Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 40|
8. Oktober 2010 A 1913 MILLENNIUMSGIPFELTREFFENAuch die Entwicklungsländer stehen in der Verantwortung
Die im Jahr 2000 von den Vereinten Nationen festgelegten Millen - niumsziele zur Entwicklungspolitik müssen konsequenter durchgesetzt werden. Viele betreffen die globale
Gesundheitsversorgung undstehen damit auch im Fokus des 2. World Health Summit in Berlin.
Z
ehn Jahre nach ihrem Be- schluss, das Elend in den Entwicklungsländern bis 2015 drastisch abzubauen, bekräftigten 192 UN-Mitgliedstaaten in einer 31-seitigen Abschlusserklärung in New York, an ihren acht „Millen - nium-Entwicklungszielen“ (MDGs) festhalten zu wollen. Doch die Zwischenbilanz des Kampfs gegen Armut, Hunger, Krankheiten, Bil- dungsnotstand, Chancenungleich- heit und Umweltzerstörung fiel ge- mischt aus. Es sind zwar Verbesse- rungen in einzelnen Bereichen zu verzeichnen, aber diese reichen längst nicht aus, um die selbst gesteckten Ziele bis 2015 umzusetzen.„Wir sind zunehmend besorgt, dass das Millenniumsziel 5 – die Ge- sundheit der Mütter verbessern – am wenigsten fortgeschritten ist“, sagte Luis Sambo, Regionaldirektor für Afrika der Weltgesundheitsorgani - sation (WHO). Die Sterblichkeits - rate bei Müttern ist zwischen 1990 und 2005 von 430 Todesfällen bei 100 000 Geburten auf 400 gefallen.
Dies entspricht lediglich 0,4 Prozent weniger Todesfällen pro Jahr. Sam- bo wies auf die vielen Faktoren hin, die nötig seien, um die Überlebens- chancen von Müttern und Kindern zu verbessern. „Dies umfasst Be - mühungen zur Bekämpfung der Ar- mut, den Zugang zu Bildung und Geschlechtergleichheit“, erklärte er.
Dafür brauche es internationale Anstrengungen, nicht nur von den Regierungen, sondern auch von privaten Investoren und von Nicht- regierungsorganisationen.
Die Sterblichkeitsrate von Kin- dern hat sich zwischen 1990 und 2008 zwar deutlich verringert: Die Mortalität von unter Fünfjährigen sank von 103 auf 65 je 100 000. So positiv diese Entwicklung auch ist – sie ist zu langsam, um bis 2015 eine Senkung auf circa 34 Todesfälle pro 100 000 zu erreichen.
Erfolgreicher verlief bisher die Bekämpfung von Aids und Malaria in den Entwicklungsländern. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen war in den letzten Jahren rückläufig. Die
Mortalität und Morbidität von Mala- ria-Infektionen gehen sogar zurück.
Es ist jedoch unklar, wie viel das UN- Engagement dazu beigetragen hat. Denn auch viele Nichtregie- rungsorganisationen und Stiftungen sind auf diesem Gebiet tätig.
Auf konkrete Finanzierungspläne konnte man sich in New York hinge- gen nicht einigen. UN-Generalsekre- tär Ban Ki-moon forderte die reichen Staaten auf, an ihren Hilfszusagen gegenüber den Entwicklungsländern festzuhalten und ihr Versprechen, 0,7 Prozent der Bruttonationalein- kommen (BNE) für die Entwick- lungshilfe bereitzustellen, einzuhal- ten. Bisher fallen die Zahlungen deutlich geringer aus. Deutschland verwendet beispielsweise nur 0,4 Prozent seines BNE für die Entwick- lungshilfe. Die Geberländer forder- ten ihrerseits mehr Eigenverantwor- tung der Entwicklungsländer. Bun- deskanzlerin Angela Merkel betonte, dass der Entwicklungsprozess in erster Linie in der Verantwortung der Regierungen der Entwicklungslän- der liege: „Sie haben es in der Hand, ob Hilfe effizient erfolgen kann.
Deshalb ist Unterstützung guter Regierungsführung genauso wichtig wie Hilfe selbst.“
Die Millenniumsziele sind nicht nur ein Thema für die Politik – auch Wissenschaft und Wirtschaft müs- sen mithelfen, um die MDGs zu er- reichen. Aus diesem Grund werden sich auf dem 2. World Health Sum- mit vom 10. bis 13. Oktober in Ber- lin mehrere Veranstaltungen mit der Umsetzung der MDGs befassen. ■
Dr. rer. nat. Marc Meißner
W O R L D H E A L T H S U M M I T
Auf der UN- Vollversammlung
vom 20. bis 22.
September in New York bezeichnete Generalsekretär Ban Ki-moon das Treffen als „wich- tigste globale Ent- wicklungskonfe- renz“, seitdem die Millenniumsziele im Jahr 2000 verein-
bart worden sind.
Foto: dpa