Skriptum
EINF ¨ UHRUNG IN DIE ALGEBRA
G¨ unter Lettl SS 2010
§1. Elementare Zahlentheorie
N={1,2,3,4,5, . . .} Menge der nat¨urlichen Zahlen Z={. . . ,−2,−1,0,1,2, . . .} Menge der ganzen Zahlen N0 ={0,1,2,3,4,5, . . .} Menge der nicht negativen, ganzen Zahlen Q={ab |a, b∈Z, b6= 0}={ab |a∈Z, b∈N} Menge der rationalen Zahlen
R Menge der reellen Zahlen C Menge der komplexen Zahlen F¨ur x∈R heißt
|x|:=
( x falls x≥0
−x falls x <0 der Absolutbetrag von x,
sgn(x) :=
1 falls x >0 0 falls x= 0
−1 falls x <0
das Signum (oder Vorzeichen) von x und
[x] := max{n∈Z|n≤x} das gr¨oßte Ganze kleiner oder gleichx .
Beispiel 1: F¨ur welche x∈Rgilt x= sgn(x)|x|, und f¨ur welche gilt |x|x = sgn(x)?
Beispiel 2: Berechnen Sie [2,5], [−0,75], [472473], [−73].
Beispiel 3: Zeigen Sie anhand von Gegenbeispielen, dass im allgemeinen[x] + [y] = [x+y]und [2x] = 2[x]falsch ist.
Prinzip der vollst¨andigen Induktion f¨ur N:
Ist M ⊆ N mit 1 ∈M und gilt f¨ur alle m ∈M: ,,falls m∈ M, so ist auch m+ 1∈ M”, dann istM =N.
Prinzip vom Minimum:
Ist ∅ 6=M ⊂N, so existiert m0 = min(M)∈M (⇐⇒ jede nicht leere Teilmenge von N besitzt ein kleinstes Element.)
1
1.1 Teilbarkeit und Fundamentalsatz der Arithmetik
Definition 1 (Teilbarkeit in Z). Es seien a, b ∈ Z. Gibt es eine Zahl a0 ∈ Z mit a·a0 =b, so sagt man:
•) a teilt b (und schreibt: a |b)
•) b ist durch a teilbar
•) a ist ein Teiler von b
•) b ist einVielfaches von a.
a0 heißt dann Komplement¨arteiler zu a (bez¨uglich b).
Ist a kein Teiler vonb, schreibt man: a-b.
Lemma 1 (Eigenschaften der Teilerrelation).
Es seien a, b, c∈Z. Dann gilt:
a) a |b ⇔ |a|
|b| ⇔ ±a| ±b.
b) 0|b ⇔ b = 0.
c) 1|b , a|0 und a|a.
d) a|b und b |c ⇒ a|c.
e) a|b und a|c ⇒ a |b±c.
f ) a|b ⇒ ac|bc.
g) a|b und b6= 0 ⇒ |a| ≤ |b|.
h) a|b und b |a ⇔ |a|=|b| ⇔ a=±b.
Beispiel 4: Beweisen Sie die (in der Vorlesung nicht bewiesenen) Punkte von Lemma 1 sowie folgende Aussagen:
Sinda, b, c, d∈Z, so gilt:
i)a|b und c|d ⇒ ac|bd (Tip: Lemma 1.d), f) verwenden) ii) a|b ⇒ a|bc
Sindk∈N, a1, . . . , ak, c1, . . . , ck, d∈Z, so gilt:
(d|a1 und d|a2 und ... d|ak)⇒ d
Pk i=1ciai.
Definition 2.
a) F¨ur a∈Z definieren wir
T(a) ={t ∈N| t |a} Menge der positiven Teiler von a V(a) = {v ∈N| a|v} Menge der positiven Vielfachen von a b) Die Teileranzahlfunktion τ wird definiert durch
τ :N→N
n 7→τ(n) :=|T(n)|
c) Es seien a1, a2, . . . , ak ∈Z. Sind nicht alle ai = 0, so heißt
d= max T(a1)∩ · · · ∩T(ak)
∈N der gr¨oßte gemeinsame Teiler von a1, . . . , ak.
Schreibweise: d= ggT(a1, . . . , ak) = (a1, . . . , ak) = gcd(a1, . . . , ak).
Sind alle ai 6= 0, so heißt
v = min V(a1)∩ · · · ∩V(ak)
∈N das kleinste gemeinsame Vielfache von a1, . . . , ak.
Schreibweise: v = kgV(a1, . . . , ak) = [a1, . . . , ak] = lcm(a1, . . . , ak).
d)a, b∈Zheißenteilerfremd (oder relativ prim zueinander), wenn ggT(a, b) = 1 gilt.
Beispiel 5: Geben Sie T(n), V(n) und τ(n) f¨urn=−1, 15, −29, 72, 1000, 10000an.
Beispiel 6: Bestimmen Sie ggT und kgV f¨ur folgende Zahlentupel: (−12,42), (81,144,45), (108,−192), (36,150,−81,16).
Satz 1. Es seien k≥2, a1, . . . , ak ∈Z, nicht alle ai = 0, und d= ggT(a1, . . . , ak).
Dann gilt:
a) T(a1)∩ · · · ∩T(ak) = T(d).
b) Es gibt x1, . . . , xk ∈Z, sodass d=x1a1+x2a2+· · ·+xkak. c) d = ggT ggT(a1, . . . , ak−1), ak
.
Korollar. a) Sind a, b, c∈Zmit ggT(a, b) = 1 und a |bc, so gilta|c.
b) Sind a, b∈Z, nicht beide = 0, und istd = ggT(a, b), so gilt ggTa d,b
d
= 1.
Satz 2 (Division mit Rest). Es seien a, b∈Z mitb 6= 0.
Dann existieren eindeutig bestimmte q, r ∈Z mit 0≤r <|b|, sodass a=bq+r gilt.
Beispiel 7: Wenden Sie Satz 2 auf die Zahlenpaare(a, b) = (150,11),(−150,11)und(0,−3)an!
Satz 3 (Euklidscher Algorithmus). Es seien a, b∈N. F¨ur i≥ −1, j ≥0 werden ri, qj ∈N0 rekursiv definiert durch:
•) r−1 =a, r0 =b
•) f¨ur i ≥ 0: falls ri > 0 bereits defniert ist, so wird (qi, ri+1) gem¨aß Satz 2 eindeutig definiert durch ri−1 =qiri+ri+1 (Division von ri−1 durch ri mit Rest).
a) Dann existiert ein n∈N0 mit rn >0 und rn+1 = 0, und es gilt rn= ggT(a, b).
b) (Algorithmus von Berlekamp) Es sei n ∈ N0 mit rn > 0 und rn+1 = 0. F¨ur 0≤i≤n werden xi, yi ∈Z rekursiv definiert durch
x0 = 0, y0 = 1, x1 = 1, y1 =−q0
f¨ur 1≤i≤n−1 : xi+1 =xi−1−qixi, yi+1 =yi−1−qiyi
Dann gilt f¨ur alle 0≤i≤n: ri =axi+byi, und insbesondere ggT(a, b) = rn=axn+byn.
Beispiel 8: Bestimmen Sie mit Hilfe des Euklid’schen Algorithmus ggT(352,105), ggT(299,247,143),ggT(85529,62651).
Definition 3. a) Eine Zahl n∈N heißt Primzahl, wenn τ(n) = 2 gilt ( ⇐⇒ n >1 und T(n) ={1, n}).
P={2,3,5,7,11,13, . . .} bezeichne die Menge aller Primzahlen.
b) Eine Zahl n ∈ N heißt zusammengesetzte Zahl, wenn τ(n)> 2 gilt ( ⇐⇒ n > 1 und n6∈P ⇐⇒ n besitzt einen nichttrivialen Teiler t, d.h.: t |n mit 1< t < n).
Beispiel 9: Welche der folgenden Zahlen sind Primzahlen, welche zusammengesetzt:
19,1,57,203,23,725193?
Lemma 2. Ist 2≤n ∈N, so ist p= min(T(n)\ {1}) eine Primzahl.
Satz 4 (Fundamentalsatz der Arithmetik).
Jedes n∈N l¨aßt sich eindeutig als ein Produkt von Primzahlen n=
r
Y
i=1
pi mit r∈N0, pi ∈P und p1 ≤p2 ≤ · · · ≤pr
schreiben.
Varianten von Satz 4: F¨ur 06=n∈Z gibt es eindeutig bestimmte a) k ∈N0,p1 < p2 <· · ·< pk∈P, e1, . . . , ek∈N, sodass
n= sgn(n)
k
Y
i=1
peii
b) e1 ∈ {0,1}, ep ∈N0 mit ep = 0 f¨ur fast allep∈P, sodass n= (−1)e1Y
p∈P
pep
Beispiel 10: Geben Sie die Primfaktorisierung folgender Zahlen nach Satz 4 bzw. dessen Vari- anten an: −128,891,59,−100000.
Satz 5. Sind a, b∈Z\ {0} mit a= sgn(a) Q
p∈P
pep, b= sgn(b)Q
p∈P
pfp, so gilt:
a) a |b ⇔ f¨ur alle p∈P gilt: ep ≤fp
b) Ist q∈P mit q |ab, so gilt q |a oder q|b.
c) T(a) = Q
p∈P
php |0≤hp ≤ep und τ(a) = Q
p∈P
(ep+ 1) d) V(a) = Q
p∈P
pkp |kp ∈N0, ep ≤kp und kp = 0 f¨ur fast allep∈P e) ggT(a, b) = Q
p∈P
pmin{ep,fp} und kgV(a, b) = Q
p∈P
pmax{ep,fp}
f ) ggT(a, b)·kgV(a, b) =|ab|
Beispiel 11: L¨osen Sie die Beispiele 5 und 6 diesmal unter Verwendung der Primfaktorisierung der Zahlen.
Beispiel 12: Verallgemeinern Sie Satz 5.e) auf mehr als 2 Zahlen:
i)ggT(a1, . . . , ak) =. . . , kgV(a1, . . . , ak) =. . .
ii) Zeigen Sie, dasskgV(a1, . . . , ak) = kgV kgV(a1, . . . , ak−1), ak .
Satz 6. a) (Reduzierte Bruchdarstellung rationaler Zahlen)
Jedes r ∈ Q hat eine eindeutige Darstellung r = pq mit p∈ Z, q ∈ N und ggT(p, q) = 1.
(Man nennt dies die reduzierte Bruchdarstellung von r.)
b) Es seien x∈Q, n ∈N, a0, a1, . . . , an ∈Z mit an 6= 0 und anxn+an−1xn−1+· · ·+a1x+a0 = 0.
Ist x= pq die reduzierte Bruchdarstellung von x, so gilt: p|a0 und q|an.
Beispiel 13: Berechnen Sie ,,m¨oglichst einfach” die reduzierte Bruchdarstellung vonr = 2570+3063. Wof¨ur ben¨otigen Sie dabei ggTbzw. kgV?
Geben Sie ein ,,allgemeines Rezept” f¨ur diesen Rechenvorgang an (d. h.: r= ab + cd).
Beispiel 14: i) Wieso muß bei Satz 6.b) vorausgesetzt werden, dassr in der reduzierten Bruch- darstellung vorliegt?
ii) Geben Sie alle rationalen Zahlen an, die Nullstellen folgender Polynome sein k¨onnten (welche davon sind tats¨achlich Nullstellen?):
f = 9X2−3X+ 2, f = 15X6−44, f = 4X4+ 3X2−1.
1.2 Primzahlen Satz 7 (Satz von Euklid). |P|=∞.
Lemma 3. Ist n ∈ N eine zusammengesetzte Zahl, so gibt es eine Primzahl p ∈ P mit p|n und p≤√
n.
Beispiel 15: Bestimmen Sie mit einer Variante des Siebes von Eratosthenes alle Primzahlen zwischen 300 und 400 (es sind 16 St¨uck). Welche Primzahlen m¨ussen Sie daf¨ur bereits kennen?
Beispiel 16: Ben¨utzen Sie das Ergebnis von Beispiel 15, um alle Primzahlzwillinge zwischen 300 und 400 anzugeben (es sind 2 Paare).
Satz 8. Zu jedem k ∈ N gibt es ein N ∈ N derart, dass N + 1, N + 2, . . . , N +k zusammengesetzte Zahlen sind. (,,P hat beliebig große L¨ucken.”)
Definition 4. Die Funktion
π : (0,∞)→N0
x7→π(x) = |{p∈P|p≤x}|
heißt die Z¨ahlfunktion der Primzahlen.
Bertrand’s Postulat: (1852 von Tschebyscheff bewiesen)
F¨ur n≥1 gilt π(2n)−π(n)≥1 (d.h.: es gibt einp∈P mit n < p≤2n).
Beispiel 17: Uberpr¨¨ ufen Sie die Richtigkeit des Bertrand’schen Postulats f¨urn= 1,2, . . . ,10.
Primzahlsatz(1896): limx→∞
π(x)
x logx
= 1, d.h.: π(x)∼ x logx Dirichlet’scher Primzahlsatz: Sind a, b∈N mit ggT(a, b) = 1, so ist
{a+kb|k ∈N und a+kb∈P} eine unendliche Menge.
Satz 9. Es seien a, n∈N mit a, n≥2.
a) Ist an+ 1∈P, so ist a gerade und n= 2m mit einem m∈N. b) Ist an−1∈P, so ist a= 2 und n ∈P.
Definition 5. Die Funktion
σ :N→N
n 7→σ(n) = X
t∈T(n)
t
heißt die Teilersummenfunktion (σ(n) ist die Summe aller positiven Teiler von n).
Eine Zahl n∈N heißt vollkommen, wenn σ(n) = 2n gilt.
Satz 10. F¨ur eine gerade Zahl n ∈N sind folgende Aussagen ¨aquivalent:
a) n ist eine vollkommene Zahl.
b) Es gibt ein p∈P, sodass Mp = 2p−1∈P und n = 2p−1Mp. Beispiel 18: Ist1 eine vollkommene Zahl?
Geben Sie die 4 kleinsten geraden vollkommenen Zahlen an!
§2. Algebraische Grundbegriffe
2.1 Verkn¨upfungen Definition 1. Es sei ∅ 6=M eine nicht leere Menge.
a) Eine Verkn¨upfung (oder bin¨are Operation)auf M ist eine Abbildung f :M ×M →M
(x, y)7→f(x, y) .
Ublicherweise bezeichnet man eine solche Abbildung¨ f mit einem Operationssymbol ∗ (oder ◦,+,−,·,:,∧,∨, . . .) und schreibt den Funktionswert f(x, y) =∗(x, y) implizit mit diesem Symbol:
f(x, y) = x∗y (oder x◦y, x+y, . . .) .
x∗y heißt das Verkn¨upfungsergebnis (oder Operationsergebnis) von x und y unter ∗.
Ein Paar (M,∗), bestehend aus einer nicht leeren MengeM und einer Verkn¨upfung ∗auf M, heißt ein Verkn¨upfungsgebilde (oder Magma,Gruppoid, Menge mit Verkn¨upfung).
b) Es sei∗eine Verkn¨upfung aufM und∅ 6=N, N0 ⊂M nicht leere Teilmengen. Dann definiert man
N ∗N0 ={x∗y|x∈N und y ∈N0}. N heißtabgeschlossen unter ∗, wenn f¨ur allex, y ∈N gilt: x∗y∈N.
Ist N abgeschlossen unter ∗, so induziert die Einschr¨ankung von ∗ auf N × N eine Verkn¨upfung auf N; (N,∗) heißt dann eine Teil- oder Unterstruktur von (M,∗) (oder:
Teilmagma,Untergruppoid).
c) Es sei ∗ eine Verkn¨upfung aufM. Dann heißt die Operation ∗
• assoziativ, wenn f¨ur alle x, y, z ∈M gilt: (x∗y)∗z =x∗(y∗z).
• kommutativ, wenn f¨ur alle x, y ∈M gilt: x∗y=y∗x.
Ein Element e ∈ M heißt
linksneutrales rechtsneutrales
neutrales
Element f¨ur die Operation ∗, wenn f¨ur
alle x∈M gilt:
e∗x=x x∗e=x e∗x=x=x∗e
.
Ist∗assoziativ und existiert ein neutrales Elemente∈M f¨ur∗, so heißt das Verkn¨upfungs- gebilde (M,∗) eine Halbgruppe.
Existiert f¨ur ∗ ein neutrales Element e ∈ M, so heißt ein Element a ∈ M invertierbar (bez¨uglich ∗), wenn es ein a0 ∈M mit a∗a0 =a0∗a=e gibt; ist dies der Fall, so heißt a0 ein Inverses zu a (und a ein Inverses zu a0).
Die Menge aller invertierbaren Elemente vonM bezeichnen wir mit M×= (M,∗)× ={a∈M |a ist invertierbar bez¨uglich ∗} .
Beispiel 19: Auf R sei eine Verkn¨upfung ♦ definiert durch: x♦y = x+ 3y f¨ur alle x, y ∈ R. Zeigen Sie, dass ♦ weder kommutativ noch assoziativ ist (Gegenbeispiele!). Zeigen Sie, dass es bez¨uglich ♦ zwar ein rechtsneutrales, jedoch kein linksneutrales Element gibt. Sind die Teilmengen N,Z,Q⊂R abgeschlossen unter♦?
Beispiel 20: F¨urx ∈R sei [x] = max{n∈Z|n≤x}. Auf R sei eine Verkn¨upfung◦ definiert durch: x◦y = [x+y]. Zeigen Sie, dass ◦ eine kommutative (Beweis!), aber keine assoziative (Gegenbeispiel!) Operation ist. (Beispiel 3 k¨onnte hilfsreich sein.)
Gibt es ein neutrales Element bez¨uglich ◦?
Beispiel 21: Wie viele verschiedene Operationen gibt es f¨ur eine n-elementigen Menge (n ∈ N)? Es sei M eine Menge mit 3 Elementen. Zeigen Sie, dass auf M 19 683 verschiedene Verkn¨upfungen definiert werden k¨onnen. Wie viele davon besitzen ein fix vorgegebenes Element von M als neutrales Element? Wieviele davon sind kommutativ? (Tipp: Verkn¨upfungstafel)
Lemma 1. Es sei (M,∗) ein Verkn¨upfungsgebilde.
a)Sind e1 ∈M linksneutral und e2 ∈M rechtsneutral (bez¨uglich ∗), so ist e1 =e2 und e1 ist neutral.
Insbesondere besitzt (M,∗) h¨ochstens ein neutrales Element.
b)Ist ∗assoziativ und existiert ein neutrales Element e∈M, so besitzt jedes invertier- bare Element a∈M genau ein Inverses, und M× ist abgeschlossen unter ∗
(d. h.: (M×,∗) ist ein Verkn¨upfungsgebilde).
Insbesondere gilt: sind x, y ∈M× und x0, y0 die Inversen zu x, y, so ist y0∗x0 das Inverse zu x∗y.
Beispiel 22: Welche ”konkreten” Beispiele haben Sie in Ihrem bisherigen Studium f¨ur das ,,Insbesondere” von Lemma 1.b) kennengelernt? K¨onnen Sie die entsprechenden Mengen bzw.
Operationen angeben? (Tipp: Umkehrabbildungen, regul¨are Matrizen)
Definition 2. Es sei (M,∗) ein Verkn¨upfungsgebilde, n ∈N und a1, . . . , an∈ M. Dann definiert man n∗
i=1ai rekursiv durch:
∗1
i=1ai =a1 und f¨ur 1< k ≤n : ∗k
i=1ai =k−1
i=1∗ ai
∗ak =
... (a1∗a2)∗a3
∗a4. . .
∗ak . Ist e∈M ein neutrales Element (bez¨uglich ∗), so definiert man ∗0
i=1ai =e.
Statt ∗n
i=1ai schreibt man f¨ur∗=·auch
n
Q
i=1
ai bzw. f¨ur∗= + auch
n
P
i=1
ai. Ist a1 =a2 =. . .=an=a, schreibt man n∗
i=1a=a∗n bzw. an f¨ur ∗=· und naf¨ur∗= +.
Lemma 2. Es sei (M,∗) ein assoziatives Verkn¨upfungsgebilde, 2≤n ∈N und a1, . . . , an∈M.
a) (Allgemeines Assoziativgesetz)Es ist a1∗a2∗. . .∗an ∈M unabh¨angig von der Reihenfolge, in der die Operationen ausgewertet werden (d. h. unabh¨angig von ,,Klamme- rungen”).
b) (Allgemeines Kommutativgesetz) Ist ∗ auch kommutativ, so ist
a1 ∗a2 ∗. . .∗an ∈ M unabh¨angig von der Reihenfolge der Operanden; d. h.: f¨ur jede bijektive Abbildung σ:{1,2, . . . , n} → {1,2, . . . , n} ist
a1∗a2∗. . .∗an=aσ(1)∗aσ(2)∗. . .∗aσ(n) .
Beispiel 23: Es seien∗eine Operation auf der MengeM unda1, a2, a3, a4∈M. Zeigen Sie, dass es 6 verschiedene Reihenfolgen gibt, in denen die Operationen zur Berechnung vona1∗a2∗a3∗a4 durchgef¨uhrt werden k¨onnen, aber nur 5 verschiedene Klammerungen f¨ur diesen Ausdruck.
2.2 Produkte und Homomorphismen Definition 3. Es sei I eine nicht leere (Index-)Menge und
Mi = (Mi,∗i)
i∈I eine (mit I indizierte) Familie von Verkn¨upfungsgebilden. Dann wird auf der Produktmenge M :=Q
i∈IMi eine Operation∗ (,,die komponentenweise Verkn¨upfung”) definiert durch:
a= (ai)i∈I, b= (bi)i∈I ∈M : a∗b = (ai∗i bi)i∈I . (M,∗) heißt das (¨außere)direkte Produkt der Familie (Mi)i∈I.
Ist insbesondere n∈N und I ={1,2, . . . , n}, so ist
M =M1×M2×. . .×Mn und a∗b= (a1, . . . , an)∗(b1, . . . , bn) = (a1∗1b1, . . . , an∗nbn). Beispiel 24: W¨ahlen Sie 4 verschiedene, konkrete Verkn¨upfungsgebilde und bilden Sie deren direktes Produkt. Wie sieht die komponentenweise Verkn¨upfung in Ihrem konkreten Beispiel aus?
Definition 4. (M,∗) und (N,◦) seien Verkn¨upfungsgebilde.
Eine Abbildungϕ:M →N heißt ein Homomorphismus, wenn f¨ur alle x, y ∈M gilt:
ϕ(x∗y) = ϕ(x)◦ϕ(y) . Ein Homomorphismus ϕ:M → N heißt
Monomorphismus Epimorphismus Isomorphismus
, wenn die Abbildung ϕ
injektiv surjektiv
bijektiv
ist.
M und N heißen zueinander isomorph (Schreibweise: M ' N), wenn es einen Isomor- phismus ϕ:M →N gibt.
Beispiel 25: Welche ”konkreten” Beispiele f¨ur Homomorphismen haben Sie in Ihrem bisherigen Studium kennengelernt? Geben Sie die entsprechenden Verkn¨upfungsgebilde an! (Tipp: Line- are Abbildungen zwischen Vektorr¨aumen, Logarithmen, Grenzwerte von konvergenten Folgen, Integrale, Ableitung einer Funktion)
Beispiel 26: Auf R seien die Operationen ∧ und ∨ definiert durch x∧y = min{x, y} und x∨y = max{x, y}. Zeigen Sie, dass die Abbildung µ: R→ R, gegeben durch µ(x) =−x f¨ur alle x ∈ R, eine Isomorphismus von (R,∧) nach (R,∨) ist. Ist die Umkehrabbildung µ−1 ein Isomorphismus von(R,∨) nach (R,∧)?
Satz 1. Es seien (M,∗) und (N,◦) Verkn¨upfungsgebilde und ϕ:M →N ein Homomor- phismus.
a) Ist ϕein Epimorphismus, so gilt:
i) Ist ∗ assoziativ (bzw. kommutativ), so ist auch ◦ assoziativ (bzw. kommutativ).
ii) Iste∈M neutrales Element bez¨uglich ∗, so istϕ(e)neutrales Element bez¨uglich ◦.
b) Es seien e∈M neutral bez¨uglich ∗, f ∈N neutral bez¨uglich ◦ und ϕ(e) =f. Dann gilt f¨ur jedesa∈M: Ist a0 ∈M invers zu a bez¨uglich ∗, so ist ϕ(a0) invers zu ϕ(a) bez¨uglich ◦ (d. h.: ist a ∈M invertierbar, so auch ϕ(a)∈N).
c) Ist f ∈ N neutrales Element und ϕ−1(f) = {b ∈ M | ϕ(b) = f} 6=∅, so ist ϕ−1(f) ein Teilmagma von (M,∗).
Definition 5 (Strukturtransport). Es sei (M,∗) ein Verkn¨upfungsgebilde.
a) Es sei N eine Menge und ϕ: N → M eine bijektive Abbildung. Definiert man f¨ur n, n0 ∈N
n◦n0 :=ϕ−1(ϕ(n)∗ϕ(n0)) ,
so ergibt dies eine Operation aufN und ϕ: (N,◦)→(M,∗) ist ein Isomorphismus.
◦ heißtdie mittels ϕ−1 von M auf N transportierte Verkn¨upfung.
b) Es sei ∅ 6= X eine Menge und Abb(X, M) := {f : X → M} die Menge aller Abbildungen von X nachM. Definiert man f¨urf, g ∈Abb(X, M) die Abbildung
f ~g :X →M
x7→f(x)∗g(x), so ergibt dies eine Operation auf Abb(X, M).
~ heißtdie von M auf Abb(X, M) wertweise ¨ubertragene Verkn¨upfung.
Beispiel 27: Es sei (R,·) die ¨ubliche Multiplikation reeller Zahlen, und ϕ : R → R gegeben durch ϕ(x) =x+ 2. Geben Sie die mittelsϕ−1 von R auf R transportierte Verkn¨upfung◦ an, und untersuchen Sie, welche Eigenschaften◦ besitzt!
Beispiel 28: Uberlegen Sie sich, dass die in Analysis und Linearer Algebra definierten ,,Rechen-¨ operationen” f¨ur Funktionen (bzw. lineare Abbildungen) Beispiele f¨ur die wertweise ¨Ubertragung von Verkn¨upfungen nach Definition 5.b) sind.
2.3 Relationen Definition 6. Es sei ∅ 6=M eine Menge.
a) Eine (bin¨are) Relation auf M ist eine Teilmenge R ⊂ M × M. Ublicherweise¨ bezeichnet man eine RelationR ⊂M ×M mit einem Symbol R (oder ∼, ', =, ⊂, |, <,
≥,≡, . . .) und schreibt f¨urx, y ∈M:
xRy ⇐⇒(x, y)∈ R (,,x steht in der Relation R zu y”). b) Eine RelationR aufM (bzw. R ⊂M ×M) heißt
i) reflexiv, wenn f¨ur alle x∈M gilt: xRx (bzw. (x, x)∈ R).
ii) symmetrisch, wenn f¨ur alle x, y ∈M mit xRy auch yRxgilt (bzw. (x, y)∈ R=⇒(y, x)∈ R).
ii’) antisymmetrisch, wenn f¨ur alle x, y ∈M gilt: (xRy und yRx) =⇒x=y (bzw. ((x, y)∈ R ∧(y, x)∈ R) =⇒x=y).
iii) transitiv, wenn f¨ur allex, y, z ∈M gilt: (xRy und yRz) =⇒xRz (bzw. ((x, y)∈ R ∧(y, z)∈ R) =⇒(x, z)∈ R).
Eine Relation R auf M heißt Aquivalenzrelation, wenn sie reflexiv, symmetrisch und¨ transitiv ist.
Eine RelationR aufM heißtOrdnungsrelation (oder: Teilordnung,Halbordnung,partielle Ordnung), wenn sie reflexiv, antisymmetrisch und transitiv ist.
c)Es sei ∼eine ¨Aquivalenzrelation auf M. Dann heißt f¨ur x∈M [x]∼={y∈M |x∼y}
die ¨Aquivalenzklasse von x, und jedesx0 ∈[x]∼ heißt ein Repr¨asentant dieser ¨Aquivalenz- klasse.
Die Menge aller ¨Aquivalenzklassen wird mit M/∼ ={[x]∼ |x∈M} bezeichnet.
Eine TeilmengeZ ⊂M heißt ein Repr¨asentantensystem f¨ur ∼, wenn es zu jeder ¨Aquiva- lenzklasse [x]∼ ∈M/∼ genau ein z ∈Z gibt mit [x]∼ = [z]∼.
Beispiel 29: Auf N sei die ,,Teilbarkeitsrelation” wie in Definition 1.1 gegeben. Untersuchen Sie, welche der Eigenschaften aus Definition 6.b) diese Relation besitzt. Ist es eine ¨Aquivalenz- bzw. eine Ordnungsrelation?
Beispiel 30: AufNwerde die Relationfolgendermaßen definiert: f¨ura, b∈Nsei abgenau dann, wenn f¨ur alle p ∈P gilt: p | a ⇐⇒ p | b (d.h.: a und b besitzen dieselben Primteiler).
Uberpr¨¨ ufen Sie, ob46,41024,636,3761,18921,189021 zutrifft.
Zeigen Sie, dass eine ¨Aquivalenzrelation auf N ist und dass jede (bis auf eine!!) ¨Aquivalenz- klasse unendlich viele Zahlen enth¨alt, und geben Sie ein Repr¨asentantensystem daf¨ur an!
Beispiel 31: Es sei R[x] die Menge aller (reellen) Polynomfunktionen, und f¨ur f ∈ R[x] sei gr(f)∈N0∪ {−∞} der Grad vonf. (Anm.: das Nullpolynomf = 0hat den Grad−∞.) Auf R[x]werden die Relationen ∼und definiert wie folgt: f¨urf, g ∈R[x]sei
f ∼g⇐⇒gr(f) = gr(g) und f g⇐⇒gr(f)≤gr(g).
Zeigen Sie, dass ∼eine ¨Aquivalenzrelation auf R[x] ist, geben Sie die ¨Aquivalenzklassen von ∼ sowie einen Repr¨asentanten f¨ur jede ¨Aquivalenzklasse an.
Welche Eigenschaften von Definition 6.b) besitzt ? Ist eine Ordnungsrelation?
Satz 2. Es sei ∅ 6=M eine Menge.
a) Es sei ∼ eine ¨Aquivalenzrelation auf M.
i) F¨ur x, y ∈M gilt:
[x]∼ = [y]∼ ⇐⇒x∼y und [x]∼∩[y]∼ =∅ ⇐⇒x6∼y . ii) Es gibt zi ∈M (i∈I), sodass M =
·
S
i∈I[zi]∼ . b) Es sei M =
·
S
i∈IAi eine Partition von M in nicht leere Teilmengen Ai. Definiert man f¨ur x, y ∈M:
x∼y ⇐⇒ es gibt ein i∈I mit {x, y} ⊂Ai ,
so ist ∼ eine ¨Aquivalenzrelation auf M, und f¨ur jedes x∈Ai gilt: Ai = [x]∼.
§3. Elementare Gruppentheorie
3.1 Definition, Untergruppen, Nebenklassen
Definition 1. Eine Gruppe ist eine Halbgruppe (G,·) mit G× =G, d. h. jedes Element von G ist (bez¨uglich ·) invertierbar.
Eine Gruppe (G,·) heißt
•abelsch (oder kommutativ), wenn ihre Operation ·kommutativ ist.
• endlich, wenn |G|<∞ ist.
Satz 1. Ein assoziatives Verkn¨upfungsgebilde (G,·) ist eine Gruppe genau dann, wenn f¨ur alle g, h∈G gilt:
i) es existiert genau ein x∈G mitg ·x=h und ii) es existiert genau ein y∈G mit y·g =h.
Beispiel 32: Wie findet man in der Verkn¨upfungstafel einer Gruppe das neutrale Element?
Was bedeutet Satz 1 f¨ur die Verkn¨upfungstafel einer Gruppe? (Tipp: Wie oft darf/muss ein Gruppenelement in jeder Zeile bzw. Spalte vorkommen?)
Wie findet man in der Verkn¨upfungstafel das Inverse zu einem Gruppenelement?
Woran erkennt man, ob die Gruppe abelsch ist?
Definition 2. Es sei (G,·) eine Gruppe.
a)EineUntergruppe H von G(Schreibweise: H ≤G) ist eine Unterstruktur (H,·) von (G,·), die wieder eine Gruppe ist.
b) Es sei M ⊆G und M:={H |H ≤G und M ⊆H} die Menge aller Untergruppen von G, die M enthalten. Dann heißt
hMi:= \
H∈M
H
die von M erzeugte Untergruppe von G. [Beachte dazu Satz 2.b) unten!]
c)Gheißtendlich erzeugt, wenn es eine endliche TeilmengeM ⊂Gmit hMi=Ggibt.
Beispiel 33: Ist eine endliche Gruppe auch endlich erzeugt?
K¨onnen Sie eine endlich erzeugte Gruppe angeben, die nicht endlich ist?
Beispiel 34: Geben Sie die vonM1 ={3,11} erzeugte Untergruppe von(Q+,·) an!
Geben Sie die vonM2={10,12}erzeugte Untergruppe von (Z,+)an!
Satz 2. Es sei (G,·) eine Gruppe.
a) F¨ur eine Teilmenge ∅ 6=H ⊆G gilt:
H ist eine Untergruppe von G genau dann, wenn f¨ur alle g, h∈H gilt: g·h−1 ∈H.
b) Es sei I eine (nicht leere Index-) Menge und f¨ur jedes i ∈ I sei Hi ≤ G eine Untergruppe. Dann ist auch T
i∈I
Hi ≤G eine Untergruppe.
c) Es sei M ⊆G. Dann gilt f¨ur jede Untergruppe U ≤G:
M ⊆U ⇐⇒ hMi ⊆U
d. h.: hMi ist die (bez¨uglich ⊆) kleinste Untergruppe von G, die M enth¨alt.
Beispiel 35: Welche zu Satz 2 analogen Ergebnisse f¨ur Vektorr¨aume kennen Sie aus der Linearen Algebra? (Beachte: Vektorr¨aume sind abelsche Gruppen, aber nicht umgekehrt!)
Lemma 1. Es seien (G,·) eine Gruppe und H ≤G eine Untergruppe von G.
a) Definiert man f¨ur g, g0 ∈G die Relation ∼
Hl durch g ∼
Hlg0 ⇐⇒g−1·g0 ∈H , so ist ∼
Hl eine ¨Aquivalenzrelation auf G mit ¨Aquivalenzklassen [g]∼
Hl
=gH ={g·h|h∈H} .
b) Definiert man f¨ur g, g0 ∈G die Relation ∼
Hr durch g ∼
Hr g0 ⇐⇒g·(g0)−1 ∈H , so ist ∼
Hr eine ¨Aquivalenzrelation auf G mit ¨Aquivalenzklassen [g]∼
Hr
=Hg ={h·g |h∈H} .
Definition 3. Es seien (G,·) eine Gruppe und H ≤G eine Untergruppe von G.
a)F¨urg ∈Gheißt die ¨Aquivalenzklasse [g]∼
Hl
=gH die durchg bestimmte Linksneben- klasse von G nach H, jedes g0 ∈[g]∼
Hl
heißt ein Repr¨asentant dieser Nebenklasse, und G/H ={gH |g ∈G}
bezeichnet die Menge aller Linksnebenklassen vonG nach H.
Eine TeilmengeR⊂Gheißt einRepr¨asentantensystem f¨urG/H (oder: Linkstransversale von H inG), wenn es f¨ur jedes gH ∈G/H genau ein r ∈R mit gH =rH gibt,
d. h.: G=
·
S
r∈R rH.
b)F¨urg ∈Gheißt die ¨Aquivalenzklasse [g]∼
Hr
=Hgdiedurchg bestimmte Rechtsneben- klasse von G nach H, jedes g0 ∈[g]∼
Hr
heißt ein Repr¨asentant dieser Nebenklasse, und H\G={Hg |g ∈G}
bezeichnet die Menge aller Rechtsnebenklassen von Gnach H.
Eine Teilmenge R ⊂ G heißt ein Repr¨asentantensystem f¨ur H\G (oder: Rechtstransver- sale vonH inG), wenn es f¨ur jedes Hg ∈H\G genau ein r∈R mit Hg =Hr gibt, d. h.: G=
·
S
r∈R Hr.
c)Es sei e∈Gdas neutrale Element von (G,·). Dann heißt (G:H) =|G/H| ∈N∪ {∞}
der Index von H in G, und
ord(G) = (G:{e}) =|G|
heißt die Ordnung der Gruppe G.
Beispiel 36: Zeigen Sie: ist (G,·) eineabelsche Gruppe und H≤Geine Untergruppe, so gilt f¨ur jedesg ∈G: gH =Hg. Stimmen dann auch die ¨Aquivalenzrelationen ∼
Hl und ∼
Hr uberein,¨ bzw. giltG/H=H\G?
Beispiel 37: Zeigen Sie: ist(G,·)eine Gruppe undH ≤Gmit(G:H) = 2, so giltG/H=H\G!
(Gbraucht hier nichtabelsch zu sein.)
Beispiel 38: Es sei G= (R2,+) und H ein 1-dimensionaler Untervektorraum von R2. Zeigen Sie, dass H eine Untergruppe von G ist, und geben Sie die Elemente von G/H explizit an!
(Achtung, hier ist die Gruppenoperation ”+”!)
K¨onnen Sie die Elemente von G/H geometrisch deuten?
Satz 3 (Satz von Lagrange). Es seien (G,·) eine Gruppe und H0 ≤ H ≤ G Unter- gruppen von G. Dann gilt:
(G:H0) = (G:H)·(H :H0) und |G|= (G:H)· |H| .
3.2 Ordnung von Gruppenelementen, zyklische Gruppen Definition 4. Es sei (G,·) eine Gruppe mit neutralem Elemente.
a)F¨urg ∈G heißt
ord(g) = inf{n ∈N|gn=e} ∈N∪ {∞}
die Ordnung des Gruppenelements g.
g ∈ G heißt ein Torsionselement von G, wenn ord(g) ∈ N ist (d. h. wenn g endliche Ordnung hat).
b) F¨urg ∈G heißt hgi ≤G die von g erzeugte, zyklische Untergruppe von G.
Gheißt eine zyklische Gruppe, wenn es ein a∈G mit G=hai gibt.
Beispiel 39: Wir betrachten die Gruppe (GL2(R),·) mit der Matrizenmultiplikation als Ope- ration. Bestimmen Sie die Ordnung der Gruppenelemente A1 = −1 1−1 0
, A2 = 01 0−1 und A3 =A1·A2. Welche davon sind Torsionselemente?
Satz 4. Es sei (G,·) eine Gruppe mit neutralem Element e∈G und g ∈G.
a) hgi={gk |k ∈Z}
b) Ist ord(g) = ∞, so ist f¨ur alle k, l∈Z mit k 6=l gk 6=gl, und es ist hgi={. . . , g−2, g−1, g0 =e, g, g2, . . .} eine unendliche Menge.
c) Ist ord(g) =n ∈N, so gilt:
i) f¨ur k, l∈Z: gk =gl ⇐⇒n|(l−k); und insbesondere gilt: gl=e⇐⇒n|l.
ii) |hgi|=n= ord(g) und hgi={g, g2, g3, . . . , gn=e}. iii) f¨ur m∈Z ist
ord(gm) = n ggT(m, n) . d) Ist G endlich, so gilt ord(g)|ord(G).
e) Ist |G|=p∈P eine Primzahl, so ist G zyklisch, und es gilt:
hgi=G ⇐⇒ g 6=e .
f ) Ist G zyklisch, so ist auch jede Untergruppe von G zyklisch.
Beispiel 40: Geben Sie die zyklischen Untergruppen hAii ≤ GL2(R), (i = 1,2,3), f¨ur die Matrizen aus Beispiel 39 an!
Beispiel 41: Es sei(G,·)eine zyklische Gruppe der Ordnung10, alsoG={a, a2, a3, . . . , a10=e}
mit einem geeignetena∈G. Geben Sie alle Gruppenelemente mit Ordnung 1, 2, 5, 10 an!
Zeigen Sie: f¨ur jeden positiven Teiler d|10 besitztG genau eine Untergruppe der Ordnungd.
Beispiel 42: Verallgemeinern Sie Beispiel 41 und beweisen Sie: ist(G,·) eine zyklische Gruppe der Ordnung n ∈ N, so besitzt G f¨ur jeden positiven Teiler d | n genau eine Untergruppe U1 der Ordnung d und genau eine Untergruppe U2 mit Index (G : U2) = d. (Tipp: Wie viele Gruppenelemente besitztG, deren Ordnungdteilt?)
Beispiel 43: Es sei(G,·) eine abelsche Gruppe undg, h∈GTorsionselemente mit ord(g) =m und ord(h) =n. Zeigen Sie, dass auchgh ein Torsionselement ist undord(gh)|kgV(m, n) gilt.
K¨onnen Sie ein Beispiel mit ord(gh)6= kgV(m, n) angeben?
Beispiel 39 zeigt, dass obige Aussage f¨ur nicht abelsche Gruppen im Allgemeinen falsch ist.
3.3 Konjugation, Normalteiler Definition 5. Es sei (G,·) eine Gruppe.
a)F¨ura∈G heißt die Abbildung
κa :G→G g 7→aga−1
die Konjugation mit dem Element a. Elemente g, h ∈ G heißen zueinander konjugiert, wenn es ein a∈G mit h=κa(g) = aga−1 gibt.
,,Zueinander konjugiert sein” definiert eine ¨Aquivalenzrelation auf G, deren ¨Aquivalenz- klassen Klassen konjugierter Elemente genannt werden.
UntergruppenU, V ≤G heißen zueinander konjugiert, wenn es ein a ∈G mit V =κa(U) = aU a−1 ={aua−1 |u∈U}
gibt.
b)Eine UntergruppeH ≤Gheißt einNormalteiler von G(Schreibweise: H / G), wenn f¨ur alle a ∈ G gilt: H = κa(H) (d. h.: H bleibt bei Konjugation mit beliebigem a ∈ G invariant).
Beispiel 44: Es sei (G,·) eine abelsche Gruppe. Zeigen Sie, dass dann f¨ur jedes a ∈ G die Konjugationκadie identische Abbildung ist. Geben Sie die Klassen der zueinander konjugierten Elemente an. Ist jede Untergruppe von Gein Normalteiler?
Beispiel 45: Zeigen Sie: sind zwei Elemente einer Gruppe zueinander konjugiert, so haben sie dieselbe Ordnung.
Welche Gruppen besitzen nur eine einzige Klasse konjugierter Elemente?
Satz 5. Es sei (G,·) eine Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe. Dann sind folgende Aussagen ¨aquivalent:
a) H / G
b) f¨ur alle a∈G ist aH =Ha c) H\G=G/H
d) f¨ur alle a, b∈G ist aH·bH =ab H
e) f¨ur alle a∈G und f¨ur alle h∈H ist aha−1 ∈H.
Beispiel 46: Zeigen Sie: ist (G,·) eine Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe vom Index (G:H) = 2, so ist H / G. (Tipp: Beispiel 37)
Definition 6. Es sei (G,·) eine Gruppe und N / G ein Normalteiler von G. Dann wird durch
(aN)·(bN) = (ab)N (a, b∈G)
eine Operation auf G/N definiert, und (G/N,·) ist eine Gruppe mit neutralem Element N. (G/N,·) heißt die Faktorgruppe von G nach N.
Lemma 2 (Restklassen von Z modulo m).
a) Zu jeder Untergruppe U von (Z,+) gibt es ein eindeutig bestimmtes m ∈N0 mit U =hmi=mZ={mk |k ∈Z} .
b) Es sei m ∈ N und U = hmi = mZ. F¨ur ganze Zahlen a, b ∈ Z sind folgende Aussagen ¨aquivalent:
i) m |(b−a) ii) a+U =b+U
iii) a undb haben bei ,,Division durchm mit Rest” denselben Rest in {0,1, . . . , m−1}.
Sind f¨ur a, b∈ Z die ¨aquivalenten Bedingungen von b) erf¨ullt, so sagt man: ,,a ist zu b kongruent modulo m” und schreibt a≡b mod (m).
Die Nebenklassen von Z nach U =hmi heißen auch die Restklassen von Z modulo m.
Beispiel 47: Stellen Sie fest, ob folgende Relationen zutreffen oder nicht:
14≡39 mod (5), −14≡39 mod (7), −3≡30 mod (11).
Gilt f¨ur beliebige a, b∈Z: a≡b mod (1)?
Wie l¨asst sich die Eigenschaft einer ganzen Zahl, gerade oder ungerade zu sein, mit einer Kon- gruenz mod (2) ausdr¨ucken? Welche Zahlen bilden die beiden Restklassen modulo2?
Beispiel 48: Beweisen Sie, dass f¨urm ∈Nund beliebige a, b, c, d∈Z gilt: ista≡b mod (m) undc≡d mod (m), so gilt auch a+c≡b+d mod (m).
3.4 Gruppenhomomorphismen
Definition 7. Es seien (G,·) und (G0,∗) Gruppen.
a)Ein Gruppenhomomorphismus ϕvon G nachG0 ist ein Homomorphismus nach §2, Def. 4, d. h. eine Abbildung ϕ:G→G0, sodass f¨ur alle g, h∈G gilt:
ϕ(g·h) = ϕ(g)∗ϕ(h) .
Ist ein Gruppenhomomorphismusϕein Mono-, (Epi-, Iso-)-morphismus (nach§2, Def. 4), so heißtϕ auchGruppenmono-,(-epi-, -iso-)-morphismus.
G und G0 heißen zueinander isomorph (Schreibweise: G' G0), wenn es einen Gruppen- isomorphismus ϕ:G→G0 gibt.
b) Ist ϕ : G → G0 ein Gruppenhomomorphismus von G nach G0 und ist e0 ∈ G0 das neutrale Element vonG0, so heißen
ker(ϕ) =ϕ−1({e0}) ={g ∈G|ϕ(g) = e0} der Kern von ϕ und
Bi(ϕ) = ϕ(G) ={ϕ(g)|g ∈G}
das Bild von ϕ.
c)Ist N / G ein Normalteiler vonG, so heißt
π : (G,·)→(G/N,·) g 7→gN
der (kanonische) Restklassenhomomorphismus (oder: die nat¨urliche Projektion) von G auf die Faktorgruppe vonG nach N.
Beispiel 49: Zeigen Sie: sind (G,·) und (G0,∗) Gruppen undϕ:G→ G0 ein Gruppenisomor- phismus, so ist die Umkehrabbildungϕ−1:G0 →Gauch ein Gruppenisomorphismus.
Satz 6. Es seien (G,·) und (G0,∗) Gruppen und ϕ:G→ G0 ein Gruppenhomomorphis- mus.
a) Ist e∈G bzw. e0 ∈G0 das neutrale Element von G bzw. G0, so gilt: ϕ(e) =e0. b) F¨ur jedes g ∈G ist ϕ(g−1) =ϕ(g)−1.
c) Ist H ≤G eine Untergruppe von G, so ist auch ϕ(H)≤G0. d) Ist H / G ein Normalteiler von G, so ist ϕ(H)/ ϕ(G) = Bi(ϕ).
e) Ist H0 ≤G0 (bzw. H0/ G0), so ist ϕ−1(H0)≤G (bzw. ϕ−1(H0)/ G).
Beispiel 50: Es seien (G,·) und (G0,∗) Gruppen, ϕ : G → G0 ein Gruppenhomomorphismus und N / G ein Normalteiler von G. Zeigen Sie, dass durch ϕ(gN) := ϕ(g)ϕ(N) (f¨ur g ∈ G) ein Gruppenepimorphismus ϕ : G/N → ϕ(G)/ϕ(N) definiert wird. (Vergessen Sie nicht nachzuweisen, dass die Definition von ϕ unabh¨angig von der Wahl des Repr¨asentanten g der RestklassegN ist! Wo ben¨otigen Sie Satz 6.d)?)
Korollar. Es seien (G,·) und (G0,∗) Gruppen, e ∈ G das neutrale Element von G und ϕ:G→G0 ein Gruppenhomomorphismus. Dann gilt:
a)ker(ϕ)/ G.
b) Ist g ∈G und ϕ(g) =g0, so ist ϕ−1({g0}) =g·ker(ϕ) . c)ϕ ist ein Monomorphismus genau dann, wenn ker(ϕ) ={e}.
Beispiel 51: Es seien (G,·) und (G0,∗) Gruppen, ϕ : G → G0 ein Gruppenhomomorphismus, M ⊂Gund M0 =ϕ(M). Zeigen Sie, dass ϕ−1(M0) =Mker(ϕ) gilt. Ist die Aussage (bzw. Ihr Beweis) auch im Falle M =∅ richtig?
Satz 7 (Universelle Eigenschaft des Restklassenhomomorphismus). Es sei (G,·) eine Gruppe, N / G ein Normalteiler von G und π:G→G/N der Restklassenhomomor- phismus.
Ist ϕ : G → G0 ein Gruppenhomomorphismus (in eine beliebige Gruppe (G0,∗)) mit N ⊂ker(ϕ), so existiert genau ein Homomorphismus ϕ:G/N →G0 mit ϕ◦π =ϕ.
Korollar.
a) (Homomorphiesatz) Ist ϕ : G → G0 ein Gruppenhomomophismus und π : G → G/ker(ϕ) der Restklassenhomomorphismus, so existiert genau ein Gruppenmonomorphis- mus
ϕ0 :G/ker(ϕ)→G0 mit ϕ0 ◦π=ϕ. Insbesondere ist G/ker(ϕ)'Bi(ϕ).
b) (Klassifikationssatz f¨ur zyklische Gruppen) Ist (G,·) eine zyklische Gruppe, so ist
G'
((Z,+) falls |G|=∞ Z/nZ falls |G|=n ∈N .
Satz 8. Es sei G eine Gruppe, U ≤G eine Untergruppe und N / G ein Normalteiler.
a) i) Dann ist U N ≤G und U∩N / U. ii) (1. Isomorphiesatz) Die Abbildung
ϕ:U/(U ∩N)→(U N)/N a(U ∩N)7→aN ist ein Gruppenisomorphismus.
b) Es sei H / G ein weiterer Normalteiler von G mit N ⊂H.
i) Dann ist H/N / G/N.
ii) (2. Isomorphiesatz) Die Abbildung
ψ :G/H →(G/N)/(H/N) aH 7→(aN)·(H/N) ist ein Gruppenisomorphismus.
Beispiel 52: Zeigen Sie, dass det : GL3(R) → R ein Gruppenepimorphismus von (GL3(R),·) auf(R\ {0},·) ist.
Wieso istH = det−1(Q\ {0}) ={A∈GL3(R)|det(A)∈Q} ein Normalteiler vonGL3(R)?
Verwenden Sie den 2. Isomorphiesatz mitN = ker(det)und den Homomorphiesatz, um GL3(R)/H'(R\ {0})/(Q\ {0})
zu zeigen.
Definition 8. Es sei (G,·) eine Gruppe.
a)Ein Automorphismus von G ist ein Gruppenisomorphismusϕ:G→G.
Aut(G) bezeichnet die Menge aller Automorphismen von G und Inn(G) = {κa|a∈G}
die Menge aller Konjugationen (oder: inneren Automorphismen) von G.
b) Z(G) ={z ∈G|zg =gz f¨ur alle g ∈G} heißt das Zentrum der Gruppe G.
Satz 9. Es sei (G,·) eine Gruppe.
a) Gemeinsam mit der Hintereinanderausf¨uhrung ◦ von Abbildungen ist (Aut(G),◦) eine Gruppe, die ,,Automorphismengruppe von G”, und Inn(G)/Aut(G).
b) Die Abbildung Ψ :G →Inn(G), definiert durch a 7→κa, ist ein Gruppenhomomor- phismus und ker Ψ =Z(G).
Insbesondere ist Z(G) abelsch und Z(G)/ G.
Beispiel 53: Es sei(G,·)eine Gruppe. Zeigen Sie, dass f¨ur jeden Automorphismusλ∈Aut(G) gilt: λ(Z(G)) =Z(G).
3.5 Produkte von Gruppen, Struktur endlicher abelscher Gruppen Definition 9. Es sei φ 6= I eine (Index-) Menge, und f¨ur jedes i ∈ I sei (Gi,∗i) eine Gruppe. Dann ist G = Q
i∈IGi gemeinsam mit der komponentenweise Verkn¨upfung ∗ (vgl. § 2, Def. 3) wieder eine Gruppe.
(G,∗) heißt das ¨außere direkte Produkt der Familie von Gruppen (Gi,∗i)i∈I.
Satz 10. Es sei (G,·) eine Gruppe, r∈N, N1, . . . , Nr/ G und N =N1·. . .·Nr ={g1·. . .·gr |gi ∈Ni} das Produkt dieser Normalteiler. Dann gilt:
a) N / Gist ein Normalteiler.
b) Die folgenden Aussagen sind ¨aquivalent:
i) Die Abbildung
ϕ:N1×. . .×Nr →N
(g1, . . . , gr)7→g1·. . .·gr
ist ein Gruppenisomorphismus.
ii) Zu jedem a ∈ N existieren eindeutig bestimmte gi ∈ Ni (1 ≤ i ≤ r) mit a = g1·. . .·gr.
iii) F¨ur jedes 1≤i≤r gilt: Ni ∩(N1·. . .·Ni−1·Ni+1·. . .·Nr) = {e}.
Definition 10. Es sei (G,·) eine Gruppe,r ∈N, N1, . . . , Nr/ Gund N =N1·. . .·Nr ={g1·. . .·gr |gi ∈Ni}
das Produkt dieser Normalteiler. Sind die ¨aquivalenten Bedingungen von Satz 10. b) erf¨ullt, so heißtN das (innere) direkte Produkt der Normalteiler Ni (1≤i≤r).
Schreibweise: N =N1·. . .·Nr (dir)
Beispiel 54: Es sei G =hai ={a, a2, a3, a4, a5, a6 =e} eine zyklische Gruppe der Ordnung 6.
Zeigen Sie, dass dann gilt: G=ha2i · ha3i (dir).
Wie viele Elemente haben die beiden Normalteiler, dieG als Produkt darstellen?
Satz 11 (Struktursatz f¨ur endliche abelsche Gruppen). Es sei G eine endliche, abelsche Gruppe mit |G|=n≥2. Dann existieren eindeutig bestimmte Zahlen
r, d1, . . . , dr ∈ N mit 1 < d1 | d2 | . . . | dr, zu denen es (im allgemeinen nicht eindeutig bestimmte) Elemente bi ∈G mit ord(bi) = di gibt, sodass
G=hb1i · hb2i ·. . .· hbri (dir)
Beispiel 55: Es seien p1, p2, p3 ∈ P drei paarweise verschiedene Primzahlen und n = p31p22p3. Wie viele verschiedene M¨oglichkeiten gibt es, f¨ur dieses nentsprechende Werte r, d1, . . . , dr mit den Bedingungen aus Satz 11 zu finden? Gilt stets r≤3? Warum?
K¨onnen Sie eine Methode angeben, wie man diese Aufgabe ,,systematisch” l¨osen kann?
§4. Grundbegriffe der Ringtheorie
4.1 Definition, Ideale, Kongruenzen
Definition 1. a) Eine nicht leere Menge ∅ 6= R gemeinsam mit zwei Verkn¨upfungen + und ·heißt ein Ring (mit Einselement), wenn folgendes gilt:
(R1) (R,+) ist eine abelsche Gruppe
(R2) (R,·) ist eine Halbgruppe (mit neutralem Element 1R∈R) (R3) f¨ur allex, y, z ∈R gelten die Distributivgesetze:
x·(y+z) = (x·y) + (x·z) und (y+z)·x= (y·x) + (z·x)
R× = (R,·)× bezeichne die Menge der bez¨uglich · invertierbaren Elemente (die Ein- heitengruppe von R).
Ist ·eine kommutative Verkn¨upfung, so heißt (R,+,·) ein kommutativer Ring.
b) Es sei (R,+,·) ein Ring. Eine Teilmenge ∅ 6= R0 ⊂ R heißt ein Teilring (oder Unterring) von R, wenn gilt:
(TR1) (R0,+) ist eine Untergruppe von (R,+)
(TR2) (R0,·) ist ein Teilmagma von (R,·) mit 1R∈R0.
(d. h.: R0 ist mit den auf R0 eingeschr¨ankten Operationen wieder ein Ring und besitzt dasselbe Einselement wieR.)
Ist R0 ein Teilring von R, so heißt R ein Oberring (oder Erweiterungsring) von R0. Beispiel 56: Es sei (R,+,·) ein Ring unda, r ∈R. Geben Sie die folgenden Ringelemente b, c mit Hilfe von Vielfachen- und Potenzschreibweise in einfacherer Form an: b=a·a+a·a+a·a, c =a·a·a+a·a·a. K¨onnen Sie das Element b+c mit Hilfe des Distributivgesetzes weiter vereinfachen? Wieso sind (im Allgemeinen) die Ringelementea·r·a,a2·rundr·a2 verschieden?
(K¨onnen Sie spezielle Beispiele daf¨ur angeben, etwa mit R=M2,2(R)?)
Beispiel 57: Zeigen Sie, dass Abb(R,R) = {f : R → R} mit den gem¨aß §2, Def. 5.b von R
¨
ubertragenen Verkn¨upfungen+und ·einen kommutativen Ring bildet. Geben Sie sein Einsele- ment an, und beschreiben Sie seine Einheitengruppe!
Satz 1 (Rechenregeln f¨ur Ringe). Es sei (R,+,·) ein Ring mit Nullelement 0R ∈R.
Dann gilt f¨ur beliebige a, b∈R:
a) a·0R= 0R·a= 0R
b) a·(−b) = (−a)·b=−(a·b) und (−a)·(−b) = a·b c) Ist a∈R×, so ist auch −a ∈R× und (−a)−1 =−(a−1).
d) F¨ur alle m∈Z ist (ma)·b =a·(mb) =m(a·b) e) Gilt a·b=b·a, so gilt f¨ur alle n ∈N0:
(a+b)n=
n
X
i=0
n i
an−i·bi
Lemma 1. F¨ur einen Ring (R,+,·) sind folgende Aussagen ¨aquivalent:
a) |R|= 1 b) R ={0R} c) 0R= 1R
Satz 2 (Teilringkriterium). Es sei (R,+,·) ein Ring.
F¨ur eine nicht leere Teilmenge ∅ 6= R0 ⊂ R gilt: R0 ist genau dann ein Teilring von R, wenn folgendes erf¨ullt ist:
i) 1R ∈R0
ii) f¨ur alle a, b∈R0 ist a−b∈R0 und ab∈R0.
Beispiel 58: Zeigen Sie, dass die Menge aller (reellen) Polynomfunktionen einen Teilring des RingesAbb(R,R)aus Beispiel 57 bildet.
Beispiel 59: Zeigen Sie, dass die Menge aller stetigen (bzw. die Menge aller differenzierbaren) Funktionenf :R→Reinen Teilring des RingesAbb(R,R) aus Beispiel 57 bildet.
Definition 2. Es sei (R,+,·) ein Ring.
a) Eine nicht leere Teilmenge ∅ 6= I ⊂R heißt ein Ideal von R (Schreibweise: I / R), wenn folgendes gilt:
(I1) I ist eine Untergruppe von (R,+),
(I2) f¨ur alle a∈I und r∈R gilt: ar∈I und ra∈I (d. h.: f¨ur aller ∈R gilt: Ir ⊂I und rI ⊂I).
b)Ist I / R ein Ideal, so heißen Ringelemente a, b∈R zueinander kongruent modulo I Schreibweise: a≡b mod I ,
wennb−a ∈I ist (d. h.: wenn a+I =b+I als Nebenklassen der Gruppe (R,+) nach der Untergruppe I).
c)Der Ring R heißt einfach, wenn {0} und R die einzigen Ideale von R sind.
Beispiel 60: Zeigen Sie, dass I ={f :R→R|f(2) = 0} ein Ideal vonAbb(R,R) bildet. Sind Elemente g, h∈Abb(R,R) zueinander kongruent modulo I, wenn sie an der Stelle 2denselben Funktionswert haben? Gilt auch die Umkehrung?
Beispiel 61: F¨ur eine Teilmenge M ⊂ R sei IM = {f : R → R | f(x) = 0f¨ur alle x ∈ M}.
Zeigen Sie, dass IM ein Ideal von Abb(R,R) ist. Kann man auch die trivialen Ideale von Abb(R,R) in der Form IM (mit geeigneten Mengen M) darstellen?
Was bedeutet es f¨ur Elemente g, h∈Abb(R,R), zueinander kongruent moduloIM zu sein?
Satz 3. Es sei (R,+,·) ein Ring und I / R ein Ideal.
a) Sind a, a0, b, b0 ∈R mit a≡a0 mod I und b≡b0 mod I, so gilt auch:
a+b≡a0 +b0 modI und ab≡a0b0 mod I . b) Definiert man f¨ur a, b∈R
(a+I)·(b+I) = (ab) +I ,
so erh¨alt man eine Verkn¨upfung auf R/I, die (R/I,+,·)zu einem Ring macht. Dabei ist I das Nullelement und 1 +I das Einselement von R/I.
R/I heißt der Restklassenring von R moduloI.
Beispiel 62: Es sei I /Abb(R,R) wie in Beispiel 60 gegeben. Beweisen Sie: die Menge aller konstanten Funktionen bildet ein Repr¨asentantensystem f¨ur den Restklassenring Abb(R,R)/I.
K¨onnen Sie auch f¨ur die Ideale IM /Abb(R,R) aus Beispiel 61 ein Repr¨asentantensystem f¨ur den RestklassenringAbb(R,R)/IM angeben?
Definition 3. Es sei (R,+,·) ein Ring.
a)Sind I1, I2/ R Ideale vonR, so definiert man die Summe der Ideale I1, I2 als I1+I2 ={a+b |a∈I1 und b ∈I2}
und dasProdukt der Ideale I1, I2 als I1·I2 =nXn
i=1
aibi
n∈N, ai ∈I1, bi ∈I2o .
b) Es sei M ⊂ R eine Teilmenge von R und M := {I | M ⊂ I / R} die Menge aller Ideale vonR, die M umfassen. Dann heißt
(M) = \
I∈M
I
dasvon M erzeugte Ideal vonR (d. h.: (M) ist das (bez¨uglich Mengeninklusion) kleinste Ideal vonR, in dem die MengeM enthalten ist). [Beachte dazu Satz 4.a) unten!]
c) Ein Ideal I / R heißt endlich erzeugt, wenn es eine endliche Menge M ⊂ R mit (M) = I gibt.
Satz 4. Es sei (R,+,·) ein Ring.
a) Ist ∅ 6=J eine nicht leere Indexmenge und ist f¨ur jedes j ∈J Ij / R ein Ideal, so ist auch
\
j∈J
Ij / R
ein Ideal von R.
b) Sind I1, I2, I3/ R Ideale, so sind auch I1+I2, I1·I2 und I1∩I2 Ideale von R, und es gilt:
i) I1+I2 = (I1∪I2)
ii) I1·I2 = ({ab|a∈I1 und b∈I2}) iii) I1·I2 ⊂I1∩I2
iv) I1·(I2+I3) = (I1·I2) + (I1·I3) und (I1+I2)·I3 = (I1·I3) + (I2·I3).
c) F¨ur ein Ideal I / R sind folgende Aussagen ¨aquivalent:
i) I =R ii) 1∈I iii) I ∩R× 6=∅
Beispiel 63: Es sei I1 = {f :R → R |f(1) = 0}/Abb(R,R) und I2 = I /Abb(R,R) wie in Beispiel 60 gegeben. Beweisen Sie, dass
I1+I2 = Abb(R,R) und I1∩I2=I1·I2 ={f :R→R|f(1) = 0 =f(2)}=I{1,2}
(in der Bedeutung von Beispiel 61) gilt.
K¨onnen Sie f¨ur beliebige Teilmengen M1, M2⊂Rpassende TeilmengenA, B⊂Rangeben, mit denenIM1+IM2 =IAundIM1·IM2 =IB (wieder mit den Bezeichnungen von Beispiel 61) gilt?
4.2 Ringhomomorphismen, Charakteristik Definition 4. Es seien (R,+,·) und (R0,+,·) Ringe.
a) Ein Ringhomomorphismus (von R nach R0) ist eine Abbildung ϕ : R → R0 mit folgenden Eigenschaften:
(RHom1) f¨ur alle a, b∈R ist
ϕ(a+b) = ϕ(a) +ϕ(b) und ϕ(ab) =ϕ(a)ϕ(b)
(d. h.: ϕ:R→R0 ist ein Homomorphismus bez¨uglich ,,+” und bez¨uglich ,,·” wie in§ 2, Def. 4)
(RHom2) ϕ(1R) = 1R0 .
b) Ist ϕ:R →R0 ein Ringhomomorphismus, so heißen ker(ϕ) =ϕ−1({0R0}) der Kern von ϕund Bi(ϕ) =ϕ(R) das Bild von ϕ.
c) Ein Ringhomomorphismus ϕ : R → R0 heißt ein Ring−
mono
epi iso
−morphismus,
wennϕ
injektiv surjektiv
bijektiv
ist.
Die Ringe R und R0 heißen zueinander isomorph (Schreibweise: R ' R0), wenn es einen Ringisomorphismus ϕ:R →R0 gibt.
Ein Ring−
homo iso
−morphismus ϕ:R →R heißt auchRing−
endo auto
−morphismus.
d) Ist I / R ein Ideal von R, so heißt
π : (R,+,·)→(R/I,+,·) a7→a+I
der (kanonische)Restklassenhomomorphismus von R auf den Restklassenring R/I. Beispiel 64: F¨ur eine nicht leere Teilmenge ∅ 6= M ⊂ R sei ϕ : Abb(R,R) → Abb(M,R) definiert durch die Einschr¨ankung der Definitionsmenge auf M, d.h. ϕ(f) =f
M.
Zeigen Sie, dass ϕ ein Ringhomomorphismus ist! (Dazu sollte man sich auch ¨uberlegen, wieso Abb(M,R) uberhaupt ein Ring ist.) Ist¨ ϕ ein Ringepimorphismus? Bestimmen Sie ker(ϕ)!
(Gibt es einen Bezug zu Beispiel 61?)
Satz 5. Es seien(R,+,·)und(R0,+,·)Ringe undϕ:R →R0 ein Ringhomomorphismus.
Dann gilt:
a) ϕ(R×) ⊂ (R0)× und ϕ
R× : R× → R0× ist ein (multiplikativer) Gruppenhomomor- phismus.
b) Ist R0 ≤R ein Teilring, so ist ϕ(R0)≤R0 ein Teilring von R0. c) Ist I / R ein Ideal, so ist ϕ(I)/ ϕ(R) ein Ideal des Ringes ϕ(R).
d) Ist R00 ≤ R0 ein Teilring (bzw. I0 / R0 ein Ideal), so ist auch ϕ−1(R00) ≤ R ein Teilring (bzw. ϕ−1(I0)/ R ein Ideal) von R.
e) ker(ϕ)/ R.
Satz 6. Es seien (R,+,·) und (R0,+,·) Ringe.
a) (Universelle Eigenschaft des Restklassenhomomorphismus)
Sind I / R ein Ideal und π : R → R/I der Restklassenhomomorphismus, so gibt es zu jedem Ringhomomorphismus ϕ : R → R0 mit I ⊂ ker(ϕ) genau einen Ringhomomor- phismus ϕ0 :R/I →R0 mit ϕ0◦π=ϕ.
b) (Homomorphiesatz)Istϕ:R→R0 ein Ringhomomorphismus, so existiert genau ein Ringmonomorphismus ϕ0 :R/ker(ϕ)→R0 mit ϕ0◦π =ϕ.
Insbesondere ist R/ker(ϕ)'Bi(ϕ).
c) Es seien ϕ:R →R0 ein Ringepimorphismus, Ω ={I | ker(ϕ) ⊂I / R} die Menge aller Ideale von R, welcheker(ϕ)enthalten, und Ω0 ={I0 |I0/ R0} die Menge aller Ideale von R0. Dann ist
ϕe: Ω→Ω0 I 7→ϕ(I)
eine inklusionserhaltende Bijektion, und f¨ur I0 ∈Ω0 ist ϕe−1(I0) =ϕ−1(I0)/ R.
Beispiel 65: Zeigen Sie, dass die Abbildung ϕ : Abb(R,R) → R, definiert durch ϕ(f) = f(2) f¨urf ∈Abb(R,R), ein Ringepimorphismus ist.
Es sei I /Abb(R,R) wie in Beispiel 60 gegeben. Verwenden Sie Satz 6, um Abb(R,R)/I 'R zu beweisen! K¨onnen Sie einen Zusammenhang mit Beispiel 62 herstellen? Verwenden Sie die Ergebnisse von Beispiel 64, um auf analoge Weise Abb(R,R)/IM 'Abb(M,R) zu beweisen.
Lemma 2. F¨ur einen beliebigen Ring (R,+,·) gilt:
a) Es existiert genau ein Ringhomomorphismus ϕ:Z→R, und f¨ur diesen ist ϕ(Z) ={k1R |k ∈Z}=:R0 .
b) R0 ist der kleinste Teilring von R (d. h.: jeder Teilring von R enth¨alt R0).
c) Es gibt genau ein n∈N0 mit R0 'Z/(n).
Definition 5. Es sei (R,+,·) ein Ring. Dann heißt der in Lemma 2.a) definierte kleinste Teilring R0 = {k1R | k ∈ Z} ≤ R der Primring von R, und die nach Lemma 2.c) eindeutig bestimmte Zahl n ∈N0 mit R0 ' Z/(n) heißt die Charakteristik des Ringes R (Schreibweise: char(R) = n).
4.3 Nullteiler, Ideale in kommutativen Ringen Ab nun sind alle betrachteten Ringe kommutativ (d. h.: ∀a, b∈R:ab=ba).
Definition 6. Es sei (R,+,·) ein kommutativer Ring.
a)Ein Element a∈R heißt einNullteiler (von R), wenn es einb ∈R\ {0} mit ab= 0 gibt. Die Menge aller Nullteiler vonR bezeichnen wir mit NT(R).
b) Der Ring R heißt ein Integrit¨atsbereich [engl.: domain], wenn NT(R) ={0} ist (d. h.: wenn das Nullelement 0 der einzige Nullteiler von R ist).
c) Der Ring R heißt ein K¨orper [engl.: field, franz.: corps], wenn R× = R\ {0} gilt (d. h.: jedes Element außer 0 besitzt ein (multiplikatives) Inverses)
Beispiel 66: Zeigen Sie: ein Elementf ∈Abb(R,R)ist genau dann ein Nullteiler, wenn0∈f(R) ist. Ist jedes Element vonAbb(R,R) entweder Nullteiler oder Einheit (d. h.: giltAbb(R,R) = Abb(R,R)×∪· NT(Abb(R,R))?
Lemma 3. Es sei (R,+,·) ein kommutativer Ring.
a) F¨ur ein Element a∈R sind folgende Aussagen ¨aquivalent:
i) a 6∈NT(R)
ii) f¨ur alle b, c∈R gilt: aus ab=ac folgtb =c(d. h.: das Element a ist ,,k¨urzbar”).
b) Es gilt: R×∩NT(R) =∅.
Insbesondere gilt: Ist R ein K¨orper, so ist R auch ein Integrit¨atsbereich.
c) Ist R ein Integrit¨atsbereich (bzw. speziell ein K¨orper), so gilt: char(R)∈P∪ {0}.
Satz 7 (Struktur des Restklassenrings Z/(n)). Es sei n ∈N. a) F¨ur a∈Z sind folgende Aussagen ¨aquivalent:
i) a+nZ∈(Z/(n))× ii) a+nZ6∈NT(Z/(n)) iii) ggT(a, n) = 1
Insbesondere gilt: Z/(n) = (Z/(n))×∪· NT(Z/(n)).
b) Folgende Aussagen sind ¨aquivalent:
i) Z/(n) ist ein K¨orper.
ii) Z/(n) ist ein Integrit¨atsbereich.
iii) n ∈P .
Definition 7. Es sei (R,+,·) ein Ring.
a)F¨ura∈Rheißt (a) =aR=Ra={ar |r∈R}dasvonaerzeugte Hauptideal vonR.
Ein Ideal I / R heißt ein Hauptideal, wenn es ein a∈R mit I = (a) gibt.
Ist R ein Integrit¨atsbereich und ist jedes Ideal von R ein Hauptideal, so heißt R ein Hauptidealring (= PID =principal ideal domain).
b) Ein IdealP / R heißt
ein maximales Ideal, wenn P 6=R ist und es kein Ideal Q / R mit P $Q$R gibt;
ein Primideal, wenn P 6=R ist und f¨ur allea, b∈R gilt:
aus ab∈P folgt a∈P oder b∈P.
Beispiel 67: F¨ur eine TeilmengeM ⊂Rsei IM /Abb(R,R) so wie in Beispiel 61 definiert.
Zeigen Sie, dassIM ein Hauptideal ist! (Tipp: Die charakteristische Funktion der Menge R\M k¨onnte hilfreich sein.)
Satz 8. F¨ur einen kommutativen Ring (R,+,·) mit |R| ≥ 2 sind folgende Aussagen
¨
aquivalent:
a) R ist ein K¨orper.
b) {0} und R sind die einzigen Ideale von R.
c) Jeder Ringhomomorphismus ϕ: R → R0 in einen (nicht notwendig kommutativen) Ring R0 mit|R0| ≥2 ist ein Monomorphismus.
Beispiel 68: Wieso kann es (wegen Satz 8) keinen Ringhomomorphismus ϕ : R → Q geben?
(Tipp: welche dieser Mengen ist abz¨ahlbar?)
Beispiel 69: Beweisen Sie folgende Variante von Satz 8: ein kommutativer RingR mit|R| ≥2 ist genau dann ein K¨orper, wenn{0} ein maximales Ideal vonR ist.