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Digitale Bestandsdaten - wem gehören diese?

Auswirkungen auf die betriebliche Überwachung und Instandhaltung im Alltagsbetrieb unter Berücksichtigung einer kompetenten Bewertungs- und Verantwortungsbereitschaft

Von Dr. Michael Neupert

Die Erfahrungen aus den weitgehend privat genutzten sozialen Netzwerken zeigen, dass Da- ten das Gold der digitalen Wirtschaft sind, und nichts spricht dagegen, dass sich diese Ein- schätzung auch für den industriellen Bereich bestätigt. Wir sehen, wie exakt sich Persönlich- keitsbilder und Massentendenzen zeichnen lassen; es sind enorm wirtschaftsmächtige Unter- nehmen auf dieser Grundlage entstanden. In der Industrie entwickeln sich neue technische Möglichkeiten atemberaubend schnell. Anlagen werden mit viel mehr Sensoren ausgestattet und erfassen wesentlich mehr Informationen als bislang. Zugleich kommen künstliche Intelli- genz und Big Data Analysis ins Spiel, was fortgeschrittene Steuerungsmöglichkeiten und Op- timoierungschancen eröffnet. Technisch denken kann man sich viele Szenarien: Von der Er- fassung der Betriebsdaten bis zur Vermessung der Anlage. Das wirft aber auch neue Fragen auf. Welche Rechte haben Anlagenbetreiber an erfassten Daten, an entstehenden Analysen?

Können moderne Anlagen und Wartungsroboter demnächst die Grundlage für eine Ausspä- hung von Anlagen liefern?

1 Aktuell gibt es kein „Dateneigentum“

Unter Eigentum versteht man die umfassendste Berechtigung an einer Sache, die es gibt. Im deutschen Recht geht das aus § 903 BGB hervor, dessen erster Satz lautet: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.“ Dieser Satz zeigt allerdings auch das Problem auf, um das es in der Diskussion um Rechte an Daten schon immer geht. § 903 BGB kennt das Eigentum als Recht an Sachen und damit, wie eine andere Stelle des Bürgerlichen Gesetzbuchs definiert, an körperlichen Gegenständen.1 Rechte an unkörperlichen Gegenständen sind zivilrechtlich kein Eigentum.2 Das deutsche Recht unter- scheidet sehr klar zwischen dem Eigentum, dem es in erster Linie um den Schutz der Sach- herrschaft über einen körperlichen Gegenstand geht, und dem Urheberrecht, das sich mit dem (ggf. in einer Sache verkörperten) unkörperlichen Gut beschäftigt.3 Daraus leitet sich unmittel- bar ab, dass es ein Eigentum an Daten nicht gibt, und genau das ist auch der Ausgangsbe- fund: Die deutsche Rechtsordnung kennt (zumindest bislang) kein spezielles Dateneigentum.

Den Umgang mit Daten hat das deutsche Recht bislang praktisch gar nicht aus einer Perspek- tive gesucht, der es um eine Berechtigung an den Informationen geht. Es hat vielmehr eine Lösung für das Problem erarbeitet, dass jeder eine gewisse Kontrolle darüber haben soll, wer

1 Das geht aus § 90 BGB hervor.

2 Baur / Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, § 24 Rn. 4.

3 BGH, Urteil vom 09.03.1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251 (2252).

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was über ihn weiß. Wenn wir im privaten Bereich von „meinen“ Daten sprechen, dann heißt das dementsprechend in aller Regel „Informationen über mich“. Was dabei geschieht, lässt sich mit einer filmischen Dokumentation vergleichen. Rechtlich erfassen wir einen solchen Vorgang vor allem aus zwei Blickwinkeln:

Zum einen geht es darum, ob die Aufnahmen von einer Person, die daraus entstehende Ge- schichte, der Öffentlichkeit vorgestellt werden dürfen. Diese Frage betrachtet im Wesentlichen das Datenschutzrecht, flankiert vom Recht am eigenen Bild. Für die so genannten personen- bezogenen Daten gilt das mittlerweile seit langem bekannte und durch Rechtsprechung aus- gearbeitete Datenschutzrecht. Der europäische Gesetzgeber hat es eben durch die Daten- schutz-Grundverordnung umfassend novelliert, die ab Mai 2018 europaweit zu befolgen ist. Im Datenschutzrecht gilt, ganz knapp formuliert, dass eine Nutzung personenbezogener Daten entweder eine Einwilligung des Betroffenen oder eine andere, gesetzliche, Rechtfertigung vo- raussetzt. Ansonsten ist schon die Datenerhebung und erst recht die weitere Nutzung rechts- widrig. Die juristische Schaltstelle für diesen Grundsatz ist der Personenbezug. Einen solchen haben Daten, wenn sie sich – so Art. 4 Nr. 1 der Datenschutz-Grundverordnung – auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. So haben zum Beispiel die Be- wegungsdaten eines Smartphones und IP-Adressen Personenbezug, weil sie einer konkreten Person zugeordnet werden können.4 Von dort bis zu vielen anderen Objekten des Internet of Things ist kein großer Schritt mehr, und industrielle Anwendungen liegen auf der Hand: Bei- spielsweise finden sich auf dem Markt schon Angebote zur Unterstützung von Mitarbeitern durch spezielle Brillen, in welche anlagenbezogene Informationen je nach Standort, Blickwin- kel und Bedarf eingeblendet werden können; umgekehrt übertragen solche Systeme oft das Bild, welches der Mitarbeiter sieht, in eine Zentrale (Augmented Reality). Ein anderes aktuel- les Beispiel ist die Frage, ob durch einzelne in einem Blockchain-Ledger gespeicherte Anga- ben zu identifizierbaren Personen der gesamte Inhalt der Datenbank sozusagen datenschutz- rechtlich infiziert wird. Eines ist allerdings klar: Sprachlich greift der Personenbezug zwar weit aus, aber bei rein technischen Daten kann man selbst bei großzügigem Wortverständnis nicht mehr davon sprechen, dass sich Informationen auf eine natürliche Person bezögen. Die Dreh- zahlwerte einer Turbine oder die Drücke innerhalb eines Kesselsystems sagen nichts über Menschen aus und lassen sich, soweit man das derzeit abschätzen kann, auch nicht mit ande- ren Informationen so kombinieren, dass solche Aussagen möglich werden. Das Datenschutz- recht trifft keine Zuordnung von rein technischen Aussagen.

Zum anderen geht es um die Frage, wem der entstandene Film physisch und wertmäßig ge- hört. Das ist in erster Linie ein Thema des Eigentums an der Filmrolle und des Urheberrechts.

Der Eigentümer des Speichermediums oder des Computers lässt sich im geltenden Recht klar bestimmen. Wer Daten hat, der hat sie, weil sie auf einem körperlichen Medium zu finden sind, das ihm gehört. Und das Urheberrecht wird herangezogen, um die schöpferische Leis- tung zu schützen, die hinter der Programmierung einer Software oder einer Datenbank steckt.

Die Frage einer Berechtigung an Daten selbst taucht erst heute angesichts neuer kommerziel- ler Modelle auf, die mit Daten Geld verdienen, dabei einerseits in nicht gekanntem Ausmaß Informationen sammeln und andererseits hohe Gewinne auf der Grundlage fremden Verhal- tens erzielen. Ob sich deshalb an der rechtlichen Ausgangslage demnächst etwas ändert, steht nicht fest. Es gibt zwar einen Vorschlag für eine EU-weite Regulierung nicht-

4 EuGH, Urteil vom 19.10.2016 – C-582/14 (Breyer/Deutschland), Rn. 48 f. der Urteilsgründe.

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personenbezogener Daten („Strategie für einen digitalen Binnenmarkt“), aber dieser geht gar nicht erst auf die Frage ein, wer an solchen Daten berechtigt sein könnte. Er zielt vielmehr darauf ab, einheitliche Rechtsrahmen für die Datennutzung zu schaffen und die bisher eher punktuellen Regelungen zu systematisieren. Dass die von der Erfassung betroffenen Unter- nehmen in ihren Rechtspositionen betroffen sein können, wird allerdings eine Rolle spielen, wenn ein regulatorischer Rahmen geschaffen wird, denn verfassungsrechtlich können jeden- falls Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von den Artikeln 12 bzw. 14 GG geschützt sein, also über die Berufs- und Eigentumsfreiheit.5

2 Rechte an Zustandsdaten

Weil es kein Eigentum an Daten gibt, fehlt ein vertrauter Anknüpfungspunkt für die Frage, die in der Diskussion mehr und mehr auftaucht und die Ausgangsfrage des Datenschutzrechtes den veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten anpasst: Wer darf was mit welchen Daten machen? Im ersten Anflug ist man versucht, dieses Fehlen auf die Neuheit der Digitalisierung zu schieben und festzuhalten, das Recht hinke den Entwicklungen hinterher. Das ist zwar nicht ganz falsch, aber bei Licht betrachtet kann man ähnliche Fälle wie die unter der Über- schrift „Zustandsdaten“ diskutierten auch ganz ohne Digitalisierung bilden. Darf man bei- spielsweise Baupläne eines Einfamilienhauses abzeichnen und für das eigene Familienheim nutzen, um die Architektenkosten zu sparen? Darf man ein Mehrfamilienhaus genau vermes- sen, um die Ergebnisse in Pläne zu übertragen und diese weiterzuverkaufen? Darf jemand meinen Hund fotografieren, um damit einen kommerziellen Kalender zu bebildern? Und siehe da: Mit derartigen Fällen hatten sich die Gerichte schon vielfach zu beschäftigen. Jemand ver- kauft Fotografien von Bildern alter Meister, jemand schmückt seinen Werbekatalog mit dem Foto eines fremden Hauses auf Sylt,6 um nur zwei Fälle herauszugreifen.

Aus rechtlicher Sicht geht es bei solchen Sachverhalten vor allem um zwei (verallgemeinerba- re) Fragen: Erstens, wird der erfasste Gegenstand bzw. die darin verkörperte gedankliche Leistung durch das Urheberrecht dagegen geschützt, dass sein Zustand erfasst wird? Wenn das zu bejahen ist, dann existiert ein weitreichender Schutz, denn die Nutzung fremder Werke lässt das Urheberrecht nur beschränkt zu. Allerdings ist der Urheberrechtsschutz im Bereich der Technik begrenzt. Geschützt sind Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG), aber dabei ist nicht ausdrücklich die Rede von der technischen Anlage selbst.

Der technische Gehalt als solcher wird durch das Urheberrecht also gar nicht erfasst.7 Gegen das Ausbeuten fremder Ideen helfen die technischen Schutzrechte – vor allem Patente und Gebrauchsmuster – aber diese können nur für neue, erfinderisch geprägte Gegenstände er- teilt werden, was prinzipiell nur bei innovativen, singulären Anlagen naheliegt, in denen ein besonderes Know-How zum Ausdruck kommt und bei der Erfassung von Zustandsdaten auf viele Anwendungsfälle nicht zutreffen dürfte. Abgesehen davon stehen sowohl Urheber- als

5 Siehe dazu BVerfGE 115, 205 (229 ff., 248); ausführlich Wolff, Der verfassungsrechtliche Schutz der Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisse, NJW 1997, 98; Hornung, Verfügungsrechte an fahrzeugbezogenen Da- ten, DuD 2015, 359 (362); Beyerbach, Die geheime Unternehmensinformation, 2012, S. 209 ff.

6 BGH, NJW 1989, 2251 mit weiteren Nachweisen.

7 Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, UrhG § 2 Rn. 135- 136.

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auch technische Schutzrechte typischerweise nicht dem Eigentümer bzw. Betreiber einer technischen Anlage zu. Sie entstehen für denjenigen, der die Anlage erschaffen hat, und ob dieser sie an deren Eigentümer überträgt, ist eine andere Frage. Deshalb kommt es auf eine weitere Rechtsfrage nicht an, die sich im nächsten Schritt stellen würde, ob nämlich Zu- standsdaten überhaupt unter das Urheber- bzw. die technischen Schutzrechte fallen: Sie ent- stehen ja nicht durch die gemessene Anlage selbst, sondern werden in einem zusätzlichen Gerät erzeugt, das womöglich nicht einmal dem Anlagenbetreiber gehört (zum Beispiel bei Wartungsrobotern). Um im Bild zu bleiben: Dass die Fotografie eines Rohres von innen ein Urheber- oder technisches Schutzrecht verletzen könnte, drängt sich nicht auf. Bei anderen Anlagen mag dies anders sein, aber darauf kommt es an dieser Stelle nicht an. Selbiges gilt für die Erfassung anderer Zustandsdaten.

Dann geht es um die zweite Frage, die nicht den erfassten Gegenstand selbst betrifft, sondern die Annäherung an diesen. Darf der Fotograf fremdes Eigentum betreten, um das Bild zu schießen? Diese Frage lässt sich auf der Grundlage von § 903 BGB leicht mit einem klaren Nein beantworten, und genau so sieht es die Rechtsprechung.8 Für die Berechtigung an Zu- standsdaten ist das eine wichtige Erkenntnis, denn daraus ergibt sich: Was man nicht von öf- fentlichen Stellen aus wahrnehmen kann, ist auch nicht öffentlich verfügbar. Der rechtliche Ansatzpunkt ist weniger ein Recht an Zustandsdaten als das Recht, die Messausstattung auf einem fremden Grundstück bzw. in einer fremden Anlage zu betreiben. Für die Berechtigung an Zustandsdaten ergibt sich daraus eine wichtige Konsequenz. Wenn der Eigentümer der Anlage die Erfassung nicht gestattet, dürfen Zustandsdaten nicht produziert werden, denn sie sind praktisch nie von öffentlich zugänglichen Orten aus messbar. Im Gegenteil benötigt man dazu Sensoren unmittelbar in der Anlage. Umgekehrt ergibt sich daraus aber: Wenn der Be- treiber einer Anlage anderen gestattet, Messgeräte anzubringen, dann ist deren Einsatz zu- mindest so lange legal, wie diese nur das messen, was vereinbart ist. Ein Überschreiten der Verabredung kann prinzipiell unzulässig und, als so genanntes Ausspähen von Daten, sogar strafbar sein und zu Schadensersatz verpflichten. Die Grenzlinien sind hier aber juristisch noch kaum erschlossen. Von einem umfassenden Schutz ähnlich dem System des Daten- schutzrechtes kann also auch aus diesem Blickwinkel nicht die Rede sein.

Es ist absehbar, dass sich Fragen wiederholen werden, die wir schon aus dem Umgang mit personenbezogenen Daten kennen, bei welchem allerdings vergleichsweise klare Regelungen darüber existieren, dass jeder Datenverarbeitungsschritt legitimiert sein muss – ob sich hinge- gen die Weiternutzung einmal erhobener bzw. vom Anlagenbetreiber übermittelter Daten an einer Einwilligung messen lassen muss (etwa, wenn Zustandsdaten an ein Analysetool über- mittelt werden und dessen Anbieter die Daten speichert, um sie später für ein anderes Pro- gramm oder Angebot zu nutzen), ist rechtlich derzeit ungeklärt, genauer gesagt: Eine direkte solche Anforderung existiert nicht. Man kann nur überlegen, sie auf einem juristischen Umweg zu konstruieren, und zwar über die zwingend notwendige Gestattung, ein Erfassungsgerät überhaupt auf fremdem Grund und Boden, an bzw. in fremden Anlagen in Betrieb zu nehmen.

Hier stellt sich die Frage, wie weit die Gestattung reicht, wenn sie einmal erteilt ist. Muss ein Interessent bei Einholung der Gestattung seine vollständigen Absichten schildern, um eine Legitimationswirkung zu erreichen („Darf ich reinkommen“, „Darf ich reinkommen und fotogra- fieren“ oder „Darf ich reinkommen, fotografieren und die Bilder verkaufen“)?

8 BGH, MMR 2015, 458 mit weiteren Nachweisen.

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3 Die Schöpfung von Zustandsdaten

Ob es die richtige Antwort auf diese Problematik ist, Anlagenbetreibern ein Recht an „ihren“

Zustandsdaten zu verschaffen,9 darf allerdings bezweifelt werden. Selbst wenn man ein Da- teneigentum rechtlich anerkennen würde, wäre damit nicht die Frage beantwortet, wem das Eigentum an einem konkreten Datum gehören müsste. Dass Informationen grundsätzlich der Person zustehen müssten, um die es geht, scheint in der Diskussion manchmal auf, ist aber nicht selbstverständlich, wenn man sich dem Problem von klassischen Begründungen des Eigentums nähert, also argumentiert, dass jedem im Ausgangspunkt das zustehe, was er selbst erwirtschafte. Zustandsdaten erzeugt nicht automatisch der Anlagenbetreiber; sie ent- stehen je nach Betrachtungsweise im Sensor oder sogar erst in dem Computer, der sie zu- sammenfasst. Diese Objekte können dem Anlagenbetreiber gehören, müssen es aber nicht.

Passender ist die Frage, wer an einem Produkt berechtigt ist, das der eine schafft, indem er auf einen Gegenstand des anderen zurückgreift, ohne diesen zu verändern und erst recht, ohne dass dieser untergeht. Sonst wäre die Sache vergleichsweise einfach, denn diesen klas- sischen Konflikt zwischen Wertschöpfung und Eigentum regelt § 950 BGB. In dieser Vorschrift geht es um die Verarbeitung fremder Gegenstände und das Problem, wer dann Eigentümer ist (also zum Beispiel um die versehentliche Verwurstung fremder Ochsen oder, etwas weniger blutig, um die Dressur eines fremden Pferdes). Die Besonderheit der Datenökonomie liegt je- doch darin, dass Daten grundsätzlich beliebig vervielfältigt werden können.

Ob der Anlagenbetreiber zum Entstehen der Zustandsdaten etwas beiträgt und falls ja, ob die- ser Beitrag so schwer wiegt, dass man ihm eine Berechtigung an den Zustandsdaten zubilli- gen muss, sind spannende Fragen. Das Zustandsdatum ist nicht mit dem darin dokumentier- ten Zustand identisch, es schneidet aus diesem nichts aus. In dem Moment, wo ein Sensor etwas erfasst, ist das Erfasste etwas anderes als der Zustand selbst. Streng genommen ist das Zustandsdatum immer schon etwas, das von der Anlage gelöst ist. Auch die erfasste An- lage wird nicht geschmälert, verringert, in ihrem Gebrauch eingeschränkt, verzehrt. Sie exis- tiert und arbeitet genauso wie vorher. Das Zustandsdatum wird durch den Anlagenbetreiber auch nicht produziert, sondern durch die Messung geschaffen. Es ist Rohmaterial für weitere Auswertungen, und diese Auswertungen sind Leistungen desjenigen, der sie unternimmt. Die- se Auswertungen treten ganz neu in Existenz. In den auf der Grundlage von Zustandsdaten erzeugten neuen Produkten stecken weder das Know-How des Anlagenbetreibers noch seine Arbeitskraft oder Ressourcen zwingend. Ggf. entstehen daran sogar Urheberrechte des Pro- duzenten (das UrhG regelt beispielsweise explizit einen Schutz für Datenbanken). Dass also der Anlagenbetreiber etwas „beiträgt“, lässt sich ohne weiteres nicht bejahen.

4 Fazit

Es ist also kein Zufall, dass in der Überschrift nicht von „meinen“ Daten die Rede ist, denn ei- niges spricht dafür, dass Zustandsdaten jedenfalls aktuell aus rechtlicher Sicht demjenigen gehören, der sie hat. Wer einem anderen ihre Erfassung gestattet, hat nicht automatisch ir- gendein Recht an den entstehenden Daten, und das bedeutet, dass man entsprechende Inte- ressen ggf. aushandeln und vertraglich absichern muss, bevor smarte Sensoren, Big Data-

9 In diese Richtung zielt etwa ein Vorschlag aus der deutschen Politik, ein Datengesetz zu schaffen, siehe https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/datengesetz.html, abgerufen am 23.11.2017.

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gestützte Analysesysteme oder hochentwickelte Wartungsroboter zum Einsatz kommen. Ein Anlass zu Hysterie besteht wohl eher nicht, aber in der Industrie empfiehlt sich, was im Be- reich der privaten Nutzung als Erkenntnis angekommen ist, nämlich eine gewisse kritische Wachsamkeit. In den letzten Jahren sind Daten zum Tauschmittel für nützliche Anwendungen geworden; zu einem guten Teil funktionieren mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Systeme überhaupt nur, weil sie auf ein Meer an Daten zurückgreifen können. Es ist absehbar, dass die Entwicklung im B2B-Bereich und in der Industrie 4.0 genauso verlaufen wird. Das legt eine unaufgeregte Risikoanalyse nahe: Gibt es technische Daten, die auf keinen Fall oder nur unter gewissen Einschränkungen aus dem Bereich der Anlage bzw. der eigenen IT hinausgelangen dürfen, weil sich daraus unter Umständen Rückschlüsse auf wichtige Betriebs- oder Ge- schäftsgeheimnisse ziehen lassen (zum Beispiel aus der Kombination über Laufzeiten einzel- ner Anlagenteile zur Auslastung)? Es kann Daten unterschiedlicher Bedeutung geben, auch wenn eine solche Differenzierung mit Vorsicht angestellt werden muss, weil jede Information mit jeder anderen kombiniert werden kann, so dass die Wertigkeit einer Einzelinformation nur schwer abzuschätzen ist.

In erster Linie geht es um den Schutz der Betriebssphäre: Lasse ich einen Fremden dort hin- ein, dann darf er in der Regel verwenden, was er dort bemerkt. Er darf sich aber nicht gegen meinen Willen hineinschleichen oder mir falsche Absichten vorspiegeln, damit ich die Tür auf- mache. Gegen Ausspähung mit verbotenen Methoden hilft das Recht, indem es kriminalisiert.

Wie bei jeder Kriminalität hat das Tatopfer aber nur begrenzt etwas davon, wenn der Täter gefasst und bestraft wird. Gegen Spionage sind daher Vorsicht und technische Vorsorge an- gezeigt. Rechtlich interessant ist der Bereich der neuen Datenökonomie, in welchem die Da- tenerfassung gestattet wird, weil nur auf diese Weise Zugang zu interessanten Chancen und Möglichkeiten besteht: Was ist mit den Themen, über die keiner von beiden redet – so wie wir es im B2C-Bereich sehen, wo die Allgemeinen Geschäftsbedingungen diverser Plattformbe- treiber sich darüber ausschweigen, welche wirtschaftlichen Ziele mit den eingesammelten Da- ten verfolgt werden und was mit daraus geschöpften Gewinnen geschieht. Solche Themen muss adressieren, wer sich für sie interessiert.

Autor:

Dr. iur. Michael Neupert KÜMMERLEIN Rechtsanwälte &

Notare, Essen

Tel.: 0201 / 1756-624, -657 E-Mail:

michael.neupert@kuemmerlein.de Internet:

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