• Keine Ergebnisse gefunden

Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

176 Bernstein, Nils u. a. (Hrsg.): Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht

Info DaF 2/3 · 2016 Rezensionen

Beschäftigung mit Sprache sicherlich Widerstand hervorrufen. Aber m. E. wird zukünftig kein Weg daran vorbeiführen, die sprachlichen Besonderheiten der jeweiligen Fächer in den Fachunterricht zu integrieren, wenn dieser erfolgreich sein soll.

 Bernstein, Nils; Lerchner, Charlotte (Hrsg.):

Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht. Literatur – Theater – Bildende Kunst – Musik – Film. Göttingen: Universitätsverlag, 2014 (Materialien Deutsch als Fremdsprache, 93). – ISBN 978-3-86395-183-2. 382 Seiten, € 39,00 (Paul Voerkel, Leipzig)

Der »Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen« (GeR) ist nicht das einzige, vermutlich aber das grundlegendste Dokument, das im letzten Jahrzehnt die Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts in Europa und weltweit geprägt hat (vgl. Rösler 2012: 265). Aus diesem Grund sind die Stärken des GeR ebenso wie seine Schwächen ausgiebig und kontrovers diskutiert worden. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist dabei das weitgehende Fehlen der ästhetischen Wahrnehmung von Sprache, die zugunsten eines funktionalen Sprachgebrauchs entweder redu- ziert oder gar nicht erst aufgegriffen wird (vgl. Krumm 2008: 27). Verschiedene Autoren fordern deswegen, die aktuell vorherrschende kognitive und kompe- tenzorientierte Ausrichtung von Unterricht zu erweitern und die Bandbreite der menschlichen Sinne viel bewusster und zielgerichteter in die Praxis zu integrie- ren, um dadurch das Fremdsprachenlernen effizienter, interessanter und motivie- render zu gestalten. Kurz: Für einen erfolgreichen Lernprozess sind über eine funktionale und kognitive Herangehensweise hinaus auch affektive und ästheti- sche Zugänge zur Sprache wichtig und sinnvoll (vgl. Rösler 2012: 269).

Auf diesem Hintergrund fand im März 2013 an der renommierten Universität UNAM (Mexiko-Stadt) eine international besetzte Tagung statt, welche die Bedeu- tung des ästhetischen Lernens im DaF- und DaZ-Unterricht zum Thema hatte. Die hier besprochene Publikation, erschienen Ende 2014 in der Reihe »Materialien Deutsch als Fremdsprache« des Fachverbands Deutsch als Fremdsprache (FaDaF), vereint und ergänzt nun die Beiträge dieser Tagung. Die 25 Aufsätze von insgesamt 28 Autorinnen und Autoren orientieren sich am »Ästhetischen Lernen« als rotem Faden und stellen einen aussagekräftigen Überblick über den Themenbereich dar.

Den Beiträgen liegt dabei die Überzeugung zugrunde, dass verschiedene Kunstfor- men nicht in erster Linie aus funktional-pragmatischen Gründen im Fremdspra- chenunterricht genutzt werden sollten, sondern sie im Gegenteil eine grundlegende ästhetische Erfahrung darstellen können, die den Lernenden unter Umständen überhaupt erst einen subjektiven Zugang zur Sprache ermöglicht. Es sollte beim Einsatz von bestimmten Kunstformen im Unterricht also nicht um eine (oft ober-

(2)

Bernstein, Nils u. a. (Hrsg.): Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht 177

Rezensionen Info DaF 2/3 · 2016

flächliche) Beschreibung von Äußerlichkeiten gehen, sondern um weit mehr: Einen Film, ein Theater- oder Musikstück gilt es nicht nur – wie in der Praxis oft der Fall – auf seinen Inhalt hin zu reduzieren, stattdessen sollte der Unterricht unbedingt auch Raum lassen für deren ganzheitliche Aufnahme und das subjektive Empfinden durch die Lerner. Diese Forderung trifft für alle Niveaustufen und denkbaren Fremdsprachen zu, wobei die beschriebenen Beispiele sich allesamt auf den DaF- bzw. DaZ-Kontext beziehen.

Die fünf Bereiche, unter welche die einzelnen Beiträge gefasst sind, werden von den Herausgebern mit der Einteilung in Hegels Vorlesungen über Ästhetik begrün- det (VII), die an die heutigen Umstände und Medien adaptiert wurde, und verweisen somit auf die Kunstgattungen Literatur, Theater, bildende Kunst, Musik und Film. Dieser Systematik liegt ein breites Verständnis von Ästhetik als Sinneswahrnehmung zugrunde, so dass explizit nicht nur die »schönen Künste«

im engeren Sinne thematisiert werden. Auffällig ist bei dieser Einteilung, dass Literatur und Theater mit elf bzw. sieben Beiträgen besonders stark vertreten sind, was durchaus damit zu tun haben kann, dass in beiden Bereichen eine über den funktionalen Einsatz hinausgehende Beschäftigung in der Fremdsprachendidak- tik bereits seit längerem stattfindet. Zur Einteilung lässt sich hinzufügen, dass die verschiedenen Kunstformen sich nicht unabhängig voneinander herausgebildet, sondern stets gegenseitig beeinflusst haben – eine strikte Trennung wäre also ebenso schwierig wie unnütz. Die Bereiche ergänzen oder überschneiden sich in mehreren Fällen, so beispielsweise in den Beiträgen von Ulrike Pleß (Literatur und Musik), Maik Walter (Didaktik und Theater), Dietrich Rall (Literatur und bildende Kunst) und Susanne Even (Literatur und Theater), was von den Herausgebern durchaus wahrgenommen und unterstützt wird.

Der Schwierigkeit dieser Rezension, alle 25 Beiträge gleichwertig zu würdigen, wird dadurch begegnet, dass im Weiteren die wesentlichen Themenstränge vorgestellt werden, denen die einzelnen Artikel zugeordnet werden können.

(a) Um theoretische Grundlagen und Überlegungen zu ästhetischen Fragen geht es vor allem in den Aufsätzen von Carmen Schier (zur Relevanz ästheti- scher Bildung), Michael Dobstadt und Renate Riedner (zu symbolic compe- tence und dem Kompetenzbegriff), Micha Fleiner (zur Notwendigkeit von Theater in der Lehrerausbildung), Birgit Oelschläger, Magdalena Haftner und Anne-Marie Kuhfuß (jeweils Betonung der Ernst- und Sinnhaftigkeit von Theater), Eva Veronika Chen und Tristan Lay (zu Visual Literacy als Hilfe zum Verstehen und Kommunizieren), Matthias Perner und Kathrin Wild (zu Musik und Musikformen als Unterstützung zum Erlernen von Syntax und Suprasegmentalia) und Nils Bernstein (zur Entwicklung einer kritischen Medienkompetenz). Herauszuheben ist hier die überzeugende Begründung für die Notwendigkeit subjektiver Erfahrungen beim Fremd- sprachenlernen auf den ersten Seiten des Beitrags von Carmen Schier (3–8).

(3)

178 Bernstein, Nils u. a. (Hrsg.): Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht

Info DaF 2/3 · 2016 Rezensionen

(b) Verschiedene Wege und Unterrichtsvorschläge zur ästhetischen Beschäftigung mit Sprache werden vorgestellt in den Beiträgen von Almut Hille und Johann Georg Lughofer (zu Poetry Slam als Möglichkeit zur Textüberarbei- tung), Camilla Badstübner-Kizik (zur Nutzung verschiedener Medien in rezeptiven und produktiven Sprachprozessen), Siegfried Boehm (zu Thea- ter als Fertigkeiten- und Verhaltenstraining), Julia Collazo (zur Umsetzung von Podcast-Projekten mit literarischer Vorlage) und Antje Dohrn (zu möglichen Schritten und Modellen für Literaturbearbeitung).

(c) Die Medien und Träger ästhetischer Darstellungsformen schließlich finden sich in der Mehrzahl der Beiträge und umfassen so unterschiedliche Aus- drucksformen wie Hörbuch, Bilderbuch, Comic, Podcast, Kunstbilder, Masken, Rollenspiel, Improvisationstheater, Videoclips und Filme. Interes- sant ist in diesem Zusammenhang das Postulat von Badstübner-Kizik, verschiedene Medien im Unterrichtsgeschehen zu kombinieren und sich bei der Auswahl stets zu fragen, welcher Text, welches Musikstück, welches Bild im ästhetischen Sinn besonders gut trägt und prägt (vgl. 309).

Wenn sich auch einwenden lässt, dass die Kunstgattungen Literatur und Theater mit etwa siebzig Prozent an Beiträgen und Raum das Thema stark dominieren und Musik, bildende Kunst und Film entsprechend etwas zu kurz kommen: Den allesamt gut lesbaren und teilweise mit kurzweiligen Beispielen gewürzten Texten gelingt es in der Summe, den Leser von der großen Relevanz des ästhetischen Lernens für den Fremdsprachenunterricht zu überzeugen und die Potenziale eines bewussten Einsatzes verschiedener Kunstformen herauszustellen. Unter- stützt wird das Anliegen durch die seriöse wissenschaftliche Fundierung der Artikel und ein ausgewogenes Darstellungsverhältnis von theoretischen Überle- gungen, empirischen Ergebnissen und Praxisbeispielen. Entsprechend sinnvoll und lohnenswert wird das Buch damit vor allem für diejenigen, die sich einen Überblick über die Breite der aktuell diskutierten Ansätze zum ästhetischen Lernen verschaffen wollen, nach Begründungen für den Einsatz verschiedener Kunstformen im Schulalltag suchen und sich von Praxisbeispielen inspirieren lassen möchten. Vermutlich ist es, wie Dengscherz (2015: 154) einwirft, tatsächlich übertrieben, im Fremdsprachenunterricht nun eine »ästhetische Wende einzuläu- ten« – eine wirklich lesens- und empfehlenswerte Darstellung des Themas, von dem positive Impulse für die Unterrichtspraxis ausgehen können, ist das Buch auf jeden Fall.

Literatur

Dengscherz, Sabine (2015): »Rezension zu Nils Bernstein und Charlotte Lerchner (Hrsg.):

Ästhetisches Lernen im DaF-/DaZ-Unterricht«. In: Scenario, IX, I, 150–154. Abrufbar unter: http://research.ucc.ie/scenario/2015/01/Dengscherz/10/de [27.09.2015].

(4)

Biebighäuser, Katrin: Fremdsprachenlernen in virtuellen Welten 179

Rezensionen Info DaF 2/3 · 2016

Krumm, Hans-Jürgen (2008): »Ziele, Wirkungen und Nebenwirkungen. Der Gemein- same europäische Referenzrahmen für Sprachen«. In: Fremdsprache Deutsch 38, 26–

28.

Rösler, Dietmar (2012): Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung. Stuttgart: Metzler.

 Biebighäuser, Katrin:

Fremdsprachenlernen in virtuellen Welten. Tübingen: Narr, 2014 (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik). – ISBN 978-3-8233-6890-8. 473 Seiten,

€ 69,00

(Dorothea Spaniel-Weise, Jena)

Das Potenzial des Internets für die Vermittlung landeskundlicher Inhalte ist unumstritten, die Nutzung virtueller Welten als Begegnungsort für den Sprach- und Kulturerwerb nutzbar zu machen, jedoch noch ein junger didaktisch- methodischer Ansatz. Erkenntnisinteresse der vorliegenden Dissertation ist es, herauszufinden, »wie eine avatarvermittelte Kooperation von multinationalen Kleingruppen in einer virtuellen Welt […] zum Landeskundeerwerb führt« (14).

Nach genauem Festlegen der Forschungsfragen in Kapitel 2 teilt sich der umfang- reiche Band in einen theoretischen und einen methodischen Teil, wobei letzterer sowohl das methodische Vorgehen (Teil II) als auch die Datenauswertung (Teil III) umfasst. Als theoretische Basis legt die Autorin Konzepte wie Kultur, Landes- kunde, interkulturelle Kompetenz (nach Byram) oder kulturelle Deutungsmuster (nach Altmayer) dar und zeichnet damit verbundene, oft widersprüchliche Diskurse nach. So werden sowohl die Kritik am Konzept des interkulturellen Fremdsprachenunterrichts (vgl. Kap. 3.2.3.1.) als auch die Auseinandersetzungen um die Konzepte der Transkulturalität und Interkulturalität (Kap. 3.2.3.2.) darge- stellt. Thematisch scheinen sich für das Aushandeln kulturgeprägter Sichtweisen

»Erinnerungsorte« als »rich points« anzubieten (69). Arbeiten von Halbwachs, Assmann und Nora hierzu wurden bereits in vielfältiger Weise von der Fremd- sprachendidaktik aufgegriffen, z. B. im Lehrmaterial für den DaF-Unterricht Erinnerungsorte (Schmidt/Schmidt 2007). In der Geschichtsdidaktik erfuhr das Konzept eine Ausweitung auf das »Phänomen Erinnerung in digitalen Medien«

(85). Die Autorin verbindet daran angelehnt den Erinnerungsort »Berliner Mauer«

mit der Initiierung und Begleitung einer Begegnungssituation in der virtuellen Welt »second life«. Zum theoretischen Teil gehört daher abschließend die Behand- lung von Fragen zum Fremdsprachenlernen mit digitalen Medien (Kap. 4), wobei hier die Möglichkeiten von »Kooperation und Kollaboration« der Lernenden untereinander hervorgehoben werden.

Exemplarisch wird näher auf Projekte der computervermittelten Tandemarbeit eingegangen. Im Vordergrund stehen Email-Partnerschaften (Kap. 4.2.2.), und

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Juli 1908.„Wir stehen fest auf dem Boden“, so Hen- dricks., „und sind prägend für den Kreis Kleve.“ Zur Feier des Tages begrüßte sie gleich zwei neue Mitglieder in der

Bei dieser Station müssen sich die Schüler wieder – entgegen der freien Wahl bei der Reihenfolge der Stationen – an die Reihenfol- ge der Arbeitsaufträge halten, weil diese

Nicht nur die bedeutende Geschichte des Klosters, auch die der askanischen Fürsten, die als erste mit der Mark Brandenburg belehnt wurden und hier ihre Grablege haben, werden

So wurde in der Literaturdidaktik ein rezeptionsdidaktischer Ansatz(ISER: 1984) entwickelt, der den Akt des Lesens in den Vordergrund rückt und ihn als eine

Umgekehrt heißt dies aber auch, dass authentische gespro- chene Sprache – um diesen für den vorliegenden Beitrag relevanten Bereich zu fokussieren – mit zunehmender

Simultaneously, the artistic depiction of such experience is particularly challenging, as dreams delve into the gap between universal human experiences like birth and

ƒ Sie erkunden die verborgenen Gärten der Familien Nani Bernardo, Malipiero Barnabo und Fortuny, als auch den Klostergarten von Il Redentore.. ƒ Sie sind Gast in drei privaten

mich eine Geburtstagsparty mit Sicherheitsabstand veranstaltet. Auch dieses Jahr wollten sie mich nicht an die Planung las- sen, aber ich darf sie wieder für ihre Mühe umarmen,