obligate Demineralisation im Östrogenmangel weder nor- mal noch physiologisch. Sie tritt „normalerweise" als pathologischer Begleitschaden ei- nes anderen physiologischen Vorganges - der Menopause und Postmenopause - auf

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1.1 SPA und DPA

Bei der SPA wird meist 125-J als Strahlungsquelle benutzt und Natri- umjodidkristall (NaJ) als Detektor (1). Standardmeßorte sind der dista- le Radius oder der Calcaneus. Die DPA erlaubt Knochenmineralge- haltsmessungen am Achsenskelett oder proximalen Femur. Hierbei werden als Photonenquelle Radio- nuklide wie 153-Gadolinium oder 57-Cobalt und 241-Americium, neu- erdings auch Röntgenstrahlen be- nutzt. Die Messung von zwei Ener- giespektren mit Hilfe der DPA er- laubt eine Korrektur der Änderun- gen der Strahlenabsorption durch das den Knochen umgebende inho- mogene Weichteilgewebe (1, 2) (Abbildung 1).

1.2 Klinische Anwendungen

Mit der SPA und DPA existie- ren zwei Verfahren, die eine zuver- lässige Aussage über den Mineral- salzgehalt des Knochens erlauben.

Sie werden bei der Diagnose der Osteoporose einen hohen Stellen- wert erhalten. Insbesondere können beide Meßverfahren zur Frühdia- gnostik der Osteoporose eingesetzt

werden, um das Risiko für Wirbel- körper-, Radius- und Schenkelhals- frakturen angeben und gegebenen- falls eine medikamentöse Prophyla- xe einleiten zu können. In den Ver- einigten Staaten von Amerika wer- den die jährlichen Kosten für durch Osteoporose bedingte Frakturen auf 3,42 Milliarden Dollar geschätzt (3).

Abbildung 3: Single-Photonen-Emissions- Computertomogtaphie (SPECT) des Ge- hirns mit HM-PAO. Dargestellt ist ein Are- al mit verminderter Radionuklidspeiche- rung links parietal als Ausdruck eines re- gionalen Perfusionsdefelctes. Die SPECT- Untersuchung des Gehirns gilt als ein sehr sensitives Verfahren zum Nachweis einer zerebralen Ischämie, die der Röntgen- Computertomographie und der Kernspin- tomographie überlegen sein kann (7)

Da die Osteoporose die häufigste generalisierte metabolische Kno- chenerkrankung darstellt, ist durch die Photonenabsorptionsmessung mit einer deutlichen Senkung der Krankheitskosten zu rechnen, wenn - abhängig vom Untersuchungser- gebnis - eine medikamentöse Pro- phylaxe eingeleitet wird. So läßt zum Beispiel in der Menopause der Frau die kombinierte Östrogen-Pro- gestagen-Substitution für die Prä- vention der Osteoporose eine ein- deutig positive Kosten-Nutzen-Ana- lyse mit relativ sicherer Verbindlich- keit erwarten (4) (Abbildung 2).

Der Nachteil beider Verfah- ren ist darin zu sehen, daß aufgrund der großen interindividuellen Streu- ungsbreite der Knochendichte eine Osteoporose mit einer Einzelmes- sung schwer festzustellen und eine Korrelation beider Verfahren mit- einander schwierig ist (5).

2. Single-Photonen- Eznissions-Computer- tomographie (SPECT)

Die Single-Photonen-Emissions- Computertomographie (SPECT) be- ruht auf dem Nachweis des Vertei- lungsmusters aufgenommener Ra- diodiagnostika. Für die SPECT-Un- tersuchungen werden die gleichen Radiodiagnostika verwendet wie für die planare Szintigraphie. Sie erfaßt die unterschiedliche Konzentration der Radioaktivität in einem un- tersuchten Gewebsvolumen. Bei SPECT werden mit Hilfe einer um den Patienten rotierenden Gamma- Kamera viele einzelne Projektionen über 180° beziehungsweise 360° auf- genommen Die Meßdaten werden in eine Matrix einsortiert. Es werden transversale, sagittale oder koronale Schichtbilder mit Hilfe von Rekon- struktionsalgorithmen erstellt.

2.1 Radiodiagnostika für die SPECT-

Untersuchungen

Hirn: 99-Tc-Hexamethylpropy- lenaminoxim (HM-PAO), 123-J- Amphetamin und 133-Xe-Gas;

Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988 (67) A-2839

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Abbildung 4: Quanti- tative, sektorale Emis- sions-CT des Myo- kards in Ruhe mit Tc- 99m-lsonitril. 58jähri- ger Patient mit altem Vorderwandinfarkt.

Links oben: Lage der 4 regional ausgewer- teten Summenschich- ten in der horizontal zur langen Herzachse gelegenen Ansicht.

Links unten: Position der 9 Sektoren in den transversalen Schich- ten. Rechts: Histo- gramme des 99m-Tc- Isonitril-Uptakes für jede Schicht. Deutlich erkennbar ist der ver- minderte Uptake in den der Vorderwand zugeordneten Sekto- ren (9, 1-4)

Herz: 201-Thallium, 99m-Tc- Isonitril, 123-J-Fettsäuren, 99m-Tc- markierte Erythrozyten, 111-In-An- timyosin;

Knochen: 99m-Tc-Diphospho- nate ;

Lunge: 99m-Tc-Mikrosphären, 99m-Tc-Aerosole;

Leber und Gallenblase: 99m-Tc- Kolloide , 99m-Tc-HIDA, 99m-Tc- markierte Erythrozyten, 99m-Tc- Galactosyl-Neoglycoalbumin*);

Tumore: radioaktiv markierte monoklonale Antikörper (111 In-, 131J-, 99m-Tc).

Diese Aufstellung enthält nur die wichtigsten Radiodiagnostika, die bei der SPECT-Untersuchung

• eingesetzt werden. Je nach Frage- stellung ist auch die Verwendung an- derer Radionuklide und deren Ver- bindungen möglich.

2.2 Klinische Anwendungen 2.2.1 Hirn und Herz

Die Untersuchung der Hirnper- fusion mit 123-J-Amphetamin bezie- hungsweise 99m-Tc-HMPAO gilt als ein sehr sensitives Verfahren zum Nachweis einer zerebralen Ischämie (6, 7, 10-12, 15-19). Minderdurch- blutete und infarzierte Hirnareale zeigen sowohl bei Verwendung von 123-J-Amphetamin als auch von 99m-Tc-HM-PAO ein „kaltes"

Areal, da offensichtlich beide Sub- stanzen in mangeldurchbluteten Re- gionen nicht mehr mit den entspre- chenden Rezeptoren reagieren kön- nen (Abbildung 3).

Ein neues Anwendungsgebiet der SPECT-Untersuchung des Ge- hirns kann mit Hilfe von 123-J- QNB, welches an Acethylcholin-Re- zeptoren bindet, erschlossen wer- den. Dies ist vor allem für die Dia- gnose des Morbus Alzheimer von Bedeutung.

Der Perfusions- und Ischämie- status bei Herz- und Hirngefäßer- krankungen dürfte durch die techno- logische Verbesserung der SPECT im Sinne der quantitativen und eventuell einer dreidimensionalen Darstellung (Stereo-SPECT) bei den einschlägigen Erkrankungen (koronare Herzkrankheit) (Abbil-

dung 4), zerebrovaskulären Erkran- kungen (einschließlich Morbus Alz- heimer, Multiinfarktdemenz, CT- negative Phase des Hirninfarktes) optimiert erfaßt werden.

2.2.2 Tumorkrankheiten und nichtmaligne

Erkrankungen

Insbesondere für die Immun- szintigraphie werden die SPECT-

Abbildung 5: Inununszintigraphischer Nachweis von paraaortalen Lymphknoten- metastasen eines epithelialen Ovarialkar- zinoms mit dem 111-In-markierten mono- klonalen Antikörpern OC 125 (F[ab']2, ge- richtet gegen das tumorassoziierte Anti- gen CA 125). Ventrale Aufnahme 93 h nach Injektion. Der immunszintigraphische Be- fund wurde operativ bestätigt. Eine Rönt- gen-Computertomographie des Abdo- mens hatte etwa zum gleichen Untersu- chungszeitpunkt die Lymphknotenmeta- stasen nicht nachweisen können

Untersuchungen künftig einen brei- teren Raum einnehmen. Radioaktiv markierte Antimyosin-Antikörper können zur Diagnose des Myokard- infarktes und vor allem der Infarkt- größe oder der Myokarditis sowie für Abstoßungskrisen nach Herz- transplantationen herangezogen werden. Monoklonale Antikörper gegen Fibrin erlauben die Darstel- lung von thrombotischen oder em- bolischem Material (zum Beispiel Lungenembolie). Weitere Anwen- dungsgebiete mit radioaktiv mar- kierten Antikörpern werden sich in- nerhalb der Onkologie ergeben, et- wa in der Diagnostik von Hepato- men, kolorektalen Karzinomen, gy- näkologischen und urologischen Tu- moren (Abbildung 5). In Verbin- dung mit Radioimmunassays wird eine Verbesserung der Tumornach- sorge erreicht (8).

3. Positronen- Emissions-

Tomographie (PET)

Bei der Positronen-Emissions- Tomographie (PET) handelt es sich um ein Verfahren, das im intakten Organismus Stoffwechselvorgänge erfaßt und diese, auch in ihrer zeitli- chen Veränderung, bildlich dar-

*) Typ eines „Rezeptor-Imaging"

A-2840 (68) Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988

(4)

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33 23

stellt. Die Methode erlaubt prinzi- piell den Einblick in alle Funktions- bereiche des Organismus. Insbeson- dere gibt sie Aufschlüsse über regio- nale biochemische Vorgänge (9-12, 15, 16, 19).

Im Unterschied zum SPECT- Verfahren, bei dem das Aufnahme- system aus einer rotierenden Garn- ma-Kamera besteht, handelt es sich beim PET-Scanner um eine Einrich- tung mit feststehendem Detektor- kranz. Der Detektorkranz seiner- seits besteht aus in der Regel 512 Einzeldetektoren, die die einfallen-

Abbildung 6: Röntgen-Computertomogra- phie (a) und Positronenemissionstomogra- phie (b) und (c) bei einem Patienten mit kurzzeitiger passagerer motorischer Halb- seitensymptomatik rechts und einer länger anhaltenden (PRIND) motorischen Dys- phasie. Das CT ist unauffällig. Bei der Stoff- wechseluntersuchung mit PET Emdet sich links eine entsprechende Verminderung in der Präzentralregion mit zusätzlicher In- aktivierung von Thalamus und kontralate- ralem Kleinhirn. Die Abbildungen 6 a-c verdanken wir Herrn Prof. Dr. W. D. Heiss, Max-Planck-Institut für Neurologische For- schung, Abteilung für Allgemeine Neuro- logie und Nervenklinik der Universität zu Köln

Vernichtungsstrahlung. Diese Ver- nichtungsstrahlung, die aus zwei ent- gegengesetzt gerichteten Gamma- Quanten besteht, stellt einen „elek- tronischen" Kollimator dar.

Die Erfassung der Vernich- tungsstrahlungs-Koinzidenz resul- tiert in einer im Vergleich mit dem SPECT-Verfahren höheren Orts- und Kontrastauflösung. Wegen der höheren Energie der Vernichtungs- strahlung ist die Zählrate unabhän- gig vom Ort des Zerfalls im Ge- webe.

3.1 Radiodiagnostika für die PET-Untersuchungen Als Positronenstrahler werden bisher 11-C, 15-0, 13-N und 18-F de Strahlung registrieren. Inzwi-

schen stehen Geräte mit mehr als ei- nem Detektorkranz zur Verfügung, so daß gleichzeitig bis zu 15 Schnitt- ebenen aufgenommen werden kön- nen. Da bei dem PET-Verfahren ausschließlich kurzlebige Positronen emittierende Substanzen eingesetzt werden, setzt dies das Vorhanden- sein eines Cyklotrons in unmittelba- rer Nähe des PET-Scanners zur Her- stellung der Positronen emittieren- den Substanzen voraus. Kompakt- Cyklotrons oder sogenannte Positro- nengeneratoren sind preisgünstigere Alternativen.

Der Einsatz von Positronen- strahlern zeichnet die Besonderheit des PET-Systems aufgrund folgender Merkmale aus: Nach der Emission von Positronen entsteht sogenannte

A-2842 (70) Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988

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verwendet, die „physiologische"

Radionuklide darstellen. Im Gegen- satz zu 99m-Tc bei SPECT lassen sich diese „physiologischen" Radio- nuklide in beliebige biochemische Verbindungen überführen (9).

3.2 Klinische Anwendungen

Die relativ kleine Anzahl der Radionuklide erlaubt eine große Anzahl möglicher Anwendungen, zum Beispiel Untersuchungen des Blutflusses, des Fettsäurestoffwech- sels, der Glukoseutilisation, des Sauerstoffmetabolismus, des Ami- nosäurentransports und von Rezept- ordichten (19).

3.2.1 Neurologie,

Neurochirurgie, Psychiatrie

Einsatzschwerpunkte der PET ergeben sich in Neurologie, Neuro- chirurgie und Psychiatrie (15, 19).

Während durch die Röntgen-Com- putertomographie (CT) und die Kernspintomographie (KST) mor- phologische Untersuchungen des Gehirns mit hoher räumlicher Auf- lösung möglich sind, können mit PET auch Regionen eines vermehr- ten oder verminderten Hirnstoff- wechsels (etwa bei Epilepsie), einer erhöhten Aktivität von Dopamin- Rezeptoren (etwa bei Schizophre- nie) beziehungsweise einer vermin- derten Dopamin-Aktivität (etwa bei Morbus Parkinson), eines erhöhten Methionin-Stoffwechsels in Rezidi- ven von Hirntumoren sowie typische Störungen des Glukosestoffwechsels im Frontalhirn bei Alzheimerscher Krankheit, Depressionen und Angstzuständen nachgewiesen und gegebenenfalls gezielt einer Thera- pie zugeführt werden (Abbildungen 6). Während bei der Epilepsie mit CT oder KST nur bei wenigen Pa- tienten Läsionen im Gehirn aufge- deckt werden können, finden sich mit PET in 80 Prozent der Fälle Re- gionen eines gestörten Glukosestoff- wechsels, so daß heute Epileptiker zum Teil erfolgreich operiert werden können. Bei Patienten mit malignen Hirntumoren wird mit Hilfe von PET eine Tumor-Grading möglich

sein und eine Aussage zur Prognose oder hinsichtlich der Entwicklung des Rezidivs mit hoher Sicherheit gemacht werden können.

3.2.2 Kardiologie, Kardiochirurgie

Auch auf dem Gebiet der Kar- diologie und der Kardiochirurgie finden PET-Studien zunehmendes Interesse, insbesondere bei der ko- ronaren Herzkrankheit. 13-N weist eine Minderperfusion exakter als 201-T1 bei der Myokardszintigraphie nach. Im minderperfundierten Myo- kard ist umgekehrt die Retention von 18-F-Deoxyglukose erhöht.

Dieses „mis-match" erlaubt eine Differentialdiagnose zum Myokard- infarkt, bei dem kein „mis-match"

sondern weder eine Perfusion noch eine Glukoseretention nachgewie- sen wird. Solche Beobachtungen sind für die präoperative Klärung, ob ein Patient einen Gewinn von ei- ner Revaskularisation der Koronar- gefäße haben wird, von großer Be- deutung. Es konnte gezeigt werden, daß bei 85 Prozent der Patienten mit Zeichen des „mis-match" die Re- vaskularisation zum Erfolg führte, während bei 92 Prozent der Patien- ten mit Zeichen des „match" dieser Erfolg ausblieb (10, 11).

3.2.3 Pharmakologie und Arzneimittelprüfung

Ein weiteres Anwendungsgebiet der Positronen-Emissions-Tomogra- phie wird zukünftig die Pharmakolo- gie und Prüfung von Arzneimitteln darstellen, da pharmakologische Substanzen mit einem Positronen- strahler markiert und nach Applika- tion in ihrem Zielorgan verfolgt wer- den können (13).

4. Ausblick

Nach der stürmischen Entwick- lung, die die Nuklearmedizin in den letzten dreißig Jahren genommen hat, erfolgt jetzt die notwendige Va- lidation gerade der neueren Metho- den und ihre richtige Einordnung in das diagnostische Spektrum. Nu- klearmedizinische Untersuchungs-

verfahren sollten überall da Anwen- dung finden, wo sie gegenüber ande- ren Verfahren wirklich Vorteile bie- ten und vor allem dem Patienten nutzen, dies auch unter Berücksich- tigung gesundheitsökonomischer Aspekte.

Eine Reihe etablierter nuklear- medizinischer Methoden hat durch neue Therapieformen bereits zuneh- mend an Bedeutung gewinnen kön- ne. Zu erwähnen ist hier die Capto- prilnephrographie als Funktions- szintigraphie zur Vorhersage eines Angioplastie-Erfolges kritischer Nierenarterienstenosen. Auch die Lymphabflußszintigraphie bei Mela- nom-Patienten und die Knochen- marksszintigraphie (Makrophagen- und 67 Ga-Szintigraphie bei AIDS- Patienten) haben für die Diagnostik bereits Bedeutung.

Für die Frühdiagnostik der Osteoporose stellen die densitomet- rischen Verfahren zur Untersuchung des Mineralgehaltes des Knochens eine Bereicherung dar. Mit konven- tionellen Methoden, zum Beispiel Röntgenuntersuchung des Skeletts, war eine Änderung des Knochenmi- neralgehaltes erst in Spätstadien zu erkennen. Die Verfahren zur Kno- chendensitometrie zeichnen sich durch ihre relativ einfache Handha- bung, ihre hohe Meßgenauigkeit und ihre relativ niedrigen Kosten aus. Inwieweit die finanziell aufwen- digere und mit höherer Strahlenex- position verbundene Röntgen-Com- puter-Tomographie eine Alternative zu den nuklearmedizinischen Ver- fahren darstellt, müssen weitere Un- tersuchungen zeigen. Es ist zu er- warten, daß aufgrund der hohen In- zidenz der Osteoporose und der Möglichkeit zur medikamentösen Prophylaxe die Verfahren zur Kno- chendichtemessung in den nächsten Jahren eine stärkere Verbreitung finden werden.

SPECT- und PET-Untersuchun- gen haben die Voraussetzungen ge- schaffen, biochemische Vorgänge in vivo zu untersuchen und zu quantifi- zieren. Mit Hilfe der bei PET einge- setzten Radionuklide kann prinzi- piell

in alle Stoffwechselvorgänge

des menschlichen Organismus Ein- blick gewonnen werden. Ein Teil dieser Untersuchungen wird künftig Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988 (73) A-2845

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

auch durch neu zu entwickelnde Ra- dionuklide mit SPECT möglich sein.

Inwieweit die abbildungsunter- stützende Funktions- und Stoffwech- seldiagnostik mit SPECT und PET durch kernspintomographische Un- tersuchungen zu substituieren ist, läßt sich unseres Erachtens zum ge- genwärtigen Zeitpunkt noch nicht vollständig beurteilen. Nur die zur Zeit in der Praxis nicht durchführba- re NMR-Spektroskopie dürfte Chan- cen zu metabolischen Studien bie- ten, die — soweit übersehbar — gera- de jene Stoffwechselbereiche erfaßt (Phosphor, Natrium und Wasser- stoff), die mit PET nicht analysier- bar sind (und umgekehrt).

Nach H. N. Wagner (Baltimore) wird die Kernspintomographie das Verfahren der Wahl für die morpho- logische Diagnostik, die PET die Untersuchungsmethode zur funk- tionellen metabolischen Analyse von Krankheitsprozessen sein. Die SPECT-Methode dürfte eine Brücke zwischen beiden Modalitäten bei der Diagnostik bilden. Der Rezeptor- Szintigraphie wird in jedem Fall eine große Zukunft vorhergesagt (15, 16, 18, 19).

Darüber hinaus dürften Zell- markierungsmethoden (mit 99m-Tc- HM-PAO markierte Leukozyten, mit 111-In markierte Thrombozy- ten), für die die Entzündungs- und Abszeßdiagnostik, zum Beispiel beim Morbus Crohn und zur venö- sen und koronararteriellen Throm- benlokalisation eine weitere Expan- sion erfahren (15).

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med.

Peter Pfannenstiel

Arzt für innere Krankheiten Arzt für Nuklearmedizin Gesellschaft zur Förderung der Forschung an der Deutschen Klinik für Diagnostik e. V.

Aukammallee 33 6200 Wiesbaden

Zweifel an

der Volumentherapie

Die pathophysiologische Deu- tung des anaphylaktischen Prozesses durch die Autoren scheint mir einige Fragen offenzulassen.

Wenn es zutrifft, daß der ana- phylaktische Schock durch massive Widerstandserhöhung in der (unter anderem pulmonalen) Mikrozirkula- tion sowie durch Hämokonzentra- tion und dadurch bedingte Hypovol- ämie gekennzeichnet ist, so bewei- sen die „prall gefüllten Jugularve- nen", daß die Reduzierung des ve- nösen Angebotes infolge Hämokon- zentration durch die akute Rechts- herzinsuffizienz infolge pulmonaler Hypertonie überkompensiert wird.

Warum eine weitere Vergröße- rung des im Verhältnis zum Herz- zeitvolumen bereits zu großen venö- sen Angebotes mittels Druckinfu- sion von Elektrolyt- und Kolloidlö- sungen die durch pulmonale Hyper- tonie verursachte akute Rechtsherz- insuffizienz beheben sollte, bereitet mir unter den angegebenen Umstän- den Verständnisschwierigkeiten.

Wenn sich, wie die Autoren be- richten, eine derartige Volumen- therapie in der Praxis ex iuvantibus bewährt hat, kann die dieser Thera- pie zugrundeliegende, von den Au- toren beschriebene Theorie meiner Ansicht nach nicht richtig oder nicht vollständig sein.

Dr. med. Harald Fiedler Arzt für Laboratoriumsmedizin Stellmacherweg 43 4400 Münster

Schlußwort

Bei der Anaphylaxie agglutinie- ren Immunkomplexe mit weiteren Plasmaproteinen und Thrombo-, Leuko- sowie Erythrozyten zu Ag- gregaten, die die Kapillaren verstop- fen. Das Blut staut sich vor verstopf- ten Lungenkapillaren. Das linke Herz wird nicht mehr aufgefüllt und läuft leer, der arterielle Druck bricht zusammen, die Koronararterien

werden nicht mehr durchblutet, das rechte Herz kann nicht gegen den erhöhten Widerstand pumpen und dekompensiert. Damit ist der Circu- lus vitiosus geschlossen.

Die sofortige Kolloidinfusion verbessert die Fließeigenschaften des in den Lungenkapillaren erstarrten Blutes. Die Kolloide wirken nicht nur als ein Volumenersatzmittel, sondern sie sind zusätzlich eine „spezifische"

Therapie der gestörten Blutrheolo- gie . Dadurch fließt wieder Blut in den leeren linken Ventrikel, in der Aor- ta wird ein Druck aufgebaut, die Ko- ronararterien werden wieder ausrei- chend perfundiert, die Mikrozirku- lation im Myocard wird verbessert, und das Myocard kann die erforder- liche Arbeit leisten. Wir haben gese- hen, wie ein zentraler Venendruck von 12 cm H2O zu Beginn der Ana- phylaxie auf 1 cm H2O nach der Kreislaufstabilisierung durch 1000 ml Kolloidlösung zurückging. Auch bei massiven Blutverlusten durch rupturierte Aortenaneurysmen ha- ben wir oft gestaute Jugularvenen gesehen. Bei diesen Patienten ver- schwand die Stauung nach Druckin- fusion von etwa 2000 Millilitem in dem Augenblick, in dem der Puls der Arteria radialis wieder tastbar wurde. Es ist anzunehmen, daß auch die Koronararterien von da an wie- der perfundiert wurden.

Infusionen in Plastikflaschen (zum Beispiel Longasteril®; Plasma- steril®) können sowohl mit speziel- len Druckmanschetten, die im medi- zinischen Fachhandel angeboten werden, wie auch mit ganz normalen Blutdruckmanschetten eingepumpt werden. Die Flaschen dürfen nicht belüftet werden, da sonst eine Luft- embolie auftreten könnte.

Dr. med. Erhard Waldhausen Dr. med. Bernd Marquardt Leitende Ärzte der

Anästhesie-Abteilung Dr. Günter Keser, Oberarzt Johanna-Etienne-Krankenhaus Am Hasenberg 40 • 4040 Neuss

Der anaphylaktische Schock

Zu dem Beitrag von Dr. med. Erhard Waldhausen und Mitarbeitern in Heft 11/1988

A-2846 (74) Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988

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