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Präventivprogramm bei Ess-Störungen

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Gesundheitspolitik

400 Ärzteblatt Sachsen 9/2003

Geleitwort von Frau Staatsministerin Helma Orosz zum Präventivprogramm gegen Bulimie und Anorexie

Sehr geehrte Damen und Herren,

immer mehr Menschen, insbesondere Mäd- chen und junge Frauen, erkranken an Ess- Störungen. Etwa ein Drittel der Essgestörten bleibt chronisch krank, einige sterben sogar an ihrer Krankheit. Deshalb müssen wir alles daran setzen, dass schon das Entstehen von Ess-Störungen soweit wie möglich verhindert wird, und dass bereits Erkrankte so früh wie möglich behandelt werden. Wir müssen primä- re und sekundäre Prävention voranbringen.

Ausgehend von Gesprächen mit magersüch-

tigen Mädchen und den von ihnen geäußerten Bedürfnissen hat das Sächsische Staatsminis- terium für Soziales gemeinsam mit weiteren Kooperationspartnern ein Programm zur Vor- beugung der Ess-Störungen Bulimie und Ano- rexie entwickelt, das nun konkrete Züge an- genommen hat.

Bei Kinder- und Jugendärzten, bei Beratungs- lehrern und anderen Personen, die mit Ju- gendlichen arbeiten, besteht ein hoher Fort- bildungsbedarf. Dem wird mit entsprechen- den Fortbildungen Rechnung getragen. Für Ärzte sowie für Freunde und Angehörige wurden kurze, einprägsame Faltblätter ent- wickelt, die diese Zielgruppen ansprechen.

Betreute Wanderausstellungen zum Thema Magersucht werden ab November in sächsi- schen Schulen zu sehen sein.

Ich bitte Sie, Ihren Beitrag zur Prävention der Ess-Störungen Anorexie und Bulimie zu leis- ten, auch dadurch, dass Sie sich anwendungs- bereites Fachwissen aneignen. Die Schwere der Schicksale betroffener Mädchen und Jun- gen und deren Familien gebietet dies.

Mit freundlichen Grüßen Helma Orosz

Sächsische Staatsministerin für Soziales

Präventivprogramm bei Ess-Störungen

Ess-Störungen in der Altersgruppe von 15 bis 30 Jahren zählen in Europa und Nordamerika zu den häufigsten und schwerwiegendsten Er- krankungen von Mädchen und Frauen. Ver- änderte gesellschaftliche Bedingungen, der in vielen Ländern nahezu unbegrenzte Über- schuss an Nahrungsmitteln und die extremen, zum Teil ins Krankhafte gehenden Schönheits- ideale mit einer Hochkonjunktur von Schlank- heitsdiäten und Fitnessprogrammen haben auf der einen Seite des Gewichtsspektrums bereits im Kindesalter zu einer Zunahme der Fettsucht (Adipositas), auf der anderen Seite zur Magersucht (Anorexie) und Ess-Brech- Sucht (Bulimie) geführt. Besonders Frauen und Mädchen glauben, unter einem fragwür- digen Einfluss der Medien, in unserer Gesell- schaft nur noch etwas wert zu sein, wenn sie extrem schlank und körperlich getrimmt sind.

Davon sind zunehmend auch männliche Ju- gendliche betroffen. Man denke nur an die Idealisierung des „Waschbrettbauchs“.

Bei einer Mortalität von 10 bis 18 % gehört der- zeit die Anorexie zu den folgenschwersten psychischen Erkrankungen. Zudem verschiebt sich das Ersterkrankungsalter, das noch vor wenigen Jahren um das 15. Lebensjahr lag, bei der Anorexie schon auf die 10- bis 12-Jäh- rigen. Selbst 8-jährige schwerst kranke Mäd-

chen sind in den Kliniken keine Seltenheit mehr. Auch die Bulimie begann früher um das 20. Lebensjahr und tritt heute bereits bei 15-jährigen Mädchen auf, oft gepaart mit schwerer depressiver Komorbidität und ho- her Selbstverletzungsneigung. Sie wird lange kaschiert, Symptome von der Familie, der Schule nicht erkannt, zumal die Mädchen zu- nächst nach außen ein scheinbar unauffälliges Essverhalten zeigen und heimlich immense Kalorienmengen verschlingen, um sie dann mit großer Scham und Selbstverachtung wie- der zu erbrechen. Die schwerwiegende Sucht lässt die Betroffenen in ihrer Not selbst vor kri- minellen Handlungen nicht zurückschrecken, um über Ladendiebstähle ihr triebhaftes Ver- langen nach Nahrung zu befriedigen. Die Adi- positasstellt schon im Kindesalter eine ernst zu nehmende Erkrankung dar, deren Behand- lung so früh wie möglich und unter intensiver Einbeziehung der Eltern erfolgen sollte. Kos- tenaufwändige Diätkuren ohne Veränderung der familiären Essgewohnheiten, ohne lang- fristige Nachbetreuung führen meist nur kurzfristig zu Gewichtsreduktionen.

Die gefährlichste aller psychogenen Ess-Stö- rungen ist die Anorexie, die gekennzeichnet ist durch einen oft extremen, selbst verur- sachten Gewichtsverlust durch Nahrungsre-

duktion (restriktive Form) oder durch Erbre- chen (Purging-Form). Durch die Körperschema- störung, die wahnhafte Überzeugung, trotz extremen Untergewichts zu dick zu sein und die Illusion, sich erst mit einem noch niedri- geren Gewicht wohl zu fühlen, setzt ohne rechtzeitige Therapie ein Circulus vitiosus ein, der in eine lebensbedrohliche Kachexie münden kann (BMI unter 14, Bradykardie, Mineralstoffwechselstörungen und schwere depressive Verstimmungen). Der entscheiden- de Prädiktor für eine ungünstige Prognose und die Mortalität ist ein niedriges Gewicht bei Erstaufnahme, gepaart mit sozialen und psychischen Problemen (Katamnese von 83 Frauen über 21 Jahren).

Die Körperschemastörung, das gravierendste Basissymptom, verhindert jede Krankheits- einsicht und lässt sich trotz vielfältiger thera- peutischer Bemühungen bei einer Anorexie erst bei Erreichen eines gesunden Mindestge- wichts beeinflussen.

Klassische Behandlungsmethoden wie Tiefen- psychologie und Verhaltenstherapie können aufgrund einer bei niedrigem Gewicht regel- mäßig auftretenden Gehirnatrophie ihre The- rapieeffekte nicht oder nur wenig entfalten.

So ist das vordringlichste Ziel zunächst die M. Scholz

Ess-Störungen im Kindes- und Jugendalter –

ein Präventivprogramm für Sachsen

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