Zu ZDMG 91, S. 448 Von Vittore Pisani-Rom
Da E. Schwentner an Gatti's Übersetzung des Nala
erinnert hat, so erlaube ich mir hinzuzufügen, daß die be¬
rühmte Episode noch teilweise übersetzt vorliegt in den
Studj orientali e linguistici von G. J. Ascoli (Mailand 1854
bis 1855) und bei Pietro Giuseppe Maggi, Due episodi di
poemi indiani recati in verso italiano con illustrazioni (Mai¬
land 1847)*); derselbe Maggi ließ später eine vollständige
Übersetzung des Nala in der von A. de Gubernatis heraus¬
gegebenen Rivista Orientale (Florenz 1867) erscheinen.
In einer Anmerkung gedenkt Schwentner auch des Sans¬
kritisten Michele Kerbaker (Turin 1835 [so!] — Neapel
1914). Seine Nachrichten ergänzend möchte ich hier bemerken,
daß Kerhaker nicht nur ,,die Mrcchakatikä und einzelne
Episoden aus den indischen Epen" übersetzte, sondern noch
mehrere Lieder des Rgveda und zahlreiche Sprüche, die schon
zu seiner Lebenszeit veröffentlicht wurden; was die ,, einzel¬
nen Episoden" betrifft, haben dieselben sich nunmehr zu
einer umfangreichen Übersetzung des Lesenswerteren im
Mahäbhärata, etwa */? des riesigen Epos verdichtet, dank
der Veröffentlichung der betreffenden hinterlassenen Manu¬
skripte Kerbaker's durch C. Formichi und den Unterzeich-
1) Die andere Episode ist Yajnadattas Tod aus dem Rämäyana;
eine erschliciiene \euausgabe erschien später in Mailand unter dem
merkwürdigen Titel Le Glorie di Rama e le nozze di Nala e di Dama¬
yanti ossia due episodi della guerra dell' indipendenza dell' India,
recati in verso italiano con illustrazioni da Pietro Giuseppe Maooi.
Eine Biographie Maogi's erschien in den Rendiconti del R. Istituto
Lombarde vom 17. Juli 1873 und rührt von G. J. Ascou her. Ich
schulde diese Angaben über Maooi dessen Enkel, Herrn Prof. A. M.
PizzAOALLi in Mailand.
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neten'). Kerbaker verfaßte auch wertvolle und noch heute
lesenswerte Abhandlungen über vedische Exegese und ver¬
gleichende Mythologie, auch über klassische und moderne
Literaturen (u. a. beschäftigte er sich wiederholt mit Goethes
Faust); leider trug die Veröffentlichung derselben in aka¬
demischen Zeitschriften zu ihrem Bekanntwerden nicht bei.
1) Der Titel lautet: II Mahäbhärata tradotto in ottava rima nei
suoi principali episodi da Michble Kerbaker, publicato a cura di Cablo
Formichi e Vittobb Pisani. Roma, Reale Accademia d'Italia, 1933 ff.
Es sind bis jetzt vier Bände erschienen; ein fünfter Band wird das
Werk schließen.
Der Ursprung der japanischen Katakana und der
Fünf zig-Laute -Tafel
von Erich Pagel, Berlin
Man hat bisher die beiden japaiuschen Silbenschriften,
die Hiragana und die Katakana, nacb Ursprung und Ent¬
wicklung meist gemeinsam betrachtet. Von der früheren An¬
sicht, daß die beiden Silbenschriften durch japanische Ge¬
lehrte ,, erfunden" seien, ist man beute in Japan fast ganz
abgekommen. Die Hiragana, die früher noch viele Neben¬
formen für die einzelnen Silbenzeichen besaß, ist eigentlich
nur die zum Teil vereinfachte Schreibform der lautlich ge¬
brauchten chinesischen Zeichen. Man kann aus diesem Grunde
ihren Urspnmg oder vielmehr ihr Ingebrauchkommen gar
nicht früh genug ansetzen. B. H. Chamberlain (Introduction
to the study of Japanese Writing, 2nd ed., S. 204) bemerkt
deshalb mit Recht: "Hiragana may be said to have already
existed at that period (d. b. Zeit der Gedichtsammlung Man-
yö-shü, etwa 600— 760n. Chr.), for the Hiragana is nothing
else than the cursive form of characters employed phoneti¬
cally." Als die chinesischen Zeichen in Japan bekaimt wur¬
den, schrieb man selbstverständlich nur Chinesisch mit ihnen.
Man folgte aucb darin dem chinesischen Brauch, daß man die
japanischen Eigennamen von Ortschaften, Flüssen usw. mit
denjenigen chinesischen Zeichen wiedergab, die lautlich, wenn
auch öfter nur annähernd, am besten dazu geeignet waren.
Mit diesen chinesischen Zeichen schrieb man auch später
Japanisch, vor allem japanische Gedichte. Und nacb der
besonders häufigen Verwendung als Lautzeichen im Man-yö-
shü heißen diese chinesischen Zeichen bekaimtlich „Manyö-
gana". Die Manyö-gana ist die unmittelbare Vorgängerin
der Hiragana.
Wahrscheinlich wurden die chinesischen Zeichen auch
dann, wenn sie in ihrer eigentlichen Bedeutung, also nicht als
Lautzeichen, verwendet wurden, kursiv geschrieben, so daß
Bich schon dadurch die vielen Schwierigkeiten für die späteren
ZeltMhrift d. DHO. Bd. 91 (Neu* Folge Bd. 18) SO