ZUR SYRISCHEN ÜBERSETZUNG DER APHORISMEN DES HIPPOKRATES*
von Rainer Degen, Marburg a.d.Lahn
Der erste Teil des Referates gibt einen Überbhck über die Forschungsgeschichte
der syrischen und arabischen Übersetzung der Aphorismen des Hippokrates. Es whd
der Nachweis erbracht, daß bereits 1904 bemerkt wurde, daß der arabische Teil der
zweisprachigen (syrischen und arabischen) Handschrift aus dem Privatbesitz von H.
pognon die Übersetzung des Hunain b. Ishäq ist. Diese Erkenntnis Hilgenfelds (in
der Besprechung der Ausgabe H. Pognons der syrischen Übersetzung der Aphoris¬
men [Leipzig 1903]) fand keinen Eingang in die Fachliteratur.
Der zweite Teil ist dem Nachweis gewidmet, daß auch die syrische Version, die
nur in dieser Handschrift Pognons aus dem Jahre 1205 n.Chr. vorliegt — sie wird
jetzt in der Bibliothöque Nationale aufbewahrt - die Übersetzung Hunains ist. Es
werden zum Vergleich zwei Aphorismen (I 1 und VI 31) aus einer unveröffentlich¬
ten Galen-Übersetzung des Sergius von ReS'^ainä und zwei andere (II 3 und VI 39)
aus der Übersetzung des sog. Syrischen Medizinbuches (ed. E. A. WalUs Budge
[London 1913]) herangezogen. Außerdem wird auf eine Übersetzungsmethode des
griechischen Superlativs hingewiesen, die sich offensichtlich nur in der unpublizier¬
ten syrischen Übersetzung von Hunains ,3uch der Nahmngsmittel" und der Über¬
setzung der Aphorismen fmdet, so daß der Schluß erlaubt ist, daß auch die syrische
Übersetzung der Edition H. Pognons das Werk Hunains ist.
* Der vollständige Wortlaut des Referates erscheint - vermehrt um die Nachweise und Zitate der syrischen Texte der erwähnten Aphorismen - im Oriens Christianus 62 (1978).
XX. Deutscher Orientalistentag 1977 in Erlangen
, J)ASS-SÄTZE" MIT 'AN UND 'ANNA IM ARABISCHEN
von Wolfdietrich Fischer, Erlangen
Den Satzeinleitungspartikeln 'in, 'an und Ekin des Arabischen ist gemeinsam, daß sie in zweierlei Form, einer kürzeren, 'in, 'an, läkin, und einer längeren, 'inna,
'anna, läkinna, auftreten können. Während aber bei läkin die Wahl zwischen der
Kurz- und der Langform allein durch die formale Struktur des folgenden Satzes
bestimmt wird, ist bei 'in die semantische Funktion des Satzes das entscheidende
Verteilungskriterium. Was sich bei 'inj'inna im wesentlichen während einer vor¬
historischen Periode des Arabischen abgespielt hat, nämlich die funktionale Diffe¬
renziemng der ursprünglichen Allomorphe, kann bei der dritten der eingangs
erwähnten Partikeln 'anj'anna im Verlauf der historischen Entwicklung des klassi¬
schen Arabisch beobachtet werden.
Die Partikeln 'an und 'anna führen substantivische Nebensätze ein und entspre¬
chen im Gebrauch weitgehend dem deutschen „daß". Über die Frage, wann ein
solcher „Daß-Satz" mit 'an und wann mit 'anna eingeleitet werden soll, geben we¬
der die arabischen Nationalgrammatiker noch die Grammatiken des klassischen
Arabisch der europäischen Arabistik ein klares Bild, 'an wird als Partikel definiert,
die den Konjunktiv nach sich zieht, wogegen 'anna ein Substantiv im Akkusativ
oder ein Pronomen nach sich haben muß, zwei formale Bestimmungen, die in kei¬
nem komplementären Zusammenhang stehen. Für Fälle, in denen 'an keinen Kon¬
junktiv nach sich hat, halten die arabischen Nationalgrammatiker zwei Termini
bereit, ohne daß damit für das Verteilungsproblem viel gewonnen ist:
1. 'an al-muhaffafa „das leicht gemachte 'ari\ das immer dann angesetzt wird,
wenn nach Auffassung der Grammatiker 'anna hätte angesetzt werden können.
2. 'an al-mufassira „das erklärende 'an", dessen Funktion H. Fleisch treffend
als die eines Doppelpunkts bezeichnet hat. Manche Grammatiker betrachten das
'an al-mufassira als eine Sonderfunktion des 'an al-muhaffafa.
Werfen wir einen Blick auf die Textbelege wie auch auf die von den National¬
grammatikern für gut befundenen Modellsätze, so können wir feststellen, daß zwar
'anna nur mit folgendem Substantiv oder Pronomen gebraucht wird, daß aber die
Sätze, die auf 'an folgen, keinerlei Beschränkungen unterworfen zu sein scheinen.
Hier sei auf die von Sibawaih (I 430, Kp. 276) angeführten Modellsätze hingewie¬
sen, um zu zeigen, daß der Gebrauch der Verbalformen nach 'an keinen Beschrän¬
kungen unterliegt.
katabtu 'ilayhi 'an lä taquldäka „ich schrieb ihm: sage das nicht!"
katabtu 'ilayhi 'an läyaqüla däka ,4ch schrieb ihm, daß er das nicht sagen solle"
katabtu 'ilayhi 'an lä taqülu däka ,4ch schrieb ihm, daß du das nicht zu sagen
pflegst".
Auf Gmnd der Modellsätze wie auch der koranischen Textbelege läßt sich die Ver¬
teilungsregel für 'an/'anna wie folgt formulieren:
XX. Deutscher Orientalistentag 1977 in Erlangen