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Vedisch huve, stuse und Verwandtes

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355

Vedische Untersuchungen/) Von H. Oldenberg.

14. Vedisch huve, stuse und Verwandtes.

Anf seine Bezz. Beiträge 20, 54if. vorgetragene Theorie der

vedischen e-Imperative oder imperativisch gebrauchten , Infinita'

wie huve, stuse ist Neißer nach Delbrück's Bemerkungen, Vergl.

Syntax II, 432. 447, und nach den meinigen, ZDMG. 65, 306fr.,

ili einer neuen Untersuchung, Bezz. Beit. 27, 262 flF., zurückgekommen.

Seine eingehenden und scharfsinnigen, doch mich nicht überzeugenden

Ausführungen macben es mir wünschenswert, auch meinerseits über

die Frage einige weitere Bemerkungen vorzulegen. Der Natur der

Sache nach muß ich dabei vielfach auch auf N.'s älteren Aufsatz

zurückgreifen.

Ich' resümiere kurz die Auffassungen N.'s.

Infinitive auf -e und se wie *huv(;, stusS, rvjdse wurden, in¬

dem sie von nominalem zu verbalem Wesen übergingen, sich der

Verbalenklise unterwarfen, als „Infinita" Träger medialer Funktion.

Der Natur des Infinitivs entsprechend stehen sie nicht gleichwertig

mit beliebigen Medialformen, sondern nur mit präteritalen und be¬

sonders mit imperativischen. Sie reihen sich finiten Medialformen

an, welchen kollektive Bedeutung beizulegen ist. Wie das Finitum

stuvate heißt ,sie lobpreisen alle zusammen", so heißt das Infinitum

stuse „preiset alle miteinander", bisweilen auch 1. Pers.: ,wir

wollen alle miteinander preisen". Das bei solchen Infinitis gern

erscheinende vah zeigt, daß sie als 2. Plur. fungieren. Einige

c-Formen erscheinen auch als 2. Sg. Imptv. Med. (neben huve „ruft"

oder „wir wollen rufen", auch huve „rufe"); auch für die 3. Sg.

Imptv. sind Belege da.

Ich richte meine Prüfung nicht auf jedes Detail der N.'sehen

Aufstellungen , sondern allein auf gewisse wesentliche , meines Er¬

achtens für das Ganze entscheidende Punkte. Zuvörderst handelt

es sich darum, ob wir — was schon Delbrück a. a. 0. 449 in

Zweifel gezogen hat — ausreichenden Anhalt baben, Formen wie

1) Fortsetzung zu Bd. 54 S. 599 ff.

3 0*

(2)

356 Oldenberg, Vedische üntersuchungen.

huve eine andere Geltung als die altgeläufige der 1. Sg. med. —

man muß, genau genommen, hinzufügen: und daneben selten der

3. Sg. med. — zuzuschreiben.^) Eben für huve liegen die Materialien

so reichlich vor, daß es sich wohl empfiehlt, unsere Erwägungen

an dieser Form zu exemplifizieren.

Ein Infinitiv *huvS ist, wie N. selbst konstatiert, nicht belegt.

Natürlicb wäre er denkbar. Aber man wird zugeben, daß wir ihn

mit größerem Vertrauen in unsere Reebnung einstellen würden,

wäre er tatsächlich erhalten. Vollends ein Infinitiv *siüc^ ist nicht

nur unbelegt, sondern weicht von der zu erwartenden Gestalt *sicS

ab. Hypothesen sind ja leicbt genug denkbar, die einen solchen

Infinitiv oder wohl besser, im Sinne N.'s, ein .Infinitum" sitlce

statt *sice erklären würden. An Wahrscheinlichkeit gewinnt die

in Trage stehende Auffassung durch die Notwendigkeit solcher

Hilfshypothese docb wohl nicht.

Die Form huve nun kennen wir aus der nachrgvedischen Sprache

als sehr geläufige 1. Sing, des Mediums. Im Atharvaveda zähle

ich (nach Whitney's Index) 22 Belegstellen. Nirgends kann ich

etwas entdecken, was an der Auffassung als 1. Sg. Med. den leisesten

Zweifel erweckt. Vielmehr liegen an der Mehrzahl der Stellen teils

zwingende Beweise , teils Wahrscheinlichkeitsmomente vor, die —

sofei-n es dessen bedürfte — für jene Auffassung eintreten. An

8 von den 22 Stellen steht das Subjekt aham ausdrücklich da.

Unter den übrigen 14 Stellen sind 7, an denen benachbarte Worte

das huve als 1. Sg. mit hinreichender Bestimmtheit festlegen. So

ergibt sich die betreflFende Auffassung für das huve von "III, 8, 2

aus dem benachbarten me vdcah, für V, 25, 2 aus dadhämi te

gdrbham, für VI, 77, 2 aus atisfhipam, für VI, 99, 1 aus hvdyämi,

für VIII, 7, 23. 24 aus krnomi, für XIX, 42, 4 aus me. Bei dieser

Sachlage wird man nicbt — und ich glaube am wenigsten wird

Neißer — daran denken, für die übrigen Stellen, deren Aussehen

von dem der andem keinen bemerkbaren Unterschied zeigt, an denen

allen die 1. Sg. auf das ungezwungenste paßt, die Annahme eines

fundamental verschiedenen huve ich darf sagen aus der Luft zu greifen.

1) N. (20, 75) freilich hält sich von der Anerkennung dieser Pormen, dio wohl ungefähr allen sonst als etwas Festes, Gegebenes erscheinen, mit starker Skepsis zurück. „Angenommen auch, diese Formen wären echte Fortsetzer indogermanischer Bildungen, so wUrden sie doch nur für die Beurteilung der Grundsprache in Betracht kommen' — für den Ifv. vorläufig nicht. Seben wir aber den idg. Bestand — sofern sich über diesen hier urteilen läßt — mit dem des spätern Veda und des klassischen Sanskrit ubereinstimmen, wäre es in der Tat seltsam, sollte der Kv., zwischen beiden Perioden liegend, anders zu beurteilen sein. Man beachte vor allem auch die Übereinstimmung des avestischen Bestandes mit dem nachrgvedisch-indischen. Dem letzten Ursprung der Formen freilich glaube ich kaum mit der Zuversicht, die N. hier vielfach

beweist, nahe kommen zu können. Aber ich meine, daß die Regionen der

grammatischen Entwicklung, in denen ich mich halte, die sind, welche für die Exegese des Rktextes die Basis abgeben müssen.

3 0 *

(3)

Oldenberg, Vedüche Untersuchungen. 357

Nun vom Atharvaveda zum Rgveda. Man wird mir nicht den

Glauben zuschreiben, als könne dessen Sprache obne alle Ein¬

schränkung nach jener jüngeren Sammlung beurteilt werden. Aber

so lange bier und dort dieselbe Form in langen Reihen ganz über¬

wiegend ähnlich aussehender Stellen vorliegt — die ünäbnlichkeiten betreffen vielmehr die allgemein durchgehenden Stilverschiedenheiten

der beiden Veden als das Problem jener Form —, werden wir

doch eine starke Präsumtion dafür anerkennen, daß die Form im

Rv. dasselbe ist wie im Av.

Prüfen wir nun die Belege. Wir sondern ab I, 30, 9 ydm

te pürvam pitd huvS: mag hier nun 3. Sg. Med. Praes. oder

reduplikationsloses Perfekt vorliegen, für unsere Prage f^llt die

Stelle selbstverständlich weg. Im Übrigen aber treffen wir zunächst auf folgende Stellen:

I, 17, 7 indrävarunä väm aham \ huvS dträya rädhase.

II, 32, 4 räkäm ahdrn suhdväm sustuti huve.

VIII, 10, 2 bfhaspdtirn vf^vän deväh ahdrn huve.

VIII, 35, 22 avasyur väm ahdrn huve.

X, 150, 4 agnim mahö dhdnasätäv ahdrn huve.^)

Weiter, mit singularisch charakterisiertem Subjekt und sich

dadurch der Übersetzung .rufet" oder .wir wollen rufen" wenigstens der Wahrscheinlichkeit nach entziehend:

V, 40, 3 vfsä tvä vfsanam huve.

VI, 62, 1 advinä huve jdramäno arkaih.

VII, 32, 3 räydskämah . . . putrö na pitdram huve.

VII, 67, 4 huvi ydd väm . . . vasüydh.

Sodann, mit dem Auftreten benachbarter Ausdrücke, die mit

Bestimmtheit oder erheblicher Wahrscheinlichkeit das huve als 1. Sg.

sichern: natürlich sind über die Beweiskraft einzelner Stellen

Meinungsverschiedenheiten möglich ; ich meinerseits möchte etwa die

folgenden für vorzugsweise in Betracht kommend halten: I, 119, 1

(im nächsten Vers svddämi gharmdm); 138, 2 (vorher geht drcämi,

stömehhih kfnvi; das huv6 selbst ist abhängig von ydt, wodurch

imperativische Funktion ausgeschlossen ist; dies gilt auch von

I, 181, 9; VII, 67, 4; VIII, 5,24); 185, 6 (es folgt upa bruve —

oder soll dies auch ein Infinitum sein? —, später mäm, avocam);

II, 29, 1 (dem dvase huve vah geht voran är4 mdt karta) ; 37,2

{ydm u pürvam dhuve tdm iddm huve; sehr deutliche Charakte-

l) Beiläufig sei auf den Unterscliied zwischen der Ausdrucksweise der beiden Veden hingewiesen, daß das im Av. sehr häufige huve 'häm dem Hv. fremd ist. Die Ursache liegt vielleicht — neben der größeren Neigung des Atharvan- stils zum Setzen des ahdrn — in dem erst allmählich fortschreitenden Sieb¬

einbürgern des Abhinihita Sandhi im Kgveda. Vermutlich würde die Zahl der ahdm-Be\ege im Kv. größer sein , wäre diese metrisch bequeme Verbindung gebräuchlich gewesen.

(4)

358 Oldenberg, Vedische üntereitehungen.

ristik als 1. Sg.); V, 46, 3 (dem huvS folgt in v. 6 ärotu me hdvam);

73, 2 (dicht daneben yämi); VII, 61, 6 (vorher mahayam); 67, 4

(es folgt dhiyam me); VIII, 10, 5 (an huvS väm schließt sich an

dtha md gatam); 23, 7 {huve neben grne, das freilich nach N.

auch Infinitum ist); X, 61, 4 (auf das huve väm folgt unmittelbar

vltdm me yajndm ä gatam me dnnam).

An zahlreichen Stellen erscheint neben dem huve ein an den

angeredeten Gott oder die Götter gerichtetes tvä, väm, vah: hier

wäre wenigstens die Übersetzung .preiset' unmöglich, wenn aller¬

dings auch für ein .man preise' oder dgl. Eaum bliebe. So

I, 119, 1; II, 29, 1; V, 40, 3; VI, 60, 13; VII, 67, 4; VIU, 58, 3

und öfter.

Andre Stellen werden indirekt charakterisiert durch ihre Nach¬

barschaft oder Ähnlichkeit mit direkt charakterisierten. So wird

nach I, 17, 7 ahdrn huvS auch v. 9 desselben Liedes sustutih . . .

yäm huv£ beurteilt werden; VIII, 10, 3 nach v. 2. 5 desselben

Liedes; nach VIII, 10, 3 wiederum die ähnlichen Verseingänge

VIII, 94, 10. 11. 12 u. s. w. Über das alles tritt dann schließlich

die allgemeine Gleichartigkeit des Aussehens der Stellen ein, die

ein Abweichen von der so oft ausdrücklich gesicherten Auffassung

als nicht ratsam erscheinen läßt.

Doch einzelne Stellen oder Stellengrnppen, die für ein solches

Abweichen geltend gemacht worden sind, verlangen Betrachtung.

Zunächst I, 76, 4 (an Agni) prajävatä vdcasä vdhnir äsä \

d ca huvS ni ca satsthd devaih. Neißer (20, 69; 27, 266) findet

es wegen des ca-ca unzweifelhaft, daß beide Verba sich auf die

nämliche Person beziehen; er übersetzt »rufe, Agni, die Götter

herbei und sitze') mit ibnen hier nieder'. Er beruft sich auf

Delbrück, Ai. Syntax 473, der docb in recht vorsichtiger Aus¬

drucksweise sagt, daß die Verbindung von Sätzen mit nicht parallelen

Verben durch (mehrfaches) ca .kaum vorkommen dürfte', und dann

findet, daß als Ausnahme eben der in Rede stehende Vers .wohl

anzuführen ist". Selbstverständlich ist in der Tat bei Satzverbindung

durch ca-ca Parallelität der Verben das Natürlicbe. Aber die

rgvedische Diktion, meine icb, gebt im Gehorsam gegen Grammatik-

paragraphen nicht so weit, daß das lebendige Leben nicht fort¬

wäbrend, wie die Motive und Einfälle des einzelnen Augenblickes

das mit sich bringen, ein Schwanken in der Innehaltung der ge¬

wohnten Grenzen sich gestattete. Bei den wenigen überhaupt vor¬

handenen Pällen von satzverbindendem ca-ca im Rv. kann es nicht

befremden, wenn ein zweites Beispiel derselben ünebenheit — oder

desselben Mangels an absoluter Ebenheit — nicht vorliegt. In

unserm Vers aber ist die Abweichung von der strengen Symmetrie

doch recht verständlich. Der Ausdruck .ich rufe dich und du

setzest dich her" verschob sich, indem das Sichsetzen dem Redenden

1) Also hier der oben (S. 355) erwähnte singularisch verwandte Imperativ.

(5)

Oldenberg, Vedische Untermichungen. 359

in geläufiger Weise als Inhalt einer an den Gott gerichteten Bitte

vorschwebte, zu der Gestalt „ich rufe dich, und du setze dich

her" Die vermeintliche Unmöglichkeit eines solchen Ausdrucks

zum Beweis für eine im übrigen sich wenig empfehlende Theorie

auf dem Gebiet der Formenlehre zu stempeln beißt, meine ich, das

Verhältnis zwischen Träger und zu tragender Last falsch berechnen.

Übrigens liegen Momente vor, welche über die allgemeine Wahr¬

scheinlichkeit hinaus für die Auffassung des ä . . huvS an unsrer

Stelle als „ich rufe her" geltend zu machen sind. Sollen wir dies

an Agni sich richtende ä . . huvS von folgenden Stellen trennen,

um hier ein ganz andres Rufen als dort zu erkennen? VII, 16, 1

agnim . . . ürjO ndpätam ä huve; VIII, 23, 7 agnirn vah . . . huve:

VIII, 102, 4 d huve \ agnim; das. v. 5 huvS . . . agnim; das. v. 6

ä . . . huve I agnim; X, 150, 4 agnim . . . ahdrn huve; dazu zahl¬

reiche Stellen mit andern Formen desselben Verbs und dem immer

wiederkehrenden Inhalt „ich rufe Agni; wir rufen ihn; sie rufen

ihn". Es ist dem gegenüber bemerkenswert, daß im Rv. das Verb

hü mit Agni recht selten derart in Verbindung gesetzt ist, daß es

sich um A. als die Götter zum Opfer rufend handelt. Übrigens

habe ich die am genauesten zu unserm Vers stimmende Parallele

noch nicht angeführt: VIII, 44, 13—14: ä huve \ agnim . . . sd

nah . . . devair d satsi barhisi — die Identität des Vorstellungs¬

laufs mit unserm ä ca huvS ni ca satsthd devaih springt in die

Augen.-) So müssen wir, denke ich, die in Rede stehende Stelle

als Beleg für ein imperativisches huve fallen lassen. 8)

Weiter läßt sich für ein huve, das nicht 1. Sg. ist, geltend

machen VlII, 66, 1 gäyantah . . . huvS. Ein solcbes gelegentliches

Schwanken der Vorstellung des Redenden zwischen verschiedenen

1) Ist die kleine Unebenheit, die hier um das COrCa herum zur Erscheinung kommt, ganz unähnlich der von IV, 2, 3: du gehst, o Agni, zwischen yufmärni ca devdn viia d ca mdrtän? Das zu erwartende „du gehst zwischen Göttern und Sterblichen" hat sich verschoben zu „du gehst zwischen euch Göttem und den Sterblichen' (vgl. zu der Stelle Neißer 27, 272 A. 2).

2) Ich verweise auch auf VIII, 11, 8—10: samdtsu tvä (Agni) havä- mahe . . agnim . . . havämahe . . . sanäc ca hötä ndvyas ca edtei. Siehe auch I, 14, 2 ä tvä kdnvä ahüsata . . . devibhir agna ä gahi.

3) Daß (bei meiner Auffassung des Verses) „der — im Gegensatz zu der

demütigen Sprache des v. 1 — pomphaft von sich redende Opferer die in

vv. 2—5 gehäuften Apostrophen Agni's etwas auffallend unterbrechen würde",

erscheint mir als subjektiv und modern empfunden. — Nach N. soll nun

I, 76, 4 weiter über die Deutung von VII, 42, 2 und X, 14, 5 entscheiden („rufe, Agni' etc.; „rufe, Yama, deinen Vater' etc.). Ich finde keinen Grund, VII, 42, 2 nicht zu übersetzen: „ich rufe, (als Hotar) sitzend, die Geschlechter der Götter'.

Vgl. etwa 11,36,6; 111,41,2 und die Materialien bei Hillebrandt, Neu-

und Vollmondsopfer 92. Ungefähr ähnlicb mit VII, 42, 2 ist I, 185, 6. Und was X, 14, 5 anlangt, wird es, glaube ich, auch olme Rücksicht auf die uns beschäftigenden grammatischen Erwägungen der Weise des vedischen Gebets angemessener scheinen, wenn der Priester, der eben Yama hergerufen hat, hin¬

zufügt: „ich rufe deinen Vater Vivasvant', als wenn er spräche: „rufe, Yama, deinen Vater V.'

(6)

360 Oldenherg, Vedische Untersuchungen.

Numeri, ein Hinblicken bald auf den einzelnen Handelnden, bald

auf die ganze Gruppe, zu der er gebört, ist aber nicht selten und

entspricht durchaus der für den Rv. charakteristischen Schwäche

im Festhalten der einmal gewählten Richtung der Vorstellung.')

Neben den von Neißer 27, 273 f. gesammelten Stellen, die dieser

Forscher seinerseits durch seine Theorie der Infinita erklärt, die

aber in der Tat, meine ich, vielmehr jenes Schwanken erkennen

lassen, führe ich, ohne auch nur entfernt Vollständigkeit zu erstreben,

an: dvocäma . . . mänasya sünüh I, 189, 8; vajdyan . . . imahe

I, 106, 4; aham . . . turyäma V, 9, 6; visidn ... arctno guh V, 45, 1;

sakhäyah . . . drca gäya ca VI, 16, 22; vaydm . . . damsisam

VI, 48, 1; ti no 'vantu rathatur manisäm X, 77, 8; üpa bruve

. . . svddväsah V, 65, 3; tä . . . rurucuh Yl, 62, 2 u. s. w. ; vgl

ZDMG. 54, 170; 55, 308.«)

Endlich begegnen wir als einer Stütze für das Infinitum huve

den Aufstellungen N.'s über die Verbindung dieser und verwandter

Formen mit vah : ein Punkt, der unsre eingehendste Aufmerksamkeit

verlangt. Wie schon erwähnt, wird nach seinen Auseinander¬

setzungen 20, 55. 80 die Kategorie der -e-Infinita durch die häufige

Verbindung mit vah als pluralisch bestätigt ; huve vah , stuse vah

heißt ,ruft im Chor", „preiset im Chor". Wie dabei die Rolle des

vah zu definieren ist, wurde, wie mir wenigstens scheint, nicht

ganz deutlich. Diese Lücke seiner Aufstellungen hat N. offenbar

durch die eingehende Erörterung in seinem neuen Aufsatz 27, 269 ff.

auszufüllen beabsichtigt.

Hier unterscheidet er unter den einer speziellen Erklärung

bedürftigen roÄ-Belegen zwei Typen : diejenigen , bei denen man

ein das vah regierendes Nomen vermißt (A) , und diejenigen , bei

denen auf vah eine andre Verbalform als die erwartete (warum

erwartete?) 2.' Plur. folgt (B). Zu A gehören Stellen wie I, 87, 1

krildm vah idrdho märutam . . . abhi prd gäyata oder VIII, 49, 1

abhi prd vdh . . . indram area ydthä vidd. Sie erklären sich nach

1) N. (20, 55; 27, 269) spricht öfter davon, daß ein singularisches Verb ein pluralisches „vertritt". Führt man dies „Vertreten" auf seinen psycho¬

logischen Grund zurück, langt man, meine Ich, eben bei dem hier hervor¬

gehobenen Charakterzuge an.

2) Wir werden, statt dem gäyantah . . . huvi pluralische Funktion des huvi zu entnehmen, vielmehr auf das Faktum Gewicht legen, daß andre un¬

zweideutige Verbindungen von huve mit pluralischem Subjekt nicht, mit singu¬

larischem dagegen Uberaus häufig vorkommen. Mei ßer (20, 76) bemerkt selbst:

„Die kollektiven e-Formen werden nie in Götteranrufungen gebraucht. Die Marutah, Ädityäh, ViAje deväh werden mit gewöhnlichen Imperativen der 2. Plur. angeredet". Sehr richtig, aber seine Erklärung hierfür, es habe der Ehrfurcht widerstrebt, die Götter kollektivisch zusammenzufassen, werden wir doch mehr für sinnig als für Uberzeugend halten, um so mehr als er selbst kein Bedenken trägt, im übrigen sein kollektives Medium (s. darüber unten) mit Göttem so gut wie mit Menschen als Subjekt aufzustellen. In Wahrheit wird die Nichtanwendung der e-Formen für die Marut etc. dahin zu deuten sein, daß jene Formen eben weder 2. PI. waren nocb als 2. PI. fungieren konnten.

(7)

Oldenberg, Vedische Untersuchungen. 361

N. als „defekter Typus", beruhend auf einem Normaltypus, in dem

ein vah regierendes Nomen vorhanden ist. Der häufige, feste Ein¬

gang des Satzes mit dem vah verselbständigte sich unter Portbleiben,

zunächst etwa unter Hinzudenkung des zu vah gehörigen Nomens:

so ist VIII, 49, 1 ein gird zu supplieren, das VIII, 69, 4 abhi prd

göpatirn gira \ indram area ydthä vidi ohne das vah erhalten

ist und das — resp. seine Synonyme — oft auch neben dem vah

im Text steht (VII, 4, 1 prd vah äukräya bhändue bharadhvarn

havyam matirn ca agndye u. dgl.). Im Typus B sodann (z. B.

VI, 38, 3 tarn vo dhiyä . . . abhy hnü.sy arkaih) sieht N. freie

Handhabung des Personenwechsels; der Priester ruft einerseits

die Genossen in der 2. PI. an und fällt andrerseits, an sich selbst

•denkend oder sich selbst mit jenen zusammenschließend, in die

1. Sg. oder 1. PI. Wer in stuse — dasselbe gilt natürlich

von huve — eine 1. Sg. sieht, müßte — so argumentiert N. —

die Verbindungen dieser Formen mit vah zu diesen Fällen des

Personenwechsels stellen und würde dann an den statistischen Ver¬

hältnissen scheitern : die im übrigen seltene Verbindung von vah

mit verbalem Singular würde bei stuse und Genossen in so un¬

verhältnismäßiger Häufigkeit erscheinen , daß sich der Fehler ver¬

rät und damit die Notwendigkeit herausstellt, jenen Formen die

Bedeutung der 2. PI. beizulegen.

Ich prüfe meinerseits zuvörderst N.'s Auffassung seines

A-Typus.

Er ordnet diesem (27, 269) 6 Fälle unter, dazu noch 4 Pälle

<271f.), die zugleich zu A und B gehören: 1,37,1; 122,4;

III, 13, 3; IV, 16, 16; V, 41, 5; 64, 1; VI, 19, 4; VII, 36, 8;

VIII, 24, 18; 49, 1. Ich glaube, daß noch eine Zahl andrer Stellen

hierher zu stellen ist. Ich gebe als Beispiele die folgenden, wobei

ich auf Vollständigkeit verzichte , um so mehr , als über viel Ein¬

zelnes Meinungsdifferenzen besteben können :

V, 21, 4 devdm vo devayajydyä \ agnim ilita mdrtyah.'^)

V, 49, 1 devdm vo adyd savitäram ese.

VI, 44, 4 tydm u vo dprahanarn | grnisS dduasas pdtim.-)

VIII, 25, 16 tdsya vratüny dnu vad carämasi.

VIII, 45, 28 tardnim vo jdnänäm . . . prd damsisam.

VIII. 60, 17 agnim-agnim vo ddhrigum huvSina vrktdbarliisah.

Mir ist nun vollkommen unwahrscheinlich , daß wir hier zu

vah ein dasselbe regierendes Nomen wie gird, ukthaih ergänzen

müssen oder auch nur dürfen. Würde der vedische Dichter etwa

mit einer ähnlichen Ellipse sagen devdsya savituh syäma, nämlich

sdolmani , oder tdva nd risyema, nämlich vrate? Ich verkenne

1) Es wäre gewaltsam, vah von devayaji/dyü abhängig zu machen : „der Sterbliche möge durch eure Götterverehrung ..." Anders über die Stelle Neißer 271.

2) Schwerlich vah von Aj^rahanam abhängig.

Bd. LIX. 24

(8)

362 Oldenberg, Vedische Untersuchungen.

nicht, daß Delbrücks (Ai. Syntax 9 f.) Materialien über Ellipsen

starker Vermehrung föhig sind. Aber ich glaube, daß, wenn die

notwendige Arbeit geleistet sein wird, dies Kapitel nach Möglich¬

keit auszubauen, der Haufen der hier eventuell zu vermutenden

Ellipsen immer als etwas durchaus aus dem Rahmen des Übrigen

herausfallendes , weit und unvermittelt herausfallendes erscheinen

würde. Auch die Vermutung der Verselbständigung eines Vers¬

eingangs unter Fortfall eines für dessen Zusammenhang unentbehr¬

lichen Elements und in so häufiger, geradezu typischer Wiederkehr wird , so viel ich sehe , durch nichts wirklich ähnliches gestützt.

Vor allem aber glaube ich, daß zu so bedenklichen Annahmen jeder

Anlaß fehlt. Warum denn überhaupt vah als Gen. verstehen,

warum nicht, wodurch alles sofort klar wird, als Dat. commodi

oder — was davon kaum scharf abtrennbar ist — als Dat. ethi-

cus ? Warum nicht agrdrn tarn vo duvasyata, agrdm-agnirn vo . ..

huvema übersetzen „den Agni preiset euch" (d. h. in eurem Inter¬

esse) , ,den Agni und wieder Agni wollen wir euch (in eurem

Interesse) rufen" ?') Die »ihr" sind natürlich die Veranstalter des

Opfers und die Teilnehmer daran, der ganze Kreis der sdkhäyah,

wie sie in Stellen dieser Art mit bezeichnender Häufigkeit genannt

werden,') oder die jdnäh, durch deren Nennung der Vers I, 7, 10

das vah, wie mir scheint, ausdrücklich kommentiert und seine Natur

als Dativ feststellt : indrarn vo . . . hdvämahe jdnebhyah „den Indra

rufen wir euch Leuten".-') Der Gebrauch dieses dativischen vah

kann z. B. durch eine Stelle veranschaulicht werden , wo es sich

nicht auf die Opferteilnehmer, sondern auf die in den voran¬

gehenden Versen angeredeten deväh bezieht und wo eine Ergänzung

der von N. angenommenen Art nicht in Frage kommen kann.

VIII, 27, 12 rld u syd vah savitä . . . dsthät „es hat sich euch

Savitar erhoben" (und gibt euch, ist damit wohl gemeint, als

göttlicher Antreiber den Antrieb uns woblzutun). Besonders aber

ist, wo von sakralen, liturgischen Verrichtungen oder Vorgängen

irgend welcber Art die Rede ist, die Setzung wie des vah so ähn¬

licher Dative des durch den betreffenden Vorgang Begünstigten

1) So mag in der Tat das voll sich für das Gefühl der Bedeutung einer verstärkenden Partikel angenähert haben. Es scheint bezeichnend, daß in einem jener Välakhilyaliederpaare , die denselben Gedanken in zwei einander sehr ähnlichen Fassungen wiederzugeben pflegen, sich entspricht abhi prä vah

surddhasam indram area und prd sü Srutärn surüdhasam drcä äakräm

(VIII, 49, 1; 50, 1).

2) So V, 7, ]; VI, 16, 22; 23, 9; VII, 31, 1; VIII, 21, 9; 24, 1;

IX, 105, 1; X, 101, 1.

3) Erkennt N. nicht selbst (27, 272 A. 2) diesen Dativ an, wenn er findet, daß VIII, 25, 16 mit vah die v. 15 genannten ndrah angeredet werden? Ich wenigstens habe den Eindruck, daß er übersetzen »ill : „dessen Geboten folgen wir euch (dies als Dat. eth.) nach". Daß übrigens in der Tat jene ndrah gemeint sind, möchte ich meinerseits bezweifeln; zwischen v. 15 und 16 liegt wohl Trcagrenze.

(9)

Oldenberg, Vedische Untersuchungen. 363

häufig. Ich erinnere an I, 15, 12 devän devayate yaja; I; 75, 5

ydjo, no miträvärunä, IX, 44, 1 prd na indo . . . arsasi; v. 4 sd

nah pavasva;^) X, 97, 22 ydsmai krnöti brähmandh; Sat. Br. bei

Deibrück Ai. Synt. 147 ydsmä anväha u. dgl. mehr. Daß nun

in voÄ-Belegen der hier erörterten Art die Erwähnung des litur¬

gischen Handelns häufig zur Setzung eines Nomen wie gir, dhi,

mati, ukthd führt oder daß sonst im Lauf des Satzes irgend ein

Nomen (wie dvase, ütdye) erscheint, mit dem sich das vah, wenn

man will, bequem oder unbequem verbinden läßt, ist natürlich eine

sehr naheliegende Möglichkeit; man kann sagen, daß das gänzliche

Fehlen eines solchen Nomen ein Zufall ist, den man nicht allzu

häufig erwarten wird, der übrigens in der Tat wobl immer noch

oft genug eintritt. Dann aber wäre es offenbar seltsam, wenn die¬

jenigen Fälle solcher typischer liturgischer Ankündigungen und

Aufforderungen, in denen ein girä u. dgl. dabeisteht, und die, in

welchen es nicht dabeisteht, sich nicht im übrigen durchaus ähnlich

sehen sollten , so daß begreiflicherweise zwischen den einen und

den andern allerdings vielfach, wie N. (27,270) sich ausdrückt,

,leise Fäden sich finden lassen". Nach dem Besprochenen aber

wird der Lagerung dieser Materialien nicht zu entnehmen sein,

daß ein prd vo gäyata aus einem *prd vo gäyata gäyatraih ver¬

kürzt ist, sondem vielmehr, daß die letztere Wendung entsprechend

der ersteren zu übersetzen wäre: „singet euch (Dat. ethicus) mit

Gesängen".

Nun zeigt sich alsbald, daß diese unsre Auffassung des N.'schen

A-Typus für seinen B-Typus entscheidende Konsequenzen hat. Ob

man sagt: .Besingt für eucb, ihr Freunde, den Indra", oder „Ich

besinge (wir besingen) für euch, ihr Freunde, den Indra", stellt

syntaktisch dieselbe Figur dar. Mit andern Worten: der Anlaß

zur Annahme eines besondern Typus für den zweiten Fall ver¬

schwindet. Es verschwindet der Anlaß, immer wieder denselben

.Sprung in der Darstellung der Personen" anzunehmen. Ein Satz

wie VI, 38, 3 tdrn vo dhiyä abhy hnü^ arkaih erhält nicht mehr

die gewundene Übersetzung: .dem habe ich mit eurem Gebet und

Liedem zugejauchzt", sondern .dem habe ich (für) euch (Dat. com¬

modi oder ethicus) mit Gebet und Liedern zugejauchzt", wobei das

vah sich ebenso natürlich mit einem Singular wie einem Plural

des Verbs, mit erster wie mit zweiter Person verbinden kann und

das Recht, in ihm eine Bestätigung des pluralischen Charakters der

Verbalform, speziell ihrer Beziehung auf die 2. PI. zu sehen fortfällt.-)

1) Einige Fälle mit nah , die denen mit vah ganz äbnlich sind , gibt N. 20, 55, der sie allerdings anders als wir auffaßt.

2) Hier möchte ich auch auf die Parallelstellen des Avesta aufmerksam machen, die man jetzt bei Bartholomae, Altiran. WB. 1418, bequem Uber¬

blicken kann. Die Leichtigkeit der Annahme des Dat. ethicus, auf welchen denn auch Bartholomae zurückgeht, und die Gewaltsamkeit andrer Auswege drängt sich auf.

24*

(10)

364 Oldenberg, Vedische Vntersuchungen.

Doch Neißer hält jenen Zusammenhang zwischen vah und Plural

resp. 2. PI. für erwiesen durch die Häufigkeitsverhältnisse. Was

diese anlangt, so ist zunächst in der Tat auf dem Gebiet der

zweiten Person ein Vorwiegen des Plural über den Singular unter

den vaÄ-Belegen ebenso unverkennbar wie begreiflich. Man wird

selbstverständlich eher sagen: »singet ihr für euch' als , singe du

für euch", welche letztere Wendung scblie^lich doch auch möglich

und an einigen Stellen belegt ist.') Was aber die ersten Personen

anlangt, so finden wir neben Pluralen wie havämahe ahümahi

huvema mahema usmasi etc. zunächst die Singulare anäsi voceya

darnsisam grnise.-) Aber damit sind die Singulare offenbar nicht

erscböpft. Sondern hier treten, ihre Zahl voll zu machen, eben die

zablreichen Belege mit huve stuse und Genossen ein. Dürfen wir

mit N. sagen, daß sie allzu zahlreich, die andern Singularbelege zu

selten sind, als daß sic ohne Mißverhältnis zu jenen gestellt werden

könnten, so daß wir gezwungen wären sie auf die Seite der Plurale

zu verweisen? Das bieße, daß wir, um die von N. als plnraliscb

in Anspruch genommenen Formen huve, stuse dem Singular vindi¬

zieren zu dürfen, in größerer Masse unbeanstandete Singulare, also

etwa hvayämi staumi, unter den mA-Belegen antreffen müßten.

Nun berücksichtige man aber, daß hvayämi überhaupt im Rv. ganz

selten , staumi dort unbelegt ist. Ebenso sind die übrigen -mi-

Formen von Verben der Bedeutung .preisen", um die es sich hier

ja in erster Linie handelt, durchweg selten (so darnsämi grnämi

arcämi). Häufig als Ausdrücke für .ich preise' u. dgl. sind, mit

oder ohne vah, allein — gleichviel aus welchen Gründen, aber die

Tatsache steht fest — eben die Formen wie huve stuse. Wir suchten

oben durch anderweitige Betrachtungen dem huve die Geltung der

1. Sg. med. zu vindizieren. Jetzt wird, hoffe ich, dem Auftreten

des vah nicht mehr ein Argument dagegen entnommen werden.

Sondern die Untersuchung der ÄMfe-Belege und die der i>aA-Belege

vereinigt sicb, ein Gesamtbild zu ergeben, dessen Linien in natür¬

licher und überzeugender Ungezwungenheit verlaufen. Wir brauchen

nicbt, wie das Neißer m. E. viel zu bereitwillig tut, in den er¬

wiesenen Bestand des altindischen Formenbesitzes prähistorische

und in ihrem prähistorischen Wesen fortlebende,

dabei aber mit den altbekannten historischen dui-ch eine geradezu

malitiöse Tücke des Zufalls fortwährend verwecbselbare Gebilde

hineinzuzeichnen und dann die Redenden, mit beständigen Um¬

deutungen und Verballhornungen älterer Vorlagen — N. behandelt

solche Umdeutungen mit einem beneidenswerten Gefühl der Sicher-

1) So habe ich in anderm Zusammenhang dera für uns befremdenden Schwanken zwischen Sing, und PI. in der Ausdrucksweise eines Grhyaspruchs .wir vereinigen mich" zu ihrem Kecht zu verhelfen gesucht (ZDMG. 55, 259 f.).

2) grnise ziehe ich hier nur insofern in Betracht, als es I, 186, 3 durch das dabeistehende turvdnih als singularisch charakterisiert ist. Für anüfi etc.

s. I, 122, 5; VI, 38, 3; VIII, 45, 28.

(11)

Oldenberg, Vedüche Vntersuchungen. 365

jjgj^ 1) —. zwischen Altem und Neuem hin- und hergleiten zu

lassen. Wir entgehen der Notwendigkeit, ein künstliches Gebäude

von Typen durch Annahmen wie die überhäufiger gezwungener

Defektivbildungen, fortwährender harter Vermengung verschiedener

Personen des Verbs und Pronomens aufrechtzuerhalten. Die Pigur,

die wir zu erkennen glauben, ist einfacher, ich möchte sagen harm¬

loser- sie bedarf keine Hülfslinien.

Werfen wir aber weiter, wie wir es rait huvS getan haben,

einen Blick wenigstens auf einen Teil der übrigen -e-Infinita

Neißer's. VVir begnügen uns, einzelne charakteristische Punkte der

N 'sehen Argumentationen hervorzuheben.

dadhe (20,61). Es handelt sich um eine Stelle X, 19, 7

pdri vo vidvdto dadha ürjä ghrtena pdyasä: dies soll nach Aus¬

weis des vah bedeuten : „füllet euch, ibr Kübe, mit strotzend fetter

Milch". Soll die Vorliebe für die besondern Kräfte des vah uns

für das einfache Verständnis des harmlosen pdri vo dadhe „ich

umgebe euch (in meinem Interesse)" unzugänglich machen ? Die

Kübe werden angeredet wie in v. 1 des Liedes. Die Zauberformel

verläuft genau wie Av. I, 17, 4 pdri vah . . . akramit oder —

ebenfalls an die Kühe — Rv. VI, 28, 7 pdri vo . . . vrjyäh.

anje (20, 60). I, 61, 5 asmä id u sdptim iva dravasyä !

tndräyärkdm juhvä sdm anje. Die Dative beweisen nach N., daß

die Handlung des Satzes aus der Interessensphäi-e des Subjekts

herausfällt, die Wahl des Medium mithin keineswegs rechtfertigt".

Das Subjekt könnte also nicbt innerhalb seiner eignen Sphäre eine,

darum durch das Medium ausgedrückte , Handlung vollziehen , die

doch zum Nutzen eines andern , der darum im Dat. genannt ist,

vollbracht wirdV Mir scheint, auch wenn die lebendige Sprache

in solchen Dingen mit rigoroserer Logik operierte, als sie in der

Tat tut, läge darin immer noch nicht der mindeste Widerspruch.

Und die Belege dafür, daß man sich so ausgedrückt hat, sind häufig

und überbäufig; für das exegetische Blutbad, das zu ibrer Beseiti¬

gung nötig wäre, würde die Verantwortung nicht leicht zu tragen

sein. Dann aber weiter, so argumentiert N. , „zwingt uns das im

verkürzten Vergleichungssatze stehende saptim, die Verwendung von

anje als 1. Sing, für unursprünglich zu erklären, da ähnlich, wie

hinsichtlich hinomi aävam oben behauptet wurde, nur anajmi

saptim gesagt werden konnte, falls eine 1. Sing, für das Prädikat

des Satzes von Haus aus vorgesehen war." Nur hinomi ddvam,

nicht hinvi ds'vam (20,54)? Man vergleiche IX, 65, 11.-) sap-

tirn sdm anje „ich salbe mein Roß", „ich salbe rair das Roß", 1) Nicht mit solcher Sicherheit, aber m. E, immer noch viel zu subjelttiv geht er vor, wenn er die Vermutung ausspricht, daß VIII, 25, 1 tä räm . . . yajase an Stelle von td vah . . . yajase, IX, 65, 11 tüni tvä . . . hinve an Stelle von tänt vah . . . hinve getreten ist (20, 59. 60). So läßt sich aus dem liktext viel machen.

2) X. freilich (20, 60) beseitigt diese Stelle. Vgl. oben Anm. 1.

(12)

366 Oldenberg, Vedische Untersuchungen.

wäre unmöglich? Vgl. I, 188, 9. ünd wäre jenes wirklich un¬

möglich und anajmi allein möglich , hätte es dann Bedenken , aus

dem anje des Hauptsatzes in der Vergleichung ein anajmi zu er¬

gänzen? Mir scheint, daß, wenn es dessen bedürfte, die deutliche

Parallelität des vorangehenden Verses asmä id u stömam sdm hi¬

nomi das asmä id u . . . arkdm . . . sdm anje klar genug deuten

würde, und daß absolut kein Grund ist, diese Deutung nicht ein¬

fach hinzunehmen, sondern hinter ihr ein andres Stadium im Leben

des Verses, eine von Haus aus anders gerichtete Intention sehen

zu wollen. In einer zweiten Belegstelle „ursprünglich kollektiver

Bedeutung' von anje, I, 64, 1 ddrdhäya . . . girah sdm afije zeigt,

wie N. selbst bemerkt , das dhirah, suhdstyah klar, daß der Verf.

anje als 1. Sing, verwendet. Die Gründe, daß auch hier eigent¬

lich etwas andres gemeint war, kann ich so wenig wie in dem

vorher besprochenen Verse triftig finden. An der einen wie an

der anderen Stelle — beide gehören derselben kleinen Liedersamm¬

lung an und würden sich gegenseitig halten, ständen sie nicht ohne

solchen Halt sicher genug da — sollte der ganz einfache Ausdruck

einfach hingenommen werden.

janaye (20, 63). VII, 26, 1 tdsmä ukthdm janaye: wieder

soll der Dativ das Medium unverständlich erscheinen lassen , wenn

nicht Kollektivität angenommen wird. Diese soll sich aus VII, 22, 9

jandyanta vipräh u. a., auch aus nah, havante, bruvanti 26, 1—3

ergeben. Es scheint mir weit gegangen, deshalb, weil z. B. in

VII, 22 janay arda gesagt ist, iem janaye von VII, 26 Pluralität

aufzudrängen, wo der Singular vollkommen paßt, ünd wenn z. B.

in V. 3 mit bruvanti ausgedrückt ist, daß der Gott das tat und

noch tut, was seine Verehrer (vedhdsah) beim Soma aussprechen,

so tritt das doch nicht dagegen ein, daß in v. 1 gesagt werden

konnte „ich bringe für ihn ein Preislied hervor'. Eher würde

ich mich auf das evä vdsisthah . . . grnäti des Schlußverses als

Bestätigung der 1. Sing, des Eingangs berufen. Das Medium ver¬

stehe ich wie in X, 91, 14 matiin janaye (voran geht sustutim . . .

vocSyam) als Ausdruck dafür, daß der Redende sein Preislied,

für sich schafft.') Daß das tdsmäi nicht im Wege steht, ist

schon bemerkt worden.

name (60, 20 f.) : ich gehe nach allem Gesagten auf die Einzel¬

heiten nicht ein ; wen ich bisher überzeugt habe , wird über die

Masse der Umdeutungen, die hier der einfache Sachverhalt sich ge¬

fallen lassen muß, ebenso urteilen wie ich.

Über bhare s. unten S. 372.

Durch die Gesamtheit dieser Auseinandersetzungen glaube ich

nun für die -se-Formen wie stuse die Argumentation N.'s gegen

meine Auffassung weggeräumt zu haben. Die Verbindung von

1) Man wird niclit entgegenhalten, daQ der Priester und nicht der Yaja- milna redet. Vgl. unten S. 372 Anm. 1.

(13)

Oldenherg, Vedische Untersuchungen. 867

stuse mit vah beweist uns nicht, was N. sie beweisen ließ. Dagegen

werden wir aus VIII, 23, 7 agrdrn vah . . huve, tdrn . . . grne tdm

u va stuse oder aus VI, 62, 1 stu^e . . huve , nachdem sich uns

das Wesen von huve, grne als 1. Sing, gesichert hat, mit ver¬

stärkter Zuversicht den entsprechenden Schluß für stu^e ziehen.

Auch das hier Gesagte aber, wie meine früheren Ausführungen, bezieht sich nur auf die Geltung von stuse etc. für die fgvedischen

Dichter, nicht auf den ürsprung der Form. Mag immerhin in

prähistorischer Vergangenheit der Infinitiv stusS ihr zum Dasein

verholfen haben : wenn wir im Rv. stuse neben huve und grne

lesen, so spielt hier das -e oflFenbar die Bolle eines Exponenten

der 1. Sing. Med.

Zum Schluß unsrer Erörterungen prüfen wir den Versuch

Neißer's, den allgemeineren Zusammenhang aufzuweisen, in den

seine kollektiven Imperative wie huve und stuse gehören sollen. Er

sieht in ihnen Fälle des von ihm angenommenen „kollektiven Mediums"

<BB.20, 65 flf.; 27, 277 flf.). Schon Delbrück (Vgl. Synt. II, 432. 447)

ist der Aufstellung eines solchen Mediums — allerdings durchaus

ohne Beweisführungen — entgegengetreten. Ich glaube mit Eecht.

Den Ausgangspunkt N.'s bildet der Medialgebrauch eben von

stu in der Brähmaiiaprosa : stuvate „sie tragen ein Säma vor".

„Warum heißt es nicht stuvanti, sondern stuvate? Warum wird

die mediale Pluralform gewählt? Das Medium fungiert hier als

verbales Kollektivum" (20, 66). Zum Sämanvortrag gehören ja

viele Sänger.

Ich kann mich hier nicht einverstanden erklären. Auch

Delbrück's Behandlung von stu (Ai. Syntax 257) befriedigt

mich nicht. So gehe ich etwas näher auf die teilweise komplizierten

Verhältnisse dieses Verbs ein. Freilich kann ich mich einstweilen

nur auf ausgedehnte, nicht auf vollständige Materialiensammlungen

stützen ; diese zu erlangen müßte, man in der Tat die ganze Veda¬

literatur für diesen Zweck durchlesen.

Delbrück stellt die Regel auf, daß die Ritualtexte vom

Vortrag des Samansängers stu im Medium, nie mit einem Objekta-

akkusativ, brauchen. Das ist unzutreffend.

Die Eegel versagt gleich bei der solennsten Äußerung, in der

sie sich zu bewähren haben würde, dem unendlich oft von den

Texten angeführten, sozusagen an der Pforte der Sämanvorträge

stehenden Spruch, mit dem die Sänger die Erlaubnis des Brabman

und Maiträvaruna zu ihrem Singen einholen: brahmän sto^yäma^

pradästah, worauf geantwortet wird: orn stuta (Hillebrandt,

Eituallitteratur 101). Delbrück, der den ersten Teil dieser

Wechselrede anführt,') sieht hier eine bloß scheinbare Ausnahme

1) Er gibt die betreffenden Worte, als lige ein einfachei Zitat ans dem äatapatha BrShmana vor.

3 1

(14)

368 Oldenberg, Vedische Untersuchungen.

von seiner Regel ; stosy&mahe, meint er , konnte nicht angewandt

werden, „weil diese Form bereits für das Passivum vergeben war

(vgl. Sat. Br. VIII, 4, 3, 2)." Aber einerseits wird damit das Aktiv

stuta der Antwortsformel nicht erklärt, andrerseits liegt Sat. Br.

VIII, 4, 3, 2 gar nicht das Passivum vor : das zeigt sich, wenn man

die Stelle im Zusammenhang liest, und ist von Eggeling SBE.

XLIII, 72 überzeugend dargelegt. Es bleibt also dabei , daß wir

hier vom rituellen Sämanvortrag eine aktivische 1. PI. sto?yämak, 2. PI. stuta haben.

An diese Formel, die besondere Hervorhebung zu verdienen

schien , schließen sich nun weiter wahre Fluten von Belegen des

Aktivs in gleicher Verwendung. Ich finde sie im Paficavimsa Bräh¬

mana, das hier besonders lehrreich ist, da es ja beständig von der

durch das Verb stu ausgedrückten liturgischen Verrichtung handelt.

Nichts ist dort häufiger als der Gebrauch der Form stuvanti,

z. B. särparSjnyQ, rgbhih stuvanti IV, 9, 4 = IX, 8, 7,') tisrbhih stuvanti IV, 9, 7, paridrite stuvanti IV, 9, 11, paräcibhih stuvanti VI, 8, 9, atiriktena stuvantiXL, 5,15, adya stuvanti ävah prajäyate

XI, 5,16, gäyatrisustuvantipi-atisthäyaibrahmavarcasäya XII, 9, 23

(und sonst sehr häufig), virätsu «ftimnft'XII, 10,10 und grosse Massen

ähnlicher Stellen; weiter dmnpaücadaJabhir hotre stuyuh IX, 3, 3,

agne vivasvad usasa iti sandhinä stuyuh IX, 3, 4, asti somo

ayarn suta iti marutoaüsu gäyatreria stuyuh, und so fort. Diese

Materialienmassen dürfen, wenn man sich mit dem Gebrauch von

stu beschäftigt, nicht übersehen werden.

Wie grenzen sich nun jene Stellen gegenüber denen ab , an

welchen stute stuvate stuvita stuviran tustuvänah erscheint?

Wir geben von einer Stelle aus, die Act. und Med. dicht

neben einander zeigt.

XV, 11, 8. 9: pipihkamadhyäsu stuvanti. indro vrtram haivä

(folgt kurze Legende) . . . abhaya uttisthati ya evarn vidvän etäsu

stute. Mir scheint Har, daß zuerst im Aktiv von der objektiven

Tatsache des Gesangvortrags die Rede ist , dann im Medium von

dem Gesangvortrag, sofem man durch ihn segensreiche Folgen für

sich hervomift. Das muß auf die Vermutung bringen, daß,

während zuerst selbstverständlich die Sänger Subjekt sind, es dann

der Opferveranstalter ist. In der Tat erklärt der Kommentar: yo

yajamänah . . . stute. Und daß er recht hat, wird durch andre

Stellen des Brähmana bestätigt, ian denen der Zusammenhang deut¬

lich in demjenigen ,ya etayä stute" den Opferveranstalter erkennen

läßt (sol, 8, 2; 13,2; 16,4). Wir werden also hier auf den¬

selben Unterschied zurückgeführt, der zwischen yajati und yajate,'') agnirn cinoti und cinute besteht.

1) Diese Stellen widerlegen, was Delbrück a. a. 0. über Taitt. Saiph.

VII, 3, 1, 3 sagt.

2) Auch im Text selbst der in Rede stehenden Stelle begegnet übrigens der Ausdruck yajate.

3 1

(15)

Oldenherg, Vedüche Untersuchungen. 369

In großen Mengen von Stellen bewährt sich dieser Gebrauch

von Activ und Medium. So wenn es VIII, 8, 10 von den Priestern

heißt yat saubharena stuvanti hfhataiva tad antarä stuvanti

und dann dicht dahinter § 13 von dem Opferveranstalter yah

svargakämah syäd yah prati^thäkämah saubharena stuvita.

XX, 2, 3 lesen wir yad bf-hatisu sandhinä stuvanti tad brhatim

äpnoti: der Vordersatz handelt von den Priestern, der Nachsatz

von dem Opferherrn, dem der Erfolg dessen, was die Priester tun,

zu Gute kommt. Massenhaft treten Sätze auf wie VII, 9, 19 reoa-

tlsu vämadevyena paäukämah stuvita; sie handeln vom Opfer¬

veranstalter und den ihn treibenden Wünscben. Ebenso typisch,

auf denselben und den von ihm erlangten Erfolg bezüglich, ist das

Ausdrucksschema, das z. B. VIII, 5, 10 vorliegt vindate gäturn

pratitisthaty etena tustuvänah.

Aber offenbar ist mit dieser einfachen Scheidung der Genera

verbi nicht überall im Paficavimsa Brähmana durchzukommen.

Zunächst scheinen — ich habe die Untersuchung über diesen prin¬

zipiell kaum wichtigen Punkt durchaus durchzuführen für im-

wesentlich gehalten — begreifliche Zweifel bei den Sattras zu

entstehen, bei denen Opferveranstalter und Opferpriester identisch

sind. Dann aber bleiben offenbar unter diesen Gesichtspunkt nicht

fallende Stellen übrig, an denen das Medium in Bezug auf die

Priester erscheint: eine Ausdrucksweisa , die wir um so weniger

beanstanden können , als wir ihr dann in anderen rituellen Texten

in weitem Umfang und mit zweifelloser Sicherheit begegnen werden.

Ich führe an VIII, 6, 4 tasmäd vä etena purä brähmariä bahis-

pavamänam astosata yoner yajnam pratanavämahä iti, yajriarn

tatah stuvanti yonau yqjriam pratisthäpayanti. Man bemerke

hier übrigens — dies ist die einzige derartige Stelle , die mir bis

jetzt zur Hand ist — das Auftreten eines Objekts neben diesem

sonst objektlosen Medium. Weiter XII. 13, 25 hiranyam sarnpra-

däyam sodaäinä stuvate Jyotismän asya sodadi bhavati: deutlich

hebt sich die Mehrheit der Priester (der Komm, setzt udgätärah

als Subj.; vgl. auch Läty. HI, 1, 9) von dem einen Veranstalter

ab. XXI, 2, 9 agner vä etäni vaidvänarasya sämäni, yatra vä

etair aJäntaik stuvanti tat prajä devo ghätuko bhavaty. agnim

upanidhäya stuvate sväyä eva tad devatäyäh sämyeksäya na-

maskrtyodgäyati, ääntaih stuvanti. Man wird den Eindruck haben,

daß wie bei stuvanti so auch bei stuvate (der Komm, erklärt

stuyuh) die Priester Subjekt sind; für den Opferveranstalter wäre

der Singular zu erwarten. XV, 11, 14 süryavatisu stuvanty. anto

vai süro, 'nta etad dasamam ahnäm. anta eva tad antena stu¬

vate prat.isfhüyai.^) Es ist klar, daß stuvate wie stuvanti auf

die Priester gebt, ünd andere Stellen mehr.

Dieser Gebrauch des Mediums nun , bei dem die Beziehung

1) Der Text der Bibl. Ind.-Ausgabe ist inkorrekt. Man vergleiche XV, 8, 3.

(16)

370 Oldenberg, Vedüche üntersuchungen.

auf den Yajamäna fortfällt, ist in Texten wie dem Aitareya Br.,

dem Catapatha Br. bekanntlich längst beobachtet worden. Neben

Aktivbelegen wie tisrbhih stuvanti tisrbhir vdgäyanti Ait. Br. 111,23,

stuvanti ca damsanti ca ebend. IV, 6 stehen da häufige Medial¬

belege wie täsu vä etäsu brhatisu sämagä rauravayaudhäjayäbhyäm

punarädäyatn stuvate 111,17, vihrtäsu hi täsu stuvate IV, 2,

oder jene in der Tat sehr signifikante Stelle, die das Med. von stu

neben das Act. der koordinierten Verba stellt, nd vai brahmä prd

carati nd stute nd darnsati &a,t. Br. V, 5, 5,16 (Neißer BB. 20, 65).

Hier gelangen wir nun von unsrer Abschweifung zurück zu

der Frage: ist dies Medium mit N. als ein kollektives aufzufassen ?

Mir scheint nein, so lange nicht — was wir weiterhin unter¬

suchen werden — anderweitig für das kollektive Medium aus¬

reichende Unterlagen gewonnen sind. Unser mediales stu erscheint

natürlich meist im Plural; das bringt die rituelle Ordnung mit

sich. Ebenso vollberechtigt steht aber der Singular, wo ausnahms¬

weise Gelegenheit zu dessen Anwendung ist. Allzu leicht bieten

sich für das Medium andre Erklärungen als die der pluralischen

Kollektivität — und dann neben den Erklärungen die unwill¬

kommene, aber nun einmal nicht zu beseitigende Möglichkeit, daß

unenträtselbarer Zufall hier maßgebend war, wie er in den

Schwankungen zwischen den oft so ganz unmerklich ineinander

übergehenden Nüancen voiv Akt. und Med. so leicht den Ausschlag

geben konnte. Gibt nicht immer noch am ehesten das Fehlen eines

Objektsakkusativs') uns einen Fingerzeig? dams- drückt die auf

einen Text sich richtende Handlung des Rezitierens aus: dästram

samsati. stu drückt nicht ebenso die auf eine Gesangslitanei sich

richtende Handlung des Singens aus; man sagt nicht stömam oder

stotram stuvate. Es scheint also weniger die Vorstellung einer

Handlung vorzuliegen, die aus dem Subjekt hervorbrechend auf

das Objekt trifft, als vielmehr die Vorstellung eines schwebenden,

neutralen, das Subjekt durchdringenden oder umspielenden Vor-

sichgehens. Nicht die Priester singen den stoma, sondem durch

die Priester verwirklichen sich des stoma verschlungene Figuren.

Das steht dem von Neißer 20, 80 Gesagten nicht fern, ohne sich

doch dem Ausdruck N.'s zu ftigen, „daß der einzelne Urheber der

Handlung in der Menge verschwindet' : ob Einzelner oder Menge,

erscheint hier als gleichgiltig. Ferner ist auch möglich — diese

Hypothese schließt sich mit der eben dargelegten nicht aus —,

daß das Moment des Interesses, des Handelns zum eignen Vorteil,

das natürlich in erster Linie für den Yajamäna zutrifft, aber doch

auch als bei den Priestern vorliegend empfunden werden konnte,

bei einzelnen der oben S. 369 angeführten Stellen im Spiel ist.

Paflc. Br. XXI, 2, 9 wird zuerst mit stuvanti von der objektiven

1) Mit der — bis jetzt — einzigen Ausnabme, die oben S. 369 an¬

gegeben ist.

(17)

Oldenberg, Vedische Untersuchungen. 371

Möglichkeit gesprochen, daß die Priester in einer gewissen Art vor¬

tragen. Um den Folgen vorzubeugen, heißt es dann, richten sie

ihren Vortrag, zu ihrem eignen resp. der Ibrigen Besten, so und

so ein: das ist dann stuvate. Davon ist die objektive Polge die

und die: hier wieder stuvanti. Ähnlich XV, 11, 14: sie tragen

(objektives Faktum) die und die Verse vor: stuvanti. Die tragen

sie in ihrem eigenen Interesse zu dem und dem Zweck vor: stu¬

vate. Ist in ahnlicher Weise auch Taitt. Samh. VII, 3, 1, 3. 4 zu

verstehen sarparäjfdyä rgbhi stuvanti . . . täbhir mdnasä stuvate ?

Wie dem auch sein mag — von Gewißheit fühle ich mich

weit entfernt — so viel hoffe ich gezeigt zu haben, daß der Ge¬

brauch von stu in den Ritualtexten für die Annahme gerade eines

„kollektiven Mediums' speziellen Anhalt nicht bietet. Böte er

übrigens auch solchen Anhalt, würde ich immer noch Bedenken

tragen, aus solchem stuvate der Ritualtexte Folgerungen für den

B,gveda und sein stuse zu ziehen. Nichts scheint mir das stuse

mit dem rituell-technischen stuvate zu verbinden , jenes vielmebr

in völlig andrer Umgebung des Sprachgebrauchs zu stehen als

dieses. Während stuvate (mit der bezeichneten Ausnahme) kein

Objekt zu sich nimmt, verbindet sich stuse fortwährend mit Ob¬

jekten.') Und zwar mit denselben Objekten, mit denen sich zahl¬

reiche andre, in derselben Tonart sicb bewegende Formen des¬

selben Verbums verbinden , bei denen man an Kollektivität nicht

denken wird. Da sind mehr Aktivformen als mediale, mehr

Singularformen als pluralische. Das rgvedische stus6 . . . aJvinä,

agnim . . ■ stusi . . ., tdm u va stuse . . . indram steht der ganzen

Auffassung nach dem rgvedischen aävinä su . . . stuhi, agnim . . .

stuhi, agnim astosi, tdm u stuhi indram ganz nah. Statt dessen

das rgvedische stuse an das der späteren technischen Diktion an¬

gehörige brhati,m stuvate — die N.'sche Erklärung dieser Wendung

einmal zugegeben — anzuschließen möchte ich doch für ein un¬

motiviertes Wagnis halten.

Wir gehen von der Erörterung von stu Med. dazu weiter,

von den übrigen N.'schen Beweisstücken (BB. 20, 66 ff.) für das

kollektive Medium wenigstens eine Auswahl zu prüfen.

Wir finden nnter ihnen (S. 68) havf? kfnudhvam VIII, 72, 1,

svastiväham rdtham ft hrnudhvam , vrajdrn krnudhvam , purah

krnudhvam ayasir ddhr§täh X, 101, 7. 8: hier überall soll die

Medialform von kr sich als „Kollektivform' erklären. Warum nur?

Wenn man die Stellen nicht vereinzelt sondem im Zusammenhang

der gesamten Materialien für kr med. betracbtet, scheint mir sich

aufzudrängen, daß hier einfach der so unendlich häufige Gebrauch

dieses Mediums für das Handeln innerhalb der eignen Interessen¬

sphäre (Eaton, Atmanepada 14) vorliegt: die Frommen und

Priester sollen i h r havts, zur Erreichung ihrer sakrifikalen Zwecke 1) N. (20, 67) hat das nicht Ubersehen.

3 1 *

(18)

372 Ohlenberg, Vedische Vntersuehungen.

bereiten; sie sollen sich den zum Heil führenden Wagen ihres

Opfers ausrüsten u. s. w.') Man halte die Stellen mit krnudhvam

etwa neben die mit krnute: man wird es überzeugend finden, daß

die ersteren genau in derselben Vorstellungsbahn verlaufen wie die

letzteren, und daß es willkürlich sein würde, für jene eben die

Kategorie der Kollektivität heranzuziehen.

Weiter spricht N. (ebendas.) von 24 Fällen, in denen mediales

bhara- ,nur verständlich wird, wenn es als KoU. genommen wird' :

er rechnet dabin IV, 66, 5; VII, 4, 1; 5, 1. Aber ist es nicht

klar, daß prdgndye . . . bharadhvarn giram bedeutet »bringt vor¬

wärts dem Agni euer Gebet" ? Man betrachte zunächst, im Gegen¬

satz zu bharadhvam, den herrschenden Gebrauch des Imperativs

hhara. Man findet diese Form besonders an den Gott gerichtet,

der dem Frommen Segnungen bringen soll sd na' . . . ä bhara . . .

rayim u. dgl.: natürlich steht hier, wo der Gott im Interesse des

Menschen handeln soll, das Aktiv.^) Weiter, ebenso begreiflich

aktivisch, bhdrat bharat abharat: der Adler brachte Indra den

Soma, Mätariävan brachte den Agni u. dgl. Dagegen bharadhvam

an die Prommen gerichtet: sie sollen dem Gott in ihrem und der

Ihrigen Interesse ihr Gebet, ihr Opfer darbringen. Hier die Medial-

fonn gern im Plural, nicht wegen kollektivischer Bedeutung des

Mediums, sondern weil die im eignen Interesse opfernden Menschen

gewöhnlich viele sind, anders als der meist singularische Gott, der

in fremdem Interesse zu handeln angerufen wird. 8) Doch schlie߬

lich kann der Diehter, wie er zu den Andern sagt „bringt euer

Lied (bharadhvam)*, auch zu einem Andern sagen „bringe dein

Lied' (bharasva, so I, 79, 10; VII, 88, 1), und er kann auch von

sich selbst sagen „ich bringe dem Gott mein Lied' : und da fügen

sich denn in die verschiedenen Verwendungstypen von bhara- auf

das ungezwungenste an ihrer natürlicben Stelle die Belege mit

bhare ein; nur muß man diese Form einfach als das gelten lassen,

als was sie immer in der Sanskritgrammatik gegolten hat, was sie

außerhalb des Rv. ist, was sie im Rv. nach N. (S. 62) selbst oft

genug ist:*) als 1. Sing. Medii. So findet man auf breiter, längst

1) Die Untersclieidung des yajamäna, der für sich bandelt, und des Priesters, der nicht für sich handelt, ist hier wohl fern zu halten; für diese nicht technische Sprache bilden alle eine Gruppe, die am Gelingen des Opfers interessiert ist.

2) So wird, während es von den Göttern gern heißt vratd raksante „sie bewahren ihre Satzungen", doch zu ihnen gebetet räksä nah. Eaton 34 scheint mir den Sachverhalt nicht ganz richtig zu beurteilen.

3) Natürlich kann aber zu den Frommen auch, ohne Betonung von deren eigenem Interesse, in der 2. PI. Act. gesagt werden bharata {indräya sömam).

Es muß dahin gestellt bleiben, wie weit die mindere Vorliebe für diesen Aus¬

druck gegenüber der für bharadhvam auch mit metrischen Rücksichten zu¬

sammenhängen mag.

4) Das soll freilich nach N. „unursprUngliche Verwendung" sein. Ich weiß nicht weshalb. Auch im Avesta haben wir 1. Sg. Med. baire.

3 1 *

(19)

Oldenberg, Vedüche Untersitchungen. 373

eebabnter Straße den Weg durch die Verwendungen von bhara-

Act. und Med., wobei Gewagtheiten wie die Erklärung des singu¬

larischen upastutim bharamänasya I, 148, 2 als „falsch gefolgert*

aus dem pluralischen upastutim bharamahe IV, 56, 5 (nach N. ist

der Vorgang solcher falschen Folgerung sogar „noch deutlich zu

erkennen') durchaus vermieden werden: beidemal steht das Medium,

weil beidemal die Handlung in der Sphäre des Subjekts verläuft.

Ein andrer Beleg N.'s (S. 67) für das kollektivische Medium

ist I 80, 9 sahdsram säkdm areata pdri stobhata virndatih, da-

tainam dnv arwnavuih. areata, stobhata soll 3. PI. Med. sein:

man sieht, welche Gewagtheit auf dem Gebiet der Formenlehre

{-ata, nicht -anta) sich hier über die Gewagtheit des syntaktischen

Hypothesenbaus häuft. Warum nicht, wie man immer gemeint

hat 2. PI. Imptv.? „Der Dichter kann doch nicht tausend und

zwanzig aus seiner Korona auffordem, den Gott zu feiem.' Wirk¬

lich nicht in der Sphäre des vedischen B§itums und seiner Neigung

den Mund voll zu nehmen ?

I, 88) 2 pavyä rdthasya jarnghananta bhüma, II, 31, 2 prthi¬

vyäh sänau jarnghananta pänibhih (N. 67). Da sonst das Intensiv

jarnqhan- aktivisch erscheint, bleibe hier ftir das Medium nur die

kollektive Auffassung. Ich glaube nicht, daß wir erwarten dürfen,

jede Setzung oder Nichtsetzung einer Medialform erklären zu

können ; die Grenzen verschwimmen *) und Zufälligkeiten — z. B.

metrische Rücksichten — greifen ein, über die oft nur subjektives

ürteil möglich ist.^) Als denkbar würde mir übrigens erscheinen,

daß das Aktiv jarnghan- (häufigstes Objekt dabei ist vrtrdm,

vrträni) mehr ein solches Schlagen ausdrückt, bei dem es auf ein

feindliches Objekt abgesehen ist; wenn aber die Maruts mit ihren

Rädern , die Rosse mit ihren Hufen die Erde schlagen , so wollen

sie der Erde nichts tun , sondern durch den vor allem sie selbst

betreffenden Vorgang ihrer eilenden Bewegung wird mehr zufilllig

auch die Erde betroffen. Mag diese Auffassung aber vielleicht das

Richtige verfehlen, dafiir daß gerade die Kategorie der Kollektivität

hier das Entscheidende ist, kann ich keinen Anhalt entdecken.

III, 7, 1 pitdrä sdrn carete, eng verwandt mit Maitr. Satnh.

1) Das müssen wir gelten lassen und nicht, wenn z. B. neben häufigem Act. viväsati ein paarmal viväsate steht, sogleich schließen, daß „dessen Un¬

ursprünglichkeit nicht zu bezweifeln ist' (N. 20, 64). Wer sagt „ich suche zu gewinnen', kann auch einmal sagen „ich suche mir zu gewinnen*. Das mag raetrische Bequemlichkeit, mag auch Zufall und Laune sein; unursprünglich braucht das, was selten ist, durebaus nicht zu sein. Übrigens ist bei diesem Verb das Med. nicht einmal so selten, wenn wir die 1. Sg. Med. viväse, wie das recht ist, unangetastet lassen.

2) Wie raag es z. B. kommen, daß neben dem unendlich häufigen Ind.

havämahe ebenso häufig im Opt. huvema, nie huvemahi steht? Ich weiß

darin nichts andres zu finden, als eine eben nur konstatierbare, nicht erklärbare Qewohnheit, wie sie in der Sphäre dieses von Vorbildern abhängigen Meister¬

sangs sich wohl bilden konnte.

(20)

374 Oldenberg, Vedische Untersuchungen.

I, 8, 4 ddmpatl vyabhicarete, soll die enge Berührung des kollek¬

tiven Mediums mit dem reziproken veranschaulichen (S. 66; vgl.

auch BB. 27, 278). Ich raeine, auch der erste Satz enthält wie

der zweite ein reziprokes Medium ; der Vater geht zur Mutter hin,

die Mutter znm Vater. Sollen wir dies sam-car- Med. von sarn¬

gam- Med. trennen oder dem letzteren den reziproken Sinn (s. z. B.

X, 191, 2) absprechen? Das reziproke Medium ist doch (so auch

Neisser 20, 80) eine Erscheinungsform des reflexiven; es kommt

darauf an, daß die Tätigkeit mehrerer Subjekte eben diese Subjekte

(und zwar kreuzweise) affiziert. Das ist etwas fundamental andres,

als das kollektive Gemeinsamhandeln , bei dem Reflexivität nicht

vorliegt.

Dem Leser sei es überlassen, die im Vorstehenden nicht

berührten Belege N.'s für kollektives Medium zu prüfen; mein Ein¬

druck ist, daß sie so wenig wie die besprochenen uns ein Recht

zur Aufstellung dieser syntaktischen Kategorie geben.

(21)

375

Zu Kumait's Hagimijjät.

Von Josef Horovitz.

Mit einigen Verbesserungs Vorschlägen, welche Herr Prof. Nöldeke

in seiner lehrreichen Besprechung meiner Ausgabe der Häsimijjät

macht, kann ich mich nicht einverstanden erklären und gestatte

mir das folgende zu bemerken.

I, 29 ist der von Nöldeke verworfene Genitiv unzweifelhaft

berechtigt, abhängig von dem mehrfach (zuletzt V. 14) wieder auf¬

genommenen das nur in den Versen 26 und 27 ausser Wirkung

gesetzt ist.

III, 118 scheint mir meine Lesung L^JL»-,! öyii besser, als

die von Nöldeke bevorzugte der Cairiner Ausgabe, weil es hier auf

die Euhe der Kamele, nicht die der Eeiter ankommt.

IV, 96 ist das von Nöldeke zur Wahl gestellte '«-'Ljj wegen

des folgenden Ij,^ unmöglich.

V, 23. Die von Nöldeke angenommene Konjektur der

Cairiner Ausgabe bürdet Kumait eine, wie mir scheint, unerträgliche

" tt -

Tautologie ^ß ^is-l) auf. Ich will damit nicht behaupten,

daß ich die Schwierigkeit gelöst hätte.

VI, 3. Die hier vorgeschlagene Verbesserung findet sich schon

in meiner Übersetzung (S. 109).

IX, 1. tjOJb, das Nöldeke in ^jJl ändern will, haben alle

Handschriften. Daß ^JJ! viel einfacher wäre, habe auch ich ge¬

sehen, mich aber nicht für berechtigt gehalten, das j wegzulassen,

da ich nicht glauben kann, daß ein j^jJl, wenn es ursprünglich

dagestanden hätte, von einem späteren Abschreiber in ,^jJLj ver¬

wandelt worden wäre.

Zu I, 1 schien auch mir ^ac näher zu liegen ; daß ich dennoch

^ schrieb, geschah auf Pleischer's Autorität hin (s. S. 1 der Übs.).

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