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Flucht – Sicherheit – Reform

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Bayerisches Ärzteblatt 12/2015

651 Leitartikel

Flucht – Sicherheit – Reform

Weltweit sind derzeit ca. 59,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Etwa die Hälfte von ihnen ist unter 18 Jahre alt, laut Hoch- kommissariat der Vereinten Nationen (Uni- ted Nations High Commissioner for Refu- gees – UNHCR). Hunderttausende von Flüchtlingen, Binnenvertriebenen, Asyl- suchenden und Staatenlosen haben sich auf den Weg nach Europa gemacht und sind größtenteils unterwegs nach Deutschland, wobei gerade Bayern auf- grund seiner geografischen Lage und sei- ner Landesgrenzen ein Hauptankunftsland ist. Viele Flüchtlinge sind bei uns derzeit provisorisch in Zelten untergebracht, was bei den winterlichen Temperaturen lang- sam problematisch wird. Problematisch ist auch die medizinische Versorgung der Asylsuchenden. Einige Bundesländer arbeiten an der Einführung der Gesund- heitskarte für alle Flüchtlinge, andere an einem niederschwelligen Zugang zur me- dizinischen Versorgung. Doch die Migran- ten sollen auch in Zukunft lediglich einge- schränkte Leistungen erhalten. Gleiches gilt für die psychologische und psychothe- rapeutische Behandlung und in den derzeit diskutierten „Registrierzentren“ herrscht Fehlanzeige, geht es um die medizinische Erstversorgung. Wir haben uns wiederholt gegen solche Leistungsbeschränkungen ausgesprochen. Es kann keine anderen Maßstäbe für die Behandlung asylbegeh- render Menschen in unserem Land geben.

Und schließlich geht es auch – epidemio- logisch gesehen – um die Sicherheit all unserer Patienten in Deutschland.

Sicherheit

Dass die Patientensicherheit für Ärztin- nen und Ärzte an erster Stelle steht, ha- ben wir nicht nur anlässlich des Tages der Patientensicherheit bewiesen. In Sachen Risikomanagement und -bewältigung tut sich einiges und bewährte Verfahren, wie etwa das systematische MRSA-Screening bei Risikopatienten im Krankenhaus, kom- men immer häufiger zum Einsatz. Wir setzen auf Fehlermeldesysteme und die Gutachterstelle bei der BLÄK bietet seit über 40 Jahren fachliche Unterstützung an, wenn Patienten einen ärztlichen Be- handlungsfehler vermuten. Wir tun al- les dafür, dass es nicht zu einem Fehler in Aufklärung, Diagnostik und Therapie kommt. Wir sorgen für einen transparen-

ten Umgang mit Behandlungs- fehlern. Und wir sind uns unserer Verantwortung darüber bewusst, dass den betroffenen Patienten schnell und professionell geholfen werden muss – medizinisch, see- lisch und mitunter auch rechtlich.

Dass dennoch in den Medien das unmögliche Wort „Ärztepfusch“

auftaucht, macht uns betroffen und auch ziemlich verständnislos, beinhaltet dieser Begriff doch im- mer eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den Auswirkungen des eigenen Handelns. Kommt es zu einem Behandlungsfehler, führt dies bei den Betroffenen häufig zu Schuldgefühlen und Ängsten – auch in Bezug auf eine mögliche Stigmatisierung. Immer ist die Si- tuation für den betroffenen Arzt belastend.

Reform

„Unmöglich“ lautete auch unsere Bewer- tung des ersten Entwurfs des Kranken- hausstruktur-Gesetzes (KHSG), das inzwi- schen – auch auf Druck von Verbänden und Krankenhausmitarbeitern – einige Änderungen erfahren hat. Wir sind vor al- lem darüber erleichtert, dass die 500 Milli- onen Euro in Form eines Pflegezuschlags den Krankenhäusern weiterhin erhalten bleiben. Dennoch wird die Zukunft für die Krankenhäuser dadurch wirtschaftlich ge- sehen kein „Zuckerschlecken“ werden und an vielen wesentlichen Punkten besteht am KHSG noch immer Kritik; Stichwort

„Pay for Performance“: Jetzt kommt es ganz entscheidend auf die Umsetzung des Gesetzes an; eine sektorübergreifende Qualitätssicherung ist angesagt. Statt ver- schiedene, nicht getestete Qualitätssiche- rungsinstrumente gleichzeitig einzusetzen, sollten einzelne Maßnahmen mit Bedacht erprobt werden. Darüber hinaus sehen wir die finanzielle Misere vieler Krankenhäu- ser auch auf Länderebene in den unzu- reichenden Investitionskosten begründet.

Auch um Nachwuchskräfte bei den Ärzten in den Krankenhäusern sorgen wir uns.

Aktive Mitarbeitergewinnung, Förderung der (Verbund-)Weiterbildung und Konzep- te zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit sind auch in den Kliniken dringend angesagt. Ein „No-Go“ sind die geplanten

Portalkliniken, die ohne Bedarfsplanung und unbudgetiert aus dem Honorartopf der Vertragsärzte finanziert werden sol- len. Durch eine klare Strukturierung des Bereitschaftsdienstes – in einen Sitz- und Fahrdienst mit bedarfsgerechter Einrich- tung von durch Vertragsärzte betriebenen Bereitschaftsdienstpraxen an Kliniken – kann die Sicherstellung der ärztlichen Ver- sorgung sektorübergreifend gewährleistet werden. Das regelt die Selbstverwaltung besser als die Politik!

Die ganz große Herausforderung 2015 war und ist das Asylthema. Unser aus- drücklicher Dank geht an alle engagierten Ärztinnen und Ärzte sowie an alle weiteren Helferinnen und Helfer, die – teils ehren- amtlich – hervorragende Arbeit vor Ort leisten. Ohne ihren humanitären Einsatz wären Erstscreening, Gesundheitsunter- suchung und Akut- bzw. Schmerzversor- gung von Flüchtlingen undenkbar. Dass dieses Engagement keine Dauereinrich- tung und kein Selbstläufer sein kann, soll- te uns allen bewusst sein. 2015 ist viel passiert; 2016 stellt neue Herausforderun- gen. Stellen wir uns selbstbewusst den ge- sundheitspolitischen Herausforderungen und unseren ärztlichen Aufgaben: Heilen, Helfen, Betreuen! Zum Jahresausklang wünschen wir Ihnen, Ihren Familien und Ihren Freunden ein frohes Weihnachtsfest und für das neue Jahr 2016 alles Gute.

Dr. Wolfgang Rechl, Vizepräsident, Dr. Max. Kaplan, Präsident und Dr. Heidemarie Lux, Vizepräsidentin (v. li.).

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