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KONTAKT UND URHEBERRECHT LITERATUR BEI BESUCHERINNEN: GIBT ES GRENZEN FÜR ZEITEN, ALTER, BELASTUNGEN?

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Academic year: 2022

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ESUCHER

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RENZEN FÜR

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EITEN

, A

LTER

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ELASTUNGEN

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DGKP Maria Brauchle, Feldkirch

1

K ONTAKT UND U RHEBERRECHT

L ITERATUR BEI

DGKP Maria Brauchle

Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin

Email: maria.brauchle@lkhf.at

! Das Skriptum ist urheberrechtlich geschützt!

! Jede Verwendung, Vervielfältigung, Weiterverbreitung, auch elektronischer Art außerhalb der Veranstaltung ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung der

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A NGEHÖRIGE ?

Definition nach deutschem Recht:

Gemäß § 11 StGB (Strafgesetzbuch) gelten als Angehörige:

"Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, auch im Sinne des

Lebenspartnerschaftsgesetzes, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die

Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist.„

https://www.recht-finanzen.de/faq/3677-wer-gehoert-zu-den-angehoerigen

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Z EIT ?

u Warum beschränken?

u Angehörige als Ressource sehen

u Es braucht flexible Besuchszeiten (Vereinbarkeit Beruf und Familie…)

u Individuellen Weg gehen…

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A NZAHL

u Anzahl der Besucher ist in den Krankenhäusern spezifisch geregelt

u Meistens jedoch 2 gleichzeitig

u Ausnahmen meist in palliativen Situationen

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I N DER P ANDEMIE ?

u Ist ein Besuchsverbot ethisch noch länger vertretbar?

u Komplizierte Trauer und PTBS deutlich erhöht

Kentish-Barnes N, Degos P, Viau C, Pochard F, Azoulay E. "It was a nightmare until I saw my wife": the importance of family presence for patients with COVID-19 hospitalized in the ICU. Intensive Care Med. 2021a Jul;47(7):792-794. doi: 10.1007/s00134-021-06411-4.

Kentish-Barnes N, Cohen-Solal Z, Morin L, Souppart V, Pochard F, Azoulay E. Lived Experiences of Family Members of Patients With Severe COVID-19 Who Died in Intensive Care Units in France. JAMA Netw Open. 2021b June;4(6):e2113355. doi: 261 10.1001/jamanetworkopen.2021.13355.

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V ORÜBERGEHENDE L ÖSUNGEN

u Videotelefonie

u Aktive Angehörigentelefonate

u Beides kann zu einer deutlichen Reduktion von PTBS führen

Versek M, Smith D, Griffin H, Carpenter JG, Feder SL, Shreve ST, Nelson FX, Kinder D, Thorpe JM, Kutney-Lee A: End-Of-Life Care in the Time of COVID-19: Communication Matters More Than Ever. J Pain Symptom Manage. 2021 Jan 5: S0885–3924(20)30975–1. doi: 297 10.1016/j.jpainsymman.2020. 12.024. Epub ahead of print. PMID: 33412269; PMCID: 298 PMC7784540.

Feder S, Smith D, Griffin H, Shreve ST, Kinder D, Kutney-Lee A, Ersek M. "Why Couldn't I Go in To See Him?" Bereaved Families' Perceptions of End-of-ife Communication During COVID-19. J 246 Am Geriatr Soc. 2021 Mar;69(3):587-592. doi: 10.1111/jgs.16993

u Intensivtagebuch

Jones C, Backman C, Capuzzo M et al (2010)Intensive care diaries reduce new onset posttraumatic stress disorder following critical illness: a randomised, controlled trial. Crit Care14:R168

Garrouste-Orgeas M, Coquet I, Perier A et al (2012) Impact of an intensive care unit diary on psychological distress in patients and relatives. Crit CareMed40:2033–2040

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WWW . INTENSIVSTATION . JETZT

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U ND JETZT ?

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W AS BENÖTIGEN A NGEHÖRIGE ?

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TOP 10

C

RITICAL

C

ARE

F

AMILY

N

EEDS

I

NVENTORY

1. Hoffnung zu spüren.

2. Das Gefühl zu haben, dass sich das Stations- u. Krankenhauspersonal gut um den Patienten kümmert.

3. Einen Warteraum in der Nähe des Patienten zu haben.

4. Zu Hause angerufen zu werden, sollte sich der Zustand des Patienten signifikant ändern

5. Über die Prognose informiert zu werden.

6. Dass Fragen ehrlich beantwortet werden.

7. Spezifische Fakten zu wissen, die die Prognose des Patienten betreffen.

8. Einmal pro Tag aktuelle Informationen über den Zustand des Patienten zu erhalten.

9. Die Informationen so zu bekommen, dass sie auch ein Laie verstehen kann.

10. Den Patienten regelmäßig sehen zu können.

Molter et al. Ab 1995, Multicenterstudien

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W ELCHE B ELASTUNGEN ERFAHREN A NGEHÖRIGE ? U ND AUCH WIR ?

u Hilflosigkeit

u Wut der Angehörigen

u Angst/Entsetzen der Angehörigen

u Verleugnung

u Warum?-Frage

u Schuldgefühle von Angehörigen

u Schichtdienst

u Ungetroffene Entscheidungen am Lebensende…

u Teamunstimmigkeiten

u Mobbing

u Überstunden…

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13

W AS TRAUMATISIERT ?

u Begriffsklärung: „als traumatisch werden Ereignisse bezeichnet, die eine außergewöhnliche Belastung oder extreme Bedrohung darstellen, die den tatsächlichen oder drohenden Tod oder eine ernstzunehmende Verletzung umfasst.

Dies schließt auch die Bedrohung anderer Personen mit ein. Die Definition kann i.d.R. nicht nur nach objektiven Kriterien erfolgen, die subjektive Bewertung durch die Person ist mitentscheidend.“ (AWMF-Leitlinie 051-027) u Daher ist es zielführender den Begriff potentiell traumatisierendes Ereignis zu verwenden

u Potentiell traumatisierende Ereignisse? Ideen?

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A KUTE B ELASTUNGSREAKTION

(ICD10 F.43.0)

u Die Symptome erscheinen unmittelbar nach dem belastenden Ereignis und bilden sich in der Regel innerhalb von wenigen Tagen zurück.

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u „Abwesenheit“

u „neben sich stehen“

u „nichts fühlen können“

u „die Welt als etwas Fremdes erleben“ –dissoziative Symptome u irritierendes oder aggressives Verhalten

u übermäßige Wachsamkeit und erhöhte Schreckhaftigkeit –Arousal Symptome u sich aufzwängende und Wiederkehrende Gedanken und Bilder –Intrusionen

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N ORMALISIEREN

„ Ein wichtiger Aspekt zur Regulierung von traumatischen Erfahrungen sind Informationen über das Auftreten und den Verlauf von psychischen Reaktionen und von unerwarteten Gefühlen.

„ Erklären Sie, dass diese Reaktionen normal sind, sind und mit der Zeit weniger werden.

! … dass viele Menschen diese Reaktionen in Extremsituationen zeigen.

! … dass dies Schutzreaktionen sind.

! … dass die Reaktionen mit der Zeit weniger häufig auftreten und die Intensität geringer wird.

! … dass die Reaktionen im allgemeinen nach wenigen Wochen verschwinden.

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V ON DER A KUTEN B ELASTUNGSREAKTION ZUR

PTBS

u Bei jedem 3.bis 5. Angehörigen eines intensivmedizinisch behandelten Patienten treten als Folgestörung klinisch relevante PTBS-Symptome auf Erhöhtes Risiko für PTBS bei Angehörigen die…

! …sich während des Intensivaufenthalts nicht ausreichend informiert fühlten.

! …aktiv Entscheidungen treffen mussten.

! oder deren Angehöriger auf der Intensivstation verstarb.

Niecke A, SchneiderG,Hartog CS,MichelsG(2017)Traumatisierte Angehörige von Intensivpatienten.MedKlinIntensivmedNotfmed112(7):612–617 Schmidt M, Azoulay E (2012) Having a loved one in the ICU: the forgotten family.CurrOpin Crit Care18(5):540–547

Davidson JE, Jones C, Bienvenu OJ (2012) Family response to critical illness: postintensive care syndrome-family. Crit CareMed40(2):618–624

Azoulay E, Pochard F, Kentish-Barnes N et al (2005) Risk of post-traumatic stress symptoms in family members of intensive care unit patients. Am J Respir Crit CareMed171(9):987–

994

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W AS BENÖTIGEN WIR UM

PSYCHOSOZIALE E RSTE H ILFE

LEISTEN ZU KÖNNEN ?

...und brauchen wir das im Krankenhaus?

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ZEIT UND HILFE

DEN TEAMGEDANKEN LEBEN

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S ICH Z EIT NEHMEN ....

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www.youtube.com

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P ROSOZIALES H ANDELN VS . „A PATHY

o Hypothese:

! Für prosoziales Handeln sind externe Faktoren (Umweltfaktoren) bedeutsamer als die Frage was für eine Art von Mensch wir sind (Persönlichkeit).

o Experiment: Der „barmherzige Samariter“

(Darley & Batson 1973)

! Theologiestudenten sollten den Bibeltext über den barmherzigen Samariter wartenden Zuhörern erläutern

"in der neutestamentarischen Erzählung bietet der Samariter einem Fremden, der von Räubern überfallenen wurde, Hilfe an.

! nach kurzer Vorbereitungszeit mussten die Probanden in ein anderes Gebäude wechseln - wobei sie unterschiedlich Zeit dafür hatten.

! auf dem Weg dorthin, lag eine Person, die offensichtlich Hilfe benötigte.

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P ROSOZIALES H ANDELN VS . „A PATHY

Ergebnis:

o Nicht-in-Eile-sein

! Hilfe erfolgt durch 63 % o In-Eile-sein

! Hilfe erfolgt durch 10 %

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LEITLINIES2K„DIAGNOSTIK UNDBEHANDLUNG VON AKUTENFOLGEN PSYCHISCHER

TRAUMATISIERUNG

u Nach traumatischen Ereignissen sollen in den ersten Stunden bis Tagen psychologische, psychosoziale und psychotherapeutische Maßnahmen angeboten werden. Dies gilt insbesondere für ein Erleben eines schweren Unfalls, einer akut lebensbedrohenden Erkrankung […].

u Bei der Frühdiagnostik ist insbesondere auf die Symptome einer Akuten Belastungsreaktion oder einer Akuten Stressreaktion […] zu achten.

u Die Grundhaltungen professioneller Helfer und qualifizierter Fachkräfte für die Frühinterventionen sollen Akzeptanz, Wertschätzung und emotionale Einfühlung sein.

u Die ersten Interventionen sollen den Prinzipien Beruhigen und Entlasten, Steigern von Kontrolle und Selbstwirksamkeit, Fördern von Kontakt und sozialer Anbindung sowie Stärkung von Hoffnung und Zukunftsorientierung folgen.

u Allen Betroffenen, insbesondere die mit einer hohen Symptomlast und/oder einem erhöhten Risiko für Traumafolgestörungen, sollen in den ersten Wochen beobachtet, begleitet und ggf. weiter versorgt werden (Screening und Monitoring).

https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-027l_S2k_Diagnostik_Behandlung_akute_Folgen_psychischer_Traumatisierung_2019-10.pdf

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B ASIS

Krise

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K RISENINTERVENTION IST ...

Krisenintervention basiert im Wesentlichen auf 5 Grundsätzen. Sie ist:

u evidenzbasiert, das heißt konsistent mit empirischen

Forschungsergebnissen über Risiken und Resilienz nach traumatischen Ereignissen.

u anwendungsorientiert, praktikabel und zeitlich limitiert.

u angepasst an die unterschiedlichen entwicklungspsychologischen Levels.

u flexibel hinsichtlich der kulturellen Bedürfnisse und

u zielgerichtet im Hinblick auf eine unmittelbare Stabilisierung der Betroffenen.

Brauchle G, 2014

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P SYCHOLOGISCHE E RSTE H ILFE IST NICHT

Psychologische Erste Hilfe ist NICHT

!Debriefing!

u Ein Debriefing hat keinen nachweisbaren Effekt auf die Verhinderung oder Reduktion von PTSD, Angststörungen, Depressionen, oder körperlichen Beschwerden.

u Obwohl die Teilnahme an Debriefings als hilfreich erlebt wird, zeigt die Maßnahme auf lange Sicht negative Wirkungen.

! Erklärung für die hilfreiche Wirkung = Honeymoon-Phänomen: gegenseitiger Beistand, Wärme und soziale Unterstützung innerhalb der Gruppe, verblasst jedoch nach ein paar Tagen.

!...empathisches Händchenhalten!

!...„Nachbohren“ in Details traumatischer Erfahrungen.

!...Diagnostizieren oder etiketieren.

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W AS HABEN S IE HEUTE

GEFRÜHSTÜCKT ?

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A USWIRKUNGEN TRAUMATISCHER K RISEN

„ Traumatisierte Personen scheinen die Fähigkeit verloren zu haben, Handlungen und Ziele gefühlsmäßig zu bewerten, da ihre innere Welt eine „Gefahrenzone“ geworden ist.

„ Traumatisierte haben also Schwierigkeiten „sich nach innen zu wenden“

und ihreGefühle als sicheren Leitfaden für Handlungenzu verwenden.

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V ERÄNDERUNG DES Z EITERLEBENS

Das subjektive Empfinden von Zeit

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K ÖNNEN S IE SICH AN I HREN ERSTEN

K USS ERINNERN ?

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E MOTION UND E RINNERUNG

u Ereignisse, die emotional relevant sind, prägen sich besonders tief in unser Gedächtnis ein.

u Hat was mit der Amygdala und dem Hippocampus zu tun…

u Erlebnisse die mit starken Emotionen verbunden sind, bleiben also stärker im Gedächtnis als andere.

Rainer Schützeichel (Hrsg.):Emotionen und Sozialtheorie. Disziplinäre Ansätze.Campus, Frankfurt am Main 2006.

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B RUCH IM Z EITERLEBEN

„ Verlust der Zukunft:

! Verlust der gemeinsamen Vorhaben und Ziele.

! Verlust gemeinsam gelebter Rituale und Tätigkeiten.

„ Vermeidung der Vergangenheit:

! Positive Erlebnisse der Vergangenheit werden als Schmerz erlebt, da sie nicht wieder erfahren werden können.

„ Erleben einer unendlichen, tragischen Gegenwart.

„ Beachte: die Vorstellung einer Zukunft aber auch die Idealisierung der Vergangenheit sind wesentliche Bewältigungsressourcen, die zur Bewältigung des Alltags fehlen!

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G

EFÜHLSANSTECKUNG

ODER WARUM WIR UNS UNSERER EIGENEN

E

MOTIONEN BEWUSST SEIN MÜSSEN

….

Emotional contagion (Elaine Hatfield)

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B ASISEMOTIONEN

Universelle Gesichtsausdrücke (P. Ekman, 1982)

Ekel Freude Furcht Traurigkeit Überraschung Wut

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G EFÜHLSANSTECKUNG

u Gefühlsansteckung ist ein Phänomen, bei dem die Stimmung des Anderen (z.B. Angst, Trauer, Begeisterung …) von Beobachter selbst Besitz ergreift und dabei ganz zu dessen Gefühl wird - sich also die beobachtende Person vom Gefühl des anderen "anstecken" lässt.

u Gefühlsansteckung ist ein angeborene Prozess und kann bereits im Säuglings- und Kleinkindalter beobachtet werden.

! Still-face Experiment

! Social Referencing: Säuglinge ab dem 8. Monat orientieren sich in unvertrauten Situationen am emotionalen Gesichtsausdruck der Bezugsperson.

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T HE S TILL F ACE E XPERIMENT

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E MPATHIE

u Empathie erfolgt entwicklungsmäßig später und ist ein erkenntnisvermittelnder Prozess.

u Empathie beinhaltet die Erfahrung, unmittelbar die Gefühlslage des Anderen nachzuempfinden und sie zu verstehen.

u Dabei muss im Gegensatz zur Gefühlsansteckung nicht zwingend eine Identifikation mit der anderen Person erfolgen.

! Man ist sich des emotionalen Unterschiedes zwischen sich und der anderen Person bewusst.

! Die Gefühlslage wird als die Gefühlslage der anderen Person erkannt.

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G EFÜHLSANSTECKUNG IST BELASTEND

… und erzeugt Ängste bei Einsatzpersonal:

u Gefühlsansteckung bedeutet nicht nur das unbewusste Übernehmen belastender Gefühle, sondern kann bei Helfern zur Angst vor:

! Kontrollverlust und

! Hilflosigkeit führen

u und in folge zu dysfunktionalen Angstabwehrstrategien führen.

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A NGST UND A NGSTABWEHR

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A NGST IM S TATIONSALLTAG

u Angst vor der unbekannten Situation.

! “Was kommt auf mich zu?“

u Angst Fehler im Einsatz zu machen.

! “Ist das richtig was ich mache?“

u Angst vor körperlichen Reaktionen.

! ... zittrige Stimme, tränende Augen.

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T YPISCHE A NGSTABWEHRSTRATEGIEN

u „Flucht“ in Organisationsaufgaben.

u Delegationvon Todesnachrichten.

u Aufgabenerledigung auf Kosten von würdevollen Ritualen

! eine würdevolle Verabschiedung im Rahmen einer Identifizierung zu ermöglichen.

u Herstellung von typischen Settingsim Feld.

! “universaltherapeutische Verfahren“

! Gruppensettings (esoterische Praktiken, Debriefings …) u Beruhigungsmedikamenteausgeben.

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Im Umgang mit tragischen Ereignissen

K INDER UND J UGENDLICHE

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„S CHUTZ FÜR K INDERN

u Im Allgemeinen neigen wir dazu Kinder, von allem was mit Tod und Sterben, Leid und Trauer... zu tun hat, fernzuhalten.

u Besonders die Kinder „von heute“ lernen oft kaum mit frustranen Ereignissen umzugehen. Es fehlen erprobte Copingstrategien.

u Deshalb werden Kinder in der Regel bei tragischen Ereignissen als Individuen

„übersehen“.

u Dies nimmt ihnen aber die Möglichkeit:

! Wünsche, Bedürfnisse oder Schuldgefühle zu äußern.

! Fragen zu stellen um zu begreifen, was passiert ist und dass die Gefahr vorbei ist.

! eine kindgerechte Form des Trauerns zu finden.

! sich auf Grund eines eigenen Beitrags als wichtigen Teil der Familie zu fühlen und damit ein Stück Kontrolle wieder zu erlangen.

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K INDER IN K RITISCHEN

B EREICHEN

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WIR HABEN NOCH KEINE (ERPROBTEN) KONZEPTE FÜR KINDER ALS ANGEHÖRIGE IN

KRITISCHEN BEREICHEN!

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„D

U KANNST DOCH NICHT EIN

K

IND IN DIE

I

NTENSIV

REINLASSEN

….“

MYTHEN:

u „Das Kind könnte doch mit einem Schnupfen den Angehörigen gefährden…“

u „Das Kind könnte sich doch beim Patienten anstecken…“

u „Das Kind wird schwer traumatisiert…“

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W ARUM MÜSSEN WIR K INDER ALS A NGEHÖRIGE

INTEGRIEREN ?

u Der Aufenthalt eines Familienmitglieds auf einer Intensivstation (ICU) für Erwachsene bedeutet für alle Angehörigen eine enorme Belastung, einschließlich der Kinder

Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin [SGI], 2019

u Die Präsenz der Angehörigen während dem Aufenthalt auf der ICU ist mit positiven Outcome für Patienten, Patientinnen und Angehörige assoziiert, wie beispielsweise einem verkürzten Aufenthalt auf der ICU, einer erhöhten Angehörigenzufriedenheit oder positiven Erfahrungen der Patienten und Patientinnen.

Goldfarb et al., 2017

u Deshalb ist eine angehörigenfreundliche Betreuung sehr wichtig, dies bedeutet, die GESAMTEFamilie einzubinden.

Davidson, Aslakson, Long, &Camp; al., 2017

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W ARUM WERDEN K INDER VIELFACH AUSGESCHLOSSEN ?

Kinder, je jünger sie sind, werden als Besuchende ausgeschlossen (Alonso-Oviés et al., 2017). Die Gründe sind:

u Sorgen der ICU-Fachpersonen um eine Traumatisierungder Kinder beim Anblick der Patienten und Patientinnen oder Angst vor einer wechselseitigen Ansteckung (Hanley &Piazza, 2012) .

u ICU-Fachpersonen verfügen teilweise über ungenügende Kenntnis

bezüglichder entwicklungspsychologischen Bedürfnisse der Kinder, weshalb sie sich imUmgang mit den besuchenden Kindern unsicher fühlen (Hanley &

Piazza, 2012).

u Um diese Unsicherheit zu vermeiden, wird den Kindern der Zutritt zur ICU untersagt.

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P ÄDIATRISCHE ICU

u Geschwister sind häufig sehr willkommen sind und werden in den Betreuungsprozess mit einbezogen

u Geschwisterbesuche sind seit den 1980er-Jahren Usus auf pädiatrischen ICUs

u Es sind keine Daten bekannt, die auf negative Auswirkungen für die Besucherkinder oder erhöhte Infektionsraten hinweisen .

u Kinder erleben ein geringeres Maß an Angst und Hilflosigkeit und fühlen sich dem Familienverband mehr zugehörig, wenn sie in die

Besuchsrituale involviert werden .

Clarke C, Harrison D: The needs of children visiting on adult intensive care units: A review of the literature and recommendations for practice. J Adv Nurs 2001; 34: 61–68

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FÜR DIE PRAXIS

Thesen, Überlegungen und Mythen

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KINDER KÖNNEN DIE SITUATION BESSER VERSTEHEN

u Der Besuch auf der Intensivstation erhöht für das Kind das Verstehen und die Einbindung in das, was in der Familie oder im sozialen Umfeld gerade passiert.

u Möglichkeit, Bedürfnisse und Gefühle zu äußern.

u Das Kind wird in die reale (Familien-)Situation mit einbezogen.

u Beginnt zu verstehen, warum ein Familienmitglied im Alltag fehlt, warum sich Alltagsabläufe geändert haben, warum verbliebene, gesunde

Familienmitglieder anders handeln und sich anders verhalten als es das Kind bisher kannte.

u „In der experimentellen Gruppe von Kindern, die ein kritisch krankes Familienmitglied besuchten, gab es weniger negative und emotionale Veränderungen als bei Kindern in der Kontrollgruppe, die nicht zu Besuch kamen.“ (Clarke, 2000)

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KINDER HABEN EIN RECHT AUF WAHRHEITSGETREUE AUFKLÄRUNG

u Das Schweigen deutet für Kinder darauf hin, dass der Umstand verheerend ist.

u Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Kinder ihre Informationen von anderen Quellen besorgen.

u Dies bringt die Gefahr mit sich, falsche Auskunft zu erhalten.

u Kinder bekommen das Gefühl, dass sie ausgeschlossen werden, da mit ihnen nicht darüber gesprochen wird.

u Manche Kinder beginnen zu glauben, dass der nahe Angehörige sterben muss, obwohl das vielleicht gar nicht der Fall ist.

u Je aufgeklärter die Situation für die Kinder ist, desto geringer kann sich der elterliche Aufwand für Erklärungen halten. Dies schont die Kräfte der Eltern.

u Durch ausreichende Hilfestellung und Miteinbindung der Kinder können diese adäquate Coping- Mechanismen entwickeln. Es bildet sich eine Erhöhung des Selbstwertgefühls und die Zuversicht, die Gegebenheit zu meistern.

Pott M, Haagen M, Baldus C, Saha R, Romer G: Wenn Mütter an Krebs erkranken: seelische Auswirkungen auf Kinder und präventiver Handlungsbedarf. Zentralblatt für Gynäkologie 2005; 127: 114–119

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K INDER MÜSSEN ÜBER DAS S ETTING AUFGEKLÄRT WERDEN

Die altersgerechte und laienverständliche Information von Eltern und Kindern in einfacher Sprache ist vor dem Besuch zwingend notwendig.

u Es müssen zumindest folgende Information zu Verfügung stehen:

Aussehen der Patienten und der Maschinen und Geräte

Erklärung warum der betroffene Mensch nicht sprechen kann etc.

Geräte

Geräusche

Hygiene

u Diese Informationen können zum Beispiel in Form von Büchern, Bildern, kindgerechten Filmen aber auch über geschultes Personal zu Verfügung stehen.

Doverborg E, Pramling Samuelsson I. Att förstå barns tankar [Understanding the thoughts of a child]. Stockholm: Liber AB; 2000. Dyregrov A. Barn I Sorg [Grief in children]. Lund:

Studentlitteratur;1990.

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53

K

INDER ALS

A

NGEHÖRIGE AUF DER

I

NTENSIVSTATION

Hygienische Aspekte:

! Infektionsgefahr

! Alterslimitierung nicht medizinisch zu belegen

! Verhaltensregeln als wichtigste Infektionsprophylaxe

! Individuelle Entscheidungen treffen

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P

SYCHOHYGIENE

Psychosoziale Aspekte:

! Positive Auswirkungen des Besuchs eines Kindes

- Erhält die Chance, Situation als Ganzes zu verstehen

- Umgang mit (lebensbedrohlicher) Erkrankung erlernen

- Reduktion von Schuldgefühlen, Angst und Hilflosigkeit auf Seiten des Kindes

Knutsson S, Bergbom I: Children´s thoughts and feelings related to visiting critically ill relatives in an adult ICU: A qualitative study. Intensive Crit Care Nurs 2016; 32: 33–41

- Für den Patienten wichtig im Kampf um das Überleben

- Positive Auswirkungen auf den Heilungsverlauf

Brauchle M, Wildbahner T, Dresbach D: „Dafür bist du (NICHT MEHR) zu klein!“ Kinder als Besucher auf Intensivstationen. DIVI 2018; 9: 72–78. DOI 10.3238/DIVI.2018.0072-0078

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W AS SAGT DIE KRINKO?

„Der Ausschluss von klinisch gesunden Besuchern jeden Lebensalters, bei denen es keine Hinweise auf eine kontagiöse Erkrankung in Inkubation gibt, ist aus Gründen der Infektionsprävention außerhalb der

Risikogruppe 3 (sehr schwere Immunsuppression) nicht gerechtfertigt und sollte unterbleiben, weil dieses Vorgehen zu einer zusätzlichen Einschränkung der Lebensqualität von Patienten mit Krebserkrankungen führt.“ (KRINKO 2021)

u Da die beschriebene Patientengruppe sehr wohl mit den

Intensivpatienten vergleichbar ist, könnte diese Empfehlung auch auf der ICU angewendet werden!?

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KRINKO

Kein Einlass bei:

• Fieber, Husten, Erkältung

• Herpesinfektion, Rhinitis/Schnupfen (in Einzelfällen ist hier nach ärztlicher Entscheidung das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes möglich)

• Konjunktivitis/Bindehautentzündung

• Durchfall/Erbrechen

• Hautausschläge unklarer Ursache

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Auch wenn sich die Kinder initial ängstlich zeigten, war ein Besuch von Vorteil, da die Kinder gezielt Fragen zu den Angehörigen stellen konnten und sich der Aufenthalt auf der ICU

dadurch zu einem positivenErlebnis wandelte.

Knutsson S, Bergbom I: Children´s thoughts and feelings related to visiting critically ill relatives in an adult ICU: A qualitative study. Intensive Crit Care Nurs 2016; 32: 33–41

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AKTUELL

u Bisher gibt es im deutschsprachigen Raum kaum Studien, die Kinder als Besuchende auf der ICU fokussieren. Einige Studien, Erfahrungsberichte oder Fachgesellschaften machen auf die Problematik aufmerksam (Clarke et al., 2000; Reuss et al., 2017; Alonso Oviés et al., 2017; Goldfarb et al., 2017).

u Die letzte große Studie im deutschsprachigen Raum mit ICU-Fachpersonen (Pflegefachpersonen, MedizinerInnen, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen, PsychologInnen) hinsichtlich Angehörigenfreundlichkeit wurde 2005 von Abt-Zegelin et al. durchgeführt.

u Hier wurden Informationen zu Besuchszeiten, Besuchsregelungen und Belastungen im Umgang mit Angehörigen erhoben. Dabei stellte sich heraus, dass es häufig strikte Regelungen zu den

Besuchszeiten gab, sich die ICU-Fachpersonen jedoch nicht immer an diese Regelungen hielten. Im Weiteren waren kaum Leitlinien zur Unterstützung einer familienzentrierten Betreuung verfügbar.

u Zudem wurde der Besuch von Kindern auf ICUs damals nicht untersucht.

u www.icu-kids.de Herbst 2019

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I N WELCHEN S ITUATIONEN IST K INDER B ESUCH FÜR W EN GUT ?

Kind möchte

Patient möchte Kinderbsuchals Möglichkeit vom Team benannt

Kind fragen Patient wach?

Patient fragen

Kein Besuch

nein

ja ja

nein

nein

ja Vorbereitung des Kinderbesuches

Geplanter Kinderbesuch

Vorbesprechung Besuch Nachbesprechung

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F AZIT

! Aus psychotraumatologischer Perspektive sollte für Kinderbesuche auf Intensivstationen

! neben dem Wunsch des Patienten/ Kindes vor allem

! die Rahmung des Besuches (Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung)

! gemeinsam mit Bezugspersonen des Kindes

! vor dem Hintergrund biografischer und persönlichkeitsbezogener Faktoren

! entscheidungstragend sein.

! Bedacht werden sollten auch mögliche Konsequenzen für das psychische Befinden des Kindes bei einem generellen Besuchsverbot.

Eine generelle Ablehnung von Kinderbesuchen lässt sich psychotraumatologisch pauschal nicht begründen.

Es muss jedoch immer eine idividuelle Entscheidung sein, die vom Team getragen werden kann.

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G RUNDREGELN IM U MGANG MIT K INDERN

u Offenheit: Erlauben Sie, dass Kinder Fragen stellen!

u Schmerz und Ängste teilen: Kinder haben Angst, dass

! das Ereignis wieder passieren wird.

! noch jemand getötet werden wird.

! sie von der Familie getrennt werden.

! sie allein gelassen werden.

u Zuwendung geben.

u Eigene Gefühle ansprechen und darüber reden, dass Trauer und Weinen normal sind

u Zu Alltagsroutinen zurückkehren

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P RAKTISCHE D INGE

u Spielzeug, Malsachen, Bücher… zur Verfügung stellen (Kinder warten nicht gerne und wollen beschäftigt werden)

u Kinder daran erinnern zu essen, zu trinken…

u Wegführen vom belastenden Inhalt (Langeweile, Bauchweh…)

u Kleine Hocker zum Hinaufstehen für die Kinder, damit sie das Bett erreichen können…

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I NTENSIVTAGEBUCH FÜR K INDER

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www.intensivtagebuch.de

Malbuch für Kinder

Entwickelt von ICUsteps und ins Deutsche übersetzt von M. Ufelman, Klinikum rechts der Isar https://www.mri.tum.de/sites/default/files/seiten/malbuch_kinder_itensivstation.pdf und ein dazu gehörendes Informationsblatt für die Eltern

https://www.mri.tum.de/sites/default/files/seiten/malbuch_kinder_intensivstation_infoblatt_dina4.pdf

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W AS KÖNNEN WIR FÜR UNS

TUN ?

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S ELBSTSCHUTZMASSNAHME

u Selbstschutz geht vor Fremdschutz

u Ehrlichkeit - Vermeidung von Dilemmata (Besuchszeiten… Zuständigkeiten…)

u Schwarzer Humor

u Teamorientierung

u Nachbesprechen nach dem Einsatz (Intervision).

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S ELBSTSCHUTZMASSNAHME

u Dankbarkeit

u Wertschätzung

u Achtsamkeit

u Tagbucheintrag („Was hat mich berührt?“).

u Bewegung (Sport) und Massage.

u Abschlussritual

u Therapie.

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FAZIT

u Eine gute Angehörigenbetreuung benötigt Zeit, vor allem in Krisensituationen.

u Besuchszeiten müssen außerhalb der Pandemie angepasst werden.

u Kinder jeden Alters gehören zur Familie dazu.

u Selbstschutz geht noch immer vor Fremdschutz, achten Sie auf Ihre Psychohygiene!

u Während der Pandemie sind Besuchsvebote äußerst kritisch zu hinterfragen und ständig neu zu evaluieren. Hinweis Peter!!

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V IELEN D ANK FÜR I HRE A UFMERKSAMKEIT !

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