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Türkische Papierausschneider.
Von J. H. Mordtmann.
Zu dem anregenden Aufsatze von Herrn Prof. Jacob über
Orientaliscbe Silbouetten ^) möcbte icb aus abendländischen Quellen
zwei diesbezügliche Stellen nachtragen, die ich mir neben den von
Prof. Jacob verwerteten Angaben in Evlijä Tschelebi's Reisen und
in Bellg's Biographien notiert hatte. &
Evlijä erwähnt, daß die Papierausschneider {oimadschiän) eine
besondere Zunft bildeten und bei feierlichen Aufzügen mit den
übrigen Zünften defilierten. Tatsächlich werden in der Beschreibung
eines solchen Aufzuges, der anläßlich der Beschneidungsfeier des
späteren Sultans Mehemed HI. im Jahre 1582 stattfand 2), u. a. lo
auch die „Papierschnitzer" erwähnt (v. Hammer an dem in der An¬
merkung angeführten Orte, S. 131). In der ausführlichen Relation
eines Augenzeugen, die zuerst in der deutschen Ausgabe von Leun-
clavius Türkenchronik gedruckt und daraus in der „Hoffhaltung
des Türkhischen Keysers, und Othomannischen Reichs" i5
des Nicolaus Höniger von Königshofen wiederholt wurde,
heißt es von ihnen unter dem 25. Juni: „die so allerlei schnitz-
werck von Papier machen, nur ihr zehen [zu Evlijä's
Zeiten waren es zwanzig] haben dem Sultane einen sehr
schönen lustigen Garten [vgl. Jacob S. 8] unnd ein so
Schlosz mit Blumwerck ausz Papier mancher ley
Farben künstlich geschnitzelt, Presentiert"*).
1) 6. Jacob, Die Herliunft der Si 1 bouettenkunst {ojmadschylyk) aus Persien. Berlin 1913.
2) t}ber dieses Volksfest, das fast zwei Monate dauerte und in der osma¬
nischen Geschichte berühmt geworden ist, vgl. v. Hammer's Osmanische Ge¬
schichte IV, S. 118—133, wo weitere Quellennacbweisungen. Es existiert eine besondere kleine Schrift darüber, ^.^^L*.^ LA^i^yM , vgl. Flügel, Handschr. d.
Wiener Hof bibliotbek , Bd. 2, S. 239, Nr. 1019; ein anderes Exemplar dieser Schrift befand sich in der Sammlung meines Vaters, Dr. A. D. Mordtmann sr., sein Verbleib ist mir unbekannt geblieben, ebenso, ob der verstorbene Behrnauer, der sie bearbeiten wollte, seine Absicht ausgeführt hat.
3) Ich zitiere nach der Basler Ausgabe der Hoffhaltung vom Jahre 1596 S. CII, da die deutsche Ausgabe des Leunclavius mir hier unzugänglich ist.
472 Mordtmann, Türkischi Fapierautschneidcr.
Die zweite Stelle findet sich in den »Denkwürdigkeiten von
Asien* des Heinrich Friedrich von Diez, der bekanntlich Anfang
des 19. Jahrh. Preußischer Gesandter bei der Hohen Pforte war.
Er erzählt, Bd. II, S. 472: .Idris Begh, ein reicher Mann, war ein
6 sehr geschickter Maler, besonders für Dosen. Er besaß auch eine
ausnehmende Fertigkeit im Ausschneiden allerley Arten Figuren
von Blumen im Kleinen. Er schnitzelte diese kleinen Figuren mit
der Scheere in Papier. Er trieb dies nur zu seinem Vergnügen
und verschenkte die Figuren aufgeklebt an seine Freunde und Be-
10 kannte mit Unterzeichnung seines Namens. Ich besitze davon ein
Exemplar."
Edris bej scheint sonst unbekannt zu sein; die Diez'sche
Silhouette dürfte wohl noch in Berlin in irgend einer Sammlung
vorhanden sein. Jacob hat überzeugend nachgewiesen, daß die
15 Signatur FachrT unter aus Papier ausgeschnittenen Versen auf der
Wiener Hofbibliotbek nicht den Dichter, sondern den aus Evlijä
und Belig bekannten Silhouettenschneider dieses Namens bezeichnet;
die Angabe bei v. Diez zeigt , daß diese Künstler ähnlich wie die
orientalischen Siegelschneider die Produkte ihrer Fertigkeit mit
80 ihrem Namen zu versehen pfiegten.
Ein anderer berühmter Silhouettenschneider jener Zeit war ein
gewisser Mehemed Nüri Efendi, gestorben Anfang 1238 H.
(Ende 1822), der, wie in 'All Säti's ^adlkat eldschevämi' (I, 236)
zu lesen ist, »Bilder und Schriften von der Fachrl-oimasy genannten
25 Art sehr fein ausführte* ^^^»^^1 jl^sOyi- v;i*jLi
t^^} jIjLj ^jLia ^5^^!).
S. 9 erwähnt Prof. Jacob eine Ausschneidearbeit, die Herr Dr.
Tschudi in einer 1168 H. geschriebenen Handschrift fand; ich selber
fand eine ganze Sammlung (Arabesken und stilisierte Zypressen) in
so meinem Exemplare der ersten Ausgabe von Na'imä's Geschichtswerk.
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Traum und Traumdeutung nach 'Abdalgani an-Nabulusi.
Vou P. Schwarz.
Vor einigen Jahren war in dieser Zeitschrift von der Bedeutung,
die Araber und Perser der Quitte als Vorzeichen beilegten, die
Rede^). Herr Professor Horn, der die Frage aus seinen FirdüsT-
Sammlungen beantworten zu können glaubte, ist durch den Tod
an der weiteren Verfolgung der Sache gehindert worden. Für 6
Freunde der arabischen Literatur blieb die Frage wichtig, weil
Tabarl's Darstellung des Thronwechsels zwischen IJosrau Parwez
und älröje damit verknüpft ist. De Goeje's Erklärung der Stelle
fabarl I, 2. 1049, 14, wie er sie im Tabari-Glossar unter J^^i*«
gab, war von Herrn Professor A. Fischer in Zweifel gezogen worden, lo
weil ein türkischer Gelehrter des 17. Jahrhunderts , Häggl Hallfa,
eine entgegenstehende Auffassung mitteilte. Erst im Herbste 1911
bot sich mir in Cairo Gelegenheit, durch die Freundlichkeit eines
jungen ägyptischen Bekannten ein Buch kennen zu lernen, das nach
seiner Angabe in seiner Familie oft zu Rate gezogen wurde und i6
einen ziemlich guten Einblick in die Anschauungen der Araber
über Vorbedeutungen gestattet. Die allgemeinen Teile des Buches
schienen mir für das Verständnis der arabischen Literatur , aber
auch für die allgemeine Völkerpsychologie so wichtiges in Europa
wenig bekanntes Material zu enthalten, daß ich über mein nächstes 20
Ziel hinausging und die allgemeinen Teile des Buches sowie einen
der Hauptabschnitte genauer ansah. Es kostete zunächst einige
Überwindung, aber auch für die Philologie und für die Kultur¬
geschichte ergab sich einige Ausbeute. Manche von Dozy nur für
das westliche Arabisch oder aus Bocthor erst für das 19. Jahr- 25
hundert belegte Bedeutung ließ sich nunmehr auch für den Osten
und für das 17. Jahrhundert nachweisen.
Der Verfasser des Buches, 'Abdalganl, auch Ibn an-NäbulusT
genannt, war nach öabartl (Ausgabe Cairo 1302: II, 5 ff.) geboren
im Jahre 1050 d. H. und starb im Jahre 1143. Von den Schriften, so
die öabartl als seine bedeutenderen Werke aufführt , werden bei
1) ZDMG. 61, 753; 849.
Zeitichrift der D. M. G. Bd. l.XVII.
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