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Wie fü r alle M e n s c h e n auf d e r Erde w a r auch f ü r die alten Ä g y p t e r der Garten ein Ort der Erqui
c k u n g u n d d e r Versorgung.1 D a r ü b e r h i n a u s aber trat f ü r sie, z u m i n d e s t ab d e r Mitte des 2. Jahrtau
s e n d s , n o c h eine a n d e r e B e d e u t u n g d e s G a r t e n s i m m e r m e h r in d e n Vordergrund, die mit ihren Vor
stellungen v o m Leben nach d e m T o d e z u s a m m e n hing. Für die Ä g y p t e r w a r d a s Leben mit d e m p h y sischen Tod nicht z u Ende; vielmehr gab es f ü r sie Leben z u b e i d e n Seiten d e r Todesschwelle, u n d es sieht g a n z so aus, als hätten sie d a s Leben „ d o r t "
fast höher bewertet als das Leben „hier". Z u m i n d e s t w a s die zeitliche Erstreckung angeht, hielt das dies
seitige Leben f ü r sie keinen Vergleich a u s mit d e m jenseitigen. So kann m a n in einer Grabinschrift lesen:
„Ein Weniges n u r an Leben ist d a s Diesseits, die Ewigkeit (aber) ist im Totenreich."2So richteten sie all ihr Sinnen u n d Trachten auf d a s Jenseits u n d m a l t e n es sich in einer u n e r h ö r t e n Fülle v o n Bil
d e r n u n d Beschreibungen aus.
Z u diesen Bildern gehört a u c h die Vorstellung eines jenseitigen Gartens. Sein ägyptischer N a m e b e d e u t e t übersetzt „das Binsengefilde"; es ist die ägyptische E n t s p r e c h u n g z u d e m , w a s in der grie
chischen M y t h o l o g i e „Elysion" heißt u n d in der a b e n d l ä n d i s c h e n Kultur in vielfachen A b w a n d l u n g e n (bis hin z u der Pariser Prachtstraße C h a m p s Elysees) weiterlebt. D e r S o n n e n g o t t b e s u c h t d a s Binsengefilde in der 9. Tagesstunde, also liegt es i m S ü d w e s t h i m m e l , aber es w i r d in d e n Texten a u c h mit d e r U n t e r w e l t in V e r b i n d u n g gebracht.
Jedenfalls h a n d e l t es sich u m einen jenseitigen Ort;
es ist nicht leicht, d o r t h i n zu gelangen, u n d auf kei
n e n Fall b e k o m m e n Lebende ihn je z u Gesicht. Wer nach d e m Tod d a h i n strebte, m u s s t e d a s Totenge
richt bestehen, w o d e m Gerechtfertigten d a s ewige Leben u n d ein G r u n d s t ü c k im Binsengefilde zuge
s p r o c h e n w u r d e , d a s er selbst b e b a u e n m u s s u n d v o n d e s s e n Erträgen er in d e r Ewigkeit ein sorg
loses Leben f ü h r e n kann.3Das Binsengefilde ist ein v o n Teichen u n d breiten Kanälen bewässerter Ort der Fülle; d a s Getreide steht dort unglaublich hoch, aber es m u s s geerntet u n d verarbeitet w e r d e n . Das Binsengefilde ist kein Schlaraffenland. Es ist nach unseren Vorstellungen ein sehr praktisches u n d ak
tives Paradies; v o n Blumenwiesen u n d M ü ß i g g a n g k a n n keine R e d e sein. D e n Ä g y p t e r n aber galt es als ein Ort der Sehnsucht, d e n sie in ihren Gräbern u n d T o t e n b ü c h e r n oft abgebildet haben.
Im Laufe des N e u e n Reiches, also ab 1500 v. Chr., zeichnet sich n u n eine grundsätzliche W e n d e in den Vorstellungen der Ä g y p t e r v o m Leben nach d e m T o d e ab. Die Sehnsucht richtet sich jetzt viel eher auf d a s Diesseits als auf d a s Jenseits. Der höchste W u n s c h d e s Ä g y p t e r s ist es n u n , „ H e r a u s z u g e h e n a m Tage".4Die F o r m e l k o m m t z w a r v e r e i n z e l t schon f r ü h e r vor, aber jetzt w i r d sie zentral, ja ge
r a d e z u allbeherrschend. Der „Tag", in d e n m a n hin
a u s z u t r e t e n w ü n s c h t , ist die v o m Sonnenlicht er
füllte Oberwelt, d a s Diesseits. Hierhin m ö c h t e m a n in v e r w a n d e l t e r Gestalt z u r ü c k k e h r e n . Das Toten
b u c h enthält einen Zyklus v o n zwölf Kapiteln, die zwölf solchen Gestalten g e w i d m e t sind, die d e r ge
rechtfertigte u n d „verklärte", d. h. in einen unsterb
lichen Geist u m g e w a n d e l t e , Tote bei dieser Rück
kehr auf die O b e r w e l t f ü r die D a u e r eines Tages a n n e h m e n kann.5 Drei Orte sind es vor allem, die er in v e r w a n d e l t e r Gestalt b e s u c h e n möchte: d a s H a u s , d a s Fest u n d d e n Garten. Beim H a u s geht es vor allem u m das Wiedersehen mit der Familie u n d die Fürsorge f ü r die N a c h k o m m e n , b e i m Fest u m die Eingliederung in eine Festgemeinschaft, die das Fest ihres Gottes feiert, u n d u m die festliche Gottes
n ä h e , beim Garten aber geht es g e n a u w i e im dies
seitigen Leben u m E r q u i c k u n g u n d Versorgung.
Dieser G a r t e n , in d e m sich d e r Tote e r g e h e n möchte, ist nicht m e h r d a s jenseitige Binsengefilde, s o n d e r n liegt u n z w e i f e l h a f t auf der Erde. Er w i r d als ein W a s s e r , Schatten u n d Fülle s p e n d e n d e r Teichgarten beschrieben mit P a l m e n u n d Sykomo
ren. In e i n e m in m e h r e r e n G r ä b e r n der 18. Dynas
tie b e z e u g t e n Spruch w ü n s c h t sich d e r Grabherr:
„Sich z u v e r w a n d e l n in einen l e b e n d e n Ba, ach, m ö g e er n i e d e r s c h w e b e n auf seiner B a u m p f l a n z u n g , m ö g e er d e n Schatten seiner S y k o m o r e n e m p f a n g e n , m ö g e er r u h e n (sndm) in d e r Ecke seines Teiches, i n d e m seine Statuen bleiben in seinem H a u s (= Grab) u n d entgegennehmen, w a s auf Erden gegeben w i r d u n d i n d e m [sein] Leich
n a m [ruht in d e r G r a b k a m m e r ] . "6
A u c h d e r folgende S p r u c h k o m m t öfter vor:
„Ein u n d a u s z u g e h e n in m e i n e m Grabe, d a ß ich mich erquicke an seinem Schatten, d a ß ich Was
ser trinke v o n m e i n e m Teich Tag f ü r Tag u n d alle m e i n e Glieder gedeihen. M ö g e H a p i mir N a h rungsFülle u n d Opfergaben g e w ä h r e n u n d Ge
m ü s e z u ihrer Zeit. Möge ich mich ergehen a m Ufer meines Teiches Tag f ü r Tag o h n e Aufhören, m ö g e mein Ba sich niederlassen auf den Zweigen der Bäume, die ich gepflanzt habe, m ö g e ich mich erquicken unter d e n Zweigen meiner Sykomoren u n d von d e m Brot essen, das sie geben."7
Auf einem Pfeiler des Grabes des A m e n e m h e b (TT 85) ist der Besuch des G r a b h e r r n in seinem Gar
ten dargestellt. Im beigeschriebenen Text heißt es:
„ H e r a u s k o m m e n z u r Stadt, u m [ A m u n ] z u se
hen8d a m i t ich d e n Lichtglanz seiner Sonnen
scheibe e m p f a n g e . Das H e r z z u erheitern in der westlichen Flur, ein u n d a u s z u g e h e n inmitten seines Teichgartens, d a s H e r z z u k ü h l e n unter seinen Bäumen. Die Arbeit der Feldgöttin zu ver
richten (?) [...] seiner Blüte, Wasser z u trinken a u s seinen Vogelteichen, Lotusblüten z u riechen u n d K n o s p e n zu p f l ü c k e n seitens des N N . "9
Abb. 122: Grabkammer des Sennedjem (19. Dynastie) in Theben-West (TT 1). Links die Ostwand, rechts der Kammer
zugang. Teilbereich der Grabkammerreplik.
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Abb. 123: Grabkammer des Sennedjem. Der Grabherr und seine Frau bei der Ernte und Feldarbeit im Binsengefilde;
darüber kniet das Ehepaar u. a. vor den Göttern ReHarachte, Osiris und Ptah. Detail aus der Grabkammerreplik.
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/4bb. 224: Hauptbegräbnisstätte der einflussreichen thebanischen Bevölkerung. Hunderte Grabanlagen befinden sich in den westlichen Bergen von Theben und deren Umfeld. Im Vordergrund eine moderne Siedlung.
Auch im Grab des Tjanuni (TT 76) ist der Grab
herr auf einem Pfeiler dargestellt, wie er mit dem Stab in der Hand sein Grab verlässt, „um die Son
ne zu schauen". Der begleitende Text handelt vor allem von seinem Besuch im Garten:
„Hervortreten aus der Erde, um die Sonne zu schauen alltäglich und Tag für Tag.
Auf der Erde wandeln wie im Diesseits in der Art des Erdendaseins.
Sein Haus der Lebenden besuchen, um sich zu vergnügen an seinem Teich und sich zu erfri
schen unter seinen Sykomoren, um sich zu er
freuen an seinem Baumgarten seiner Totenstif
tung, um Papyrus und Lilien auszureißen, um Blüten(?) und Knospen zu pflücken, Pflanzen, Feigen und Trauben, indem seine Sykomoren vor ihm sich bewegen und ihm die Brote darbrin
gen, die in ihnen sind, indem sein Teich ihm die Wasserflut spendet, auf daß sein Herz sich be
friedige am kühlen Wasser."
10In diesem Text wird der Garten in den Farben des Elysiums beschrieben, genau wie jenes Binsen
und Opfergefilde, zu dem der Tote in den älteren Texten hinstrebt, ein Ort der Erquickung und der unvergänglichen Nahrungsfülle. Hier aber handelt es sich völlig eindeutig um einen diesseitigen Gar
ten und nicht um einen jenseitigen Ort. Hören wir noch einige weitere Beispiele dieses Motivs in In
schriften der 18. Dynastie:
„Mögest du dich nach deinem Wunsche ergehen an dem schönen Ufer deines Sees.
Dein Herz erfreue sich in deinem Baumgarten, wenn du dir unter den Sykomoren Kühlung ver
schaffst; dein Herz befriedige sich im Nun
11im Inneren des Brunnens, den du angelegt hast für immer und ewig."
12„Mögest du veranlassen, daß du eintrittst (lies:
ich eintrete) und ich hervorkomme nach meinem Wunsche zum
13Eingang meines Grabes, möge ich tagtäglich in seinem Schatten sitzen.
Möge ich lustwandeln am Gestade des Teiches, täglich und ohne Unterlaß.
Möge sich dann mein Ba auf den Zweigen dei
ner Palmen niederlassen."
14Von was für einem Teichgarten ist hier die Re
de? Hat sich der Grabherr zu Lebzeiten einen sol
chen Garten angelegt? In Verbindung mit seinem Wohnhaus, das man sich dann als eine Villa im Grü
nen vorstellen muss? Als eine vom Wohnhaus un
abhängige Anlage auf dem Lande? Oder als einen Garten in Verbindung mit dem Grab?
Ein solcher Grabgarten, der genau zu den Be
schreibungen in den Totenwünschen passt, hat sich tatsächlich archäologisch nachweisen lassen: im Vorhof des Totentempels des Amenophis, Sohn des Hapu, in Medinet Habu/ThebenWest (Abb. 125).
Er stellt das Ideal eines Grabgartens dar, wie er in
den Texten beschrieben wird.
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Abb. 125: Grundriss des Totentempels des Amenophis, Sohn des Hapu (18. Dynastie), in Theben-West. Im Vor
hof befand sich ein tiefes Wasserbecken, das von 20 Bäu
men (vermutlich Sykomoren) umgeben war. Rekonstruk
tionszeichnung.
Abb. 127: Opfertafel der SatIntef (Kalkstein, Länge:
41,6 cm, Breite: 29,8 cm, Höhe: 6,1 cm, Tiefe der Becken:
1,22,3 cm), aus dem Mittleren Reich (11. bis frühe 12.
Dynastie). Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Inv.Nr H410).
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Abb. 126: Nekropolengarten mit zwei Dattelpalmen, einer Sykomore sowie einem Opfertisch und einem Wasserbecken.
Umzeichnung einer Darstellung auf der Holzstele der Djedamuniuanch (22. Dynastie).
Mitten im Vorhof befand sich ein viereckiges Becken (Seitenlänge 26 m), das von 20 Bäumen (ver
mutlich Sykomoren) umstanden war. In dem Be
cken haben sich noch Reste von Fischen gefunden.
Dieser Garten gehört aber zu einer tempelarti
gen Anlage. Die normalen thebanischen Felsgräber konnten ein solches Projekt nicht realisieren. Es ha
ben sich aber Miniaturgärten sowie Pflanzbecken oder OsirisBeete gefunden, die man als symboli
sche Andeutung eines Grabgartens interpretieren kann.
16Andererseits ist aber in Texten und Darstel
lungen des Öfteren von Riten die Rede, deren Voll
zug man sich in einem Miniaturgarten nur schwer
vorstellen kann.
In zwei Gräbern aus der Zeit Thutmosis' III./
Amenophis' II. (Minnacht, TT 87
17, sowie Rechmire, TT 100
18) sind solche Riten in einem Teichgarten dargestellt, zu denen auch eine Barkenfahrt gehört.
Im Grab des Minnacht sieht man die Neschmet
Barke mit einem Kastenschrein (Abb. 128), bei Rech
mire steht in der vom Ufer aus getreidelten Nesch
metBarke eine Statue in offenem Schrein. Vermut
lich wird in beiden Szenen ein ritueller Statuen
transport dargestellt, zu dem auch Klagefrauen gehören, die die Barkenfahrt der Statue mit Klage
rufen begleiten.
Bei Minnacht gehört zu dem Garten auch ein Gebäude, durch das man über eine Treppe zum Teich hinabsteigt. Bei Rechmire ist ein vermutlich entsprechender Torbau an der linken Seite des Tei
ches dargestellt. Zu beiden Szenen gehört die Über
reichung von Blumen. Bei Minnacht, wo diese Sze
ne das Hauptelement der Komposition darstellt, überreicht Minnacht seinem Vater Mencheper ei
nen PapyrusLotusStrauß, bei Rechmire hält ein Priester der Statue des Grabherrn eine Papyrusdol
de entgegen.
Häufiger werden Darstellungen solcher Riten im Teichgarten dann in der NachAmarna und frü
hen Ramessidenzeit. Beatrix GesslerLöhr konnte acht solcher Darstellungen aus memphitischen und thebanischen Gräbern zusammentragen. Diese als
„Totenfeier im Garten" bekannten Szenen kommen in thebanischen und memphitischen Gräbern so
wohl im Zusammenhang der Beisetzung als auch verschiedener Feste vor.
19Der hierbei verwendete Bootstyp ist regelmäßig die NeschmetBarke. Der Garten erhält dadurch einen unverkennbar sakra
len Charakter. Er ist zwar ein Ort im Diesseits und nicht im Jenseits, wie das Binsen und das Opfer
gefilde, aber er ist ein heiliger Ort, an dem Riten durchgeführt werden und an dem Gottheiten ge
genwärtig sind, die für den Toten wichtig werden.
Beatrix GesslerLöhr schreibt: „Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stehen Bootsfahrten auf einem Gar
tenteich, bei denen ein Schrein in einer Nesch
metbarke umhergefahren wird. In einigen Fällen liegt im Teich eine Insel als Schauplatz von Ritual
handlungen. Teils auf Begleitbooten, teils vom Ufer aus, nehmen Trauergäste an den Vorgängen teil.
Im Garten sind häufig Lauben mit Krügen und Op
fertischen errichtet, an denen Priester und Diener agieren oder unter Klagegesten Krüge zerbrechen.
Meist ist auch mindestens eine Schlachtungsszene abgebildet; unter den Opfergaben befinden sich weitere geschlachtete Tiere. Neben Totenpriestern und Klagefrauen sind zuweilen auch zwei Kla
gefrauen in der Rolle von Isis und Nephthys vertre
ten. An Land werden einer Statue des Verstorbenen Opfergaben dargebracht."
20Auf solche Riten scheint sich auch ein Toten
spruch aus einem Grab der Ramessidenzeit zu be
ziehen, in dem nun vollkommen eindeutig von ei
nem Grabgarten die Rede ist:
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Abb. 128: Teichgarten des Minnacht. Auf dem Teich, der über eine Treppe mit einem kleinen Kiosk verbunden ist, befindet sich eine Neschmet-Barke mit Kastenschrein. Umzeichnung einer Darstellung im Grab des Mitmacht < 18.
Dynastie) in Theben-West (TT 87).
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Abb. 129: Umzeichnung des „Heiligen Bezirks" im Grab des Rechmire (18. Dynastie) in Theben-West (TT 100). Zur Anlage gehören u. a. ein großer Schlachthof mit zentralem Wasserbecken, Pflanzenbeete, ein Teichgarten und vier weitere Wasserbecken.
„ M ö g e dein H a u s gedeihen, d a s sich auf Erden b e f i n d e t im Bezirk der AhmesNefertari.2 1
Mögen deine Bäume grünen u n d nicht verdorren.
Mögest d u dich niederlassen auf ihren Zweigen.
M ö g e dein Teich gefüllt sein, o h n e d a ß er (dich) im Stich läßt.
Mögest d u dich reinigen mit Wasser, so d a ß (...) Kehle (...).
M ö g e s t d u auf d e i n e m Teich h e r u m f a h r e n z u d e i n e n g e w o h n t e n Zeiten.
M ö g e m a n dich auf d e m Wasser r u d e r n , d a s d u g e g r a b e n hast.
Mögest d u seine rJGänse f a n g e n u n d seine Fi
sche im N e t z fischen.
Mögest d u an seinen Fischteichen sitzen.22
M a n m ö g e dir eine NeschmetBarke z i m m e r n a u s ( d e m Holz) deiner Sykomoren.
Man m ö g e dir Opferungen bereiten von ihrenpr.t- Früchten u n d ihre ^ F r ü c h t e für jegliches Opfer.
Ihre getrockneten Früchte seien dir b e s t i m m t als Sommererzeugnisse, u n d ihre Brote seien dir be
s t i m m t als Wintererzeugnisse.
Alle D a u e r u n d alles Heil sind bei dir, deine b3.w h a b e n d e i n e Feinde geschlagen w i e Re (seine Feinde schlägt).
M a n sagt: dir gehört (...) Herr der Verklärtheit."2 3
Mit der W e n d u n g „dein H a u s im Bezirk der Ah
m e s N e f e r t a r i " k a n n n u r d a s G r a b gemeint sein, d e n n d e r g e n a n n t e Bezirk ist ein Teil der thebani
schen N e k r o p o l e . So m u s s d e r im f o l g e n d e n be
schriebene Garten zu diesem Grab gehören. Hier
dient d e r Teich nicht n u r z u r E r q u i c k u n g u n d Ver
s o r g u n g mit Fischen u n d Vögeln, s o n d e r n a u c h z u sakralen Wasserfahrten. Die NeschmetBarke, die d e m Toten aus d e m Holz seiner S y k o m o r e n gezim
m e r t w e r d e n soll, ist ein rituelles Schiff, d a s z u d e n O s i r i s M y s t e r i e n v o n A b y d o s g e h ö r t . Vielleicht f ü h r t der Tote in seinem Teichgarten eine symboli
sche Reise nach A b y d o s durch.2 4Die AbydosFahrt gehört zu d e n beliebtesten T h e m e n d e r G r a b d e k o ration. In zwei Gräbern ist ihr folgender Spruch zu
geordnet:2 5
„Erster M o n a t der Ü b e r s c h w e m m u n g s z e i t , Tag [1]9: W a c h e n seitens des Vorlesepriesters in der H ä l f t e d e r Nacht. Diese Barken n a c h S ü d e n set
zen. Ihre Segel setzen, Libation u n d W e i h r a u c h s p e n d e n , die sie lieben (?).
S p r u c h z u m stromauf Fahren n a c h A b y d o s . Steig herab, Osiris N , im Geleit d e r nördlichen Götter in g u t e m W i n d .
M ö g e n die s ü d l i c h e n Götter dich e m p f a n g e n , m ö g e n die östlichen Götter dich speisen, m ö g e n die westlichen Götter dich u m a r m e n !
Z u m Westen, z u m Westen, z u m Ort, w o d u sein möchtest. W i l l k o m m e n in Frieden i m Westen!
K o m m d o c h z u d e i n e m Grab, k e h r e z u r ü c k z u d e i n e m Grab, an d e n Ort, w o dein Vater, w o Geb ist, d a m i t er dir die Binde gibt a n d e r Stirn des H o r u s .
O Osiris N , m ö g e s t d u M a c h t h a b e n dort, als ein Geliebter dort, als Erster d e r Westlichen, m ö g e s t d u d o r t sein, Osiris N."2 6
Man könnte sich gut vorstellen, dass diese Rei
se in einem Grabgarten symbolisch vollzogen wur
de, wobei man im Fall eines Miniaturgartens mit ei
nem Modell der NeschmetBarke operieren konnte.
Grundsätzlich sind also drei Lokalisierungen die
ses Gartens als Schauplatz religiöser Riten denkbar:
1. ein (eventuell miniaturisierter) Grabgarten, 2. ein Tempelgarten, der verschiedenen Grabher
ren als Schauplatz von Totenfeiern zur Verfü
gung steht und
3. der Wohnhausgarten, der auch zu Totenfeiern verwendet wird.
Für (1) sprechen die Texte vor allem der Nach
Amarna und Ramessidenzeit, die sich wie der oben zitierte Spruch aus TT 373 die ausführlichste mir bekannte Behandlung des GartenThemas in den Totensprüchen des Neuen Reiches , explizit auf die Nekropole bezieht. Die Lösung (2) wurde von Ramses Moftah für die memphitischen Darstellun
gen vorgeschlagen, während er die Lösung (3) für die thebanischen Darstellungen der VorAmarna
zeit ansetzt.
27Bei der Behandlung der Lustfahrt im Teichgar
ten fällt auf, wie eng auch diese Vergnügungen mit dem Gedanken der Versorgung zusammenhän
gen. Der Teichgarten ist in erster Linie ein Ort der Fülle, der nie versiegenden Nahrungsquellen.
28Ge
rade diese Eigenschaft hat er mit dem ägyptischen Elysium, dem Binsen und Opfergefilde, gemeinsam.
Der elysische Charakter dieses zwar im Dies
seits gelegenen, aber mit sakralen Handlungen ver
bundenen Gartens scheint sich im Laufe des Neu
en Reiches zu verstärken. Nachdem zunächst in den Vorstellungen vom Leben nach dem Tode eine Ver
schiebung vom Jenseits auf das Diesseits zu beob
achten war, nimmt nach der Amarnazeit dieses Diesseits wieder jenseitige Züge an. Das geht nicht nur aus den in dieser Zeit häufiger dargestellten Riten im Teichgarten hervor; deutlichstes Indiz für diese Entwicklung ist die Gestalt der Baumgöttin.
29In den Pyramiden und dann in den Sargtexten er
scheint die Baumgöttin als eine absolut jenseitige Größe in Gestalt einer Sykomore, zu der der Tote gelangen und unter deren Zweigen er von unver
gänglicher Nahrung leben will.
30Oft wird der Tote von den Wächtern dieses Orts einem Verhör unter
zogen.
31So fragen sie ihn im TotenbuchKapitel 52:
„, Wo ist dir erlaubt, zu essen?' sagen sie, die Göt
ter, zu mir. 'Ich esse unter jener Sykomore der Hathor, meiner Herrin, und ich gebe den Rest davon ihren Tänzerinnen.
Meine Äcker sind mir in Busiris zugewiesen und meine grünen Pflanzen in Heliopolis.
Ich lebe von Brot aus hellem Weizen, mein Bier ist aus gelber Gerste.
Die Bediensteten meines Vaters und meiner Mut
ter sind mir übergeben.'"
32Der Verstorbene gibt sich als Mitglied einer Jen
seitsaristokratie aus, die ihr eigenes Land besitzt, um darauf Getreide anzubauen und daraus Brot und Bier herzustellen, sowie ihre eigenen Bediens
teten.
In Kapitel 68 des Totenbuches (Sargtext 225) weist der Tote die Zumutung von sich, das „Brot des Geb" zu essen, vermutlich Erde. Auch hier wird die Baumgöttin erwähnt:
„Wenn ihr aber über mich sagt: ,Er lebt ja vom Brot des Geb! [ Staub, Erde]' Mein Abscheu ist es, ich will es nicht essen!
Ich lebe vom hellen Weizenbrot, mein Bier ist aus gelber Gerste des Hapi am reinen Ort.
Ich wohne unter den Zweigen der Palme der Hathor, die über die weite Sonnenscheibe gebie
tet sie hat sich nach Heliopolis begeben, bela
den mit den Schriften der Gottesworte, den Bü
chern des Thot."
33Wieder ist es ein Baum, der den Ort der Nah
rungsaufnahme markiert.
Im TotenbuchKapitel 52 ist es eine Sykomore, in diesem Fall eine ImaPalme. Beides sind Erschei
nungsformen der Baumgöttin. Die Baumgöttin ist eine Personifikation der Nahrung, von der die ver
klärten Ahnengeister im Jenseits leben. In einem anderen Spruch wird die Frage nach dem Ort fol
gendermaßen beantwortet:
„,Wo wird dir gegeben? Wo ißt du?' sagen die Urgötter zu ihm.
,Ich esse unter der Sykomore, die ich kenne, die schöne grüne und vielblättrige!
Mein Mund gehört mir wirklich, daß ich mit ihm rede, meine Nase, die in Busiris war, daß ich Luft atme und den Nordwind aufnehme.
Ich lebe vom Gottestau.'"
34Die Baumgöttin ist eine Verkörperung des Gar
tens, sowohl in seinen versorgenden als auch sei
nen erquickenden Aspekten. In ihrem Schatten möchte er wohnen und unvergängliche Speisen empfangen.
Im Neuen Reich wird die Baumgöttin in den Gräbern auch bildlich dargestellt, als eine Sykomo
re, aus der eine Frau mit ihrem Oberkörper heraus
wächst und dem Toten Brot und Wasser spendet.
35Jetzt möchte man in ihr eine Personifikation des diesseitigen Gartens erkennen, auf dessen Sykomo
ren oder Palmen der Tote sich in Gestalt seines Ba
Vogels niederlassen möchte.
36Im Grab des Hatiai in ThebenWest (TT 324) aus der NachAmarnazeit (Tutanchamun/ Haremhab, 18. Dynastie) steht die Baumgöttin in unmittelba
rem Zusammenhang mit einem Teichgarten und
der NeschmetBarke (Abb. 131).
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Abb. 130: Hathor, die „Herrin des Westens", mit Kuhkopf als Baumgöttin. Umzeichnung einer Darstellung auf einer Stele aus dem memphitischen Raum.
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Abb 132- A/s Sykomore dargestellte Baumgöttin spendet dem Verstorbenen und seiner Frau Wasser in einem Teich
garten Vor dem Ehepaar sitzen ihre BaVögel. Am Rand des mit Lotusblüten und Fischen akzentuierten Teiches liegt eine NeschmetBarke mit Schrein. Umzeichnung einer Darstellung im Grab des Hatiai (18. Dynastie) in ThebenWest (TT 324).
Die Texte der 18. Dynastie sprechen vollkom
men eindeutig von einem ganz und gar diesseiti
gen Baum, dessen realweltlichen, nichtgöttlichen Charakter sie durch Possessivpronomina („deine Sykomoren") noch unterstreichen. Auch die rames
sidischen Texte sprechen von realweltlichen Syko
moren, aber sie lassen darin die große Baumgöttin sichtbar werden:
„Möge ich mich ergehen an meinem ,Kanalteich', möge mein Ba sitzen auf jener Sykomore, möge ich mich an ihrem Schatten erquicken und ihr Wasser trinken."
38Auch hier ist vom diesseitigen Teichgarten die Rede.
39Zugleich aber wird dabei ebenso eindeutig auf die Baumgöttin angespielt, und zwar mit der Wendung „jene Sykomore". Der Teichgarten er
scheint jetzt nicht nur als Quelle von Versorgung und Erquickung, sondern auch als ein sakraler Ort.
Diesen Aspekt stellen die ramessidischen Texte her
aus. Sie verlegen das Geschehen nicht zurück ins Jenseits, sondern bringen den religiösen Sinn der diesseitigen Vorgänge zum Ausdruck. Die reale Sy
komore des Grabgartens wird jetzt zur Erschei
nungsform, das heißt ägyptisch: zum „Namen" der
Göttin Nut. In den Beischriften, z. B. im Grab des Wesirs Paser (TT 106), heißt sie:
„Nut, die Große, Heilsmächtige in jenem ihrem Namen ,Sykomore'."
40Amenemope wendet sich in seinem Grab (TT 41; Abb. 132) an die Baumgöttin mit folgendem Ge
bet:
„Gib, daß mein Ba niederschwebt auf deine Blät
ter, daß er in deinem Schatten sitzt und dein Was
ser trinkt."
41Damit wird der Grabgarten und allgemein das Diesseits, in das der Tote zurückkehren möchte, zu einem heiligen Ort. So hat man auch die unverkenn
bare „Sakralisierung" der Grabanlage überhaupt zu verstehen, die für die NachAmarna und Ra
messidenzeit charakteristisch ist.
42Sie wird zu ei
nem diesseitigen Ort der Gottesnähe.
Bereits im Grab des Kenamun aus der Zeit Arne
nophis' II. findet sich die Darstellung einer Syko
more, die als Erscheinungsform der Himmelsgöttin Nut verstanden wird und sich mit einer langen Re
de an den Grabherrn wendet:
Abb. 132: Baumgöttin (in Form einer Syko
more) spendet dem Oberdomänenverwalter des Amun Amenemope und seinem BaVogel Wasser. Umzeichnung einer Darstellung im Grab des Amenemope (Anfang 19. Dynastie) in ThebenWest (TT 41).
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Ich bin zu dir gekommen, um für dich zu sor
gen, [komm] unter mich, erfrische dich unter meinen Zweigen, damit du dich befriedigst an meinen Opfergaben, damit du lebst von meinen Broten, damit du trinkst von meinem Bier.
Ich will dich saugen lassen von meiner Milch, damit du lebst und gedeihst an meinen Brüsten, in denen Freude und Gesundheit ist.
Mögen sie in dich eingehen in Leben und Heil, wie ich getan habe für meinen ältesten Sohn.
Ich will dich erfreuen am frühen Morgen mit al
lem Guten.
Hapi soll zu dir kommen mit Opfergaben zur Stät
te des Müdherzigen, dir sollen Tausende von Din
gen gebracht werden in dein Haus der Ewigkeit.
Deine Mutter soll dich mit Leben vervollkomm
nen und dich in das Innere ihres Leibes geben, indem sie damit schw[anger] wird. Möge sie den Stern empfangen in ihrer Weise von gestern.
Die Unermüdlichen sollen dich rudern und die Unvergänglichen dich aufnehmen. Mögen sie sagen zu dir 'Willkommen! Du untadeliger Ver
klärter, Gelobter, der da kommt, wohlbehalten und heil, mit dem Dekret des Amun.'
Osiris N, nimm dir mein Brot, nimm dir mein Bier, nimm dir meine Milch, nimm dir meine Früchte, nimm dir meine Feigen,
43nimm dir mei
ne Opfergaben, nimm dir meine Speisen, nimm dir mein Grünzeug, nimm dir alle guten und rei
nen Dinge, damit du von ihnen lebst, gedeihst und von ihnen nimmst und damit dein Herz davon kühl werde ewiglich."
44Eine ganz ähnliche Rede, die einer nicht nament
lich identifizierten Gottheit in den Mund gelegt ist, begegnet auf einer thebanischen Grabstele (TT 193) der 19. Dynastie:
45„O Osiris N, nimm dir jenes Wasser in deinem Teich, hervorgegangen aus Hapi, mögest du es trinken, ohne zu dürsten, so daß du ausgestattet bist, möge es dein Herz allezeit erfrischen, möge es dir wohltätig (ih) sein wie dem, der es darbringt.
Mögest du aus und eingehen, ohne abgesperrt zu werden, mögest du dich freuen am Eingang deines Hauses, mögest du lustwandeln am Ufer deines Teiches, mögen seine Bäume grünen für dein Angesicht, möge dein Ba niederschweben auf deine Arme unter meinen Bäumen, möge mein Schatten dich umfangen.
Abb. 133:
Kartonage der Nes-Chons-pe-chered; ursprünglich für einen Mann angefertigt (Höhe: 168 cm, Breite: 42 cm), aus der 22. Dynastie (um 900 v. Chr.). Ägyptisches Mu
seum und Papyrussammlung Berlin (Inv.Nr. 8284).
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Abb. 234: Nöcftf und seine Frau in Ehrerbietung vor Osiris und Maat; dazwischen ein Teichgarten mit Sykomoren, Dattelpalmen und Weinreben. Urnzeichnung einer Darstellung im Papyrus des Nacht (British Museum London).
N i m m dir die Milch in m e i n e m Leibe, s a u g e sie ein, mö g e ihre Portion f ü r dich überfluten.
Mögest d u geschützt, verklärt u n d gerechtfer
tigt sein, w ä h r e n d ich nicht v e r g e h e a m Eingang deines Grabes, u m dir d a s Wasser deines Tei
ches z u b r i n g e n u n d die Libation, die (aus) d e m N u n k o m m t . Ich b r i n g e es dir, d a m i t es a n dei
n e m M u n d e bereitgestellt ist. (...)
M ö g e dein Leib sich v e r j ü n g e n u n d deine Gefä
ße g e d e i h e n d a d u r c h , m ö g e n alle deine Glieder leben. Mögest d u [Luft] a t m e n (...)
N i m m dir m e i n e Brote u n d iß d a v o n , o h n e z u h u n g e r n , o h n e d a ß dein H e r z elend w i r d , u n d o h n e d a ß (...) d e i n e m M u n d g e r a u b t w i r d . Kaue sie u n d sättige dich an ihnen, m ö g e n ihre D a r r e i c h u n g e n [ d a u e r h a f t sein] bei dir.
Ich bin d e r B a u m g a r t e n , d e n d u g e p f l a n z t hast, ich klage selbst u m dich a m f r ü h e n M o r g e n " (...)
Der Stelentext lässt sich n u r verstehen als Rede d e r Baumgöttin, die sich als „der Garten, d e n D u gepflanzt hast" vorstellt, die aber auf der Stele selbst gar nicht dargestellt ist.46Anstelle d e r Darstellung f u n g i e r t vermutlich ein Miniaturgarten mit Palme, der v o r d e r Stele angelegt w a r u n d d e n m a n sich so v o r z u s t e l l e n h a t w i e schräg g e g e n ü b e r v o r d e m Grab d e s C h n u m e m h e b mit bis vor k u r z e m noch sichtbarem Palmenstumpf.4 7Möglicherweise gehört d a s b e n a c h b a r t e OsirisBeet z u dieser Stele.48 Der Text ist d u r c h die w i e d e r h o l t e A n r e d e klar in drei S t r o p h e n gegliedert, die jeweils m i t „ n i m m d i r "
beginnen u n d die Übergabe v o n Wasser, Milch u n d Brot begleiten. Der W a s s e r g a b e w i r d hier d a s The
m a v o m L u s t w a n d e l n u n d v o m N i e d e r s c h w e b e n
des Ba z u g e o r d n e t , der sich auf d e n H ä n d e n des Toten niederlassen soll. Z u r Milch gehört logischer
weise d a s Motiv d e r V e r j ü n g u n g .
In d e r Idee des ramessidischen G r a b g a r t e n s ge
h e n die A s p e k t e des jenseitigen Binsengefildes, der B a u m g ö t t i n u n d des diesseitigen G a r t e n s ineinan
der über. In der Tat geht a u s e i n e m n e u e n t d e c k t e n , noch u n p u b l i z i e r t e n ägyptischen Text hervor, dass es in d e r N ä h e v o n M e m p h i s ein G e l ä n d e mit Was
serläufen u n d Gärten gab, d a s d e n N a m e n sh.tjir.w trug, „ d a s Binsengefilde", die ägyptische Bezeich
n u n g d e s Elysiums als eines Ortes, an d e m die seli
g e n Toten sich e w i g e n Glücks, Friedens u n d ewi
ger Fülle erfreuten.
So könnte Diodor, der hier vermutlich Hekataios v o n Abdera abschreibt, Recht haben, w e n n er meint, die v o n H o m e r beschriebene4 9„AsphodelosWie
se, w o die Toten w o h n e n " sei d e r Platz a m „ache
rusischen See" in der N ä h e v o n M e m p h i s , w o es w u n d e r b a r schöne Wiesen, S ü m p f e , L o t u s b l u m e n u n d Binsen gebe; u n d es sei g a n z richtig, dass dort die Toten w o h n e n , d e n n d o r t seien die schönsten Grabstätten d e r Ä g y p t e r , u n d die Toten w ü r d e n d o r t h i n übergesetzt über d e n Fluß u n d d e n „ache
rusischen See".50
Abb. 137 >:
Pyramiden auf dem königlichen Friedhof von Dahschur, etwa 25 km südwestlich von Kairo. Links die KnickPy
ramide des Snofru (4. Dynastie), rechts die Pyramide Amenemhets III. (12. Dynastie). Im Vordergrund Aus
läufer des großen Sees von Dahschur.
***** * ** * * * * * * * * * *
Abb. 135: Regenerationsmotiv. Sonnenstrahlen erwecken neues Leben aus der Mumie des Osiris, symbolisiert durch wachsendes Getreide. Umzeichnung einer Darstellung auf einem Sarg aus der 21. Dynastie.
iS
Abb. 136: Benu-Vogel (Reinkarnation der Seele des Osi
ris) auf einer Tamariske neben einem Grab in Diopolis Parva. Umzeichnung einer Malerei in der Grabkammer des Marsiesi aus der Ptolemäerzeit.
Vermutlich in Kenntnis dieses Zitats äußerte der französische Reisende C l a u d e Etienne Savary 1785 in seinen Lettres sur l'Egypte die Theorie, dass sich d e n Griechen ihre Vorstellung v o n d e n Inseln der Seligen in d e r B e g e g n u n g mit Ä g y p t e n g e f o r m t hätte. A u s d e m Erlebnis der Schönheit dieses Lan
des inmitten endloser W ü s t e n u n d aus d e m Anblick d e r Toten, die in Schiffen z u ihren Grabstätten über
gesetzt w u r d e n , hätte ihre Phantasie d e n M y t h o s d e r elysischen Gefilde geschaffen.5 1Savary bringt
d a s vor, u m seinen Lesern einen Begriff v o n d e m Eindruck des Überirdischen z u vermitteln, d e n d e r Anblick dieses Landes auf ihn macht. Aber schon in der Vorstellung seiner Bewohner wandelte sich Ägyp
ten in ein Land, in d e m nicht nur Menschen wohnen, s o n d e r n in d a s auch die seligen Toten z u r ü c k k e h ren, u m sich in ihren Teichgärten z u ergehen. Sie k e h r e n z u r ü c k in Gestalt ihres „Ba", einer vogelge
staltigen Seele, v o n der es heißt, dass sie „nieder
schwebt" auf die Bäume u n d auf d e n Zweigen sitzt.
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A n m e r k u n g e n
1Z u m G a r t e n im alten Ä g y p t e n siehe H u g o n o t , Jardin.
2 T h e b e n G r a b 131, Südflügel, östlicher Textstreifen, sie
h e Dziobek, U s e r A m u n , S. 78 f.
3 Siehe h i e r z u A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 260262.
4A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 285318.
5 T o t e n b u c h Kapitel 7688, siehe A s s m a n n , T o d u n d Jen
seits, S. 292295.
6 TT 99 = TT 91 (nach eigener Abschrift); TT 110, H e r m a n n , Stelen, S. 31*f.; Davies, Tehuti, Tafel 37, 40. In
t e r e s s a n t e r w e i s e ist i k o n o g r a p h i s c h die V e r b i n d u n g v o n BaVogel u n d S y k o m o r e v o r d e r N a c h A m a r n a zeit nicht n a c h z u w e i s e n , w o r a u f Erik H o r n u n g hin
g e w i e s e n h a t (bei Keel, S. 74 f.).
7 L o u v r e C 55, Piehl, XV = Stockholm, Stele N r . 55; Ste
lentext d e s M e n c h e p e r , Helck, U r k u n d e n , H e f t 18, S. 152527; H u g o n o t , Jardin, S. 170; G u k s c h (Heye), S. 152.
8 Ein N a m e d e s S o n n e n g o t t e s w i r d d u r c h d a s „seine Scheibe" i m f o l g e n d e n Vers g e f o r d e r t .
9D a s G r a b w i r d p u b l i z i e r t v o n H e i k e H e y e , d e r ich f ü r die Ü b e r l a s s u n g ihrer Textkollation d a n k e .
10 Bouriant, S. 158 (e); P o r t e r / M o s s , Band 1/1, S. 150 D (a).
'1 Das heißt d a s G r u n d w a s s e r , d a s d e n B r u n n e n d e s Gar
tens füllt.
12 TT 82, D a v i e s / G a r d i n e r , S. 102, Tafel XXVII, Sethe, U r k u n d e n , S. 1064; H u g o n o t , Jardin, S. 166; A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 351355.
13 Die P r ä p o s i t i o n r bezieht sich, w e n n g l e i c h n u r e i n m a l g e n a n n t s o w o h l auf qk als a u c h auf prj.
14G r a b d e s H a r e m h a b in Sakkara, Martin, S. 3335; Ass
m a n n , T o t e n l i t u r g i e n II, S. 435439.
15GesslerLöhr, Die heiligen Seen, S. 101108.
16H u g o n o t , Jardin, S. 182185.
17 G u k s c h , S. 6268.
18D a v i e s , R e k h m i R e , T a f e l XXV, v e r g l e i c h e a u c h G u k s c h , S. 6768. In e i n e m Text d e s G r a b e s ist a u c h v o m Teichgarten u n d seinen E r z e u g n i s s e n die Rede.
Siehe Sethe, U r k u n d e n , S. 1167; Schott, S. 125, N r . 75.
19 GesslerLöhr, Totenfeier, S. 162183; vergleiche a u c h
A r n s t , S. 203215; G u k s c h , S. 6268, s o w i e A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 401405.
20 GesslerLöhr, Totenfeier, S. 162.
21 G e m e i n t ist d a s G r a b . Z u r B e d e u t u n g v o n s3h als N e k r o p o l e n b e z i r k vergleiche A s s m a n n , Basa, S. 70 (c).
22 Bei d i e s e m „Sitzen a m Teich" d e n k t m a n a n d i e Dar
s t e l l u n g e n d e s Fischfangs im Sitzen: TT 324 (Hatiai), H u g o n o t , Jardin, Abb. 113, u n d T u t a n c h a m u n , Eaton
K r a u s s / G r a e f e s o w i e TT 158, Seele, Tafel 36.
23 TT 373, Q u e r h a l l e , O s t w a n d , Seyfried, S. 50, Text 22.
D a t u m : R a m s e s IL, R e g i e r u n g s j a h r e 2040; A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 542545.
24 Diese M ö g l i c h k e i t w e i s t G e s s l e r L ö h r a u s d r ü c k l i c h z u r ü c k , siehe GesslerLöhr, Totenfeier, S. 180 f. Ich se
h e d a s e t w a s a n d e r s u n d w ü r d e a u c h diese D e u t u n g nicht ausschließen wollen.
25 TT 100, Davies, RekhmiRe, Tafel XCIV; Hari, S. 41
42, Tafeln XXVIIXXX.
26 A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 417 f.
27M o f t a h , Die heiligen B ä u m e S. 108110, n a c h Gessler
Löhr, Totenfeier, S. 162163.
28 Vergleiche im gleichen Sinne a u c h Feucht, S. 157169.
29 Keel, S. 61138; S c h o s k e / K r e i ß l / G e r m e r , S. 4143.
30 Vergleiche z u m Beispiel Sargtexte spell 203, CT III 130;
spell 723, VI 353. Vergleiche a u c h schon P y r a m i d e n text S p r u c h 470, § 916.
31 A s s m a n n , T o t e n l i t u r g i e n III, S. 163166.
32 Z u d i e s e m Text s i e h e A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 205206.
33H o r n u n g , T o t e n b u c h , S. 144, Verse 2128; A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 207.
34 A s s m a n n , T o t e n l i t u r g i e n III, S p r u c h 9, Verse 6169, S. 158, S. 163166. „ G o t t e s t a u " ist ein bildlicher A u s d r u c k v o m W o h l g e r u c h eines Gottes, vergleiche Er
m a n / G r a p o w , Band I, 36,5.
35 Siehe Keel.
36 Otto, S. 81, A n m . 1; Z a b k a r , S. 138; H e r m a n n , 52* 6
16, vergleiche 22*, 11 ff.
37 Davies, Seven Private T o m b s , Tafel XXXIV; Gessler
Löhr, Totenfeier, S. 166167 m i t Abb. 3.
38 TT 106 S ü d s t e l e Text; Parallel: TT 23 (16); TT 222.
39 Der sich in G r a b 106 a u c h in Gestalt eines Pflanzbe
ckens o d e r g r a b e n s en miniature archäologisch n a c h w e i s e n ließ.
40 jj 206 (unveröffentlicht); vergleiche TT 41 h e r a u s g e
g e b e n v o n A s s m a n n , A m e n e m o p e , Text 18, S. 37.
41 JJ4^T e x t ig.A s s m a n n , A m e n e m o p e , S. 37 f.
42 Vergleiche A s s m a n n , R a m e s s i d e T o m b , S. 4652; Ass
m a n n , K o n s t r u k t i o n , S. 118.
43 E r m a n / G r a p o w , Band 5, 96,15.
44 TT 93, Davies, K e n A m u n , S. 46, Tafeln 45B, 46; Keel,
S. 6566.
45Janssen, S. 143148.
46Janssen scheint d a s a n d e r s z u verstehen. Er meint, dass bei d e r e r s t e n u n d letzten S t r o p h e „klar ist, v o n w e m die A u f f o r d e r u n g an d e n Toten gesprochen w i r d " , d a s s dies aber bei der zweiten Strophe „doch w o h l eine weib
liche G o t t h e i t z u sein s c h e i n t , vielleicht s o g a r Isis selbst". Bei d e r ersten S t r o p h e d e n k t er a n d e n Sonnen
gott, „da v o n d e m Licht g e s p r o c h e n w i r d , d a s mit d e m T o t e n h e r u m g e h t " . H i e r scheint m i r aber d a s W o r t
„Schatten" n ä h e r z u liegen.
47Eigner, G r a b b a u t e n d e r Spätzeit, S. 170171; K a m p p , S. 212213. Bei einer n e u e r l i c h e n B e g e h u n g d e r Stelle im H e r b s t 2009 w a r d e r S t u m p f v e r s c h w u n d e n .
48K a m p p , S. 484, Abb. 377, d e m G r a b TT 194 zugeordnet.
49H o m e r , O d 24.12,1114.
50 Siehe h i e r z u M e r k e l b a c h , S. 232233.
51 Savary, S. 271.
Abb. 138 >:
Theben-West. Dattelpalmen im Umfeld der Totentempelanlagen des Neuen Reiches.
Im Hintergrund die thebanischen Berge.
^/iui