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Editorial: Orchideen züchten statt Krankheit wegmachen?

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Academic year: 2022

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Liebe Leserin, lieber Leser,

früher war zwar nicht alles besser, aber einfacher.

Zahnärzte haben Krankheit im Mund „weggemacht“, auch wenn dies allzu oft im wörtlichen Sinne damit verbunden war, die kranken Stellen mitsamt dem umliegenden Gewebe zu entfernen. Im Rahmen des dramatischen Wissenszuwachses wurde aus heutiger Sicht viel zu spät die Schleuse für Spezialisierungen geöffnet. Die Folge ist ein Wildwuchs an Spezialistenprofilen, Diplomen, Schwer- punkten, Zertifikaten und Urkunden. Für die, die es eigent- lich angeht, nämlich die Patienten, stellt sich ein undurch- dringliches Dickicht an Kompetenzen und Pseudokompe- tenzen dar. Als Konsequenz ist die Verunsicherung bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten eher noch grö- ßer geworden.

In der Vergangenheit haben wir uns leider zu sehr mit der Abgrenzung zwischen Generalisten und Spezialisten beschäftigt. Mittlerweile stellt sich allerdings ein anderes Problem dar. Anders als in der Humanmedizin diskutieren wir nicht darüber, was ein Hausarzt machen sollte und ob er sich von einem Internisten unterscheidet oder nicht.

Vielmehr entsteht eine Vielzahl von Kompetenznachwei- sen, deren Profil und Professionalität sich nicht immer mit dem wünschenswerten Ideal eines Spezialisten in Einklang bringen lassen. Da kann nun beispielsweise der „Master of Science Ayurvedische Medizin (MSc)“ von Zahnärzten, Ärzten sowie Angehörigen anderer Heilberufe erworben und auf dem Praxisschild ausgewiesen werden. Gegen die aus Indien stammende Naturlehre ist prinzipiell nichts ein- zuwenden, und selbst die oft erhebliche Schwermetall- kontamination der entsprechenden Produkte ist nicht der Kern des Problems. Es ist auch sicher sinnvoll, dass es Kolle- gen gibt, die sich speziell mit ästhetischer Zahnheilkunde beschäftigen, selbst wenn dies eigentlich ein weites Feld ist. Ich möchte hier auch nicht in die Debatte einsteigen, wie man kontinuierliche Fortbildung von strukturierter Fortbildung unterscheidet und dies wiederum gegenüber der Weiterbildung oder sogar einem akademischen Titel abgrenzt.

Mich beunruhigt eher etwas anderes. Für jede noch so kleine Nische und insbesondere die vielen Wellnessthemen

gibt es eine Vielzahl an Fort- und Weiterbildungsangebo- ten und in der Folge eben auch klinischen Dienstleistungs- angeboten. Was jedoch immer mehr leidet, und zwar in der Krankenversorgung, aber auch in Lehre und Forschung, sind Innovationen, Kompetenzen und Techniken, die es ermöglichen, Krankheiten „wegzumachen“. Müssten nicht beispielsweise die Gebietsbezeichnungen Parodontologie sowie Kinder- und Jugendzahnheilkunde in den Weiter- bildungsordnungen aller Zahnärztekammern zu finden sein? Völlig unverständlich ist auch, dass in diesem Lande offenbar kein Bedarf für Kariologen besteht, obwohl sich das Fachgebiet international weit über den von einem Generalisten zu verarbeitenden Wissensumfang hinausent- wickelt hat.

Vielleicht oder besser wahrscheinlich liegt aber die angedeutete Schieflage nicht an einem fachlichen oder organisatorischen Dissens. Vielmehr gibt es eine schiefe Anreizstruktur. Krankheit wegmachen wird schlecht bezahlt, während das Honorar für den „Maharishi Ayurveda Dosha Test“ frei vereinbar ist. Glaubt irgendje- mand wirklich, dass wir mit dieser Strategie den freien Berufsstand retten oder gar weiterentwickeln? Wenn wir unsere Kernkompetenzen auf Kosten der Orchideen ver- nachlässigen, haben wir das letzte Stück an Freiheit und Eigenverantwortung selbst zu Grabe getragen.

585

Quintessenz 2007;58(6):585

EDITORIAL

Orchideen züchten statt Krankheit wegmachen?

Prof. Dr. Michael J. Noack Chefredakteur

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