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Petra Pau BBE-Newsletter 02/2014

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Petra Pau BBE-Newsletter 02/2014

Mit und für mehr Demokratie

Lang ist es noch nicht her, 2010. Ich war im Allgäu. Es war Markttag in einer Kleinstadt. Am Rande des Platzes standen die üblichen Werbekästen der Bergwacht, der Feuerwehr, der Kirche, des Tourismusvereins, auch die von Parteien. In einem wurde für einen Filmabend mit Diskussion geworben: „Die vierte Revolution“, ein Dokumentarfilm von und mit Hermann Scheer.

Hermann Scheer (SPD) war Mitglied im Deutschen Bundestag, vor allem aber ein unermüdlicher Streiter für eine grundlegende und zügige Solarwende. Viele Auszeichnungen würdigen sein Engagement. Postum wurde er zum Ehrenpräsidenten von Eurosolar ernannt. Kurz vor seinem Tod sprach er sich zudem für mehr direkte Demokratie im „Stuttgart 21“-Bahnhofsstreit aus.

„Die vierte Revolution“ hatte ich bereits Monate vor meinem Erlebnis im Allgäu gesehen, in einem Szene-Kino in Berlin-Neukölln. Wir waren unter uns, also mein Bundestags-Team, und wir hatten natürlich Gesprächsstoff. An Beispielen aus vier Kontinenten wird veranschaulicht, dass die Energiewende möglich ist und längst praktiziert wird. Gegen viele Widerstände.

Das fiel mir wieder ein, da Magdalena Neuner, die bekannte Biathletin, in diesem Winter eifrig Werbung für Eon, einem der vier marktbeherrschenden Energiekonzerne in Deutschland, macht. „Werden wir grüne Energie künftig noch bezahlen können?“, fragt sie darin. „Wir arbeiten daran“, verheißt Eon, zum Beispiel mit Windparks in der Nordsee.

Ein zweites Großprojekt der Energiemächtigen ist ein riesiges Solarfeld in Nord- Afrika. Auch dieses Wüstenprojekt, Kürzel DESERTEC, hatte Hermann Scheer scharf kritisiert. Zu Recht, denn die von ihm angestrebte Energie-Wende hat zwei Komponenten: eine ökologische und eine demokratische: Ich füge hinzu: in gewissen Zügen sogar eine antikapitalistische.

Denn, was zumeist Husch-Husch durch die Nachrichten geistert, birgt viel tiefer und weitergehende Alternativen: nämlich solare kontra fossile bzw. atomare Energie und Selbstbestimmung kontra Monopol-Macht. Potenziell. Die reale Welt ist wie immer umstrittener und verlogener, gerade auch beim Jahrhundert-Vorhaben Energie- Revolution.

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2011 gab es einen plötzlichen Wechsel in der deutschen Energie-Politik.

Vorausgegangen war die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima. Ein Schock! Die unionsdominierte Bundesregierung verabschiedete sich über Nacht von bis dato geltenden Atomprogrammen und sie bekannte sich zu erneuerbaren Energien. Das galt als konservatives Wunder von Berlin.

Die „Mühen der Ebene“ spare ich mal aus. Aber zwei Linien sind seither gleichwohl unverkennbar. Erstens wird die Förderung dezentraler Solar-Vorhaben zurückgefahren. Und zweitens wird beklagt, zu viele Bürgerinitiativen würden zentrale Energietrassen blockieren. Die wiederum seien unverzichtbar. Nicht das Bürgerengagement, sondern die Überlandleitungen.

Kurzum: Die Solarwende wird von der Bundespolitik mit zwei Prämissen hintertrieben: Die Macht der Konzerne soll nicht angetastet werden und die Mitsprache von Bürgerinnen und Bürgern darf bei alledem nicht stören. Eine historische Chance für mehr direkte Demokratie droht damit verschenkt zu werden.

Kein Schelm, wer darob an Lobbyismus denkt.

Apropos Bayern: Es gibt dort Städte, und nicht nur dort, die bis 2020 energie-autark sein wollen. Sie haben vor, die Energie, die sie brauchen, selbst zu produzieren, ohne Monopol und Extra-Profit, die zwischen Produzenten und Konsumenten stehen.

Das Stichwort heißt dezentrale Solarwende. Sie aber geht nur bürgernah, mit bürgerschaftlichem Engagement, also mit mehr Demokratie.

Die erwähnte Schaukasten-Werbung für „Die vierte Revolution“ im Allgäu stammte übrigens nicht von den Grünen, auch nicht von der SPD oder von der LINKEN.

Eingeladen hatte die CSU-Ortsgruppe. Zu Zeiten, als deren Parteispitze noch stramm auf Atom-Kurs war. Das war ein praktisches Plädoyer für umfassende Demokratie, in Parteien, im Bund, in der Gesellschaft.

Petra Pau (Die Linke) ist seit 2006 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages; Mitglied im Ältestenrat sowie stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss.

Kontakt: petra.pau@bundestag.de

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