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Der Garten als Brücke zum Jenseits

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Academic year: 2022

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Wie fü r alle M e n s c h e n auf d e r Erde w a r auch f ü r die alten Ä g y p t e r der Garten ein Ort der Erqui­

c k u n g u n d d e r Versorgung.1 D a r ü b e r h i n a u s aber trat f ü r sie, z u m i n d e s t ab d e r Mitte des 2. Jahrtau­

s e n d s , n o c h eine a n d e r e B e d e u t u n g d e s G a r t e n s i m m e r m e h r in d e n Vordergrund, die mit ihren Vor­

stellungen v o m Leben nach d e m T o d e z u s a m m e n ­ hing. Für die Ä g y p t e r w a r d a s Leben mit d e m p h y ­ sischen Tod nicht z u Ende; vielmehr gab es f ü r sie Leben z u b e i d e n Seiten d e r Todesschwelle, u n d es sieht g a n z so aus, als hätten sie d a s Leben „ d o r t "

fast höher bewertet als das Leben „hier". Z u m i n d e s t w a s die zeitliche Erstreckung angeht, hielt das dies­

seitige Leben f ü r sie keinen Vergleich a u s mit d e m jenseitigen. So kann m a n in einer Grabinschrift lesen:

„Ein Weniges n u r an Leben ist d a s Diesseits, die Ewigkeit (aber) ist im Totenreich."2So richteten sie all ihr Sinnen u n d Trachten auf d a s Jenseits u n d m a l t e n es sich in einer u n e r h ö r t e n Fülle v o n Bil­

d e r n u n d Beschreibungen aus.

Z u diesen Bildern gehört a u c h die Vorstellung eines jenseitigen Gartens. Sein ägyptischer N a m e b e d e u t e t übersetzt „das Binsengefilde"; es ist die ägyptische E n t s p r e c h u n g z u d e m , w a s in der grie­

chischen M y t h o l o g i e „Elysion" heißt u n d in der a b e n d l ä n d i s c h e n Kultur in vielfachen A b w a n d l u n ­ g e n (bis hin z u der Pariser Prachtstraße C h a m p s Elysees) weiterlebt. D e r S o n n e n g o t t b e s u c h t d a s Binsengefilde in der 9. Tagesstunde, also liegt es i m S ü d w e s t h i m m e l , aber es w i r d in d e n Texten a u c h mit d e r U n t e r w e l t in V e r b i n d u n g gebracht.

Jedenfalls h a n d e l t es sich u m einen jenseitigen Ort;

es ist nicht leicht, d o r t h i n zu gelangen, u n d auf kei­

n e n Fall b e k o m m e n Lebende ihn je z u Gesicht. Wer nach d e m Tod d a h i n strebte, m u s s t e d a s Totenge­

richt bestehen, w o d e m Gerechtfertigten d a s ewige Leben u n d ein G r u n d s t ü c k im Binsengefilde zuge­

s p r o c h e n w u r d e , d a s er selbst b e b a u e n m u s s u n d v o n d e s s e n Erträgen er in d e r Ewigkeit ein sorg­

loses Leben f ü h r e n kann.3Das Binsengefilde ist ein v o n Teichen u n d breiten Kanälen bewässerter Ort der Fülle; d a s Getreide steht dort unglaublich hoch, aber es m u s s geerntet u n d verarbeitet w e r d e n . Das Binsengefilde ist kein Schlaraffenland. Es ist nach unseren Vorstellungen ein sehr praktisches u n d ak­

tives Paradies; v o n Blumenwiesen u n d M ü ß i g g a n g k a n n keine R e d e sein. D e n Ä g y p t e r n aber galt es als ein Ort der Sehnsucht, d e n sie in ihren Gräbern u n d T o t e n b ü c h e r n oft abgebildet haben.

Im Laufe des N e u e n Reiches, also ab 1500 v. Chr., zeichnet sich n u n eine grundsätzliche W e n d e in den Vorstellungen der Ä g y p t e r v o m Leben nach d e m T o d e ab. Die Sehnsucht richtet sich jetzt viel eher auf d a s Diesseits als auf d a s Jenseits. Der höchste W u n s c h d e s Ä g y p t e r s ist es n u n , „ H e r a u s z u g e h e n a m Tage".4Die F o r m e l k o m m t z w a r v e r e i n z e l t schon f r ü h e r vor, aber jetzt w i r d sie zentral, ja ge­

r a d e z u allbeherrschend. Der „Tag", in d e n m a n hin­

a u s z u t r e t e n w ü n s c h t , ist die v o m Sonnenlicht er­

füllte Oberwelt, d a s Diesseits. Hierhin m ö c h t e m a n in v e r w a n d e l t e r Gestalt z u r ü c k k e h r e n . Das Toten­

b u c h enthält einen Zyklus v o n zwölf Kapiteln, die zwölf solchen Gestalten g e w i d m e t sind, die d e r ge­

rechtfertigte u n d „verklärte", d. h. in einen unsterb­

lichen Geist u m g e w a n d e l t e , Tote bei dieser Rück­

kehr auf die O b e r w e l t f ü r die D a u e r eines Tages a n n e h m e n kann.5 Drei Orte sind es vor allem, die er in v e r w a n d e l t e r Gestalt b e s u c h e n möchte: d a s H a u s , d a s Fest u n d d e n Garten. Beim H a u s geht es vor allem u m das Wiedersehen mit der Familie u n d die Fürsorge f ü r die N a c h k o m m e n , b e i m Fest u m die Eingliederung in eine Festgemeinschaft, die das Fest ihres Gottes feiert, u n d u m die festliche Gottes­

n ä h e , beim Garten aber geht es g e n a u w i e im dies­

seitigen Leben u m E r q u i c k u n g u n d Versorgung.

Dieser G a r t e n , in d e m sich d e r Tote e r g e h e n möchte, ist nicht m e h r d a s jenseitige Binsengefilde, s o n d e r n liegt u n z w e i f e l h a f t auf der Erde. Er w i r d als ein W a s s e r , Schatten u n d Fülle s p e n d e n d e r Teichgarten beschrieben mit P a l m e n u n d Sykomo­

ren. In e i n e m in m e h r e r e n G r ä b e r n der 18. Dynas­

tie b e z e u g t e n Spruch w ü n s c h t sich d e r Grabherr:

„Sich z u v e r w a n d e l n in einen l e b e n d e n Ba, ach, m ö g e er n i e d e r s c h w e b e n auf seiner B a u m p f l a n ­ z u n g , m ö g e er d e n Schatten seiner S y k o m o r e n e m p f a n g e n , m ö g e er r u h e n (sndm) in d e r Ecke seines Teiches, i n d e m seine Statuen bleiben in seinem H a u s (= Grab) u n d entgegennehmen, w a s auf Erden gegeben w i r d u n d i n d e m [sein] Leich­

n a m [ruht in d e r G r a b k a m m e r ] . "6

A u c h d e r folgende S p r u c h k o m m t öfter vor:

„Ein­ u n d a u s z u g e h e n in m e i n e m Grabe, d a ß ich mich erquicke an seinem Schatten, d a ß ich Was­

ser trinke v o n m e i n e m Teich Tag f ü r Tag u n d alle m e i n e Glieder gedeihen. M ö g e H a p i mir N a h ­ rungs­Fülle u n d Opfergaben g e w ä h r e n u n d Ge­

m ü s e z u ihrer Zeit. Möge ich mich ergehen a m Ufer meines Teiches Tag f ü r Tag o h n e Aufhören, m ö g e mein Ba sich niederlassen auf den Zweigen der Bäume, die ich gepflanzt habe, m ö g e ich mich erquicken unter d e n Zweigen meiner Sykomoren u n d von d e m Brot essen, das sie geben."7

Auf einem Pfeiler des Grabes des A m e n e m h e b (TT 85) ist der Besuch des G r a b h e r r n in seinem Gar­

ten dargestellt. Im beigeschriebenen Text heißt es:

„ H e r a u s k o m m e n z u r Stadt, u m [ A m u n ] z u se­

hen8d a m i t ich d e n Lichtglanz seiner Sonnen­

scheibe e m p f a n g e . Das H e r z z u erheitern in der westlichen Flur, ein u n d a u s z u g e h e n inmitten seines Teichgartens, d a s H e r z z u k ü h l e n unter seinen Bäumen. Die Arbeit der Feldgöttin zu ver­

richten (?) [...] seiner Blüte, Wasser z u trinken a u s seinen Vogelteichen, Lotusblüten z u riechen u n d K n o s p e n zu p f l ü c k e n seitens des N N . "9

(4)

Abb. 122: Grabkammer des Sennedjem (19. Dynastie) in Theben-West (TT 1). Links die Ostwand, rechts der Kammer­

zugang. Teilbereich der Grabkammerreplik.

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Abb. 123: Grabkammer des Sennedjem. Der Grabherr und seine Frau bei der Ernte und Feldarbeit im Binsengefilde;

darüber kniet das Ehepaar u. a. vor den Göttern Re­Harachte, Osiris und Ptah. Detail aus der Grabkammerreplik.

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/4bb. 224: Hauptbegräbnisstätte der einflussreichen thebanischen Bevölkerung. Hunderte Grabanlagen befinden sich in den westlichen Bergen von Theben und deren Umfeld. Im Vordergrund eine moderne Siedlung.

Auch im Grab des Tjanuni (TT 76) ist der Grab­

herr auf einem Pfeiler dargestellt, wie er mit dem Stab in der Hand sein Grab verlässt, „um die Son­

ne zu schauen". Der begleitende Text handelt vor allem von seinem Besuch im Garten:

„Hervortreten aus der Erde, um die Sonne zu schauen alltäglich und Tag für Tag.

Auf der Erde wandeln wie im Diesseits in der Art des Erdendaseins.

Sein Haus der Lebenden besuchen, um sich zu vergnügen an seinem Teich und sich zu erfri­

schen unter seinen Sykomoren, um sich zu er­

freuen an seinem Baumgarten seiner Totenstif­

tung, um Papyrus und Lilien auszureißen, um Blüten(?) und Knospen zu pflücken, Pflanzen, Feigen und Trauben, indem seine Sykomoren vor ihm sich bewegen und ihm die Brote darbrin­

gen, die in ihnen sind, indem sein Teich ihm die Wasserflut spendet, auf daß sein Herz sich be­

friedige am kühlen Wasser."

10

In diesem Text wird der Garten in den Farben des Elysiums beschrieben, genau wie jenes Binsen­

und Opfergefilde, zu dem der Tote in den älteren Texten hinstrebt, ein Ort der Erquickung und der unvergänglichen Nahrungsfülle. Hier aber handelt es sich völlig eindeutig um einen diesseitigen Gar­

ten und nicht um einen jenseitigen Ort. Hören wir noch einige weitere Beispiele dieses Motivs in In­

schriften der 18. Dynastie:

„Mögest du dich nach deinem Wunsche ergehen an dem schönen Ufer deines Sees.

Dein Herz erfreue sich in deinem Baumgarten, wenn du dir unter den Sykomoren Kühlung ver­

schaffst; dein Herz befriedige sich im Nun

11

im Inneren des Brunnens, den du angelegt hast für immer und ewig."

12

„Mögest du veranlassen, daß du eintrittst (lies:

ich eintrete) und ich hervorkomme nach meinem Wunsche zum

13

Eingang meines Grabes, möge ich tagtäglich in seinem Schatten sitzen.

Möge ich lustwandeln am Gestade des Teiches, täglich und ohne Unterlaß.

Möge sich dann mein Ba auf den Zweigen dei­

ner Palmen niederlassen."

14

Von was für einem Teichgarten ist hier die Re­

de? Hat sich der Grabherr zu Lebzeiten einen sol­

chen Garten angelegt? In Verbindung mit seinem Wohnhaus, das man sich dann als eine Villa im Grü­

nen vorstellen muss? Als eine vom Wohnhaus un­

abhängige Anlage auf dem Lande? Oder als einen Garten in Verbindung mit dem Grab?

Ein solcher Grabgarten, der genau zu den Be­

schreibungen in den Totenwünschen passt, hat sich tatsächlich archäologisch nachweisen lassen: im Vorhof des Totentempels des Amenophis, Sohn des Hapu, in Medinet Habu/Theben­West (Abb. 125).

Er stellt das Ideal eines Grabgartens dar, wie er in

den Texten beschrieben wird.

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Abb. 125: Grundriss des Totentempels des Amenophis, Sohn des Hapu (18. Dynastie), in Theben-West. Im Vor­

hof befand sich ein tiefes Wasserbecken, das von 20 Bäu­

men (vermutlich Sykomoren) umgeben war. Rekonstruk­

tionszeichnung.

Abb. 127: Opfertafel der Sat­Intef (Kalkstein, Länge:

41,6 cm, Breite: 29,8 cm, Höhe: 6,1 cm, Tiefe der Becken:

1,2­2,3 cm), aus dem Mittleren Reich (11. bis frühe 12.

Dynastie). Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Inv.­Nr H410).

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Abb. 126: Nekropolengarten mit zwei Dattelpalmen, einer Sykomore sowie einem Opfertisch und einem Wasserbecken.

Umzeichnung einer Darstellung auf der Holzstele der Djedamuniuanch (22. Dynastie).

Mitten im Vorhof befand sich ein viereckiges Becken (Seitenlänge 26 m), das von 20 Bäumen (ver­

mutlich Sykomoren) umstanden war. In dem Be­

cken haben sich noch Reste von Fischen gefunden.

Dieser Garten gehört aber zu einer tempelarti­

gen Anlage. Die normalen thebanischen Felsgräber konnten ein solches Projekt nicht realisieren. Es ha­

ben sich aber Miniaturgärten sowie Pflanzbecken oder Osiris­Beete gefunden, die man als symboli­

sche Andeutung eines Grabgartens interpretieren kann.

16

Andererseits ist aber in Texten und Darstel­

lungen des Öfteren von Riten die Rede, deren Voll­

zug man sich in einem Miniaturgarten nur schwer

vorstellen kann.

(7)

In zwei Gräbern aus der Zeit Thutmosis' III./

Amenophis' II. (Minnacht, TT 87

17

, sowie Rechmire, TT 100

18

) sind solche Riten in einem Teichgarten dargestellt, zu denen auch eine Barkenfahrt gehört.

Im Grab des Minnacht sieht man die Neschmet­

Barke mit einem Kastenschrein (Abb. 128), bei Rech­

mire steht in der vom Ufer aus getreidelten Nesch­

met­Barke eine Statue in offenem Schrein. Vermut­

lich wird in beiden Szenen ein ritueller Statuen­

transport dargestellt, zu dem auch Klagefrauen gehören, die die Barkenfahrt der Statue mit Klage­

rufen begleiten.

Bei Minnacht gehört zu dem Garten auch ein Gebäude, durch das man über eine Treppe zum Teich hinabsteigt. Bei Rechmire ist ein vermutlich entsprechender Torbau an der linken Seite des Tei­

ches dargestellt. Zu beiden Szenen gehört die Über­

reichung von Blumen. Bei Minnacht, wo diese Sze­

ne das Hauptelement der Komposition darstellt, überreicht Minnacht seinem Vater Mencheper ei­

nen Papyrus­Lotus­Strauß, bei Rechmire hält ein Priester der Statue des Grabherrn eine Papyrusdol­

de entgegen.

Häufiger werden Darstellungen solcher Riten im Teichgarten dann in der Nach­Amarna­ und frü­

hen Ramessidenzeit. Beatrix Gessler­Löhr konnte acht solcher Darstellungen aus memphitischen und thebanischen Gräbern zusammentragen. Diese als

„Totenfeier im Garten" bekannten Szenen kommen in thebanischen und memphitischen Gräbern so­

wohl im Zusammenhang der Beisetzung als auch verschiedener Feste vor.

19

Der hierbei verwendete Bootstyp ist regelmäßig die Neschmet­Barke. Der Garten erhält dadurch einen unverkennbar sakra­

len Charakter. Er ist zwar ein Ort im Diesseits und nicht im Jenseits, wie das Binsen­ und das Opfer­

gefilde, aber er ist ein heiliger Ort, an dem Riten durchgeführt werden und an dem Gottheiten ge­

genwärtig sind, die für den Toten wichtig werden.

Beatrix Gessler­Löhr schreibt: „Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten stehen Bootsfahrten auf einem Gar­

tenteich, bei denen ein Schrein in einer Nesch­

metbarke umhergefahren wird. In einigen Fällen liegt im Teich eine Insel als Schauplatz von Ritual­

handlungen. Teils auf Begleitbooten, teils vom Ufer aus, nehmen Trauergäste an den Vorgängen teil.

Im Garten sind häufig Lauben mit Krügen und Op­

fertischen errichtet, an denen Priester und Diener agieren oder unter Klagegesten Krüge zerbrechen.

Meist ist auch mindestens eine Schlachtungsszene abgebildet; unter den Opfergaben befinden sich weitere geschlachtete Tiere. Neben Totenpriestern und Klagefrauen sind zuweilen auch zwei Kla­

gefrauen in der Rolle von Isis und Nephthys vertre­

ten. An Land werden einer Statue des Verstorbenen Opfergaben dargebracht."

20

Auf solche Riten scheint sich auch ein Toten­

spruch aus einem Grab der Ramessidenzeit zu be­

ziehen, in dem nun vollkommen eindeutig von ei­

nem Grabgarten die Rede ist:

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Abb. 128: Teichgarten des Minnacht. Auf dem Teich, der über eine Treppe mit einem kleinen Kiosk verbunden ist, befindet sich eine Neschmet-Barke mit Kastenschrein. Umzeichnung einer Darstellung im Grab des Mitmacht < 18.

Dynastie) in Theben-West (TT 87).

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Abb. 129: Umzeichnung des „Heiligen Bezirks" im Grab des Rechmire (18. Dynastie) in Theben-West (TT 100). Zur Anlage gehören u. a. ein großer Schlachthof mit zentralem Wasserbecken, Pflanzenbeete, ein Teichgarten und vier weitere Wasserbecken.

„ M ö g e dein H a u s gedeihen, d a s sich auf Erden b e f i n d e t im Bezirk der Ahmes­Nefertari.2 1

Mögen deine Bäume grünen u n d nicht verdorren.

Mögest d u dich niederlassen auf ihren Zweigen.

M ö g e dein Teich gefüllt sein, o h n e d a ß er (dich) im Stich läßt.

Mögest d u dich reinigen mit Wasser, so d a ß (...) Kehle (...).

M ö g e s t d u auf d e i n e m Teich h e r u m f a h r e n z u d e i n e n g e w o h n t e n Zeiten.

M ö g e m a n dich auf d e m Wasser r u d e r n , d a s d u g e g r a b e n hast.

Mögest d u seine rJ­Gänse f a n g e n u n d seine Fi­

sche im N e t z fischen.

Mögest d u an seinen Fischteichen sitzen.22

M a n m ö g e dir eine Neschmet­Barke z i m m e r n a u s ( d e m Holz) deiner Sykomoren.

Man m ö g e dir Opferungen bereiten von ihrenpr.t- Früchten u n d ihre ^ ­ F r ü c h t e für jegliches Opfer.

Ihre getrockneten Früchte seien dir b e s t i m m t als Sommererzeugnisse, u n d ihre Brote seien dir be­

s t i m m t als Wintererzeugnisse.

Alle D a u e r u n d alles Heil sind bei dir, deine b3.w h a b e n d e i n e Feinde geschlagen w i e Re (seine Feinde schlägt).

M a n sagt: dir gehört (...) Herr der Verklärtheit."2 3

Mit der W e n d u n g „dein H a u s im Bezirk der Ah­

m e s ­ N e f e r t a r i " k a n n n u r d a s G r a b gemeint sein, d e n n d e r g e n a n n t e Bezirk ist ein Teil der thebani­

schen N e k r o p o l e . So m u s s d e r im f o l g e n d e n be­

schriebene Garten zu diesem Grab gehören. Hier

dient d e r Teich nicht n u r z u r E r q u i c k u n g u n d Ver­

s o r g u n g mit Fischen u n d Vögeln, s o n d e r n a u c h z u sakralen Wasserfahrten. Die Neschmet­Barke, die d e m Toten aus d e m Holz seiner S y k o m o r e n gezim­

m e r t w e r d e n soll, ist ein rituelles Schiff, d a s z u d e n O s i r i s ­ M y s t e r i e n v o n A b y d o s g e h ö r t . Vielleicht f ü h r t der Tote in seinem Teichgarten eine symboli­

sche Reise nach A b y d o s durch.2 4Die Abydos­Fahrt gehört zu d e n beliebtesten T h e m e n d e r G r a b d e k o ­ ration. In zwei Gräbern ist ihr folgender Spruch zu­

geordnet:2 5

„Erster M o n a t der Ü b e r s c h w e m m u n g s z e i t , Tag [1]9: W a c h e n seitens des Vorlesepriesters in der H ä l f t e d e r Nacht. Diese Barken n a c h S ü d e n set­

zen. Ihre Segel setzen, Libation u n d W e i h r a u c h s p e n d e n , die sie lieben (?).

S p r u c h z u m stromauf Fahren n a c h A b y d o s . Steig herab, Osiris N , im Geleit d e r nördlichen Götter in g u t e m W i n d .

M ö g e n die s ü d l i c h e n Götter dich e m p f a n g e n , m ö g e n die östlichen Götter dich speisen, m ö g e n die westlichen Götter dich u m a r m e n !

Z u m Westen, z u m Westen, z u m Ort, w o d u sein möchtest. W i l l k o m m e n in Frieden i m Westen!

K o m m d o c h z u d e i n e m Grab, k e h r e z u r ü c k z u d e i n e m Grab, an d e n Ort, w o dein Vater, w o Geb ist, d a m i t er dir die Binde gibt a n d e r Stirn des H o r u s .

O Osiris N , m ö g e s t d u M a c h t h a b e n dort, als ein Geliebter dort, als Erster d e r Westlichen, m ö g e s t d u d o r t sein, Osiris N."2 6

(9)

Man könnte sich gut vorstellen, dass diese Rei­

se in einem Grabgarten symbolisch vollzogen wur­

de, wobei man im Fall eines Miniaturgartens mit ei­

nem Modell der Neschmet­Barke operieren konnte.

Grundsätzlich sind also drei Lokalisierungen die­

ses Gartens als Schauplatz religiöser Riten denkbar:

1. ein (eventuell miniaturisierter) Grabgarten, 2. ein Tempelgarten, der verschiedenen Grabher­

ren als Schauplatz von Totenfeiern zur Verfü­

gung steht und

3. der Wohnhausgarten, der auch zu Totenfeiern verwendet wird.

Für (1) sprechen die Texte vor allem der Nach­

Amarna­ und Ramessidenzeit, die sich wie der oben zitierte Spruch aus TT 373 ­ die ausführlichste mir bekannte Behandlung des Garten­Themas in den Totensprüchen des Neuen Reiches ­, explizit auf die Nekropole bezieht. Die Lösung (2) wurde von Ramses Moftah für die memphitischen Darstellun­

gen vorgeschlagen, während er die Lösung (3) für die thebanischen Darstellungen der Vor­Amarna­

zeit ansetzt.

27

Bei der Behandlung der Lustfahrt im Teichgar­

ten fällt auf, wie eng auch diese Vergnügungen mit dem Gedanken der Versorgung zusammenhän­

gen. Der Teichgarten ist in erster Linie ein Ort der Fülle, der nie versiegenden Nahrungsquellen.

28

Ge­

rade diese Eigenschaft hat er mit dem ägyptischen Elysium, dem Binsen­ und Opfergefilde, gemeinsam.

Der elysische Charakter dieses zwar im Dies­

seits gelegenen, aber mit sakralen Handlungen ver­

bundenen Gartens scheint sich im Laufe des Neu­

en Reiches zu verstärken. Nachdem zunächst in den Vorstellungen vom Leben nach dem Tode eine Ver­

schiebung vom Jenseits auf das Diesseits zu beob­

achten war, nimmt nach der Amarnazeit dieses Diesseits wieder jenseitige Züge an. Das geht nicht nur aus den in dieser Zeit häufiger dargestellten Riten im Teichgarten hervor; deutlichstes Indiz für diese Entwicklung ist die Gestalt der Baumgöttin.

29

In den Pyramiden­ und dann in den Sargtexten er­

scheint die Baumgöttin als eine absolut jenseitige Größe in Gestalt einer Sykomore, zu der der Tote gelangen und unter deren Zweigen er von unver­

gänglicher Nahrung leben will.

30

Oft wird der Tote von den Wächtern dieses Orts einem Verhör unter­

zogen.

31

So fragen sie ihn im Totenbuch­Kapitel 52:

„, Wo ist dir erlaubt, zu essen?' sagen sie, die Göt­

ter, zu mir. 'Ich esse unter jener Sykomore der Hathor, meiner Herrin, und ich gebe den Rest davon ihren Tänzerinnen.

Meine Äcker sind mir in Busiris zugewiesen und meine grünen Pflanzen in Heliopolis.

Ich lebe von Brot aus hellem Weizen, mein Bier ist aus gelber Gerste.

Die Bediensteten meines Vaters und meiner Mut­

ter sind mir übergeben.'"

32

Der Verstorbene gibt sich als Mitglied einer Jen­

seitsaristokratie aus, die ihr eigenes Land besitzt, um darauf Getreide anzubauen und daraus Brot und Bier herzustellen, sowie ihre eigenen Bediens­

teten.

In Kapitel 68 des Totenbuches (Sargtext 225) weist der Tote die Zumutung von sich, das „Brot des Geb" zu essen, vermutlich Erde. Auch hier wird die Baumgöttin erwähnt:

„Wenn ihr aber über mich sagt: ,Er lebt ja vom Brot des Geb! [­ Staub, Erde]' ­ Mein Abscheu ist es, ich will es nicht essen!

Ich lebe vom hellen Weizenbrot, mein Bier ist aus gelber Gerste des Hapi am reinen Ort.

Ich wohne unter den Zweigen der Palme der Hathor, die über die weite Sonnenscheibe gebie­

tet ­ sie hat sich nach Heliopolis begeben, bela­

den mit den Schriften der Gottesworte, den Bü­

chern des Thot."

33

Wieder ist es ein Baum, der den Ort der Nah­

rungsaufnahme markiert.

Im Totenbuch­Kapitel 52 ist es eine Sykomore, in diesem Fall eine Ima­Palme. Beides sind Erschei­

nungsformen der Baumgöttin. Die Baumgöttin ist eine Personifikation der Nahrung, von der die ver­

klärten Ahnengeister im Jenseits leben. In einem anderen Spruch wird die Frage nach dem Ort fol­

gendermaßen beantwortet:

„,Wo wird dir gegeben? Wo ißt du?' sagen die Urgötter zu ihm.

,Ich esse unter der Sykomore, die ich kenne, die schöne grüne und vielblättrige!

Mein Mund gehört mir wirklich, daß ich mit ihm rede, meine Nase, die in Busiris war, daß ich Luft atme und den Nordwind aufnehme.

Ich lebe vom Gottestau.'"

34

Die Baumgöttin ist eine Verkörperung des Gar­

tens, sowohl in seinen versorgenden als auch sei­

nen erquickenden Aspekten. In ihrem Schatten möchte er wohnen und unvergängliche Speisen empfangen.

Im Neuen Reich wird die Baumgöttin in den Gräbern auch bildlich dargestellt, als eine Sykomo­

re, aus der eine Frau mit ihrem Oberkörper heraus­

wächst und dem Toten Brot und Wasser spendet.

35

Jetzt möchte man in ihr eine Personifikation des diesseitigen Gartens erkennen, auf dessen Sykomo­

ren oder Palmen der Tote sich in Gestalt seines Ba­

Vogels niederlassen möchte.

36

Im Grab des Hatiai in Theben­West (TT 324) aus der Nach­Amarnazeit (Tutanchamun/ Haremhab, 18. Dynastie) steht die Baumgöttin in unmittelba­

rem Zusammenhang mit einem Teichgarten und

der Neschmet­Barke (Abb. 131).

37

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Abb. 130: Hathor, die „Herrin des Westens", mit Kuhkopf als Baumgöttin. Umzeichnung einer Darstellung auf einer Stele aus dem memphitischen Raum.

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Abb 132- A/s Sykomore dargestellte Baumgöttin spendet dem Verstorbenen und seiner Frau Wasser in einem Teich­

garten Vor dem Ehepaar sitzen ihre Ba­Vögel. Am Rand des mit Lotusblüten und Fischen akzentuierten Teiches liegt eine Neschmet­Barke mit Schrein. Umzeichnung einer Darstellung im Grab des Hatiai (18. Dynastie) in Theben­West (TT 324).

(11)

Die Texte der 18. Dynastie sprechen vollkom­

men eindeutig von einem ganz und gar diesseiti­

gen Baum, dessen realweltlichen, nichtgöttlichen Charakter sie durch Possessivpronomina („deine Sykomoren") noch unterstreichen. Auch die rames­

sidischen Texte sprechen von realweltlichen Syko­

moren, aber sie lassen darin die große Baumgöttin sichtbar werden:

„Möge ich mich ergehen an meinem ,Kanalteich', möge mein Ba sitzen auf jener Sykomore, möge ich mich an ihrem Schatten erquicken und ihr Wasser trinken."

38

Auch hier ist vom diesseitigen Teichgarten die Rede.

39

Zugleich aber wird dabei ebenso eindeutig auf die Baumgöttin angespielt, und zwar mit der Wendung „jene Sykomore". Der Teichgarten er­

scheint jetzt nicht nur als Quelle von Versorgung und Erquickung, sondern auch als ein sakraler Ort.

Diesen Aspekt stellen die ramessidischen Texte her­

aus. Sie verlegen das Geschehen nicht zurück ins Jenseits, sondern bringen den religiösen Sinn der diesseitigen Vorgänge zum Ausdruck. Die reale Sy­

komore des Grabgartens wird jetzt zur Erschei­

nungsform, das heißt ägyptisch: zum „Namen" der

Göttin Nut. In den Beischriften, z. B. im Grab des Wesirs Paser (TT 106), heißt sie:

„Nut, die Große, Heilsmächtige in jenem ihrem Namen ,Sykomore'."

40

Amenemope wendet sich in seinem Grab (TT 41; Abb. 132) an die Baumgöttin mit folgendem Ge­

bet:

„Gib, daß mein Ba niederschwebt auf deine Blät­

ter, daß er in deinem Schatten sitzt und dein Was­

ser trinkt."

41

Damit wird der Grabgarten und allgemein das Diesseits, in das der Tote zurückkehren möchte, zu einem heiligen Ort. So hat man auch die unverkenn­

bare „Sakralisierung" der Grabanlage überhaupt zu verstehen, die für die Nach­Amarna­ und Ra­

messidenzeit charakteristisch ist.

42

Sie wird zu ei­

nem diesseitigen Ort der Gottesnähe.

Bereits im Grab des Kenamun aus der Zeit Arne­

nophis' II. findet sich die Darstellung einer Syko­

more, die als Erscheinungsform der Himmelsgöttin Nut verstanden wird und sich mit einer langen Re­

de an den Grabherrn wendet:

Abb. 132: Baumgöttin (in Form einer Syko­

more) spendet dem Oberdomänenverwalter des Amun Amenemope und seinem Ba­Vogel Wasser. Umzeichnung einer Darstellung im Grab des Amenemope (Anfang 19. Dynastie) in Theben­West (TT 41).

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(12)

Ich bin zu dir gekommen, um für dich zu sor­

gen, [komm] unter mich, erfrische dich unter meinen Zweigen, damit du dich befriedigst an meinen Opfergaben, damit du lebst von meinen Broten, damit du trinkst von meinem Bier.

Ich will dich saugen lassen von meiner Milch, damit du lebst und gedeihst an meinen Brüsten, in denen Freude und Gesundheit ist.

Mögen sie in dich eingehen in Leben und Heil, wie ich getan habe für meinen ältesten Sohn.

Ich will dich erfreuen am frühen Morgen mit al­

lem Guten.

Hapi soll zu dir kommen mit Opfergaben zur Stät­

te des Müdherzigen, dir sollen Tausende von Din­

gen gebracht werden in dein Haus der Ewigkeit.

Deine Mutter soll dich mit Leben vervollkomm­

nen und dich in das Innere ihres Leibes geben, indem sie damit schw[anger] wird. Möge sie den Stern empfangen in ihrer Weise von gestern.

Die Unermüdlichen sollen dich rudern und die Unvergänglichen dich aufnehmen. Mögen sie sagen zu dir 'Willkommen! Du untadeliger Ver­

klärter, Gelobter, der da kommt, wohlbehalten und heil, mit dem Dekret des Amun.'

Osiris N, nimm dir mein Brot, nimm dir mein Bier, nimm dir meine Milch, nimm dir meine Früchte, nimm dir meine Feigen,

43

nimm dir mei­

ne Opfergaben, nimm dir meine Speisen, nimm dir mein Grünzeug, nimm dir alle guten und rei­

nen Dinge, damit du von ihnen lebst, gedeihst und von ihnen nimmst und damit dein Herz davon kühl werde ewiglich."

44

Eine ganz ähnliche Rede, die einer nicht nament­

lich identifizierten Gottheit in den Mund gelegt ist, begegnet auf einer thebanischen Grabstele (TT 193) der 19. Dynastie:

45

„O Osiris N, nimm dir jenes Wasser in deinem Teich, hervorgegangen aus Hapi, mögest du es trinken, ohne zu dürsten, so daß du ausgestattet bist, möge es dein Herz allezeit erfrischen, möge es dir wohltätig (ih) sein wie dem, der es darbringt.

Mögest du aus­ und eingehen, ohne abgesperrt zu werden, mögest du dich freuen am Eingang deines Hauses, mögest du lustwandeln am Ufer deines Teiches, mögen seine Bäume grünen für dein Angesicht, möge dein Ba niederschweben auf deine Arme unter meinen Bäumen, möge mein Schatten dich umfangen.

Abb. 133:

Kartonage der Nes-Chons-pe-chered; ursprünglich für einen Mann angefertigt (Höhe: 168 cm, Breite: 42 cm), aus der 22. Dynastie (um 900 v. Chr.). Ägyptisches Mu­

seum und Papyrussammlung Berlin (Inv.­Nr. 8284).

(13)

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Abb. 234: Nöcftf und seine Frau in Ehrerbietung vor Osiris und Maat; dazwischen ein Teichgarten mit Sykomoren, Dattelpalmen und Weinreben. Urnzeichnung einer Darstellung im Papyrus des Nacht (British Museum London).

N i m m dir die Milch in m e i n e m Leibe, s a u g e sie ein, mö g e ihre Portion f ü r dich überfluten.

Mögest d u geschützt, verklärt u n d gerechtfer­

tigt sein, w ä h r e n d ich nicht v e r g e h e a m Eingang deines Grabes, u m dir d a s Wasser deines Tei­

ches z u b r i n g e n u n d die Libation, die (aus) d e m N u n k o m m t . Ich b r i n g e es dir, d a m i t es a n dei­

n e m M u n d e bereitgestellt ist. (...)

M ö g e dein Leib sich v e r j ü n g e n u n d deine Gefä­

ße g e d e i h e n d a d u r c h , m ö g e n alle deine Glieder leben. Mögest d u [Luft] a t m e n (...)

N i m m dir m e i n e Brote u n d iß d a v o n , o h n e z u h u n g e r n , o h n e d a ß dein H e r z elend w i r d , u n d o h n e d a ß (...) d e i n e m M u n d g e r a u b t w i r d . Kaue sie u n d sättige dich an ihnen, m ö g e n ihre D a r r e i c h u n g e n [ d a u e r h a f t sein] bei dir.

Ich bin d e r B a u m g a r t e n , d e n d u g e p f l a n z t hast, ich klage selbst u m dich a m f r ü h e n M o r g e n " (...)

Der Stelentext lässt sich n u r verstehen als Rede d e r Baumgöttin, die sich als „der Garten, d e n D u gepflanzt hast" vorstellt, die aber auf der Stele selbst gar nicht dargestellt ist.46Anstelle d e r Darstellung f u n g i e r t vermutlich ein Miniaturgarten mit Palme, der v o r d e r Stele angelegt w a r u n d d e n m a n sich so v o r z u s t e l l e n h a t w i e schräg g e g e n ü b e r v o r d e m Grab d e s C h n u m e m h e b mit bis vor k u r z e m noch sichtbarem Palmenstumpf.4 7Möglicherweise gehört d a s b e n a c h b a r t e Osiris­Beet z u dieser Stele.48 Der Text ist d u r c h die w i e d e r h o l t e A n r e d e klar in drei S t r o p h e n gegliedert, die jeweils m i t „ n i m m d i r "

beginnen u n d die Übergabe v o n Wasser, Milch u n d Brot begleiten. Der W a s s e r g a b e w i r d hier d a s The­

m a v o m L u s t w a n d e l n u n d v o m N i e d e r s c h w e b e n

des Ba z u g e o r d n e t , der sich auf d e n H ä n d e n des Toten niederlassen soll. Z u r Milch gehört logischer­

weise d a s Motiv d e r V e r j ü n g u n g .

In d e r Idee des ramessidischen G r a b g a r t e n s ge­

h e n die A s p e k t e des jenseitigen Binsengefildes, der B a u m g ö t t i n u n d des diesseitigen G a r t e n s ineinan­

der über. In der Tat geht a u s e i n e m n e u e n t d e c k t e n , noch u n p u b l i z i e r t e n ägyptischen Text hervor, dass es in d e r N ä h e v o n M e m p h i s ein G e l ä n d e mit Was­

serläufen u n d Gärten gab, d a s d e n N a m e n sh.tjir.w trug, „ d a s Binsengefilde", die ägyptische Bezeich­

n u n g d e s Elysiums als eines Ortes, an d e m die seli­

g e n Toten sich e w i g e n Glücks, Friedens u n d ewi­

ger Fülle erfreuten.

So könnte Diodor, der hier vermutlich Hekataios v o n Abdera abschreibt, Recht haben, w e n n er meint, die v o n H o m e r beschriebene4 9„Asphodelos­Wie­

se, w o die Toten w o h n e n " sei d e r Platz a m „ache­

rusischen See" in der N ä h e v o n M e m p h i s , w o es w u n d e r b a r schöne Wiesen, S ü m p f e , L o t u s b l u m e n u n d Binsen gebe; u n d es sei g a n z richtig, dass dort die Toten w o h n e n , d e n n d o r t seien die schönsten Grabstätten d e r Ä g y p t e r , u n d die Toten w ü r d e n d o r t h i n übergesetzt über d e n Fluß u n d d e n „ache­

rusischen See".50

Abb. 137 >:

Pyramiden auf dem königlichen Friedhof von Dahschur, etwa 25 km südwestlich von Kairo. Links die Knick­Py­

ramide des Snofru (4. Dynastie), rechts die Pyramide Amenemhets III. (12. Dynastie). Im Vordergrund Aus­

läufer des großen Sees von Dahschur.

(14)

***** * ** * * * * * * * * * *

Abb. 135: Regenerationsmotiv. Sonnenstrahlen erwecken neues Leben aus der Mumie des Osiris, symbolisiert durch wachsendes Getreide. Umzeichnung einer Darstellung auf einem Sarg aus der 21. Dynastie.

iS

Abb. 136: Benu-Vogel (Reinkarnation der Seele des Osi­

ris) auf einer Tamariske neben einem Grab in Diopolis Parva. Umzeichnung einer Malerei in der Grabkammer des Marsiesi aus der Ptolemäerzeit.

Vermutlich in Kenntnis dieses Zitats äußerte der französische Reisende C l a u d e Etienne Savary 1785 in seinen Lettres sur l'Egypte die Theorie, dass sich d e n Griechen ihre Vorstellung v o n d e n Inseln der Seligen in d e r B e g e g n u n g mit Ä g y p t e n g e f o r m t hätte. A u s d e m Erlebnis der Schönheit dieses Lan­

des inmitten endloser W ü s t e n u n d aus d e m Anblick d e r Toten, die in Schiffen z u ihren Grabstätten über­

gesetzt w u r d e n , hätte ihre Phantasie d e n M y t h o s d e r elysischen Gefilde geschaffen.5 1Savary bringt

d a s vor, u m seinen Lesern einen Begriff v o n d e m Eindruck des Überirdischen z u vermitteln, d e n d e r Anblick dieses Landes auf ihn macht. Aber schon in der Vorstellung seiner Bewohner wandelte sich Ägyp­

ten in ein Land, in d e m nicht nur Menschen wohnen, s o n d e r n in d a s auch die seligen Toten z u r ü c k k e h ­ ren, u m sich in ihren Teichgärten z u ergehen. Sie k e h r e n z u r ü c k in Gestalt ihres „Ba", einer vogelge­

staltigen Seele, v o n der es heißt, dass sie „nieder­

schwebt" auf die Bäume u n d auf d e n Zweigen sitzt.

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(15)

A n m e r k u n g e n

1Z u m G a r t e n im alten Ä g y p t e n siehe H u g o n o t , Jardin.

2 T h e b e n G r a b 131, Südflügel, östlicher Textstreifen, sie­

h e Dziobek, U s e r ­ A m u n , S. 78 f.

3 Siehe h i e r z u A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 260­262.

4A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 285­318.

5 T o t e n b u c h Kapitel 76­88, siehe A s s m a n n , T o d u n d Jen­

seits, S. 292­295.

6 TT 99 = TT 91 (nach eigener Abschrift); TT 110, H e r ­ m a n n , Stelen, S. 31*f.; Davies, Tehuti, Tafel 37, 40. In­

t e r e s s a n t e r w e i s e ist i k o n o g r a p h i s c h die V e r b i n d u n g v o n Ba­Vogel u n d S y k o m o r e v o r d e r N a c h ­ A m a r n a ­ zeit nicht n a c h z u w e i s e n , w o r a u f Erik H o r n u n g hin­

g e w i e s e n h a t (bei Keel, S. 74 f.).

7 L o u v r e C 55, Piehl, XV = Stockholm, Stele N r . 55; Ste­

lentext d e s M e n ­ c h e p e r , Helck, U r k u n d e n , H e f t 18, S. 1525­27; H u g o n o t , Jardin, S. 170; G u k s c h (Heye), S. 152.

8 Ein N a m e d e s S o n n e n g o t t e s w i r d d u r c h d a s „seine Scheibe" i m f o l g e n d e n Vers g e f o r d e r t .

9D a s G r a b w i r d p u b l i z i e r t v o n H e i k e H e y e , d e r ich f ü r die Ü b e r l a s s u n g ihrer Textkollation d a n k e .

10 Bouriant, S. 158 (e); P o r t e r / M o s s , Band 1/1, S. 150 D (a).

'1 Das heißt d a s G r u n d w a s s e r , d a s d e n B r u n n e n d e s Gar­

tens füllt.

12 TT 82, D a v i e s / G a r d i n e r , S. 102, Tafel XXVII, Sethe, U r k u n d e n , S. 1064; H u g o n o t , Jardin, S. 166; A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 351­355.

13 Die P r ä p o s i t i o n r bezieht sich, w e n n g l e i c h n u r e i n m a l g e n a n n t s o w o h l auf qk als a u c h auf prj.

14G r a b d e s H a r e m h a b in Sakkara, Martin, S. 33­35; Ass­

m a n n , T o t e n l i t u r g i e n II, S. 435­439.

15Gessler­Löhr, Die heiligen Seen, S. 101­108.

16H u g o n o t , Jardin, S. 182­185.

17 G u k s c h , S. 62­68.

18D a v i e s , R e k h ­ m i ­ R e , T a f e l XXV, v e r g l e i c h e a u c h G u k s c h , S. 67­68. In e i n e m Text d e s G r a b e s ist a u c h v o m Teichgarten u n d seinen E r z e u g n i s s e n die Rede.

Siehe Sethe, U r k u n d e n , S. 1167; Schott, S. 125, N r . 75.

19 Gessler­Löhr, Totenfeier, S. 162­183; vergleiche a u c h

A r n s t , S. 203­215; G u k s c h , S. 62­68, s o w i e A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 401­405.

20 Gessler­Löhr, Totenfeier, S. 162.

21 G e m e i n t ist d a s G r a b . Z u r B e d e u t u n g v o n s3h als N e k r o p o l e n b e z i r k vergleiche A s s m a n n , Basa, S. 70 (c).

22 Bei d i e s e m „Sitzen a m Teich" d e n k t m a n a n d i e Dar­

s t e l l u n g e n d e s Fischfangs im Sitzen: TT 324 (Hatiai), H u g o n o t , Jardin, Abb. 113, u n d T u t a n c h a m u n , Eaton­

K r a u s s / G r a e f e s o w i e TT 158, Seele, Tafel 36.

23 TT 373, Q u e r h a l l e , O s t w a n d , Seyfried, S. 50, Text 22.

D a t u m : R a m s e s IL, R e g i e r u n g s j a h r e 20­40; A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 542­545.

24 Diese M ö g l i c h k e i t w e i s t G e s s l e r ­ L ö h r a u s d r ü c k l i c h z u r ü c k , siehe Gessler­Löhr, Totenfeier, S. 180 f. Ich se­

h e d a s e t w a s a n d e r s u n d w ü r d e a u c h diese D e u t u n g nicht ausschließen wollen.

25 TT 100, Davies, Rekh­mi­Re, Tafel XCIV; Hari, S. 41­

42, Tafeln XXVII­XXX.

26 A s s m a n n , Totenliturgien II, S. 417 f.

27M o f t a h , Die heiligen B ä u m e S. 108­110, n a c h Gessler­

Löhr, Totenfeier, S. 162­163.

28 Vergleiche im gleichen Sinne a u c h Feucht, S. 157­169.

29 Keel, S. 61­138; S c h o s k e / K r e i ß l / G e r m e r , S. 41­43.

30 Vergleiche z u m Beispiel Sargtexte spell 203, CT III 130;

spell 723, VI 353. Vergleiche a u c h schon P y r a m i d e n ­ text S p r u c h 470, § 916.

31 A s s m a n n , T o t e n l i t u r g i e n III, S. 163­166.

32 Z u d i e s e m Text s i e h e A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 205­206.

33H o r n u n g , T o t e n b u c h , S. 144, Verse 21­28; A s s m a n n , T o d u n d Jenseits, S. 207.

34 A s s m a n n , T o t e n l i t u r g i e n III, S p r u c h 9, Verse 61­69, S. 158, S. 163­166. „ G o t t e s t a u " ist ein bildlicher A u s ­ d r u c k v o m W o h l g e r u c h eines Gottes, vergleiche Er­

m a n / G r a p o w , Band I, 36,5.

35 Siehe Keel.

36 Otto, S. 81, A n m . 1; Z a b k a r , S. 138; H e r m a n n , 52* 6­

16, vergleiche 22*, 11 ff.

37 Davies, Seven Private T o m b s , Tafel XXXIV; Gessler­

Löhr, Totenfeier, S. 166­167 m i t Abb. 3.

38 TT 106 S ü d s t e l e Text; Parallel: TT 23 (16); TT 222.

39 Der sich in G r a b 106 a u c h in Gestalt eines Pflanzbe­

ckens o d e r ­ g r a b e n s en miniature archäologisch n a c h ­ w e i s e n ließ.

40 jj 206 (unveröffentlicht); vergleiche TT 41 h e r a u s g e ­

g e b e n v o n A s s m a n n , A m e n e m o p e , Text 18, S. 37.

41 JJ4^T e x t ig.A s s m a n n , A m e n e m o p e , S. 37 f.

42 Vergleiche A s s m a n n , R a m e s s i d e T o m b , S. 46­52; Ass­

m a n n , K o n s t r u k t i o n , S. 1­18.

43 E r m a n / G r a p o w , Band 5, 96,15.

44 TT 93, Davies, K e n ­ A m u n , S. 46, Tafeln 45B, 46; Keel,

S. 65­66.

45Janssen, S. 143­148.

46Janssen scheint d a s a n d e r s z u verstehen. Er meint, dass bei d e r e r s t e n u n d letzten S t r o p h e „klar ist, v o n w e m die A u f f o r d e r u n g an d e n Toten gesprochen w i r d " , d a s s dies aber bei der zweiten Strophe „doch w o h l eine weib­

liche G o t t h e i t z u sein s c h e i n t , vielleicht s o g a r Isis selbst". Bei d e r ersten S t r o p h e d e n k t er a n d e n Sonnen­

gott, „da v o n d e m Licht g e s p r o c h e n w i r d , d a s mit d e m T o t e n h e r u m g e h t " . H i e r scheint m i r aber d a s W o r t

„Schatten" n ä h e r z u liegen.

47Eigner, G r a b b a u t e n d e r Spätzeit, S. 170­171; K a m p p , S. 212­213. Bei einer n e u e r l i c h e n B e g e h u n g d e r Stelle im H e r b s t 2009 w a r d e r S t u m p f v e r s c h w u n d e n .

48K a m p p , S. 484, Abb. 377, d e m G r a b TT 194 zugeordnet.

49H o m e r , O d 24.1­2,11­14.

50 Siehe h i e r z u M e r k e l b a c h , S. 232­233.

51 Savary, S. 271.

Abb. 138 >:

Theben-West. Dattelpalmen im Umfeld der Totentempelanlagen des Neuen Reiches.

Im Hintergrund die thebanischen Berge.

(16)

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