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Archiv "Medizintechnik: Fortschritt schneller in die Praxis" (20.11.2009)

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A 2350 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 47

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20. November 2009

MEDIZINTECHNIK

Fortschritt schneller in die Praxis

Die Branchenverbände wollen die Rahmen - bedingungen für medizin- technische Innovationen

ver bessern, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

M

edizintechnik wird im Ko- alitionsvertrag der neuen Regierung zweimal angesprochen:

zum einen im Rahmen der Wirt- schaftsförderung, subsumiert unter dem Begriff Gesundheitswirtschaft, und zum anderen im Zusammen- hang mit der Gesundheitsforschung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter – ein Hinweis auf die zuneh- mende Bedeutung dieser Branche.

Darauf verwies Prof. Dr. med. Jür- gen Schüttler, Universitätsklinikum Erlangen, beim 3. Innovationsfo- rum Medizintechnik* in Berlin. Im Rahmen der Veranstaltung zeichne- te das Bundesministerium für Bil- dung und Forschung (BMBF) zum elften Mal die Sieger des „Innovati- onswettbewerbs zur Förderung der Medizintechnik“ aus. Mit dem Wettbewerb sollen herausragende Forschungsideen und innovative medizintechnische Entwicklungen schneller in die Praxis gebracht und zudem die Zusammenarbeit zwi- schen Wissenschaft und Wirtschaft gefördert werden. Die diesjährigen elf Gewinnerprojekte erhalten zu- sammen mehr als 5,1 Millionen Eu- ro aus dem Fördertopf des BMBF.

„Von der Innovation zur medizi- nischen Anwendung“ – so lautete das diesjährige Leitmotiv des Inno- vationsforums. Aus Sicht der Medi- zintechnikindustrie und vieler For- scher kommen die zahlreichen In- novationen, die zu mehr Qualität und Effizienz in der Gesundheits-

versorgung beitragen können, zu langsam auf den deutschen Markt.

Aus eigener langjähriger Erfah- rung berichtete Prof. Dr. Hans-Rei- ner Figulla, Universitätsklinikum Je- na, von der mühevollen Produktent- wicklung am Beispiel des patentier- ten „Jena Clips“, einer transkutanen Herzklappe. Die Idee zu diesem neu- artigen Herzklappenersatz, der von Kardiologen und Kardiochirurgen des Universitätsklinikums zusam- men mit Partnern des Jenaer Fraun- hofer-Instituts für Optik und Fein- mechanik entwickelt wurde, entstand bereits Anfang der 90er-Jahre. Das System besteht aus einer biologi- schen Herzklappe, die auf einen Stent aufgebracht ist. Die Herzklap- pe wird, klein gefaltet, mittels eines Katheters durch die Beinschlagader ins Herz gebracht, wo sich das Mate- rial durch die Körperwärme auffaltet und die neue Herzklappe befestigt.

Produktentwicklung erfordert langen Atem

„Der Weg von der Idee zur Pro- blemlösung dauerte 14 Jahre“, be- richtete Figulla. Das sei zu lang und rufe zu viele Mitwettbewerber auf den Plan. Den Jenaer Forschern hal- fen unter anderem Fördergelder durch eine Stiftung und ein Preis- geld im Innovationswettbewerb des

BMBF von 1999, die finanzielle Durststrecke beim Start zu überwin- den und ihre Idee zu verwirklichen.

500 000 bis 600 000 Euro reichten kaum für eine solche Entwicklung aus, meinte Figulla. Wichtig seien daher internationale Partner, die Teilnahme an Innovationswettbe- werben, eine schnelle Firmengrün- dung, Fremdkapital und die CE- Zertifizierung als Medizinprodukt.

Ungenutzte Potenziale zur Qualitätsverbesserung

Vor diesem Hintergrund fordern die Branchenverbände BVMed, Specta- ris und der ZVEI schon seit Länge- rem wirksame Maßnahmen für eine schnellere Verbreitung des medizin- technischen Fortschritts. „Durch die Verzögerung von Innovationen wer- den die enormen Potenziale zur Ver- besserung wirtschaftlicher Effizienz und die Qualität der Gesundheits- versorgung nicht ausgenutzt“, be- tonte Ulrich Krauss, Vorsitzender des Fachverbands Medizintechnik bei Spectaris. Wenn sich die Innova- tionen in Deutschland langsamer verbreiteten als auf ausländischen Märkten, sei langfristig die Wettbe- werbsfähigkeit der deutschen Medi- zintechnik gefährdet.

So befürchten die Industriever- bände Nachteile durch das 4. Me- Grafische Darstel-

lung einer Tumor- zelle, die mit einem tentakelartigen Hydro - gel „gefangen“ wur- de (Projekt „Nano- Angel“). Die roten Punkte stellen spezi- fische Antikörper dar, die gegen bestimmte tumorspezifische Oberflächenantigene der Zellen gerichtet sind.

Foto: XanTec bioanalytics GmbH

*Veranstalter: Bundes- ministerium für Bildung und Forschung, Bundes- verband Medizintech- nologie (BVMed), Deut- scher Industrieverband für optische, medizini- sche und mechatroni- sche Technologien (Spectaris), Zentralver- band Elektrotechnik- und Elektroindustrie (ZVEI), Medizinischer Fakultätentag der Bun- desrepublik Deutsch- land

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Deutsches Ärzteblatt

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20. November 2009 A 2351 dizinprodukteänderungsgesetz, das

im März 2010 in Kraft tritt. Im Zu- sammenhang damit werden wichti- ge Neuerungen bei den Anforde- rungen an klinische Prüfungen wirksam. Unter anderem soll ne- ben der Zustimmung der Ethik- kommission künftig die Genehmi- gung der Prüfung durch das Bun- desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) not- wendig sein. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht sind nur bei Produkten mit geringem Risiko vorgesehen. Eine Rechtsverord- nung hierzu ist derzeit in Arbeit.

Der BVMed hingegen hält eine Anzeigepflicht von klinischen Prü- fungen für Medizinprodukte für ausreichend. Die vorgesehene Ge- nehmigungspflicht für klinische Prüfungen im Rahmen der CE- Kennzeichnung durch das BfArM ist seiner Ansicht nach eine unnöti- ge Mehrbelastung für die Unter- nehmen, die zu „Doppelprüfun- gen“ und zusätzlichen Kosten füh- ren wird.

Als weitere große Hürde sehen die Verbände die komplexen Struk- turen und Abläufe in der gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV), die mit 90 Prozent die Nachfrage

nach medizinischen Leistungen auf dem deutschen Markt dominieren.

Eine erfolgreiche Vermarktung in- novativer Medizinprodukte ist nach ihrer Auffassung davon abhängig, ob die GKV die Finanzierung oder die Behandlungskosten übernimmt.

„Die Komplexität und Dauer dieses Antrags- und Entscheidungsverfah- rens der GKV stellt die Medizin- technikunternehmen vor enorme Herausforderungen, die gerade für mittelständische Anbieter existenz- bedrohend sein können“, unter- strich Christian O. Erbe, stellvertre- tender Vorsitzender des ZVEI- Fachverbands Elektromedizinische Technik.

Zeitlich befristete Finanzierung

Eine Lösung könnte nach der Vor- stellung der Verbände eine stärkere Einbindung der Hersteller in die Entscheidungsprozesse über die Er- stattung der innovativen Produkte und Behandlungsformen durch die GKV sein. Darüber hinaus sollten die Antragsverfahren vereinfacht und die formalen Anforderungen an die technischen Gegebenheiten der Medizintechnikindustrie angepasst werden. Auch eine zeitlich befriste-

te Finanzierung durch die GKV sei eine Möglichkeit, den Nutzen eines Medizinprodukts nachzuweisen und den Marktzugang zu beschleuni- gen. „Generell muss eine für das Medizintechnikunternehmen trans- parente und praktikable Verzah- nung zwischen regulatorischen Er- fordernissen bei Zulassung und Er- stattung erfolgen“, sagte Dr. Mein- rad Lugan, Vorsitzender des BVMed.

Der Vertreter des Gemeinsamen Bundesausschusses, Dr. Matthias Perleth, verwies in der Diskussion darauf, dass letztlich jede Innovati- on als Einzelfall zu betrachten und es zu klären sei, um welche Art von Medizinprodukt es sich handele.

„Der Teufel steckt im Detail“, so Perleth. Es sei notwendig, klinische Prüfungen mit Nutzenbewertungen zu kombinieren.

Informationsplattform zu Einsparpotenzialen

Ein neues Informationsportal zum Einsparpotenzial innovativer Medi- zintechnik soll der Argumentation der Verbände künftig noch mehr Gewicht verleihen. Die Website un- ter www.einsparpotenzial-medizin technik.de demonstriert anhand von Beispielen aus verschiedenen An- wendungsgebieten, dass innovative Medizintechnik kein Kostentreiber ist, sondern dazu beitragen kann, Kosten im Gesundheitswesen ein- zusparen.

Die Internetseite resultiert aus der seit 2006 laufenden Studienreihe

„Das Einsparpotenzial innovativer Medizintechnik im Gesundheitswe- sen“, die von den Industrieverbän- den Spectaris und ZVEI gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Berlin und der Unternehmer- beratung Droege & Comp. heraus- gegeben wurde. Bislang sei dabei anhand von mehr als 30 Produkt- beispielen ein Einsparpotenzial durch moderne Medizintechnik von mehr als 2,7 Milliarden Euro ermit- telt worden, berichtete Prof. Dr.

Marc Kraft, TU Berlin. Die Platt- form solle auch den Anbietern von Innovationen die Möglichkeit bie- ten, breiter auf ihre Lösungen auf- merksam zu machen. ■ Heike E. Krüger-Brand Elf Projekte waren erfolgreich im Innovations wett -

bewerb Medizintechnik. Hier einige Beispiele:

Zu den Siegern zählt eine hessische For- schergruppe, die selbstreinigende nanostruktu- rierte Elektroden für Cochleaimplantate für Men- schen mit Innenohrschwerhörigkeit oder -taubheit entwickeln will. Die neuen Elektroden sollen ge- zielt elektrisch angesteuert werden, um sie durch Strom von anhaftenden Zellen zu reinigen. Da- durch lässt sich die Signalübertragung der Im- plantate optimieren und das natürliche Hören besser abbilden.

Wissenschaftler der Technischen Universi- tät Berlin erforschen, wie mit Miniaturinstrumen- ten die Wundheilung nach Darmoperationen mit- tels „Thermofusionstechnik“ verbessert werden kann. Dabei werden die Darm wand enden zusam- mengedrückt, erhitzt und dauerhaft miteinander verschweißt, statt wie bisher mit Naht- oder Klammertechniken zusammengefügt.

Ein weiteres Forscherteam aus Berlin arbei- tet an einer aufblasbaren Bakteriensperre, die Pa-

tienten mit einem zentralvenösen Dauerkatheter vor dem Eindringen von Bakterien in den Körper schützt und so schwere Infektionen vermeiden hilft. Die Idee: In den Katheter wird ein Ballon ein- gesetzt, der in den Nutzungspausen die Katheter- leitung vollständig ausfüllt, sodass den Bakterien der Zugang zum Katheter versperrt ist.

Ebenfalls ausgezeichnet wurden Wissen- schaftler aus Bonn und Aachen, die zusammen mit einem Aachener Industriepartner einen intelli- genten Fräskopf entwickelten, der den schonen- den Austausch künstlicher Hüftgelenke unterstützt.

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf wollen gemeinsam mit Düs- seldorfer Nanobiotechnologen und Industriepart- nern eine „Nano-Angel“ entwickeln, mit der sie gezielt Krebszellen im Blut aufspüren und einfan- gen. Anschließend werden mit dem System die Eigenschaften der Krebszellen untersucht. Damit ergeben sich neue Möglichkeiten für die Tumordia - gnostik und die Kontrolle des Krankheitsverlaufs.

Informationen: www.bmbf.de/de/13995.php

INNOVATIONSWETTBEWERB 2009

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Referenzen

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