von Conrad llofmann In SIttncIien.
Es klingt vielleicht wie Ket/.erei , wenn man jetzt noch
mit der Behauptung auftritt, homo sei nicht Adam, nicht der
Erdgeborne, und deus keineswegs das sanskritische deva, nocb
viel weniger das griechische &tög.
Man hat homo gewöhnlich mit bhumi, dieses mit humus
identificirend, zusammengestellt, und humanus direct von homo
abgeleitet, was alles sich recht schön abrundet , aber hinter¬
drein doch manche skeptische Bedenken zulässt. Dass das
sanskr. bh im Lateinischen der Regel nach durch f wieder¬
gegeben wird , ist bekannt und bestätigt sich auch an der
vorliegenden Wurzel bhu, die im Lateinischen /m — lautet.
Warum sollte dieselbe Wurzel in homo und humus, welche
beide ich keineswegs zusammenstelle, durch h wiedergegeben
sein? Homo ist gebildet mit dem Suffixe mo, minis, welches
dem sanskr. mä Genitiv manas entspricht, so wie das neutrale
men, minis (z. B. in carmen) dem sanskr. neutralen ma Gen.
manas, so dass wir also annehmen dürfen , die Suilixa mä
und ma haben im Sanskrit ursprünglich män und man gelau¬
tet, was durch das griech. — firjv bestätigt wird.
Dieses mä bildet nomina agentis, ma nomina actionis; wir
müssen also in ho eine Wurzel suchen, die fähig ist, ein
solches nomen agentis zu werden, was bei bhu nicht stattfindet.
Da sich nicht aus dem Latein und Sanskrit allein über
die ursprüngliche Natur des Ä entscheiden lässt , weil es
in heiden Sprachen als Vertreter ganz verschiedener Laute
dient, so wenden wir uns zunächst an das Gothische, wo uns
homo als guma, (Gen. gnminx, altliochdeutsch gomo, angels.
guma, nordisch gumi) und das Litthauische, wo es als imogns,
Plur. zmones, erscheint, dessen gus ich zwar nieht zu erklä¬
ren vermag, höchstens an sanskr. ju (geboren, in Zusammen¬
setzung) erinnern möchte, was indess fiir die Identität des
Wortes mit homo gleichgültig ist, da der Plural dieses An¬
hängsel verliert und zmones mit homines ganz genau über¬
einstimmt. Diese beiden Formen nun weisen auf einen ur¬
sprünglichen G-laut zurück, und die gothische insbesondre
auf einen aspirirten G-laut, auf gh, was wir freilich auch im
Sanskrit in den allermeisten Fällen schon zu h verdünnl
sehen. Wir haben nun im Sanskrit zwei Wurzeln, in denen
sich ein solches aus gh entstandenes h findet, hu und hve,
(opfern, rufen). Ich schreibe letztere, wie sie die indischen
Grammatiker schreiben, wiewohl es in der That keine Wur¬
zeln auf e im Sanskrit giebt und die eigentliche Form der
Wurzel hva lautet, dessen a die Grammatiker mit dem Binde-
vocal des Präsens y in e zusammenziehen. Allein auch in
hva sehen wir nur eine nach phonetischen Gesetzen umgewan¬
delte Form für hava, welches in den Veden wirklich vor¬
kommt, havate, havämahe , und daneben die für unsere nach¬
folgende Untersuchung wichtige verkürzte Form hvhmahe. Die
reduplicirende Wurzel hu ist nun wesentlich dasselbe was hva
oder hava oder , um es richtiger auszudrücken , die iterative
Form der Wurzel hava, in der sich nach Ausfall des a der
Halbvocal in seinen entsprechenden Vocal verwandelt hat. Ich
glaube, dass wir hiermit auch den Grundbegritf von hu ge¬
funden haben : juhoti er opfert , bedeutet so viel als : er ruft
eifrig. Dem lat. homo würde also eine Sanskritform hvamä,
Gen. hvamanas, od. havmä entsprechen. Man kann allerdings
einwenden, es müsste, da das Sufüx man Guna verlangt,
hvamä heissen, allein diess ist nicht der Fall. Wurzeln mit
zwei Consonanten guniren das a nicht, und wenn aus kri karma
wird, so ist diess eben nnr ein scheinbares Guna, d. h. das
Suffix schliesst sich hieran die eigentliche, reine Wurzel-
forni an, die kar und erst durch Verkürzung kri lautet. Aus
havmti nun niuss im Sanskrit homa werden, d. h. der Halb¬
vocal V wird zum Vocal des nachfolgenden Consonanten und
bildet nun mit a den Vocal «//, der später, wie in so vielen
andern Sprachen, o wird.
Dieses homä mit homo zu identificiren , wäre ein ar¬
ger Missgrift". Wir müssen, um homo zu erklären, auf die
ursprünglichen Formen hvaman und havman zurückgehen, die
nach sanskritischen Lautgesetzen allerdings nicht mehr vor¬
kommen können, aber theoretisch vorausgesefzt werden müs¬
sen. Aus hvamu nun wird durch Ausfall des v, welches
aber eine Trübung des a hinterlässt, wodurch dasselbe zu
kurzem o wird (wie »oror aus tvasri), homo, aus havmä wird
die Nebenform hemo , Indem v vor m ausfällt und a zu e
wird. Hemo also, und nicht homo, wäre mit homä iden¬
tisch. Die Bedeutung von homo ist demnach: der Rufende,
Sprechende, mit Sprache Begabte, gewiss die einfachste und
nächstliegende Bezeichnung des Menschen. Humanus dürfen
wir natürlich nicht direct von homo ableiten, sondern müssen
es als Part, auf mäna von der Wurzel hu od. hva fassen ').
Wir sehen hiermit, dass homo aus derselben Wurzel stammt,
wie das sanskr. jihvä Zunge, die man nicht länger mit din-
gua und lingua, (von den Wurzeln dih und lih) zusam¬
menstellen sollte. (Wegen lingua vergleiche man litth. liezuwis
die Zunge, und laiiau lecken.) Jihvä ist eine Iterativform von
hva und bedeutet die Ruferin, vorausgesetzt, dass die Bedeu¬
tung rufen wirklich die ursprüngliche unserer mehrerwähnten
Wurzel und nicht selbst bereits von einer noch concreteren,
sinnlichereii Bedeutung oder vielmehr Anschauung abstrahirt
1) Man vergleiche z. li. die vedische Form juhnniiisi, die uns wohl auf hfimt'inii einen .Schluss erlauht.
ist; denn icli glaube, wir braueben lieutzutage Iveinen Be¬
weis mebr, dass Friedrieb Schlegels Ansicht , die Sprach¬
wurzeln hätten ursprünglich abstracte und allgemeine Bedeu¬
tungen gehabt, das absolute Gegentheil der Wahrheit ist
und alle vergleichende Sprachforschung geradezu auf den
Kopf stellen würde.
Dass deus, d-tög und devas identisch seien, ist einer der am
allgemeinsten angenommenen Sätze der vergleichenden Gram¬
matik. Aus devas construirt man deus durch die Annahme,
das V sei ausgefallen, und in Folge dessen habe sich das e
verkürzt. Dieselbe Verkürzung und denselben Ausfall des
V nimmt man im Griech. an, ist aber ausserdem noch ge¬
nöthigt, die Verwandlung des d in # durch den Einfluss des
ausgefallenen v zu erklären. Was nun das Lateinische be¬
trifft , so ist bekannt , dass ein Ausfall des v zwischen zwei
Consonanten hier keineswegs , wie im Griechischen , durch
die Lautlehre gefordert wird, und das sanskritische e keines¬
wegs einem lat. e entspricht. Daher müssen wir diese Etymo¬
logie aufgeben, und devas mit divus gleichstellen , welches
ihm auch in der Bedeutung am nächsten kömmt. Vielleicht
wird sich durch umfassendere Untersuchungen ergeben, in wel¬
chen Fällen einem sanskr. gunirten Vocal im T^ateinischen
die Verlängerung des Vocals entsprechen muss. Hier würde
eine solche Untersuchung zu weit führen. Da das e von
deus in der Flexion mit » wechselt {dii, diis), so dürfen wir,
wie in eo, is, imus, eunt, iens, eunlis, i als das Ursprüng¬
liche setzen und e als durch den Einfluss des folgenden u
und o entstanden betrachten. Auf eine Form dius zu sehlies¬
sen berechtigt uns das Vorhandensein von dies und Diana,
in denen man Ausfall eines v nur unter der Voraussetzung
annehmen kann, dass überhaupt eine Wurzel di gar nicht
existirt habe. Gleichwohl finden wir im Sanskrit adya heute,
sadyas sogleich, dina Tag, diti die Mutter der Dämonen
(Asuren), lauter Formen, die auf eine Wurzel di weisen,
wenn man nicht in allen ein ausgefallenes v annehmen will.
Ini Irischen heisst dia Gott; hier hätten wir also die am
reinsten erhaltene Forn» des Wortes. Die germanischen
Dialecte hahen die dem sanskritischen div entsprechenden For¬
men Till, Zio, Tijr-snn, von deva keine Spur. Erst das
Litthauische, hei dem man wohl eine spätere Trennung vom
Sanskrit annehmen darf, hat diewas , was indess nicht noth¬
wendig auf deva führt, sondern auch einem sanskr. diva ent¬
sprechen könnte. Die Wurzel div selbst scheint eine abge¬
leitete zu sein, wenigstens spricht die Verlängerung des Vocals
in der Flexion und die Formen dyo dyavi für ein ursprüngl.
dyav aus di - av.
Dass das griech. d-tög = denn = devas sei , soll daraus
hervorgehen, dass das ausgefallene v die Wirkung gehabt habe
S zu aspiriren. Zum Beweise wird dvyü%i]Q — duhitri und d^vQu
=zdvtira angeführt, (den y/aX?; von nivoi steht noch eben so un¬
bewiesen als d-iltg von devas). Dass in &vyuTtjQ das d- durch den
Zurücktritt der Aspiration und nicht durch den Einfluss des u
entstanden ist, bedarf wohl keines Beweises. Eben so können
wir das & in &vQa dem Einflüsse des q zuschreiben, wenn es
wirklich = dvdra sein soll, wiewohl auch das goth. daur auf
ursprüngliches dh zurückweist. Da ferner neben d-tög und
seinen Ableitungen eine Reihe von Formen mit anlautenden
S besteht, die unzweifelhaft zum sanskr. div gehören, so
sieht man nicht ein, warum v gerade nur bei &iög die Aspi¬
ration des Anlauts zur Folge gehabt haben solle. Es findet
sich nun im Sanskrit eine Form, die mit &tög absolut iden¬
tisch ist: dhava. In den Veden kommt des Wort, wie ich aus
einem Auszuge des Nirukta ersehe, vor mit der Bedeutung
manushyu, später bedeutet es Gatte, Hausherr; der erste der
Vasavas heisst Dhava. Die Urbedeutung des Wortes wage ich
nicht zu bestimmen, nur so viel steht ausser Zweifel, dass es
mit der Wurzel dhu zusammenhängt. Dass Götter in den Ve¬
den mit iMenschennamen angeredet werden, ist bekannt;
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purusha, Manu, bedeutet sogar den Weltgeist; icb erinnert
ferner an pali, das von Göttern und Menschen gebraucht
wird, im Griech. (noaig) nur noch von Menschen oder wenig,
stens im menschlichen Sinne.
Die vergleichende Grammatik muss sich, wie Grimm mit
Recht bemerkt, an die Form halten, Buchstaben um Buch¬
staben erklären und nicht Wörter, die gleiche Bedeutung und
scheinbar gleiche Form haben , zusammenstellen , so lange
auch nur ein Buchstabe widerstrebt; am wenigsten aber darf
sie für einzelne Fälle, die sich nicht mit den vorhandenen
Mitteln erklären lassen, exceptionelle Regeln machen, wie es
tausendmal geschehen ist. Ich bin weit entfernt, meine
oben ausgesprochenen Vermuthungen für bewiesen zu halten,
und glaube sogar, das sie weder bewiesen nocb widerlegt wer¬
den können, so lange es der vergleichenden Grammatik der
arischen Sprachen an einer wissenschaftlichen Bearbeitung der
Lautlehre fehlt, wie sie Grimm für den germanischen Spra¬
chenkreis geliefert und damit das Gewisse an die Stelle des
Geistreichen gesetzt hat, einer Kategorie, die in der verglei¬
chenden Sprachkunde so wenig als möglich zur Anwendung
kommen sollte, wenn diese Wissenschaft für die Geschichte
des Menschengeschlechts wirklich das werden will , was die
Geologie für die Geschichte unseres Weltkörpers zu werden
verspricht.
mitgetheilt vom Herrn Missionar
vr. Ci. Scbaufner.
Constantinopel d. 28. Apr. 1847.
. . Ich schliesse Ihnen hier zwei Fetwa's bei, die, wenn sie Ihnen niehi schon von anderer Seite mitgetheilt worden sind , für die Leser ihrer orien¬
talischen Zeitschrift nicht uninteressant sein dürften. Ich habe denselben eine einfache, möglichst genaue L'ebersetzung beigefiigt, um der Redaction eine kleine Mühe zu ersparen. Einige eingängliche Bemerkungen bezeichnen den Standpunkt dieser beiden theologischen Gutachten.
No. 1. Bezieht sich auf die Bekehrung der Aleppinischen unirien Griechen zur katholischen Kirche. Schon vor ungefähr zwei Jahrhunderten fingen die Ge- niüther Mehrerer dort an, sich dem Kalholicismus zuzuneigen, bis endlich vor beiläufig hundert Jahren der Kampf entschieden und die unirten Griechen in Aleppo anerkannt wurden. Das hierauf bezügliche Fetwa (No. 1.) befindet sich in einem Mscpt. , das mir nicht zu Gesicht gekommen ist. Ein Expl.
dieses sehr seltenen Buches existirt in der Bibliothek unserer Missionsstation zu Beirüt, und Herr v. Wildenbruch, k. Preuss. Consul daselbst, hat sich eine Abschrift davon anfertigen lassen. Der Verf. des Tarieh's von 3 Bden.
ist der Emir Haider. Er Hingt mit der Geburt Mohammeds an und führt die Geschichte bis in die neuesten Zeiten herab. Ungefähr vor 10 Jahren starb dieser Mann; er gehörte zu der Familie, die sieh Beit Shehäb nennt; das Oberhaupt derselben lebt hier in einer Art Verbannung. Emir Haider scheint sich die arabischen und griechischen Geschichtschreiber fleissig zu Nutze ge¬
macht zu haben; er hat dann die Begebenheiten seines eigenen Zeitalters hinzugefügt. Das Ms. enthält, wie ich vernehme, auch eine Geschichte der Drusen und manches Anziehende aus der Geschichte von Constantinopel.
Es existirt noch ein anderes Werk in arabischer Sprache, nämlich die Geschichte des Patriarchats von Antiochien vom Apostel Petrus an bis zur Entscheidung des kirchlichen Streits, auf welchen sich das Fetwa 1. bezieht.
Es wird darin zwar von diesem Doeumentc gesprochen, aber eine Abschrift davon enthält diese Geschichte nicbt.