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Ansprache zur Eröffnung der Gedenkstätte Huttererpark an der Franz Greiter Promenade

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1 Eröffnung Huttererpark

Jakob Hutter (1500 – 1536) Innsbruck – Franz Greiter Promenade

16. Oktober 2015

„Die Güter der Gerechtigkeit, der Wahrheit, der Schönheit ... brauchen Zeit, Bestän- digkeit, ‚Gedächtnis’, oder sie degenerieren.“1 Freiheit braucht ein gutes Gedächtnis, ansonsten lässt sie sich leicht kolonisieren und besetzen. Das Freiheitsbewusstsein der Tiroler erfuhr im Verlauf der Geschichte Einfärbungen und auch Verdunkelungen.

Zur Geschichte der Freiheit gehören z.B. der Tiroler Landlibell von Kaiser Maximilian 1511 sowie die Personen und Ereignisse um 1796 und 1809. Es ist aber auch eine Geschichte der Vertreibung der Protestanten und der Ausgrenzung, es ist das Leiden der jüdischen Gemeinde beim Progrom im November 1938, und es ist der Wider- stand gegen Diktatur und Ideologie der Nationalsozialisten. Zur Geschichte Tirols gehören konstitutiv die Verfolgung der Täuferbewegung im 16. Jahrhundert, die Ver- brennung Jakob Hutters am 25. Februar 1536 und die Vertreibung der Hutterer.

Religionsfreiheit

Das Zweite Vatikanische Konzil erklärt im Dekret über die Religionsfreiheit (Dignitatis humanae)2, dass die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat. Diese Freiheit besteht darin, dass alle Menschen frei sein müssen von jedem Zwang so- wohl von Seiten Einzelner wie gesellschaftlicher Gruppen, wie jeglicher menschli- chen Gewalt, so dass in religiösen Dingen niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch daran gehindert wird, privat und öffentlich, als einzelner oder in Verbindung mit anderen - innerhalb der gebührenden Grenzen - nach seinem Gewissen zu handeln. Auch haben die religiösen Gemeinschaften das Recht, keine Behinderung bei der öffentlichen Lehre und Bezeugung ihres Glaubens in Wort und Schrift zu erfahren. Schließlich ist in der gesellschaftlichen Natur des Menschen und im Wesen der Religion selbst das Recht begründet, wonach Menschen aus ihrem

1 Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft. Hg. Von Eberhard Bethge, Gütersloh 131985, 109f.

2 Zweites Vatikanisches Konzil, Dignitatis humanae 2.

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2 eigenen religiösen Sinn sich frei versammeln oder Vereinigungen für Erziehung, Kul- tur, Caritas und soziales Leben schaffen können.

Selig, die keine Gewalt anwenden

Jesus preist jene selig, die keine Gewalt anwenden (Mt 5,5). Und er fordert dazu auf, die Feinde zu lieben und für die Verfolger zu beten (Mt 5,43-48). Das Kreuz Jesu als Zuspitzung der Feindesliebe und der Gewaltlosigkeit bedeutet kein „Umstimmen“

Gottes etwa vom zornigen zum gnädigen Gott, sondern Feindesliebe und Versöh- nung angesichts von Gewalt. Bei der Gewaltfreiheit geht es die Realisierung von Versöhnung im Raum menschlicher Freiheit und menschlicher Gemeinschaft, und zwar gerade dann, wenn Freiheit und Beziehung von sich aus pervertiert, festgefah- ren, monologisch einzementiert, arrogant aufgeblasen, narzisstisch vergiftet, in ihren eigenen Möglichkeiten erschöpft und zu Tode gelaufen sind. Leiden und Gewalt sol- len nicht neu zum Wachstumshormon von Ressentiment, Rachegelüsten und Re- vanchismus werden. Jesus überwindet er das Böse durch das Gute (Röm 12,21). In ihm zeigt sich auch der Unterschied zwischen dem wahren und dem falschen Gott:

„Der falsche Gott verwandelt das Leiden in Gewaltsamkeit. Der wahre Gott verwan- delt die Gewaltsamkeit in Leiden.“3

Segensgruß

In vergangenen Jahren haben Begegnungen zwischen den Nachfahren der Hutterer und vieler Menschen in unserem Land, im Bundesland Tirol und in Südtirol, auch der Kirchenvertreter, stattgefunden. Wir haben von Eurem Leben gehört, und Eure Leute haben mit uns Bekanntschaft gemacht und das heutige Leben in den Ländern ken- nen gelernt, aus welchen Eure Vorväter geflüchtet sind. Diese Begegnungen waren für viele Menschen in unseren Ländern, auch für uns Kirchenvertreter, ein Anlass, sich der unglückseligen Ereignisse zu erinnern, welche zur Auswanderung Eurer Vorväter führten.

3 Simone Weil, Schwerkraft und Gnade. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Friedhelm Kemp, München 1952, 104.

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3 Wir erkennen heute, dass Verfolgung, Folter und Hinrichtung von Euren Vorfahren im 16. Jahrhundert ein großes Unrecht waren. Die damalige katholische Kirche trug ei- nen großen Teil Verantwortung an diesem Unrecht.

Die Erinnerung ist auch für uns jetzt eine unglückselige Last, zu der wir uns als Mit- glieder dieser Kirche bekennen müssen. Wir bedauern die damals getroffenen Ent- scheidungen, die Handlungen und das daraus hervorgegangene vielfältige Leid zu- tiefst.

Wir beten zum Hl. Geist, dass er uns in eine Zukunft des gegenseitigen Verständnis- ses und des Vertrauens leite, dass die Erinnerung gereinigt werde von der Gering- schätzung, der Verachtung, ja dem Hass der vergangenen Jahrhunderte und dass im gemeinsamen Glauben an den Opfertod Christi eine stellvertretende Abbitte möglich werde. Und mit dem Gedenken an die Hutterer in Tirol können wir gegenwärtig die Bedeutung der Religionsfreiheit und der Gewaltlosigkeit bedenken.

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