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Bosnische Kultusgemeinde

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Academic year: 2022

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Bosnische Kultusgemeinde

Geschichte

Obwohl beide Länder eine lange gemeinsame Geschichte verbindet, gehen die heute in Österreich vorfindlichen bosniakischen Einrichtungen im engeren Sinn auf das Wirken der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstan- denen bosniakischen Diaspora zurück.

Die erste Einrichtung dieser Art, die von bosniakischen Gastarbeitern in Österreich ins Leben gerufen wurde, ist der Verein bosnischer Muslime „Gazi Husrev-beg“ mit Sitz in Wien. Als offizielles Gründungsdatum gilt der 6. Oktober 1990, mit den entsprechenden Vorbereitungen wurde jedoch bereits im Jahr 1987 begonnen.1

Mit dem Beginn des Bosnienkriegs Anfang der 1990er-Jahre sahen sich viele Menschen zur Flucht gezwungen – 85.000 Flüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina fanden zwischen 1992 und 1995 in Österreich Aufnahme. In der Folge wuchs der Bedarf sowohl an religiöser Betreuung als auch an humanitärer Hilfe für in Bosnien und

Herzegowina zurückgebliebene oder in andere Länder des ehemaligen Jugoslawiens ausgewanderte

Familienangehörige und Be-kannte. Dies ließ bundesweit eine Reihe weiterer Vereine entstehen, die auch über Gebetsräumlichkeiten verfügten und den Zweck von Moscheen erfüllten.2

Nachdem diese Vereine lange Zeit eigenständig agiert hatten, ohne dass die Zusammenarbeit und Verbindung zwischen ihnen formell geregelt oder auf irgendeine Weise koordiniert worden wäre, kam es schließlich im Oktober 1995 zur Gründung des Dachverbands bosnisch-islamischer Vereine in Österreich (heute Verband bosniakisch-islami- scher Vereine IZBA). Unter diesem versammelten sich alle bosniakischen Vereine, die sich der Pflege der islamischen Tradition der Bosniaken und der Organisation ihres religiösen Lebens verschrieben hatten. Weitere Aufgaben sah der Verband in der Wahrung der bosnischen Muttersprache, der bosniakisch-islamischen Tradition und der

bosniakischen Kultur. Heute zählt der Verband 39 Mitgliedsvereine.3

Bis 2016 hatte jeder Mitgliedsverein seine eigenen Statuten, die sich inhaltlich voneinander unterschieden. Dies sollte sich mit der Novellierung des Islamgesetzes im Jahr 2015 ändern – ab da war religiöses Engagement der Islami- schen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), den Kultusgemeinden und den Moscheegemeinden vorbehalten und demnach dem Verband samt seinen Vereinen jegliche religiöse Betätigung untersagt. Daher fanden noch im selben Jahr (2015) und Anfang 2016 auf Verbandsebene zahlreiche Gespräche mit Vertreter*innen aller Vereine statt, mit dem Ziel, neue Verbandsstatuten zu formulieren und die Statuten der einzelnen Vereine zu

vereinheitlichen.4

Als weitere Folge der Novellierung des Islamgesetzes formierten sich innerhalb der IGGÖ vier bosniakische Kultus- gemeinden (BKG): BKG Ost, BKG Nordost, BKG Südwest und BKG Mitte, unter deren Leitung jeweils zehn Moschee- einrichtungen tätig sind. Demnach sind die Kultusgemeinden die Trägerinnen des religiösen Lebens, während die Vereine weiterhin für die Bereitstellung und Erhaltung von (Gebets-)Räumlichkeiten sorgen.

Rechtslage

Die bosniakischen Kultusgemeinden sind Teile der IGGÖ und zugleich selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts, ein Status, den sie aus dem Rechtsstatus der IGGÖ schöpfen. Ihre Zuständigkeit umfasst die Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder und die Bereitstellung der dafür erforderlichen Einrichtungen.

Laut Verfassung der IGGÖ (Art. 19 Abs. 3) ist die Gründung einer Kultusgemeinde nur dann möglich, wenn ihr Be- stand und ihre wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit gesichert sind und die IGGÖ der Gründung zustimmt. Erste- res wird dann als gegeben erachtet, wenn eine Kultusgemeinde zumindest zehn Moscheeeinrichtungen betreibt und zum Zeitpunkt der Gründung mindestens 1.000 Mitglieder zählt. Moscheeeinrichtungen haben ihrerseits vier Kriteri- en zu erfüllen: Sie müssen 1) über einen mindestens 40 Personen fassenden Gebetsraum verfügen, 2) regelmäßig das Freitagsgebet abhalten, 3) einen ordentlichen Imam beschäftigen und 4) die Lehre der IGGÖ akzeptieren.5

1 Aslan, E. (1998). Religiöse Erziehung muslimischer Kinder in Deutschland und Österreich. Stuttgart: Institut für islamische Erziehung, S. 48ff.

2 Aslan, E., Ersan-Akkilic, E., & Kolb, J. (2015). Imame und Integration. Wiesbaden: Springer, S. 72.

3 Ebd. S. 73.

4 Ebd. S. 73.

5 Ebd.

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ihren ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich haben. Auf Antrag können auch andere Perso- nen Mitglieder werden.61

An der Spitze der Kultusgemeinde steht der für eine Funktionsperiode von fünf Jahren gewählte Vorstand, dessen wirksame Bestellung der Zustimmung des Reisu-l-ulema (Großmuftis) der Islamischen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina (IGiBuH) bedarf. Nach außen wird die Kultusgemeinde durch den Vorsitzenden vertreten. Dieser muss den Abschluss eines islamisch-theologischen Studiums oder eine gleichwertige Qualifikation vorweisen können, die Voraussetzungen erfüllen, die für die Ausübung des Imamberufs erforderlich sind, und der bosnischen und der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig sein. Der Einsetzung sowohl des Hauptimams als auch aller anderen Imame der Kultusgemeinde erfolgt per Dekret des Reisu-l-ulema.

Nach Informationen des Kultusamtes ist die religiöse und rechtliche Bindung der bosnischen Kultusgemeinden an die Rijaset in Sarajevo rechtlich unbedenklich, weil die IGiBuH eine ausschließlich religiöse und unabhängige Organisation ist.7

Rijaset (Reisu-l-ulema) als grenzüberschreitende religiöse Autorität

Auf Betreiben des Kaiserreiches kam es 1882 zur Gründung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Bosnien und Herzegowina (Islamska zajednica u Bosni i Hercegovini, IZ), die von einer starken Hierarchisierung geprägt war – in diesem Kontext ist von einer bewussten „Verkirchlichung“ des Islams die Rede. Damit war nicht nur eine höchste geistliche Instanz geschaffen, sondern auch ein klar definiertes religiöses Gegenüber im Dialog. Der bosnische Groß- mufti (Reisu-l-ulema), dem die Leitung der Glaubensgemeinschaft oblag, profitierte seinerseits von der organisations- internen Autonomie sowie insbesondere von seinem Status, der nach österreichischem Recht dem eines Erzbischofs gleichkam. In diesem Zusammenhang kam es auch zu einer teilweisen Reform des Bildungssystems, indem traditio- nelle islamische Inhalte und Schwerpunkte mit europäischen Strukturen verflochten wurden; auch diese Neuerung wird rückblickend überaus positiv eingestuft.8

Als der höchsten religiösen und administrativen Autorität der IGiBuH obliegt der Rijaset unter anderem die Aufsicht über die Moscheen des Landes, die Ernennung von Imamen und die Organisation der Pilgerfahrten nach Mekka (Haddsch); zudem hat sie exklusive Rechte in der Verwaltung von Waqf-Besitz.

Ab 1995 entstanden in vielen Dörfern Bosnien und Herzegowinas Moscheen, die sich der Kontrolle und Einflussnah- me der Rijaset zu entziehen suchten. Diese „Paramoscheen“, die als Hort des dschihadistischen Salafismus gelten können, spielten bei der Verbreitung des Salafismus in Westeuropa eine zentrale Rolle. Nach einer Fristsetzung wurden sämtliche Moscheen, deren Betrieb nicht von der Rijaset genehmigt war, per Dekret der Islamischen Glau- bensgemeinschaft verboten.9 Laut IGiBuH waren bis zu dem Verbot 64 radikale Gruppierungen aktiv, die eigene, unabhängige Strukturen aufgebaut hatten. Mit einem Deradikalisierungsprogramm wurde versucht, zumindest einen Teil dieser sogenannten Para-Jamaats in die Strukturen der IGiBuH zu integrieren. Die Rijaset arbeitet mit ähnli- chen Deradikalisierungsprogrammen, die in den arabischen Staaten allerdings wenig Erfolg gebracht haben. Ismail Smaljlović, der Direktor der Abteilung für Verwaltung und Recht, schließt nicht aus, dass diese Para-Jamaats jederzeit wiedererwachen können – zu spät hätten die Glaubensgemeinschaft und weitere staatliche Einrichtungen auf dieses Phänomen reagiert.10

Weitere Institutionen sind das Hauptbüro der Waqf-Verwaltung (gegr. 1894), die Gazi-Husrev-beg-Stiftung (1513), die El-Kalem Verlagsanstalt (1974), das Zentrum für islamische Architektur (1993), die Muslim Information and News Agency – MINA (1990), die Agentur für die Zertifizierung der Halāl-Qualität (2005), die Assoziation der „`Ulamā‘“ der Rijaset (1910), das Fatwā-Gremium (2005) und Radio BIR, die Rundfunkanstalt der Glaubensgemeinschaft.

Alle islamischen Bildungsinstitutionen in Bosnien und Herzegowina, das heißt sechs islamische Mittelschulen (Mad- rasa) und drei islamische Hochschulen, unterstehen der Aufsicht der Rijaset. Gemäß Paragraf 52 der Verfassung der IGiBuH entscheidet die Rijaset über die Einstellung oder Entlassung der Dekane und Direktoren an den islamischen Ausbildungsinstitutionen und approbiert Lehrpläne und Lehrbücher dieser Institutionen sowie islamische Religions- lehrbücher vor deren Verwendung im Unterricht.11

Durch das neue Islamgesetz wurde die Position der Rijaset mit Blick auf Österreich insofern gestärkt, als der Reisu- l-ulema in Österreich tätige Imame ernennen und auf sie die religiösen Zuständigkeiten aus der Tradierungskette (Menšura) übertragen kann. Über Anzahl und Namen der Imame muss die Rijaset das Kultusamt informieren. Frei- lich wollen nicht alle Imame einsehen, dass die Wahl des Vereinsobmanns der Zustimmung aus Sarajevo bedarf. So beschwerte sich der Imam Husein Veladić in einem Schreiben an den Landesrat in Linz über die starke Einflussnahme der Rijaset.12

6 Charkasi, D. (2012). Die muslimischen Dachverbände in Österreich. In Aslan, E. (Hrsg.). Zwischen Moschee und Gesellschaft – Imame in Österreich. Frankfurt a. M.: Peter Lang, S.

255–273.

7 Ebd. S. 73.

8 Vgl. Tabaković-Halilović, T., & Dedić, Z. (2012). Imamausbildung in Bosnien-Herzegowina. In: Aslan, E. (Hrsg.), Zwischen Moschee und Gesellschaft – Imame in Österreich. Frankfurt a.

M.: Peter Lang, S. 119–137.

9 https://balkaninsight.com/2016/04/26/bosnian-islamic-community-struggling-to-control-parallel-mosques-04-25-2016/. Zugegriffen: 21. April 2021.

10 Ebd.

11 Tabaković-Halilović, T., & Dedić, Z. (2012). Imamausbildung in Bosnien-Herzegowina. In: Aslan, E. (Hrsg.), Zwischen Moschee und Gesellschaft – Imame in Österreich. Frankfurt a. M.:

Peter Lang, S. 119–137

12 Unveröffentlichte Dokumente.

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Aber auch in Bosnien und Herzegowina wächst der Unmut über den zunehmenden Einfluss vor allem der türkischen Regierung, der immer mehr die Richtung der Rijaset bestimmt – davon zeugen auch die regelmäßigen Erdoğan-freundlichen Äußerungen von Großmufti Kavazović. Außerdem wurde zwischen der Türkei und der Rijaset eine Vereinbarung zur Gründung türkischer Schulen in Bosnien und Herzegowina unterzeichnet, nicht zuletzt zur Eindämmung der Aktivitäten der Gülen-Bewegung auf dem Balkan.131

Reisu-l-ulema Kavazović bei einer Eröffnungszeremonie mit dem türkischen Präsidenten in Sarajevo.14

Moscheen in Österreich

Auch wenn sie unter der theologischen und politischen Aufsicht der Rijaset stehen, sind die bosnischen Moscheen in Österreich das Werk der bosniakischen Diaspora, die mit der Gründung von Vereinen ihrem Bedürfnis Ausdruck verlieh, ihr religiöses Leben zu organisieren und ihren Kindern eine religiöse Bildung zu ermöglichen. Die von den Kultusgemeinden vorgeschlagenen und vom Reisu-l-ulema aus Sarajevo ernannten Imame bringen in der Regel aus ihrem Heimatsland eine solide Ausbildung mit.15

Gemäß der neuen Satzung (§ 2) des Verbandes verfolgen die bosniakischen Kultusgemeinden vier Hauptziele:

1. Wahrung der bosniakisch-islamischen Kultur und der muslimischen Geschichte unter besonderer Berücksichti- gung der bosniakischen Herkunft sowie die Wahrnehmung sozial-humanitärer Aufgaben;

2. Ausübung des Islams sowie die Verbreitung der islamischen Glaubenslehre;

3. Pflege der bosnischen Muttersprache und der bosniakisch-islamischen Tradition;

4. Organisation von sportlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Aktivitäten.16

Die einheitlichen Statuten für die Vereine sollen einen besseren Überblick über Zuständigkeiten und Verantwortun- gen der Vereine gewährleisten. Laut § 1 Absatz 3 verstehen sich die Vereine als Mitgliedsvereine des Verbandes und verpflichten sich, dessen Statuten und Beschlüsse zu achten und die Anweisungen seiner Organe zu befolgen.

Als – laut § 2 Abs. 1 lit. k der neuen Statuten – Hilfsvereine der bosniakischen Kultusgemeinde der IGGÖ haben die Vereine den Zweck der Beschaffung, Errichtung, Erhaltung, Verwaltung und Bereitstellung von Moscheeeinrichtun- gen. Die Wahrnehmung religiöser Aufgaben ist hingegen ausdrücklich nicht Zweck der Vereine, diese obliegt den dafür zuständigen Einrichtungen und Organen der IGGÖ. Den Vereinen wird laut Statuten lediglich die nichtreligiöse Pflege des Islams zugestanden, z. B. mildtätige Arbeit oder die Befassung mit den kulturellen Aspekten der Religion.

Theologisch-ideologische Orientierung

Seit etwa zwei Jahrzehnten ist, insbesondere im deutschen Sprachraum, immer öfter vom „bosnischen Islam“ die Rede – eine Formulierung, die weder von den muslimisch-religiösen Autoritäten in Bosnien noch von der Diaspora als besonders treffend empfunden wird. Sie sprechen lieber von der „Islamischen Tradition der Bosniaken“.

Bei dieser Tradition handelt es sich keineswegs um ein theoretisches Konstrukt, vielmehr ist sie Teil der alltäglichen Realität und prägt das muslimische Leben sowohl in Bosnien und Herzegowina als auch in der Diaspora. Die Islami- sche Tradition der Bosniaken wird anhand bestimmter Merkmale, die sich im Lauf der Geschichte bei den bosnischen Muslimen etabliert haben, beschrieben. Das sind a) die hanafitisch-māturidische Theologie, b) die islamisierte Praxis der mittelalterlichen bosnischen Kirche, d) die Tradition des islamischen Reformdenkens, e) der institutionalisierte Islam in Gestalt der Islamischen Gemeinschaft, f) die Praktizierung des Islams im säkularen Staat und g) die Erfahrung des Zusammenlebens mit anderen monotheistischen Religionen.

13 https://www.trthaber.com/haber/dunya/maarif-vakfi-bosna-hersekte-okul-aciyor-342322.html. Zugegriffen: 10. April 2021.

14 https://www.tccb.gov.tr/haberler/410/32172/cumhurbaskani-erdogan-saraybosnada-isa-bey-ishakovic-hamami-ile-hunkr-camisini-hizmete-acti. Zugegriffen: 5. September 2021.

15 Aslan, E. (2021). Islamische Theologie in Österreich. Frankfurt a. M.: Peter Lang, S. 37–41.

16 Statuten der bosniakischen Kultusgemeinden.

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Wie stark sich die Islamische Tradition der Bosniaken in der Diaspora etablieren konnte und ob sie sich in Interaktion mit anderen muslimischen Gemeinschaften in der Diaspora verändert hat, ist bislang sehr wenig erforscht.

Seit einigen Jahrzehnten ist hinsichtlich der bosniakischen Moscheestrukturen jedoch eine Entwicklung zu beobach- ten, in der nicht wenige Beobachter die Gefährdung der bewährten bosnisch-islamischen Tradition auch in Österreich sehen, nämlich die verstärkte Hinwendung von Muslimen aus dem Balkan zur islamistischen Ideologie. Im Rahmen der Operation „Luxor“ gegen die Muslimbrüder und die Hamas waren auch einige bosnischstämmige Personen und bosniakische Moscheeeinrichtungen Ziel der polizeilichen Operation in Graz und anderen Städten Österreichs.17

Zusammenarbeit

Die bosniakischen Kultusgemeinden pflegen gute Bezie- hungen zu ATIB und Milli Görüş. Das Verhältnis zwischen der ATIB und den bosnischen Gemeinden spiegelt die enge Zusammenarbeit zwischen der türkischen Diyanet und der Rijaset in Sarajevo wider.

Der Präsident der DIB-Ankara Erbaş mit Reisu-l-ulema Kavazović in Sarajevo.18

Bosniakische Prediger aus verschiedenen Ländern halten in den Moscheen der Kultusgemeinden in Österreich immer wieder Predigten. Neben Gebetsmöglichkeiten bieten bosnische Moscheeeinrichtungen diverse muttersprachliche Kulturveranstaltungen an.19 Die Einrichtungen verfügen über eine gute Infrastruktur, die sich für unterschiedliche Veranstaltungen eignet.20

Ausblick

Zwischen 1992 und 2001 wurden allein von Saudi-Arabien 500 Millionen USD in das salafistische Bildungswesen in Bosnien und Herzegowina investiert, Zuwendungen kamen aber auch aus dem Iran, der Türkei, aus Kuwait und weite- ren Golfstaaten.21

Im Juli 2021 unterzeichnete die Islamische Gemeinschaft (Rijaset) in Sarajevo ein „Memorandum of Understanding“

mit dem Ministerium für religiöse Angelegenheiten von Saudi-Arabien betreffend eine weitere enge Zusammenar- beit; bei dieser Gelegenheit dankte Reisu-l-ulema Kavazović dem König von Saudi-Arabien für die bisherige Unterstüt- zung und für alles, was er für Bosnien und Herzegowina geleistet hat.22

Reisu-l-ulema Kavazović mit dem saudischen Minister für

islamische Angelegenheiten, Stiftungen, Da‘wa und Rechtweisung Dr. Abullatif ben Abdulaziz Al Scheich.23

17 https://steiermark.orf.at/stories/3075678/. Zugegriffen: 25. Mai 2021.

18 https://www.aa.com.tr/tr/yasam/diyanet-isleri-baskani-erbas-saraybosnada-cuma-namazi-kildirdi/1103871. Zugegriffen: 30. Mai 2021.

19 Heinisch, H., & Imet, M. (2017). Die Rolle der Moschee im Integrationsprozess. Wien: ÖIF, S. 28.

20 Ebd. S. 40.

21 https://wb-iisg.com/wp-content/uploads/bp-attachments/5595/erf_bih_report_British-Council.pdf. Zugegriffen: 17. Mai 2021.

22 https://www.islamskazajednica.ba/index.php/vijesti/aktuelno/30026-potpisan-memorandum-o-razumijevanju-izmedu-islamske-zajednice-i-ministarstva-za-islamska-pitanja-da-vu-i-

upucivanje-saudijske-arabije. Zugegriffen: 5. September 2021.

23 Ebd.

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Diese Mittel flossen in die Errichtung von Hochschulen für Erziehung und Bildung – so in Zenica, Bihać oder Tuzla –, welche eine theologische Ausbildung anbieten, die der bosnisch-islamischen Tradition eigentlich widerspricht. Doch angesichts des Ausmaßes dieser Investitionen riskieren Wissenschaftler*innen, die sich gegen diese Entwicklung wehren, ihre berufliche Zukunft – auch an der Islamischen Universität in Sarajevo.1 Vielen Beobachtern des Bildungs- wesens in Bosnien und Herzegowina zufolge sind die islamischen Universitäten des Landes sehr stark von den finanz- kräftigen Staaten abhängig, sodass der Raum für reformorientierte Wissenschaftler*innen immer enger wird.25 Die finanzielle Abhängigkeit von den Golfstatten und anderen ausländischen Geldgebern macht es für die

Muslim*innen Bosnien und Herzegowinas nicht einfach, die traditionellen religiösen Strukturen im Land zu bewahren und den Einfluss der salafistischen Bewegungen einzudämmen – mit den entsprechenden Folgen für die Gläubigen und ihre Organisationsformen.

Literaturverzeichnis

Aslan, E. (1998). Religiöse Erziehung muslimischer Kinder in Deutschland und Österreich. Stuttgart: Institut für islami- sche Erziehung.

Aslan, E. (2021). Islamische Theologie in Österreich. Frankfurt a. M.: Peter Lang.

Aslan, E., Ersan-Akkilic, E., & Kolb, J. (2015). Imame und Integration. Wiesbaden: Springer.

Blavicki, S. (2009). Islamist terrorist networks in Bosnia and Herzegovina. PhD Thesis. Monterey: Naval Postgraduate School.

Charkasi, D. (2012). Die muslimischen Dachverbände in Österreich. In Aslan, E. (Hrsg.), Zwischen Moschee und Gesell- schaft – Imame in Österreich. Frankfurt a. M.: Peter Lang, S. 255–273.

Heinisch, H., & Imet, M. (2017). Die Rolle der Moschee im Integrationsprozess. Wien: ÖIF.

https://balkaninsight.com/2016/04/26/bosnian-islamic-community-struggling-to-control-parallel- mosques-04-25-2016/. Zugegriffen: 21. April 2021.

https://radiosarajevo.ba/amp/vijesti/bosna-i-hercegovina/reisul-ulema-kavazovic-sa-premijerom-katara-podrska- projektima-od-drzavnog-znacaja-za-bih/333647. Zugegriffen: 25. Mai 2021.

https://steiermark.orf.at/stories/3075678/. Zugegriffen: 25. Mai 2021.

https://wb-iisg.com/wp-content/uploads/bp-attachments/5595/erf_bih_report_British-Council.pdf. Zugegriffen: 17.

Mai 2021.

https://www.aa.com.tr/tr/yasam/diyanet-isleri-baskani-erbas-saraybosnada-cuma-namazi-kildirdi/1103871. Zugegrif- fen: 30. Mai 2021.

Tabaković-Halilović, T., & Dedić, Z. (2012). Imamausbildung in Bosnien-Herzegowina. In: Aslan, E. (Hrsg.), Zwischen Moschee und Gesellschaft – Imame in Österreich. Frankfurt a. M.: Peter Lang, S. 119–137.

24 Blavicki, S. (2009). Islamist terrorist networks in Bosnia and Herzegovina. PhD Thesis. Monterey: Naval Postgraduate School, S. 30, 70.

25 Oruc, N., Obradovic, N. (2020) Drivers of radicalisation of youth in Bosnia and Herzegovina, Economic Research-Ekonomska Istraživanja, 33:1, 2559–2573.

Referenzen

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