Research Collection
Doctoral Thesis
Zur Kenntnis der Nitroso-azide
Author(s):
Gelderen, Frederik Marinus van Publication Date:
1912
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000091989
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ETH Library
Zur Kenntnis der
Nitrosoazide
Von der
Eidgenössischen Technischen Hochschule
in Zürich
zur Erlangung der
WMe eines Bote fler teclmisclißii WisseiscMtei
genehmigte
Promotionsarbeit
vorgelegt von
FREDERIK MflRINUS VflN GELDEREN,
dipl. technischer Chemiker,
aus ENSCHEDE (Holland).
Referent: Herr Prof. Dr. R. Willstätter.
Korreferent: Herr Prof. Dr. F. P. Treadwell.
ENSCHEDE (Holland) 1912.
BRONSEMfl'S DRUKKERIJ.
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in Dankbarkeit gewidmet.
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Lebenslauf.
Am 20. Mai 1887 wurde ich, Frederik Marinus
van Gelderen, zu Enschede (Holland) geboren.
Meine Vorbildung erhielt ich an der „Hoogere Burger school" zu Enschede. Im Herbst 1906
begann ich nach bestandener Aufnahmsprüfung
das Studium an der Eidgenössischen technischen Hochschule in Zürich. Im Frühjahr 1910 erwarb ich das Diplom als technischer Chemiker, begab
mich dann nach London und führte dort im Privat-Laboratorium des Herrn Professor Dr.
M. O. Forster F. R. S. im Royal College of
Science die vorliegende Arbeit in der Zeit vom
Oktober 1910 bis April 1912 aus.
Herrn Prof. Dr. M. 0. Forster F. R. S. in seinem Privatlaboratorium im Royal College of Science in der
Zeit vom Oktober 1910 bis April 1912 ausgeführt.
Es sei mir an dieser Stelle gestattet, Herrn Prof.
Dr. Fo r ste r für die Anregung zu dieser Arbeit, sowie auch für die wertvollen Ratschläge während der
•Ausführung, meinen aufrichtigen und bleibenden Dank auszusprechen.
London S. W. im April 1912.
South Kensington.
Einleitung.
Im Jahre 1866 hat Griess1) bei seinen Unter¬
suchungen über organische Verbindungen, in denen Wasserstoff durch Stickstoff vertreten ist, das Phenyl-
azoimid als erste Triazoverbindung dargestellt, und
zwar durch Einwirkung von Ammoniak auf Diazo- benzolperbromid.
Seitdem hat sich die Entwicklung der Triazochemie in so verschiedenen Richtungen ausgedehnt, dass es angezeigt ist,dieMethoden,wodurch diese interessanten
Verbindungen dargestellt worden sind, sowie deren typischen Reaktionen als Einleitung zu dieser Arbeit
zusammen zu stellen. Griess2) hat dasPhenylazoimid
reduziert und erhielt hierbei in saurer und alkalischer
Lösung die entsprechende Aminoverbindung. Durch Einwirkung von verdünnten AlkalienaufPhenylnitroso- hydrazin fand E. Fischer3) einen Körper, welcher
sich als identisch mit dem von Griess aufgefundenen Phenylazoimid erwies; Mai4) erhielt das Triazobenzol
aus Diazobenzolsulfat oder -chlorid mit alkalischem
Hydroxylamin. Mai hat die Versuche noch ausgedehnt
auf verschiedene Substitutionsprodukte.
Im Jahre 1892 haben Noelting, Grandmougin
& Michel5) nitrierte Derivate von aromatischen Azoimiden nach der Methode von Griess dargestellt ') Griess Annalen 137 64 (1866).
2) Griess. Ber. 21 1559 (1888).
3) E. F ische r. Annalen 190 92 (1877).
4) Mai. Ber. 25 372 (1892).
5) Noelting, Grandmougin & Michel. Ber.
25 3328 (1892).
und ihr Verhalten gegen Natriumalkoholat studiert, wobei sich ergab, dass die Azoimidgruppe abgespalten wird in ortho- und para-Derivaten, während noch ein gewisser Teil nur bis zur entsprechenden Amino¬
verbindung zerlegt wird. Noelting & Michel1)
haben ferner neue Methoden zur Darstellung der
Azoimide gefunden, mit direkter Überführung der Aminoverbindung in das Azid nach dem Diazotieren;
einerseits durch Einwirkung von freier Stickstoffwasser¬
stoffsäure und andrerseits durch Einwirkungvonfreiem Hydrazin, was als eine modifizierte Methode von
Fischer2) und Griess3) betrachtet werden kann.
Thiele4) studierte das von ihm dargestellte soge¬
nannte „Diazoguanidin" und fand,dassKalilauge diese Substanz in Cyanamid, Stickstoffwasserstoffsäure und
Salpetersäurezerlegt. Vielspäterhabenerst Hantzsch
& Vagt5) gezeigt, dass dieses „Diazoguanidin" als
Carbamidimidazid zu betrachten ist und sie haben die
Zerlegung mit Kalilauge erklärt.
1888 beschrieben Curtius & Lang6) die Dar¬
stellung von „Triazo-essigsäure" durch Erwärmen von Diazo-essigester mit conzentriertem wässrigem Alkali.
Hantzsch & Silberrad7) haben viele Jahre nach¬
her gezeigt, dass die vorgenannte Substanz als das
Bisdiazo-essigsäure zu betrachten ist und Forster &
Fierz8) haben zum ersten Male diewirkliche Triazo- essigsäure dargestellt.
') N~o"eTTing & Michel. Ber. 26 88 (1893).
2) E.Fischer. Ber. 10 1334 (1877) & Annalen 190
94 (1877).
3) K. Griess. Ber. 9 1659(1876)& Ber.20 1528(1887).
4) Thiele. Annalen 270 1 (1892).
5) Hantzsch & Vagt. Annalen 314 339 (1901).
6) Curtius & Lang. J. pr. Chem. 38 532 (1888).
') Hantzsch <& Silberrad. Ber. 33 58 (1900).
& Lehmann. Ber. 33 3668 (1900).
8) Forster & Fierz. Chem. Soc. 93 72 (1908).
Curti us und seine Mitarbeiter haben mehrere interessante Triazokörper dargestellt und ihrVerhalten gegen verschiedenen Reagenzien studiert; speziell das Verhalten der Carbonsäure-azide ') gegen Alkali, Al¬
kohole und Amine. Alkali gibt das Salz der entspre¬
chenden Säure und Alkaliazid, während Alkohole und Amine die Azidgruppe zerlegen unter Abspaltung von Stickstoff, wobei durch Umlagerung dasentsprechende Urethan, respective substituierte Carbamide entstehen.
Die Erklärung dieser Reaktionen wurde später gegeben,
als Schroeter2) und unabhängig hiervon Forster3) fanden, dassSäureazideinindifferentem Mediumerhitzt, Stickstoff abgeben, wobei das entsprechende Isocyanat
entsteht. Letztere Substanz ergibt dann Urethane oder Carbamide. Curtius4) fand ferner, dass die Sulfon-
azide im Gegensatz zu den Carbonsäure-aziden nicht
vondenfrühergenannten Reagenzien angegriffenwerden.
Rupe & von Majewski 5) haben im Jahre
1900 verschiedene Azide dargestellt nach der Perbro- midmethode, um zu untersuchen, in wie fern die Triazogruppe als osmophor betrachtet werden kann.
Sie fanden, dass die aromatischenVerbindungen einen typischen Geruch haben und dass weitere Einführung
von Azidgruppen diesen Geruch, welcher an Anis ') Curtius. Ber. 24 3343 (1891).
Ber. 27 778 (1894).
Ber. 20 1632 (1887).
Cu rtius & Lang. J. pr. Chem. 52 243 (1895) 2) Schroeter. Chem. Ztng. 32 933 (1908).
3) Forster. Chem. Soc. 95 433 (1909).
4) Curtiu s & Lore nz en. J.pr.Chem.58 165(1898).
„ & Portner. J. pr. Chem. 58 190(1898).
& Burckhardt. J. pr. Chem. 58 207 (1898).
5) Rupe & von Majewski. Ber. 33 3401 (1900).
erinnert,verstärkt. BeidenaliphatischenVerbindungen')
war dieser Geruch nicht bemerkbar.
1901 fanden Curtius & Darapsky2) neue
Methoden zur Darstellung von Aziden im Verlaufe Ihrer zahlreichen Arbeiten über Hydrazide und Azide,
und zwar durch Wasserabspaltung aus den Nitroso- hydrazinverbindungen und durch Einwirkung von
Silberazid auf die entsprechenden Jodverbindungen.
Später haben Forster & Fierz3) diese letzte
Methode verallgemeinert zur Darstellung von alipha¬
tischen Azidverbindungen durch doppelte Umsetzung
der Halogenverbindungen mit Natriumazid.
Bamberger & Demuth4) fanden in ihren Untersuchungen über Dimethylindiazonoxim6), dass Aetzlauge diese Substanz in das Ortho-azidoderivat
von Dimethylbenzaldehyd verwandelt. Sieprüften diese Reaktion mit verschiedenen anderen Indiazenen und konstatierten immer denselben Vorgang, sodass die genannten Forscher diese Reaktion als Nachweis von
Ortho-amidobenzaldoximen vorschlagen.
Durch Einwirkung von Natriumaethyiat und Säure¬
estern auf Triazoverbindingen fand D i m roth6) die
1. 2. 3. Triazolderivate; ferner studierte er zusammen mit Frisoni & Marshall7) die Kondensation
von Azidoverbindungen mit Ketonen in Gegenwart
von Natriumaethyiat. Es treten hierbei Komplikationen auf, indem die verschiedenen Reaktionsprodukte weiter
') Forster & Fierz. Chem. Soc. 93 669 (1908.) 2) Cu rtiu s & Darapsk y. J.pr.Chem.63428(1901.) 3) Forster&Fierz. Chem. Soc. 93 72 (1908.) 4) Bamberger <& Demuth. Ber. 34 1309 (1901.) 5) Bamberger <£ Weiler. J.pr.Chem. 58 333(1898)
haben diese Verbindung zuerst dargestellt.
6) Dim roth. Ber. 35 1029 <£ 4041 (1902 )
7) Dimroth, Frisoni <£ Marshall. Ber. 39 3920
(1906.)
aufeinander einwirken, woraus dann zuletzt ebenfalls Triazoleerhalten werden. Ausserdem erhielt D imroth1)
durch Einwirkung von Organo-magnesiumverbindungen
auf die Azide nicht nur die längstbekannten aroma¬
tischen Diazoaminoderivate, sondern auch einige sehr
interessantealiphatische VerbindungenderselbenKlasse.
Durch Darstelling des Methylazids zusammen mit Wislicenus2) aus Natriumazid und Methylsulfat
und Einwirkung von Methylmagnesiumjodid wurde
das Dimethyltriazen3) als einfachste Diazoaminover-
bindung erhalten.
Wo Iff & Lindenhayn4) studierten die Ein¬
wirkung von Cyankalium auf Triazoverbindungen,
wobei sich auch Diazoamino-derivate ergaben.
Als erster Vertreter war von Thiele5) das 1.
Cyan- 2. Carbamidimidtriazen aus „Diazoguanidin"
erhalten worden. Wo 1 f f stellte eine Reihe von fett¬
aromatischen Triazenen dar.
Dimroth & Merzbacher6) haben das Diazo- benzolimid angewandt zur Synthese von Triazolen,in1
dem bei der Einwirkung von Benzalphenylhydrazon
das 1. 3. Phenyltetrazol entstand.
Als neue DarstellungsmethodevonAzidverbindungen
fand Da r a psky7) die Oxydationder Semicarbazide, über Triazenverbindungen und Cyclotriazene zu den entsprechenden Azidverbindungen. Tilden & Mi 1- i) Dimroth. Ber. 36 909 (1903.)
Ber. 38 670 (1905.)
2) „ <& Wis1 ic e n u s Ber. 38 1573 (1905.) 3) „ Ber. 39 3905 (1906.)
4) Wolff & Lindenhayn. Ber. 37 2374 (1904.) 5) Thiele. Annalen 270 1 (1892)
und ferner Hantzsch & Vagt deren Arbeit schon erwähnt wurde.
6) Dimroth <S Merzbacher. Ber. 40 2402 (1907.) 7) Da r apsk y. Ber. 40 3033 (1907.)
lar') erhielten ebenfalls Azide durch Versetzen der
Hydrazine in essigsaurer Lösung mit Nitrosylchlorid.
Curtius & Darapsky2) studierten ferner die
Einwirkung von Hydrazin auf Diazoacetamid, wobei
Sie das Hydrazid der Triazoessigsäure erhielten. Die
Richtigkeit dieses Vorgangs wurde bewiesen durch die
Synthese derselben Substanz aus Jodessigester und
Silberazid.
Seit 1905 haben Forster und seine Mitarbeiter eine Reihe von Azidverbindungen dargestellt, nament¬
lich Carbonsäuren, Ketone und Aldehyde der alipha¬
tischen Reihe, worin ein Wasserstoffatom durch die
Triazogruppe ersetzt ist. Die Anregung hierzu wurde
gegeben durch die Darstellung des a-Triazocamphers3)
aus dem Camphoryl-pseudo- Semicarbazidunter Ein¬
wirkung von salpetriger Säure und zweitens durch
Auffindung einer sehr einfachen Darstellungsmethode,
welche gestattet die aliphatischen Triazoverbindungen
aus den entsprechenden Chlorderivaten durch Einwir¬
kung von Natriumazid zu erhalten.
In Gegensatz zu Phenylazoimid istdasa-Camphoryl-
azoimid sehr empfindlich gegen alkoholische Lauge;
eine Spur derselben entzieht schon ein Molekül Stick¬
stoff, wobei der Iminocampher entsteht (das Mono-
imin des Campherchinons.) Das Oxim dagegen ist
beständig. Es wurde ebenfalls gezeigt,4) dass Triazo- aethanol indifferent bleibt, während beiderEinwirkung
von Alkali auf Triazoketone eine lebhafte Gasent¬
wicklung beobachtet wurde. Die Untersuchung von
mehreren Triazoverbindungen5) betreffs ihresVerhalten ') Tilden & Miliar. Chem. Soc. 93 257 (1908.) 2) Curtius <£ Darapsky. Ber. 41 344 (1908.)
3) Forster <£ Fierz. Chem. Soc. 87 826 (1905.) 4) „ „ Chem. Soc. 93 1865 (1908.) 5) Förster* Müller. Chem. Soc. 95 191 & 2072(1909.)
Chem. Soc.97 126& 1056(1910.)
gegen Alkali hat ferner bewiesen, dass die Beständig¬
keit der Triazogruppe an einem aliphatischen Kohlen¬
stoffatom gegen conzentriertes Alkali im Wesentlichen bedingt wird durch die Natur von Substituenten, die
am gleichen Kohlenstoffatom stehen und durch etwa noch an diesem Kohlenstoff vorhandenen Wasserstoff.
V
Theoretischer Teil.
Nach dieser kurzen historischen Uebersicht der Triazochemie sollen im Folgenden die neuen Resultate beschrieben werden, welche ich erhalten habe bei der weiteren Anwendung des doppelten Umsetzungsver¬
fahrens zwischen Natriumazid und aliphatischen Halo¬
genderivaten auf die Nitrosochloride von ungesättigten Kohlenwasserstoffen. Die ersten Versuche wurden ge¬
macht, um festzustellen, ob die Nitrosate dieser Ver¬
bindungen eine ähnliche Veränderung erfahren durch den Ersatz der 0N02-gruppe durch den Azoimidkern,
weil die Nitrosate der Terpene manchmal leichter dargestellt werden können als deren Nitrosochloride.
Da diese Versuche früher nichtgemachtworden waren, nahm ich zunächst die einfachste Substanz dieser Klasse undzwardasAmylennitrosat(Trimethylaethylen- nitrosat.)
(CH3)2 : C (-ON02) • C (: NOH) • CH3
welches zuerst dargestellt worden ist von Guthrie1)- Späterzeigte Wa11a ch,2) dass Cyankalium inwässrig- alkoholischer Lösung darauf einwirkt unter Bildung
des Nitrils von Ketoximino-dimethylessigsäure.
J. Schmidt3) hat diese Versuche wiederholt und
gezeigt, dass ein bimolekulares Produkt vorhanden ist im Falle des Nitrosats, welches dann beim Behandeln mit verdünnten Alkalien in das monomolekulareoxim- nitrat übergeht.
') Guthrie Annalen 116 248 (1860)
*) Wa11a ch Annalen 245 243 (1888) 3) J. Sch mid t Ber. 35 3726 (1902)
Beim Erwärmen von frisch dargestelltem Nitrosat
mit einer alkoholisch-wässrigen Lösung von Natrium- azid, wird das suspendierte Nitrosat leichtübergeführt
in die entsprechende Triazoverbindung Amylennitroso- azid oder ß-triazo -,0-methylbutan -p-oxim, nach fol¬
gender Gleichung :
(CH3)2 : C CONO2) ' C (:NOH) • CH3 + NaN3 =
= NaN03 -f (CH3)2 : C - N3 • C (:NOH) CH3
Die Anwesenheit der /sonitrosogruppewurdebewiesen durch die Darstellung des Phenylcarbamylderivats. Die Benzoyl-, Toluyl- und p. Toluylsulfonderivaie sind Oele und konnten deshalb nichtcharacterisiertwerden.
Das auf diese Weise erhaltene Triazo-oxim ist mo¬
nomolekular und kann leicht hydrolysiert werden zu
dem entsprechenden Triazoketon. ß-triazo-ß-me- thylbutan-y-on.
(CH3)2 : C • N3 • CO . CH3)
welches als erste Triazoverbindung betrachtet werden kann, in welchem die Azidgruppe an ein tertiäres
Kohlenstoffatom gebunden ist. Der Vergleich mit Triazocampher'),Triazoaceton2)und dem Triazoderivat
von Methylaethylketon3) zeigte, dass sich das neue
Triazoketon bei der Einwirkung von alkoholischem
Natriumaethylatlösung ganz anders verhielt als jene Verbindungen, welche die Triazogruppe an einem primären oder secundären Kohlenstoffatom gebunden
enthielten. Während dort zwei Drittel des azidischen Stickstoffs abgespalten werden, zeigte sich beim ß- triazo-/S-methylbutan-y-on eine tiefer greifende Verän¬
derung, die sich durch eineintensive,blutroteFärbung verriet, wobei Stickstoff und Ammoniak auftraten.
Das Triazo-oxim dagegen wird von Natriumaethylat
) Forster&Fierz Chem. Soc. 87 826 (1905) 2) & „ Chem. Soc. 93 81 (1905) 3) & „ Chem. Soc. 93 675 (1908)
in eineMischungvonungesättigtenOximenumgewandelt, CH2
w
C - C (:NOH) - CH3 /
CH3
wobei die Azidogruppe als Natriumazid ausfällt.
Das Verhalten des Triazoketons gegen Alkali be¬
stätigt die Analogie der bei Triazocampher, Triazo- methyl und -aethylessigester beobachteten Reaktionen,
nämlich die Abhängigkeitvonvorhandenen Wasserstoff
am triazotierten Kohlenstoffatom.
Zum Characterisieren wurde das Ketonazid mittelst
Hydroxylamin in das Oximazid zurückgeführt; auch Semicarbazon und Thiosemicarbazon konntendargestellt
werden.
Zu Beginn der Untersuchung wurde erkannt, dass
das neue Triazoketon sich als sehr geeignet zeigt zur Darstellung von ß-amino-ß-methyl-butan-y-on, welches
daraus durch Reduktion zu erhalten war:
(CH3)2 : C (-N3) • CO ' CH3 -f- H2 =
== (CH3)2 : C (-NH2) • CO • CH3 + N2.
Die wohlbekannten Arbeiten von Gabriel, v.
Braun, Stöhr und anderen über die Aminoketone, haben zu Tage gebracht, dasssolcheSubstanzenleicht intromolekulare Kondensation erleiden, wobei Pyrazin- derivate entstehen. In Anbetracht der Tatsache* dass a-Aminocamphor ziemlich beständig ist, und in Anbe¬
tracht der Abwesenheit von Wasserstoff an den
Kohlenstoffatomen, welche verbunden sind mit der
Carbonyl- und Amino-gruppe in das obengenannte Aminobutanon, war Anlass zurHoffnunggegeben, diese Substanz als solche darzustellen. Die Versuche zeigten jedoch, dass, obgleich es möglich war, das Amino¬
butanon zu bilden in Form seines ßenzoy/derivats
oder Chlorhydrates, das Letztere mit Alkali doch nur
das Hexahydrat des Hexameth'yldihydropyrazin ergibt:
H2N N
\ Il \
CH3 -CO C:(CH3)2 CH3•C C:(CH3)2
I + I = II +2H20
(CH3)2:C CO-CH3 (CH3)2:C C• CH3
\ \ II
NH2 N
Dasselbe schmilzt bei 86—87° und ist ausserordentlich leicht sublimierbar. Es möge hervorgehoben werden, dass nurbei Reduktion mitsalzsaurerZinnchlorürlösung
die Salze des Aminoketons erhalten wurden. Die Reduktion mit Zink in essigsaurer Lösung ergab nie¬
mals ein Aminoketonderivat, da es hierbei unmöglich
war, die Substanz in saurer Lösung zu isolieren.
Die Krystalle des Hexahydrates verwandeln sich im Exciccator über Schwefelsäure oder Calciumchlorid unter Wasserabgabe in glasglänzende derbe Prismen, sodass die Substanz zur Analyse nur an der Luft ge¬
trocknet wurde.
Das Hexamethyldihydropyrazin wurde characterisiert durch Darstellung des Salzsäuren- und schwefelsauren Salzes und des Chloroplatinats.
Durch kräftigere Reduktion in alkoholischer Losing
mit Natrium wurde das Hexamethylpiperazin erhalten, welches in Form seines Pikrates analysiert wurde.
H N
H/ \
CH3•C C:(CH3)2
I I
(CH3)2:C C•CH3
\ /H
N H
Die FortsetzungdieserUntersuchungenmusste unter¬
lassen werden, da Gabriel1) gerade eine Arbeit
>) Gabriel Ber. 44 57 (1911)
publizierthatte, worindasselbeAminoketon beschrieben wird, erhalten durch Kombinieren von Phtaliminoiso- butyrylchlorid mitAethylnatriummalonat undnachherige Hydrolyse mittelst Jodwasserstoffsäure.
Die Untersuchungen über das Amylennitrosoazid gaben Anlass zur Uebertragung dieser Reaktionen auf die Nitrosochloride und Niirosate der Terpene. Es zeigte sich, dass das Nitrosat von Dipentensehrleicht
in das Nitrosoazid übergeführt werden kann mit einer Ausbeute, welche diejenige des Amyiennitrosoazids
übertrifft. Zu gleicher Zeit wurde von Forster &
Newman1) gezeigt, dass die Nitrosochloride von
Pinen und a-Terpineol ebenfalls krystallisierteNitroso-
azide ergeben. Obgleich bei Dipentennitrosat eine gute Ausbeute an Nitrosoazid erhalten wurde, waren die aktiven Limonennitrosoazide begleitet von oeligen Nebenprodukten, sodass die Ausbeute abnimmt bis
auf 20 %. Einer ähnlichen Schwierigkeit sind Tilden
& Leach2) bei Versuchen mit den Limonennitroso- cyaniden begegnet,wobeimindestens60%Oelentstand.
Nach den wohlbekannten Versuchen vonWallach3)
welche sich mit der Darstellung von Nitrolaminen aus
den Limonennitrosochloriden beschäftigen, und nach
der Tatsache, dass Le a ch die a- und /?-Nitrosocya-
niden isolierte, Hess sich erwarten, dass aus jedem Kohlenwasserstoff zwei isomere Nitrosoazide zu er¬
halten sind. Es wurde jedoch nur ein Derivat isoliert
aus den a- und ß-Nitrosochloriden. Da Leach's Versuche zeigten, dass die Ausbeute des /S-Nitroso- cyanids nur bis 2 % beträgt, so ist es sehr gut mög-
') Forster & Newman Chem. Soc. 99 244 (1911) 2) Tilden &Leach Chem. Soc. 87 414 (1905)
Le a ch Chem. Soc. 91 1 (1907)
3) Wallach Annalen 252 113 (1889)
Annalen 270 181 (1892)
lieh, dass das fehlende Nitrosoazid sich im Oel be¬
findet, welches immer in grosser Menge neben den krystalisierten Produkten entsteht.
Das Ausgangsmaterial Dipenten, dessen Konstitution durch die Arbeiten von Wagner gestützt auf die Resultate des oxydativen Abbaus von Tiemann'),
wie auch durch die synthetischen Arbeiten von Pe r-
kin2) aufgeklärt worden ist, wurde nach derMethode
von Wallach3) auf die isomeren Nitrosochloride verarbeitet. Von Baeyer4) hat die Nitrosochloride als bimolekulare Substanzen erkannt; dagegen ergab
die Molekulargewichtsbestimmung der Nitrosoaziden, alsauch das allgemeine chemische Verhalten, dass letztere Verbindungen als monomolekulare Oximazide
zu betrachten sind, wie auch Le a ch bei der Unter¬
suchung seiner Nitrosocyanide gefunden hat. Sowohl
die aktiven als inaktiven Nitrosoazide wurden charac- terisiert durch Darstellung derPhenylcarbamylderivate,
während die Benzoyl-, Acetyl-, und anderen Derivate nicht im festen Zustand isoliert werden konnten.
Einwirkung von Natriumalkoholat in alkoholischer Lösung führte zu den entsprechenden Carvoximen,
wobei Stickstoffwasserstoffsäure als Natriumazid ge¬
fällt wurde. Das rechtsdrehende Nitrosoazid ergab ein linksdrehendes Carvoxim und umgekehrt; ganzAnalog
denVersuchenvon Wallach5) und GoldSchmidt.6)
Die Betrachtung der Konstituonsformeln, welche
weiter unten angegeben sind, erklärt die Nitrosoazide
von Dipenten und den Aktiven Limonenen als Oxime
i) Tiemann Annalen 356 343 (1907) 2) Pe rk in Chem. Soc. 85 654 (1904) 3) Wallach Annalen 252 106 (1889) 4) Von Baeyer Ber. 28 1311 (1895) s) Wallach Annalen 246 227 (1888) 6) Goldschmidt Ber. 18 2220 (1888)
von cyklischen Triazoketonen, und es war deshalb angezeigt zu versuchen, die Triazoketonen durch Hy¬
drolyse zu erhalten, nachdem gezeigt wurde, dass das Amylenketonazid leicht aus dem Amylennitrosoazid
erhalten werden kann.
Im Falle der terpenoiden Nitrosoazide begegnete
ich jedoch Schwierigkeiten, welche durch die leichte
Umwandlung des Limonencomplexes in benzoide Produkte mittelst Mineralsäuren bedingt waren. Die Hydrolyse konnte nicht ausgeführtwerdenmitMineral¬
säuren, nur durch Anwendung von Wal lach's Methode1), wobei die Substanz mit überschüssiger Oxalsäure versetzt und mit Wasserdampf destilliert wird, erfolgt die glatte Abspaltung der Oximinogruppe
und es entsteht dasentsprechende Triazodihydrocarvon
(Limonenketonazid).
Wie aus nebenstehender Formel ersichtlich, gehört
das Triazodihydrocarvon zu der Klasse von Triazo¬
ketonen, worin das triazotierte Kohlenstoffatom tertiär ist und in Uebereinstimmung mit den schonentwickelten
Prinzipien zeigt es verschiedenes VerhaltenvonTriazo-
campher und Triazo-aceton bei der Einwirkung von
alkoholischen Alkalien, welche nicht zwei Drittel des azidischen Stickstoffs freisetzen, sondern die Triazo- gruppe eliminieren als Stickstoffwasserstoffsäure,wobei Natriumazid entsteht.
') Wallach Annalen 346 231 (1906)