• Keine Ergebnisse gefunden

Vergleichende in vitro Studie zur Biomechanik unterschiedlicher Verfahren der Laryngoplastik beim Pferd und deren Anwendung am Patienten

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Vergleichende in vitro Studie zur Biomechanik unterschiedlicher Verfahren der Laryngoplastik beim Pferd und deren Anwendung am Patienten"

Copied!
148
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Aus der Klinik für Pferde

der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Vergleichende in vitro Studie zur Biomechanik unterschiedlicher Verfahren der Laryngoplastik beim Pferd und deren Anwendung am Patienten

INAUGURAL – DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Jutta Riedel aus Meschede

Hannover 2006

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. B. Ohnesorge

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. B. Ohnesorge

2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. J. Rehage

Tag der mündlichen Prüfung: 28.11.2006

(3)

Gewidmet

meiner Mutter Birgit Riedel und im Andenken an meinen Vater Dr. Fritz Riedel

(4)
(5)

Abkürzungen:

Abb. = Abbildung

cm = Zentimeter

cran. = cranialis

cricoaryt. = cricoarytaenoideus

dext. = dexter

dors. = dorsalis

dorss. = dorsales

et al. = et alii

ggr. = geringgradig

hgr. = hochgradig

IHL = idiopathische Hemiplegia laryngis

J. = Jahre

laryng. = laryngeus

lat. = lateralis

M. = Musculus

Mm. = Musculi

mm = Millimeter

mgr. = mittelgradig

N. = Nervus

N = Newton

rec. = recurrens

resp. = respektive

RLN = recurrent laryngeal neuropathy

sin. = sinister

transv. = transversus

V. = Vena

(6)

Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG 9

2. LITERATURÜBERSICHT 11

2.1. KLINISCHE BEFUNDE DER IDIOPATHISCHEN HEMIPLEGIA LARYNGIS 11

2.1.1. Atemgeräusche 11

2.1.2. Palpatorische Befunde 12

2.1.3. Laryngoskopisches Bild 13

2.1.3.1. Endoskopische Untersuchung in Ruhe 14

2.1.3.2. Endoskopische Untersuchung bei Belastung 16

2.1.4. Elektromyographie 19

2.1.5. Labor 19

2.2. DIAGNOSTIK 20

2.3. ÄTIOLOGIE 23

2.3.1. Beeinflussung der Nerven durch Dehnung und Kompression 25

2.3.2. Virale und bakterielle Ursachen 26

2.3.3. Intoxikationen 27

2.3.4. Thiaminmangel 27

2.3.5. Axonaler Energiemetabolismus 28

2.4. PATHOLOGISCHE BEFUNDE BEI DER HEMIPLEGIA LARYNGIS 28

2.4.1. Pathologie der Nerven 29

2.4.2. Pathologie der Muskulatur 30

2.5. ANATOMIE DES KEHLKOPFES 31

2.5.1. Die Schleimhaut 31

2.5.2. Das Knorpelgerüst 32

2.5.2.1. Der Processus muscularis 33

2.5.2.1.1. Aufbau und Funktion des hyalinen Knorpels 33

(7)

2.5.2.1.2. Entwicklung und Wachstum des hyalinen Knorpels 35

2.5.2.1.3. Alterungsprozesse des hyalinen Knorpels 36

2.5.3. Die Muskulatur 36

2.5.4. Nervenversorgung des Kehlkopfes 38

2.5.5. Bewegung des Kehlkopfes 38

2.6. CHIRURGISCHE BEHANDLUNG DER IHL 39

2.6.1. Ventrikulektomie und Chordektomie 39

2.6.1.1. Resultate 41

2.6.2. Arytaenoidektomie 44

2.6.3. Reinnervation des Larynx 45

2.6.4. Laryngoplastik nach MARKS et al. (1970) 47

2.6.4.1. Resultate 47

2.6.4.2. Komplikationen 50

2.6.4.3. Modifikationen 54

3. EIGENE UNTERSUCHUNGEN 58

3.1. ZIEL DER UNTERSUCHUNG 58

3.2. IN VITRO STUDIE ZUR DOPPELSCHLINGEN-IMPLANTATION VERGLICHEN

MIT DER EINFACHEN IMPLANTATIONSMETHODE 58

3.2.1. Material und Methode 58

3.2.1.1. Untersuchungsmaterial 58

3.2.1.2. Präparationstechnik 59

3.2.1.3. Verwendete Geräte und Materialien 61

3.2.1.4. Untersuchungsmethode 65

3.2.2. Statistische Auswertung 69

3.2.3. Ergebnisse 69

3.3. IN VIVO STUDIE ZUR DOPPELSCHLINGEN-IMPLANTATION VERGLICHEN

MIT DER EINFACHEN IMPLANTATIONSMETHODE 80

3.3.1. Material und Methode 80

(8)

3.3.1.1. Untersuchungsmaterial 80

3.3.1.2. Untersuchungs- und Operationsmethode 81

3.3.1.2.1. Präoperative Untersuchung 81

3.3.1.2.1.1. Beurteilung des inspiratorischen Atemgeräusches 81

3.3.1.2.1.2. Laryngoskopische Beurteilung der IHL 82

3.3.1.2.2. Operationsmethode und Prothesenmaterial 83

3.3.1.2.3. Postoperative Untersuchungen 88

3.3.2. Ergebnisse 89

3.3.2.1. Beurteilung der Schleimhaut post op 89

3.3.2.2. Einfluss der Laryngoplastik auf das Atemgeräusch 90 3.3.2.3. Einfluss der Laryngoplastik auf den linken Aryknorpel 91

3.3.2.4. Komplikationen 91

4. DISKUSSION 93

4.1. DISKUSSION DER IN VITRO STUDIE 93

4.1.1. Material 93

4.1.2. Methode 94

4.1.3. Ergebnisse 95

4.2. DISKUSSION DER IN VIVO STUDIE 98

4.2.1. Material 98

4.2.2. Methode 99

4.2.3. Ergebnisse 101

5. ZUSAMMENFASSUNG 106

6. SUMMARY 109

7. LITERATURVERZEICHNIS 112

8. ANHANG 141

(9)

1. EINLEITUNG

Die zumeist linksseitig auftretende idiopathische Hemiplegia laryngis (GÜNTHER 1866;

COOK 1965; CAHILL u. GOULDEN 1987; DYCE et al. 1991) wird durch eine chronisch- degenerative distale Axonopathie im N. laryng. rec. sin. verursacht (CAHILL u. GOULDEN 1987). Die durch eine Parese oder Paralyse des linken Recurrensnerves charakterisierte Er- krankung wird heute hauptsächlich als recurrent laryngeal neuropathy (RLN) bezeichnet.

Aufgrund der Axonopathie kommt es zu einer neurogenen Atrophie der Kehlkopfmuskulatur und infolgedessen zur gestörten Abduktion des linken Aryknorpels während der Inspiration.

Klinische Symptome sind ein inspiratorisches pfeifendes Atemgeräusch sowie ein, je nach dem Grad der Hemiplegie, mehr oder weniger deutlich ausgeprägter Leistungsabfall des be- troffenen Pferdes (HUSKAMP 1980, DYCE et al.1991).

Verschiedene Operationsmethoden zur chirurgischen Korrektur der Hemiplegia laryngis sinistra wurden beschrieben. Die Laryngoplastik nach MARKS et al. (1970b) gilt weltweit als die Methode der Wahl (HUSKAMP 1980; CAHILL u. GOULDEN 1987; PASCOE 1990;

HONNAS et al. 1990; FERRARO 1990; DUCHARME u. HACKETT 1991; HAWKINS et al. 1997; BOSWELL et al. 2000; JANSSON et al. 2000; HERDE 2001). Ziel dieser Technik ist die Rekonstruktion der physiologischen anatomischen Stellung des Larynx bei maximaler Inspiration. Der linke in das Kehlkopflumen abgesunkene Aryknorpel wird wieder dorso- lateral aufgerichtet. Zu diesem Zweck wird ein synthetisches, elastisches Band zwischen dem Ringknorpel und dem Processus muscularis des Aryknorpels implantiert. Die elastische Span- nung der Prothese soll den fehlenden abduktorischen Muskeltonus ersetzen (MARKS et al.

1970b).

Als häufigste Komplikationen der Laryngoplastik nach MARKS et al. (1970b) werden chronischer Husten, Dysphagie, Regurgitieren, Chondritis und Infektion mit Fistelbildung beschrieben (MARKS et al. 1970b; MACKAY-SMITH et al. 1973; RAKER 1975; GREET et al. 1979; HUSKAMP 1980; GOULDEN u. ANDERSON 1982; NEMETH 1987; SPEIRS 1987; FERRARO 1990; HONNAS et al. 1990; DUCHARME u. HACKETT 1991; BATHE 1993; ROBERTSON 1995).

(10)

Eine signifikante postoperative Verminderung der Abduktion des Aryknorpels, und die daraus resultierende Wiederkehr der Leistungsintoleranz und des abnormen Atemgeräusches bedeuten allerdings das völlige Versagen dieser Operationsmethode (MARKS et al. 1970b;

GOULDEN u. ANDERSON 1982; FERRARO 1990; RUSSEL u. SLONE 1994; ROBERT- SON 1995; SCHUMACHER et al. 2000). Die Ursache für diesen postoperativen Abduktions- verlust ist ein teilweises oder vollständiges Einschneiden der Prothese in den Kehlkopfknor- pel (MACKAY-SMITH et al. 1973; GOULDEN u. ANDERSON 1982; SPEIRS 1987;

DEAN et al. 1990; FERRARO 1990; HONNAS et al. 1990; DUCHARME u. HACKET 1991; ROBERTSON 1995; HAWKINS et al. 1997; BOSWELL et al. 2000; SCHUMACHER et al. 2000).

DEAN et al. (1990) und BOSWELL et al. (2000) stellen experimentell fest, dass der Pro- cessus muscularis des Aryknorpels und nicht das Cricoid der Zugspannung des Implantates nachgibt und einreißt. Die Vermutung, der Aryknorpel sei bei Jährlingen und zweijährigen Pferden noch immatur und weicher als bei älteren Tieren, so dass das Implantat eher aus dem Knorpel jüngerer Pferde ausreißt (HONNAS et al. 1990; BATHE 1993; ROBERTSON 1995;

ROBERTSON 2000), kann in den in vitro Studien von DEAN et al. (1990) und HERDE (2001) nicht bestätigt werden. HERDE (2001) stellt die Tendenz fest, dass der Processus mus- cularis eher mit zunehmendem Alter der Pferde an Stabilität und Elastizität gegenüber der Prothese verliert. Aus chirurgischer Sicht ist daher zu empfehlen, Pferde mit IHL möglichst früh, dass heißt auch schon im Alter von einem und zwei Jahren der Arytaenoidopexie zu unterziehen (HERDE 2001).

HERDE et al. (2001) weisen auf die Möglichkeit einer modifizierten Laryngoplastik nach MARKS et al. (1970) als „double-loop“-Implantation hin. Im ersten Teil dieser Arbeit soll in vitro überprüft werden, ob generell durch die Modifikation der Operationsmethode nach MARKS et al. (1970) ein Ein- oder Ausreißen der Prothese aus dem Processus muscularis verhindert werden kann. Im zweiten Teil dieser Arbeit, einer in vivo Studie, wird die modifi- zierte Operationstechnik beschrieben und im Rahmen einer Fallkontrollstudie randomisiert geprüft.

(11)

2. LITERATURÜBERSICHT

2.1. KLINISCHE BEFUNDE DER IDIOPATHISCHEN HEMIPLEGIA LARYNGIS

Die Hemiplegia laryngis ist deshalb von großer Bedeutung, weil sie zu einer Lumenei- nengung und zu Funktionsstörungen des Kehlkopfes führt. Pferde mit IHL weisen schon sehr früh, zum Teil schon als Fohlen, eine Larynxasymmetrie auf. In welchem Alter sie dann klini- sche Symptome zeigen ist abhängig vom Verwendungszweck, von der verlangten Leistung, von ihrem Alter bei Trainingsbeginn und vom Grad der Kehlkopflähmung. BAKER (2003) berichtet, dass die IHL meist im Alter von zwei bis siebenjährigen Tieren klinisch erfasst wird.

Symptomatisch fällt die IHL meist durch ein Leistungsdefizit der betroffenen Tiere auf, wenn sie trainiert werden. DIXON et al. (2002) können anhand einer Studie an 351 Pferden, bei denen eine IHL diagnostiziert wurde, eine fortschreitende Verschlechterung der Larynx- funktion belegen. Bei 52 (15%) der untersuchten Tiere verschlechtert sich die Paralyse des Kehlkopfes innerhalb eines Jahres. Das mittlere Alter der Tiere betrug 7 Jahre.

2.1.1. Atemgeräusche

Das wichtigste klinische Symptom der IHL ist das inspiratorische Atemstenosegeräusch (MARKS et al. 1970a; DUCHARME u. HACKETT 1991; REUTTER et al. 1994). Fast alle nicht veterinärmedizinischen Namen richten sich nach diesem Geräusch: Kehlkopfpfeifer, Roarer, Corneur. Das laryngeale Stenosegeräusch, das bei über 80% der Pferde mit einer La- rynxasymmetrie auftritt, entsteht bei der Inspiration und wird durch Turbulenzen der Einat- mungsluft und Schwingungen der Weichteile erzeugt (MARKS et al. 1970a; FERRARO 1990; HONNAS et al. 1990; DERKSEN et al. 1999). Je nach Grad der Kehlkopflähmung kommt es dadurch zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten Dyspnoe, was häufig auch ei- nen Leistungsverlust beim Pferd bedingt (MARKS et al. 1970a; DIXON 1982; PASCOE 1990; WILLIAMS et al.1990; TATE et al. 1993; KÄSTNER et al. 1998; BAKER 2003).

(12)

An der Michigan State University, USA, zeigten am Laufband untersuchte Pferde mit IHL einen signifikant verminderten Luftfluß in den oberen Atemwegen und eine signifikant zu- nehmende inspiratorische Impedanz (BAKER 2003). Die Diagnose IHL durch den Tierarzt wird meist gestellt, wenn Besitzer oder Trainer der betroffenen Tiere einen Leistungsabfall oder ein inspiratorisches Atemgeräusch bemerken. Nach Meinung von MARKS et al. (1970a) ist die Provokation des inspiratorischen Stenosegeräusches während der Palpation von größe- rer diagnostischer Bedeutung.

2.1.2. Palpatorische Befunde

Bei der palpatorischen Untersuchung ist eine Atrophie der linksseitigen Kehlkopfmus- keln als Asymmetrie nur bei hochgradigen Fällen zu erkennen (HARMS 1906; MARKS et al.

1970a; COOK 1988; FERRARO 1990; KANNEGIETER u. DORE 1995; BAKER 2003).

REUTTER et al. 1994 können die Larynxmuskelatrophie palpatorisch hingegen bei allen ein- deutigen IHL-Patienten und in schwächerer Form auch bei Zweifelsfällen feststellen. LANE (1993) ist der Ansicht, dass die palpierbare Muskelatrophie bereits eine Indikation für eine Laryngoplastik darstellt (BATHE 1993). Nach DUCHARME und HACKETT (1991) ist die Palpation der Mm. cricoaryt. dorss. von geringem Wert beim Management der Pferde mit IHL. COOK (1988) hingegen hält die Palpation im Rahmen der IHL-Diagnostik für die ein- fachste, sicherste und akkurateste Methode bei allen Altersgruppen und bei den meisten Pfer- detypen.

Nach GÜNTHER (1893), MACKAY-SMITH und MARKS (1968) wird der Larynx da- bei mit der flachen Hand links und rechts komprimiert. Der charakteristische inspiratorische Stridor kann bei einem Vorliegen der idiopathischen Hemiplegia laryngis sinistra mit erheb- lich weniger Druck auf der linken Seite erzeugt werden (MARKS et al. 1970a). Des Weiteren können durch die Palpation des Kehlkopfes nach einer Arbeitsprobe Schwingungen des La- rynx (Fremitus) erfasst werden (COOK 1988; REUTTER et al. 1994).

Die Asymmetrie wird verursacht durch die Atrophie des M. cricoaryt. dors. und des M.

cricoaryt. lat.. Aufgrund dieser Muskelatrophie wird der Processus muscularis des Stellknor- pels palpierbar. Die Muskulatur des Kehlkopfes kann jedoch auch bei gesunden Pferden a-

(13)

symmetrisch sein. Daher ist das Ergebnis dieser Untersuchungsmethode vorsichtig zu beurtei- len (MARKS et al. 1970a). Im Gegensatz zu Vollblütern ist die Feststellung einer Asymmet- rie durch Palpation des Larynx bei Warmblütern häufig unbefriedigend oder gar nicht mög- lich (SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN 1996).

2.1.3. Laryngoskopisches Bild

Die Endoskopische Untersuchung sollte zur objektiven Beurteilung der Kehlkopffunktio- nen herangezogen werden. Sie wird am stehenden Pferd ohne Zwangsmittel, mit der Oberlip- pen-bremse oder unter Sedation vollzogen (GORRIS 2001). Über die Anwendung eines Seda- tivums herrschen unterschiedliche Meinungen. Zum einen wird zu der Applikation von Xyla- zin (Rompun) geraten, da sie die Untersuchungsakzeptanz verbessert und somit die Betrach- tungsmöglichkeit des Larynx optimiert wird (COOK 1988; OHNESORGE et al. 1993; DEE- GEN et al. 2000), zum anderen wird angenommen, dass Xylazin (Rompun®) durch eine Re- laxation der laryngealen und pharyngealen Muskulatur die Bewegung des Aryknorpels ver- ändern kann (HAYNES 1978). Nach der systemischen Applikation von Xylazin (Rompun) konnte festgestellt werden, dass die Symmetrie des Kehlkopfes und seine Funktion gering- fügig beeinträchtigt werden können (ARCHER et al. 1991; VALDES-VAZQUEZ et al.

1995). In der Umfrage unter 20 europäischen Klinikern wurde die Laryngoskopie am unse- dierten Pferd bevorzugt (BATHE 1993). Das laryngoskopische Bild ist beim Kehlkopfpfeifer dadurch gekennzeichnet, dass die Beweglichkeit des Aryknorpels auf der einen Seite vermin- dert ist und das Stimmband zur Mitte der Stimmritze hin verschoben zu sein scheint. DU- CHARME et al. (1991) zeigen anhand einer gezielten Untersuchung, dass die endoskopische Beurteilung der Kehlkopfknorpelbewegung subjektiv ist. Sie wird beeinflusst durch die Seda- tion mit Xylazin (Rompun), und sie ist an unterschiedlichen Untersuchungstagen nicht gleich.

Die beständigste Auswertung wird durch wiederholte Untersuchungen über das linke Na- senloch erzielt. Über 80% der Pferde mit einem inspiratorischen Stenosegeräusch weisen eine Asymmetrie des Kehlkopfes auf (OHNESORGE et al. 1993). Diese Kehlkopfasymmetrie, häufig ohne weitere klinische Symptome, kann nur mit Hilfe der endoskopischen Untersu-

(14)

chung festgestellt werden (MARKS et al. 1970a; NEMETH 1987). Die Laryngoskopie wird zur Differenzierung von reinen Asymmetrien und funktionellen Lähmungen herangezogen, was die Entscheidung über einen chirurgischen Eingriff ermöglicht (MARKS et al. 1970a).

REUTTER et al. (1994) sind der Meinung, dass die Endoskopie in allen Zweifelsfällen, aber ganz besonders bei Ankaufsuntersuchungen junger Pferde und bei der Körung junger Hengste aus forensischen und zuchtpolitischen Gründen dringend erforderlich ist. Durch die Laryn- goskopie können die Differentialdiagnosen Arytaenoid-Chondritis , pharyngeale Zysten, Ein- klemmung der Epiglottis unter der Aryepiglottisfalte, Dorsalverlagerung des Gaumensegels, Follikuläres Exanthem, Pharynxkollaps ausgeschlossen werden (MARKS et al. 1970a; BOE- NING 1973; COOK 1974; HUSKAMP u. BÖCKENHOFF 1978; ROBERTSON 1991;

LUMSDEN et al. 1995; SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN 1996).

2.1.3.1. Endoskopische Untersuchung in Ruhe

Durch die endoskopische Untersuchung bei ruhiger Atmung kann die Grundposition der Aryknorpel und deren Symmetrie oder Asymmetrie beurteilt werden, da sich hierbei die Ary- knorpel und somit die Stimmbänder wenig bewegen. Bei dem Vorliegen einer Hemiplegia laryngis sinistra sinkt der gelähmte Aryknorpel mehr oder weniger nach medioventral in die Mitte der Larynxöffnung ab, das zugehörige Stimmband erscheint verkürzt. In der Aryepi- glottisfalte bildet sich ein Knick, und die Larynxstrukturen sind somit deutlich asymmetrisch (MARKS et al. 1970a; OHNESORGE et al. 1993).

Um die Dynamik der Aryknorpel und die Synchronisierung der Abduktion zu beurteilen werden der Schluckreflex, der slap test sowie die Atemhemmung während der Endoskopie durchgeführt (BAKER 1983; MARKS et al. 1970a; HILLIDGE 1986; LANE et al. 1987;

FERRARO 1990; ARCHER et al. 1991; REUTTER et al. 1994; SLOET VAN OLDRUI- TENBORGH-OOSTERBAAN 1996).

Der slap test erfolgt durch einen mäßigen Schlag mit der flachen Hand auf die vordere Sattellage des Pferdes. So wird physiologischerweise eine flatternde adduktorische Bewegung (Cervico-Laryngeal-Reflex) des contralateralen Arytaenoids ausgelöst, welche endoskopisch zu beobachten ist. Der Adduktion folgt unmittelbar die Abduktion. Dieses Reflexverhalten

(15)

fehlt bei klinischer und subklinischer IHL oder ist nur mangelhaft vorhanden (DUNCAN et al. 1991b; REUTTER et al. 1994). Ängstliche und nervöse Tiere und Pferde mit Rücken- marksläsionen im Halsbereich zeigen den Cervico-Laryngeal-Reflex nicht (SPEIRS et al.

1992). NEWTON-CLARKE et al. (1994) berichten, dass trotz vorhandener Adduktion eine mittel- bis hochgradige Atrophie des M. cricoaryt. lat. vorliegen kann. Der slap test ist laut GREET et al. (1980) zur IHL-Diagnostik nur bedingt einzusetzen.

Der Schluckreflex wird durch Berührung der Epiglottis mit der Endoskopspitze oder durch die Instillation einer geringen Menge Wassers über den Arbeitskanal des Endoskops ausgelöst (MARKS et al. 1970a; HILLIDGE 1986; LANE et al. 1987; REUTTER et al. 1994;

SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN 1996). Der Schluckakt führt zu einer Adduktion der Aryknorpel und somit zum Schluss der Glottis. Darauf folgt eine maximale Abduktion der Aryknorpel (BOLES 1979). PARENTE und MARTIN (1995) demonstrieren anhand einer Untersuchung von 150 Rennpferden, dass Pferde, welche nach dem Schluckakt eine verminderte Abduktion zeigen, während der Arbeit einen dynamischen Kollaps des be- troffenen Arytaenoidknorpels und somit eine laryngeale Funktionsstörung aufweisen. Der endoskopische Befund nach dem Abschlucken ist sehr wertvoll, hat jedoch den Nachteil, dass die maximale Abduktionsphase endoskopisch schwer festzuhalten ist (REUTTER et al. 1994).

Mit Hilfe der Atemhemmung durch manuellen Verschluss beider Nasenöffnungen ist die maximale Abduktion gefolgt von einer aktiven Adduktion über zwei bis drei tiefe Atemzüge zu beobachten. Die Atemhemmung wird als leicht durchzuführende und effektive Methode zur Beurteilung der Kehlkopfmotilität eingeschätzt (LINDSAY et al. 1989; ARCHER et al.

1991).

REUTTER et al. (1994) sind der Meinung, dass larynxgesunde Pferde und eindeutige IHL-Patienten aufgrund der Beurteilung von Stenosegeräuschen, Palpationsbefunden, La- rynxsymmetrie bzw. -asymmetrie in Ruhe und nach dem Abschlucken sowie unter Berück- sichtigung des Reflexverhaltens (”slap test”) problemlos unterschieden werden können.

(16)

2.1.3.2. Endoskopische Untersuchung bei Belastung

Untersuchungen zur Atmungsmechanik belegen, dass eine endoskopisch sichtbare Ab- normalität der oberen Luftwege nicht unbedingt zu einer klinisch bedeutsamen Beeinträchti- gung der Atmung führen muss (WILLIAMS et al. 1990; MORRIS u. SEEHERMAN 1991).

Bei geringgradiger Hemiplegie zeigt sich unter angestrengter Atmung häufig nur eine verzö- gerte Bewegung des Stellknorpels (GORRIS 2001). In der Untersuchung von HILLIDGE (1986) werden von 94 Pferden, bei denen eine asynchrone Aryknorpelbewegung in der Ruhe feststellbar ist, 86 nach der Arbeit als normal befunden.

Aber auch das Fehlen einer Veränderung in der Ruhe schließt eine funktionelle Störung unter Belastung nicht aus (MARKS et al. 1970a; MORRIS u. SEEHERMAN 1990). HIL- LIDGE (1986) berichtet, dass bei 6 von 14 Pferden die Hemiplegia laryngis erst nach der Ar- beit diagnostiziert werden konnte. Diese 6 Tiere wiesen eine synchrone Bewegung der Ary- knorpel in der Ruhe auf. Viele Pferde zeigen bei steigender Belastung eine zunehmende Ver- schlechterung (Marks et al. 1970a). Besonders bei Rennpferden werden die Veränderungen oft erst in Phasen der Spitzenleistung deutlich (KANNEGIETER u. DORE 1995). Dies zeigt, dass die Funktionsstörung bei der IHL dynamisch ist und nur bei Beobachtung des Larynx während starker Ventilation voll eingeschätzt werden kann (MARKS et al. 1970a).

Die endoskopische Untersuchung unmittelbar nach der Bewegung der Pferde kann zur Beurteilung der Abduktion genutzt werden (MARKS et al 1970a; HILLIDGE 1986; HOL- COMBE et al. 1996). WINTZER (1997) ist hingegen der Meinung, dass die Arbeit nicht im- mer ausreicht, um die maximale Öffnung des Kehlkopfes zu bewirken. Eine unvollständige linksseitige Kehlkopflähmung erkennt man anfänglich bisweilen an einem einwärtsgerichte- ten, leicht bogenförmigen Verlauf des bereits erschlafften, sich träge bewegenden Stimmban- des, zusammen mit einer Asymmetrie der Stimmritze.

Während der Atemstimulation mit Lobelin® wird bei larynxgesunden Pferden die volle Abduktion der Corniculatfortsätze erreicht. Die maximale Abduktionsstellung sollte über mindestens 10 Sekunden und etwa 10 Atemzüge beobachtet und interpretiert werden (REUT- TER et al. 1994). REUTTER et al. (1994) fertigen während der Lobelin-induzierten Hyper-

(17)

ventilation Videobilder an und entwickeln die so genannte Tangentenmethode, mit deren Hil- fe der Grad der Kehlkopflähmung durch Erfassung des Öffnungswinkels der Rima glottis (Messung des Öffnungswinkels des Larynx auf beiden Seiten und Berechnung des Quotienten aus dem Winkel rechts über dem Winkel links) noch besser erfasst und genauer dokumentiert werden kann. Die intravenöse Applikation von Doxapram (Dopram) zur Atemstimulation wird ebenfalls beschrieben (MARKS et al. 1970a; HILLIDGE 1986; LANE et al. 1987; AR- CHER et al. 1991; BATHE 1993).

Die Bewertung von Atemdysfunktionen des oberen Respirationstraktes unter Belastung auf dem Laufband ist eine etablierte Methode (DERKSEN et al. 1986; STICK u. DERKSEN 1989; BELKNAP et al. 1990; MORRIS u. SEEHERMANN 1990). Zahlreiche Autoren emp- fehlen für die IHL-Diagnostik eine Endoskopie während der Arbeit auf dem Laufband (STICK u. DERKSEN 1989; MORRIS u. SEEHERMAN 1990; RAKESTRAW et al. 1991;

DUCHARME 1992; KANNEGIETER u. DORE 1995; LUMSDEN et al. 1995; SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN 1996). Sie ist vor allem bei solchen Pferden indi- ziert, welche zwar ein Atemgeräusch, aber bei der Ruheendoskopie keine Veränderungen im Sinne der IHL aufweisen (DUCHARME 1992). Die Belastungsendoskopie ist zudem die zu- verlässigste Methode, um festzustellen, ob ein vorliegendes Atemgeräusch Folge der IHL ist (KANNNEGIETER u. DORE 1995; SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN 1996).

MORRIS und SEEHERMAN (1991) endoskopieren 64 Pferde in der Ruhe und auf dem Laufband. Die Pferde, welche ruheendoskopisch eine normale oder asynchrone Bewegung des Larynx aufweisen, zeigen während der Arbeit auf dem Laufband eine progressive Paraly- se. Auch KANNEGIETER und DORE (1995) können eine deutlichere Paralyse bei der Belas- tungsendoskopie auf dem Laufband feststellen.

RAKESTRAW et al. (1991) planimetrieren die bei der Belastung auf dem Laufband an- gefertigten digitalen Videobilder. Zur Interpretation der Larynxsymmetrie dient die für den Luftstrom offene Fläche, indem sie durch die Vertikalachse in eine linke und eine rechte Hälf- te eingeteilt wird.

(18)

REUTTER et al. (1994) sind der Meinung, dass die Untersuchung auf dem Laufband sehr aufwendig und mit großen Unkosten verbunden ist, und die videoendoskopischen Bilder nicht in der Qualität sind, die sich in Ruhe bei medikamenteller Atemstimulation erreichen lässt.

DUCHARME und HACKETT (1991) hingegen halten die Endoskopie auf dem Laufband für den ”Gold-Standard” bei der Untersuchung und Diagnosefindung verdächtiger Pferde, bevorzugt in der Kombination mit objektiver Messung der Atemwegsmechanismen. Bei Pfer- den mit asynchroner Aryknorpelbewegung während jeder Atemphase, bei denen die volle Abduktion des linken Arytaenoidknorpels durch den Schluckakt oder die Atemhemmung nicht herbeigeführt und erhalten werden kann, handelt es sich um fragliche Fälle. Zwischen 20 und 70 Prozent dieser Pferde zeigen einen dynamischen Kollaps des linken Aryknorpels und in einigen Fällen zudem einen Kollaps der Rima glottis während der Belastung (RA- KESTRAW et al. 1991; LUMSDEN et al. 1995).

In der Untersuchung von PARENTE und MARTIN (1995) zeigen 12 von 14 Pferden, welche die volle Abduktion beider Aryknorpel nach dem Schluckreflex nicht erreichen kön- nen, einen dynamischen Kollaps und somit eine laryngeale Funktionsstörung während der Arbeit auf dem Laufband.

Pferde mit synchroner Abduktion und Adduktion des linken und des rechten Aryknorpels und Pferde mit jeglicher asynchroner Bewegung (Verzögerung, Flattern oder Abdukti- onsschwäche) des linken Aryknorpels in allen Atemphasen, die jedoch die volle Abduktion des linken Aryknorpels nach dem Abschlucken und nach der Atemhemmung erreichen, zei- gen auch die volle Abduktion während der Arbeit auf dem Laufband (RAKESTRAW et al.

1991). RAKESTRAW et al. (1991) halten die Belastungsendoskopie auf dem Laufband in diesen Fällen für unnötig. Dieser Meinung sind ebenfalls LUMSDEN et al. (1995).

Die Ergebnisse diverser Studien verdeutlichen, dass eine Untersuchung auf dem Lauf- band nicht notwendig ist, wenn schon bei der Ruheendoskopie eine totale Paralyse des Ary- knorpels vorliegt (MORRIS u. SEEHERMAN 1990; RAKESTRAW et al. 1991; KÄSTNER

(19)

et al. 1998; LUMSDEN et al. 1995). Nach KÄSTNER et al. 1998 kann mit Hilfe der Belas- tungsendoskopie eine sehr gute subjektive Beurteilung der Funktion der oberen Luftwege erreicht werden.

2.1.4. Elektromyographie

Die Elektromyographie ist eine Untersuchungsmethode, mit der Muskelaktionspotentiale extrazellulär abgeleitet und gemessen werden können. Sie ist ein Hilfsmittel, um z.B. Proble- me der Funktion bestimmter Muskeln frühzeitig erkennen zu können. Sie kann nur am anäs- thesierten Pferd durchgeführt werden (GOULDEN et al. 1976b). Im geschädigten M. cricoa- ryt. dors. fehlen die Aktivitäten der motorischen Einheiten, die sich mit dem Elektromy- ographen darstellen lassen, oft völlig. Lassen sie sich darstellen, können sie oft nicht in Zu- sammenhang mit den Atmungsphasen gebracht werden (GORRIS 2001). Bei neurohistologi- schen Veränderungen, wie sie bei der IHL vorliegen, lassen sich spontane Aktionspotentiale (Fibrillationspotentiale), hohe positive Ausschläge, hochfrequente Entladungen und reduzierte Insertionsaktivitäten messen (CAHILL u. GOULDEN 1986a,b).

2.1.5. Labor

Die IHL kann zu einer messbaren Beeinträchtigung kardiorespiratorischer und metaboli- scher Blutparameter führen (DIXON 1982; PASCOE 1990; LUMSDEN et al. 1993; KING et al. 1994; CHRISTLEY et al. 1997). So nimmt der Sauerstoffpartialdruck bei Pferden mit IHL im Vergleich zu nicht betroffenen Tieren während der Belastung signifikant ab (DIXON 1982). DERKSEN et al. (1986) untersuchen Pferde mit induzierter IHL auf dem Laufband und stellen bei steigender Arbeit einen erhöhten Atmungswiderstand und eine Limitation der Einatmungsluft im oberen Respirationstrakt fest. SHAPPELL et al. (1988) und BAKER (2003) berichten von einer signifikanten Zunahme der Inspirationsimpedanz und des inspira- torischen Luftdruckes sowie des Kohlendioxidpartialdruckes (Hyperkapnie) unter Belastung bei Pferden mit induzierter IHL. In der Untersuchung von WILLIAMS et al. (1990) bewirkt die induzierte IHL einen signifikanten Anstieg des maximalen Druckunterschiedes zwischen Inspiration und Exspiration. TATE et al. (1993) stellen fest, dass Pferde mit IHL im Galopp

(20)

auf einer Strecke von 1600 Metern bei einer kontrollierten Geschwindigkeit von 500 Metern pro Minute eine deutlichere Azidose, Hypoxämie und Hyperkapnie entwickeln als nicht von der IHL betroffene Tiere. KING et al. (1994) untersuchen neun Vollblüter mit IHL und kön- nen hierbei ebenfalls einen signifikanten Abfall der arteriellen Sauerstoffspannung und einen signifikanten Anstieg der Kohlendioxidspannung unter der Belastung auf dem Laufband nachweisen. CHRISTLEY et al. (1997) dokumentieren bei Pferden mit mittel- und hochgra- diger Hemiplegia laryngis einen signifikant niedrigeren arteriellen Sauerstoffpartialdruck so- wie -sättigung und einen signifikant höheren arteriellen Kohlendioxidpartialdruck.

2.2. DIAGNOSTIK

COOK (1988) nimmt eine Gradeinteilung der Hemiplegia laryngis bei Fohlen, Jährlingen und erwachsenen Pferden nach Palpation der intrinsischen Kehlkopfmuskeln vor. Bewertet wird die zumeist einseitige Muskelatrophie, wobei die nicht betroffene Seite als Vergleich dient. Auch MARKS et al. (1970a) und FERRARO (1990) sind der Meinung, dass bei der klinischen Untersuchung am ruhenden Pferd bei fortgeschrittener Erkrankung durch die Pal- pation des Larynx eine Asymmetrie festgestellt werden kann. Nach SLOET VAN OLDRUI- TENBORGH-OOSTERBAAN (1996) ist eine Atrophie des M. cricoaryt. dors. zwar bei Voll- blütern durch Palpation häufig feststellbar, jedoch schwierig oder gar nicht bei Warmblütern.

DUCHARME und HACKETT (1991) sind der Meinung, dass die Diagnose IHL durch das Auftreten des inspiratorischen Geräusches, mit oder ohne Leistungsabfall, sicher zu stel- len ist. Die Untersuchung bei angestrengter Atmung dient der Feststellung dieses Geräusches (MARKS et al. 1970a; REUTTER et al. 1994; DEEGEN et al. 1998).

SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN (1996) wendet eine Einteilung der IHL in 4 Grade an, deren Erhebung ruheendoskopisch, nach Atemhemmprobe, während des Schluckens und durch den slap Test erfolgt. Grad 0 beschreibt eine normale synchrone Bewe- gung der Aryknorpel und die Fähigkeit zur vollen Adduktion und Abduktion sowie eine phy- siologische Reaktion auf den slap Test. Pferde mit IHL 1. Grades zeigen eine variable leichte Asymmetrie und/oder eine leichte asynchrone Bewegung des meist linken Aryknorpels, oder eine permanente aber kaum sichtbare Asymmetrie; volle Adduktion und Abduktion sind mög-

(21)

lich, und die Aryknorpel reagieren auf den slap Test. Bei Grad 2 ist eine leichte Asymmetrie bzw. eine geringgradige asynchrone Bewegung des meist linken Aryknorpels kontinuierlich nachzuweisen; eine totale Ad- und Abduktion sowie die Auslösung des slap Testes sind mög- lich. Die IHL 3. Grades ist gekennzeichnet durch eine mittelgradige kontinuierliche Asym- metrie und/oder eine asynchrone Bewegung eines oder beider Aryknorpel; komplette Ad- und Abduktion sind meistens möglich, der erkrankte Aryknorpel reagiert nicht immer auf den slap Test. Grad 4 beschreibt eine hochgradige permanente Asymmetrie, der betroffene Aryknorpel bewegt sich kaum oder gar nicht; eine volle Adduktion und Abduktion sind nicht möglich und die Antwort auf den slap test bleibt aus.

Auch BAKER (2003) verwendet ein Gradsystem mit vier Abstufungen für die Kehlkopf- funktion bei ruhenden Pferden, welches die klinische Diagnose der IHL erleichtern soll. Pati- enten der Gradeinteilung I und II haben eine physiologisch normale Funktion des Larynx, während Pferde der Gradeinteilung III und IV eine pathologische Funktion zeigen.

Grad I: linker und rechter Arytaenoidknorpel werden während der Respiration synchron ab- duziert.

Grad II: der linke Arytaenoidknorpel wird während der Respiration asynchron abduziert, sei- ne vollständige Abduktion kann durch den Verschluss der Nüstern erreicht werden.

Grad III: der linke Arytaenoidknorpel wird während der Respiration asynchron abduziert, seine vollständige Abduktion kann nicht durch den Verschluss der Nüstern erreicht werden.

Grad IV: der linke Arytaenoidknorpel wird während der Respiration nicht abduziert und ver- bleibt in der Mitte des Pharynx, während der rechte Arytaenoidknorpel in die Abduktion ge- führt wird.

OHNESORGE et al. (1993) beurteilen im Verlauf der Laryngoskopie alternierende Pha- sen fehlender Aryknorpelbewegungen mit Phasen abduktorischer und nachfolgend adduktori- scher Bewegung. Diese Bewegung der Aryknorpel erfolgt von vier Grundstellungen ausge- hend. Der totalen Adduktion, bei der die Aryknorpel die Rima glottis vollständig verschlie- ßen. Bei der engen Grundposition sind die Aryknorpel bis etwa 20 Grad geöffnet, bei der mittleren bis etwa 35 Grad und bei der weiten Grundstellung beträgt die Öffnung der Rima glottis etwa 50 Grad. Der Grad der abduktorischen Bewegungseinschränkung wird in acht

(22)

Abstufungen unterteilt. Ohne Aussage bedeutet, dass keine Bewegung der Aryknorpel erfolgt.

Keine Bewegungseinschränkung liegt vor, wenn keine Winkeldifferenz auftritt. Eine undeut- liche Bewegungseinschränkung ist zu verzeichnen, wenn sich Phasen ohne verminderte Ab- duktion des linken Aryknorpels mit Phasen bis zu 1\3 verminderter Abduktion abwechseln.

Eine Abduktionsverminderung bis zu 1\3 wird als geringgradige Bewegungseinschränkung bewertet. Gering- bis mittelgradig ist die Einschränkung bei alternierenden Phasen der Ab- duktionsverminderung von bis zu 1\3 und bis zu 2\3. Mittelgradig eingeschränkt bedeutet, dass die Abduktion bis zu 2\3 vermindert ist. Eine mittel- bis hochgradige Bewegungsein- schränkung beschreibt alternierende Phasen einer bis zu 2\3 verminderten Abduktion des lin- ken Aryknorpels und Bewegungen, bei denen die Abduktion um mehr als 2\3 vermindert ist.

Unter hochgradiger Bewegungseinschränkung wird die verminderte Abduktion um mehr als 2\3 verstanden.

DUCHARME und HACKETT (1991) glauben, nur mit Hilfe der Belastungsendoskopie auf dem Laufband kann die klinische Relevanz eines bestimmten Grades der Arytaenoiddys- funktion ermittelt werden. Die Belastung erfolgt, abhängig vom Ausbildungsstand und in für das Tier gewohnter Weise, entweder unter dem Reiter, an der Longe, vor der Kutsche oder durch freies Laufen lassen (MARKS et al. 1970a; HONNAS et al. 1990).

Zur Verhinderung stellungsbedingter Atemgeräusche werden die Pferde nicht oder nur soweit ausgebunden, bis die Stirnfläche des Kopfes senkrecht zum Boden zeigt (ZELLER 1973; OHNESORGE 1990; REUTTER et al. 1994).

SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN (1996) und BAKER (2003) emp- fehlen die Arbeit auf dem Laufband zur Feststellung des Stenosegeräusches; die Tiere sollten vor der Untersuchung einige Tage auf dem Laufband trainiert worden sein. KANNEGIETER und DORE (1995) verwenden während ihrer Untersuchung von 100 Pferden auf dem Lauf- band zusätzlich ein Mikrophon, um die Atemgeräusche aufzuzeichnen. DERKSEN et al.

(1999) führen eine Spektogramm-Analyse von Atemgeräuschen während der Arbeit auf dem Laufband durch, welche die Differenzierung von nicht betroffenen Pferden und IHL-Patienten erlaubt. Diese Spektogramm-Analyse zeigt, dass alle Pferde mit IHL inspiratorische Atemste-

(23)

nosegeräusche aufweisen. Pferde mit idiopathischer Hemiplegia laryngis haben während der Arbeit zudem oft Schwierigkeiten mit der Synchronisierung der Atemzüge (MARKS et al.

1970a).

2.3. ÄTIOLOGIE

Im Jahr 1711 erkennt SOLLEYSEL die vorwiegend linksseitig auftretende idiopathische Hemiplegia laryngis als Lähmung des Kehlkopfes (GÜNTHER 1866; COOK 1965; DEEGEN 1986; CAHILL u. GOULDEN 1987; COOK 1989; DYCE et al. 1991; OHNESORGE et al.

1993). Sie ist gekennzeichnet durch eine chronisch-degenerative Axonopathie im N. laryng.

rec. sin., was eine neurogene Atrophie der Kehlkopfmuskulatur und somit die gestörte Ab- duktion des linken Aryknorpels während der Inspiration zur Folge hat (CAHILL u. GOUL- DEN 1987). Je nach Grad der Abduktionsstörung kommt es bei forcierter Atmung zum Auf- treten eines inspiratorischen, meist pfeifenden Atemgeräuschs. In seltenen Fällen wurde die IHL auch rechtsseitig oder beidseitig festgestellt (STICK u. DERKSEN 1989).

COOK (1970) bezeichnet die IHL als „Kinderkrankheit”. Das Auftreten erster klinischer Symptome wird bei fast der Hälfte der betroffenen Vollblüter im Alter von ein- bis zwei Jah- ren, bei über 75% im Alter von drei Jahren und bei über 90% bis zum vollendeten fünften Lebensjahr beobachtet. Das höchste relative Risiko bei Vollblütern liegt bei zwei Jahren (GOULDEN u. ANDERSON 1981a). Die Häufigkeit der Larynxasymmetrie nimmt vom Foh- lenalter bis zu zwei und drei Jahren signifikant zu (OHNESORGE et al. 1993).

Alter, Rasse, Geschlecht, Körperbau und Vererbungsfaktoren sind prädisponierend für das Auftreten einer IHL (MARKS et al. 1970a; GOULDEN u. ANDERSON 1981a; CAHILL u. GOULDEN 1987; DUCHARME et al. 1991; HACKETT et al. 1991; ROBERTSON 1991;

SPEIRS et al. 1992; LANE 1993; CHRISTLEY et al. 1997; ANDERSON et al. 1997). Voll- blüter, Warmblüter, Hunter und Kaltblüter sind besonders betroffen. (COOK 1970; MARKS et al. 1970a; GOULDEN u. ANDERSON 1981a; GOULDEN et al. 1985). Eine geschlechts- spezifische Prädisposition kann nicht bewiesen werden (OHNESORGE et al. 1993).

(24)

Unumstritten gilt die Tatsache, dass große Pferde häufiger an der IHL erkranken als klei- nere (COOK 1965; MARKS et al. 1970a; GOULDEN et al. 1985; GÖSMEIER 1990; OH- NESORGE et al. 1993; REUTTER et al. 1994). Nach CAHILL und GOULDEN (1987) sind größere Pferde aufgrund der Länge ihrer Laryngealnerven für die Hemiplegia laryngis prädis- poniert, da eine Axonopathie an den längsten Nervenfasern auftritt. In einer Studie an Kalt- blütern wird festgestellt, dass gesunde Pferde einen um durchschnittlich 3,15 cm kürzeren Hals besitzen als die erkrankten (GOULDEN et al. 1985). Ein enger Intermandibularspalt gilt ebenfalls als begünstigender Faktor bei der Entstehung der IHL (MARKS et al. 1970a).

Mehrere Autoren berichten, dass eine erbliche Prädisposition für die IHL vorliegt (PON- CET et al. 1989; GÖSMEIER 1990; OHNESORGE et al. 1993; BAKER 2003). In der Unter- suchung von GÖSMEIER (1990) haben Mutterstuten mit einer Hemiplegia laryngis signifi- kant häufiger Nachkommen mit IHL als gesunde Mutterstuten. Die Nachkommen betroffener Hengste erkranken signifikant häufiger an einer Hemiplegia laryngis als Nachkommen von nicht betroffenen Hengsten. OHNESORGE et al. (1993) beobachten in einer umfangreichen Studie bei 8,9% der Fohlen bzw. 39,6% älterer Nachkommen von nicht betroffenen Elterntie- ren eine deutliche linksseitige abduktorische Funktionsstörung, wohingegen die Häufigkeit einer linksseitigen Kehlkopflähmung bei Nachkommen erkrankter Elterntiere bei 41% bzw.

60% liegt. Ungeklärt ist bisher, ob die Erkrankung kongenital oder progressiv verläuft (LANE 1993).

Die Ursache der distalen Axonopathie im N. laryng. rec. sin. ist ungeklärt. Als ätiolo- gische Faktoren werden Nervendehnung, Nervenkompression, Bakterien und Viren, chemi- sche und pflanzliche Intoxikationen, Vitaminmangel sowie abnorme Energiemetabolismen im Axon diskutiert (MARKS et al. 1970a; CAHILL u. GOULDEN 1987; OHNESORGE et al.

1993).

Als mögliche Ursache einer beidseitigen Schädigung des N. laryng. rec. diskutieren ROSE et al. (1981) eine Organophosphor-Vergiftung. MAYHEW (1989) und MCGORUM et al.

(1999) halten auch eine hepatische Encephalopathie oder Folgen einer Vollnarkose für mög- lich. TETENS et al. (2000) beschreiben einen Fall der rechtsseitigen IHL, bei dem durch ein

(25)

Trachealtrauma das Tracheallumen eingeengt wird, was den N. laryng. rec. dext. in seiner Funktion hemmt.

2.3.1. Beeinflussung der Nerven durch Dehnung und Kompression

Der N. laryng. rec. sin. ist am Larynx und lateral über der Herzbasis kaudal der Aorta fi- xiert. Mit seiner Umschlagstelle liegt er direkt an der Aorta (DYCE et al. 1991). Verschiedene Autoren sehen in der Überdehnung des N. laryngeus rec. die Ursache für seine Erkrankung.

Hypothesen aus früheren Jahren umfassen die Kaudalbewegung des Herzens während der sportlichen Belastung oder eine Überstreckung des Kopfes (ARGYLE 1934). COOK (1970) vermutet eine Kombination beider Ereignisse.

Die Achse des N. laryng. rec. sin. verläuft nicht kongruent zu der Achse der Halswirbel- säule. Demzufolge erfährt der linke Laryngealnerv in der Rechtsbiegung des Halses eine er- höhte Zugspannung. Mit zunehmender Größe des Pferdes und damit meist auch längerer Hal- sung, kommt es zu einer weiter steigenden Spannung, die eine Kompression der Blutgefässe auslöst. Daraus resultiert eine vaskuläre Insuffizienz mit der Folge einer Nervenschädigung (ROONEY u. DELANEY 1970). Eine direkte Schädigung durch Kompression beschreiben HUTYRA und MAREK (1912), DUNCAN et al. (1978) sowie GILBERT (1982). Nach ihrer Meinung ist der Laryngealnerv durch das Pulsieren der Aorta unmittelbar betroffen, die Stö- rung des axoplasmatischen Flusses führt zur Axondegeneration. Entgegengestellt werden die- ser These Arbeiten von COLE (1946), DUNCAN et al. (1978) sowie CAHILL und GOUL- DEN (1986a-e), die keinen Zusammenhang zwischen der distalen Axonopathie und einer Einengung des N. laryngeus rec. an seinem mittleren Anteil sehen.

MARKS et al. (1970) ziehen aufgrund der anatomischen Unterschiede in der Lage der Laryngealnerven auch das enge Ausbinden des Pferdes während des Trainings als auslösen- den Faktor der IHL in Betracht. Insbesondere bei starker Rechtsbiegung führt die verstärkte Dehnung des N. laryng. rec. sin. zur Traumatisierung des Nerven.

Eine von HASLAM (1893) proklamierte anatomische Anomalie mit der Folge der Ner- venkompression wird von MASON (1973) und CAHILL (1985) widerlegt.

(26)

Als weitere Ursachen für die Nervenschädigung kommen ebenfalls Aneurismen des Aor- tenbogens (HUTYRA et al. 1938), raumfordernde Prozesse wie vergrößerte Lymphknoten, Abszesse und Tumore (HUTYRA et al. 1938; SCHEBITZ 1964) in Frage. Der Nervenschädi- gung können auch Traumen, perivaskuläre Injektionen im Halsbereich oder Neoplasien zugrunde liegen (COOK 1970; GILBERT 1982).

Aus embryologischer Sicht ist die Ursache der IHL in einer Nervenzerrung zu sehen.

BERG und DIETZ (1992) stellen fest, dass der N. laryng. rec. sin. sich nicht –wie häufig dar- gestellt– um die Aorta schlägt, sondern um den Ductus arteriosus (botalli). Mit der asymmet- rischen Degeneration der Aortenbögen und der Kaudalverlagerung des Herzens entsteht ver- mehrter Zug auf den linken N. laryng. rec. und es kommt zu einer Zerrung desselben an seiner Umschlagstelle.

2.3.2. Virale und bakterielle Ursachen

Da die Diagnose des Kehlkopfpfeifens häufig erst im Zusammenhang mit Infektionen des Respirationstraktes gestellt wird, vermuten zahlreiche Autoren einen ursächlichen Zusam- menhang (ARGYLE 1934; FERGUSSON 1883; MAGUIRE 1958; MAHAFFREY 1962;

QUINLAN u. MORTON 1957; SCHEBITZ 1964). Verschiedene Krankheitserreger werden als Auslöser der Hemiplegia laryngis sinistra genannt: Influenzaviren, Erreger der Rhinop- neumonitis, Streptococcus equi, Trypanosoma equiperdum, Bacterium viscosum equi und Actinobacillus equi (HUTYRA et al. 1938; QUINLAN u. MORTON 1957; MAGUIRE 1958;

SCHEBITZ 1964; MARKS et al. 1970a; ZELLER 1973). Bakterien und Viren als Auslöser einer Nervendegeneration werden ebenfalls durch DYCE et al. (1991) dokumentiert. Die la- ryngeale Nervenlähmung als Folge respiratorischer Infektionen wird auch beim Menschen nachgewiesen (FEX 1970). Allerdings sind hier in den meisten Fällen weitere Nerven betrof- fen.

Mehrere Autoren sind der Meinung, eine Schädigung des N. laryngeus rec. werde durch Mikroorganismen initiiert, indem diese eine Vergrößerung der jeweiligen Lymphknoten aus- lösen, welche dann eine Kompression des Nerven hervorruft (HUTYRA et al. 1938; SCHE- BITZ 1964).

(27)

Die fast ausschließliche Erkrankung des linken Recurrensnerv erklären HUTYRA et al.

(1938) mit der größeren Anfälligkeit dieses Nerven.

GOULDEN und ANDERSON (1981) untersuchen 127 Pferden mit IHL und können bei we- niger als einem Prozent Anzeichen einer Atemwegsinfektion nachweisen.

2.3.3. Intoxikationen

Diskussionen um Intoxikationen als Auslöser einer Kehlkopflähmung haben heute an Bedeutung verloren. Vergiftungen durch Erbsen (ARGYLE 1934; SCHEBITZ 1964; COOK 1970) aber auch durch Blei (ARGYLE 1934; HUTYRA et al. 1938; BURROWS 1982) wer- den beschrieben. Nach Organophosphatvergiftungen bei Araberfohlen kann im linken Recur- rensnerv eine Abnahme von markhaltigen Nervenfasern festgestellt werden. Die Fohlen zei- gen in der Folge die Symptome des Kehlkopfpfeifens (ROSE 1978; ROSE et al. 1981; DUN- CAN u. BROOK 1985; TETENS et al. 2000).

2.3.4. Thiaminmangel

LOEW (1973) vermutet Thiaminmangel als eine mögliche Ursache der Hemiplegia la- ryngis sinistra, da bei Menschen der Mangel an Vitamin B1 zu einer Lähmung der laryngea- len Nerven führen kann. Er untersucht den Thiamingehalt bei Gruppen von Pferden verschie- denen Geschlechtes und Altersklassen, von denen ein Teil an IHL erkrankt war. Es werden jedoch keine signifikant niedrigeren Werte bei den erkrankten Pferden festgestellt. CYMBA- LUK et al. (1977) bestimmen die Thiaminkonzentration im Blut und Plasma 35 gesunder Pferde sowie bei 11 an IHL erkrankten Pferden. Die Patienten mit Hemiplegia laryngis wei- sen signifikant geringere Thiamingehalte im Plasma auf. COOK (1970) berichtet von Ner- vendegenerationen infolge Thiaminmangels an distalen Nervenfasern insbesondere der Hin- tergliedmassen. Bei Untersuchungen von CAHILL und GOULDEN (1986a-e) werden neuro- logische Veränderungen im Sinne einer distalen Axonopathie an mehreren langen Nerven, am N. laryng. rec. sin. und auch am N. laryng. rec. dext. bei Pferden mit IHL gefunden. Diese Veränderungen sind nicht bilateral-symmetrisch, was sich allerdings durch die unterschiedli- che Länge des linken und rechten Recurrensnervs erklären lässt. Thiaminmangel bewirkt De-

(28)

und Remyelisierungen an den Nerven. Ein Einfluss des Vitamin-B-Defizits auf die IHL- Entstehung kann daher nicht ausgeschlossen werden (CAHILL u. GOULDEN 1987).

2.3.5. Axonaler Energiemetabolismus

Die Ätiologie der distalen Axonopathie ist bis heute weitgehend ungeklärt; beschrieben wird sie bei verschiedenen Spezies. CAVANAGH (1984) diskutiert primäre Strukturverände- rungen der Neurofilamente ebenso wie Störungen in der Synthese antioxidativer Substanzen zum Schutz der Zellmembran. Auch Enzymdefekte bedingen unter Umständen unvollständige Energiemetabolismen im distalen Bereich der der langen Nerven. Die Axonschädigung bei der IHL ist möglicherweise auf einen veränderten Energiemetabolismus zurückzuführen. Ein vererbbares Enzymdefizit oder ein Mangel an Cofaktoren könnten eine Erklärung sein (CA- HILL u. GOULDEN 1987).

2.4. PATHOLOGISCHE BEFUNDE BEI DER HEMIPLEGIA LARYNGIS

Der idiopathischen Hemiplegia laryngis liegt eine teilweise oder totale Schädigung des N.

laryng. rec. sin. zugrunde (MARKS et al. 1970a; CAHILL u. GOULDEN 1987; LOPEZ- PLANA et al. 1993; BAKER 2003). Diese Nervenlähmung hat einen Funktionsverlust bzw.

den kompletten Funktionsausfall des M. cricoaryt. dors. zur Folge. Aufgrund dessen sinkt der linke Aryknorpel medioventral in das Kehlkopflumen ab, während der rechte Aryknorpel ab- duziert wird. Das nicht gespannte linke Ligamentum vocale wird bei der Inspiration durch die einströmende Luft ventilartig in das Innere des Kehlkopfes gedrückt, die Luft verfängt sich in der erweiterten seitlichen Kehlkopftasche und die Stimmritze wird somit weiter verengt. Die veränderten Druckverhältnisse im Larynx bei forcierter Atmung können in Extremfällen ein Einstülpen der linken Kehlkopfwand in das Kehlkopflumen bis zur völligen Annäherung an die rechte Kehlkopfwand bewirken (OHNESORGE et al. 1993). Dieser teilweise bis vollstän- dige Verschluss verursacht einen erhöhten Luftwiderstand, inspiratorische Atemstenosegeräu- sche, eine angestrengte Atmung und häufig eine verminderte Leistungsfähigkeit (MARKS et al. 1970a; DERKSEN et al. 1986; HONNAS et al. 1990; PASCOE 1990; RAKESTRAW et al. 1991; TETENS et al. 2000; SCHUMACHER et al. 2000; BAKER 2003).

(29)

2.4.1. Pathologie der Nerven

Vergleicht man anatomische Präparate betroffener Kehlköpfe, lassen sich Variationen in Länge und Durchmesser des N. laryng. rec. beiderseits erkennen. Es besteht keine Korrelation zwischen der Länge des Nerven und dem Grad der IHL, allerdings sind Nervenfasern mit größerem Durchmesser häufiger von Faserverlust und Demyelinisierung betroffen (GORRIS 2001).

Die pathomorphologischen Veränderungen des N. laryng. rec. sin. sind gekennzeichnet durch den progressiven Verlust markhaltiger Nervenfasern in seinem distalen Bereich. Primär sind distale Axonopathien, sekundär kommt es zu dem Verlust der Myelinscheide (CAHILL u. GOULDEN 1987). Der Nerv erscheint dünner und von rotgrauer Farbe, er ist mit seiner Umgebung fest verbunden. Es finden sich unterschiedlich fortgeschrittene axonale Degene- rationen, wodurch nur wenige intakte Axone den Kehlkopf erreichen. Auffällig erscheint die parallel dazu ablaufende Remyelinisierung mit geschwollenen Axonen und Regeneration der Nervenfasern (GORRIS 2001). Der Adduktor-Zweig des N. laryng. rec. sin. weist einen grös- seren Verlust markhaltiger Fasern auf als der Abduktor-Zweig (DUNCAN et al. 1991a).

DUNCAN et al. (1978) stellten pathologische Befunde auch am distalen Ende des rechten N.

laryng. rec. fest, nicht aber an anderen Nerven.

CAHILL und GOULDEN (1986a,b,c) beschreiben in ihren Studien, dass nicht nur die Laryngealnerven, sondern auch der Nervus vagus und einige Hinterhandnerven betroffen sind. Aufgrund ihrer Untersuchungsergebnisse bezeichnen sie die IHL als Polyneuropathie, die in die Gruppe der distalen Axonopathien einzuordnen ist. Bei diesem Krankheitsbild wer- den Axone des zentralen oder peripheren Nervensystems geschädigt, wobei zuerst die längs- ten Nervenfasern betroffen sind (CAHILL u. GOULDEN 1987; GRIFFITH 1991).

DUNCAN (1992) hält eine pränatale Manifestation der Nervenschädigung für wahr- scheinlich, da die pathologischen Veränderungen an den Laryngealnerven schon bei vier Wo- chen alten und sechs Monate alten Fohlen elektronenmikroskopisch nachweisbar sind.

(30)

2.4.2. Pathologie der Muskulatur

Die Veränderungen an den Nerven haben eine neurogene Atrophie der von ihnen inner- vierten Muskulatur zur Folge (DUNCAN 1975; DAHME u.WEISS 1988). Die makroskopi- schen Veränderungen bei neurogener Kehlkopfmuskelatrophie bestehen in einem Größen- und Gewichtsverlust sowie in einer blasseren (fahlgelben) Färbung der Muskulatur (QUIN- LAN et al. 1975; DUNCAN et al. 1977; DEEGEN et al. 2000).

CAHILL und GOULDEN (1986d) untersuchen die Muskelfaseratrophie histologisch: zu 50% weist der M. cricoaryt. dors. Fasern vom Typ I auf. Diese sind langsam kontrahierend, ermüden kaum und zeigen einen oxidativen Stoffwechsel. Die anderen 50% sind Typ IIa Fa- sern, die durch eine schnelle Kontraktion mit Ermüdungserscheinungen und einen glyko- lytischen Stoffwechsel gekennzeichnet sind. Atrophische und hypertrophische Fasern liegen nebeneinander, Zellkerne liegen zentral, Fett- und Bindegewebe sind vermehrt. Bei der IHL treten diese Veränderungen an der linksseitigen Kehlkopfmuskulatur, mit Ausnahme des M.

cricothyreoideus, und in abgeschwächter Form auch an der rechtsseitigen Kehlkopfmuskula- tur auf (COLE 1946; DUNCAN 1975; ANDERSON 1984; CAHILL 1985; CAHILL u.

GOULDEN 1986d).

Quantitative Bestimmungen zeigen, dass der M. cricoaryt. lat. frühzeitiger und stärker be- troffen ist als der M. cricoaryt. dors. (ANDERSON 1984; CAHILL u. GOULDEN 1986d;

DUNCAN et al. 1990). CAHILL und GOULDEN (1986d) nehmen an, die Ursache hierfür liegt in der höheren Anzahl langer Nervenfasern im Adduktor-Zweig des Recurrensnerves im Vergleich zum Abduktor-Zweig.

DEEGEN et al. (2000) vergleichen Endoskopie- und Obduktionsbefunde von Kehlköpfen und berichten, dass der linke M. cricoaryt. dors. nur bei Pferden mit einer mittel- oder hoch- gradigen laryngealen Abduktionsstörung atrophische Veränderungen aufweist.

Die Mm. cricoaryt. lat. und cricoaryt. transv. zeigen dagegen schon bei Pferden mit endo- skopisch gering- und mittelgradigen Befunden makroskopisch deutlich erkennbare Anzeichen einer Atrophie. Mehrere Autoren sehen eine Korrelation zwischen dem Grad der endosko-

(31)

pisch festgestellten linksseitigen laryngealen Abduktionsstörung und den histopathologischen Veränderungen an der Kehlkopfmuskulatur (ARCHER et al. 1989; DUNCAN et al. 1990;

DEEGEN et al. 2000. CAHILL (1985) sieht ebenfalls eine direkte Beziehung zwischen dem Verlust markhaltiger Nervenfasern und den neurogenen Muskelzerstörungen. Der Grad der verzögerten und verminderten Muskelaktivität ist dem Ausmaß der Nervenveränderung pro- portional (OHNESORGE et al.1993).

2.5. ANATOMIE DES KEHLKOPFES

Der Kehlkopf, Larynx umschreibt einen Teil der oberen Luftwege und liegt beim Pferd im Kehlgang zwischen Pharynx und Trachea in der Regio intermandibularis (WAIBL 1999).

Der Kehlkopf schließt sich beim Schluckvorgang und verhindert so das Eindringen von Fut- terbestandteilen in die Trachea. Unter Belastung öffnet er sich weit, um das tiefe Atmen zu gewährleisten (BAKER 2003). Die Kehlkopfhöhle wird von einem mit Schleimhaut ausge- kleideten Knorpelskelett gebildet und umfasst folgende Abschnitte: den Aditus laryngis (Ein- gang), das Vestibulum laryngis (Vorhof), die Glottis (Stimmapparat) und das Cavum infra- glotticum (KOCH u. BERG 1990). Die Kehlkopfwand besteht von innen nach außen aus Schleimhaut, Knorpeln und Kehlkopfmuskeln.

2.5.1. Die Schleimhaut

Die Schleimhaut des Kehlkopfs ist funktionsbedingt in den einzelnen Abschnitten unter- schiedlich aufgebaut. Die Epiglottis, das Vestibulum laryngis und die Stimmbänder sind von einer unverhornten kutanen Schleimhaut überzogen, die an der Dorsalfläche der Epiglottis eine deutliche Gefäßzeichnung aufweist. Die seitlichen Kehlkopftaschen kleidet eine Schleimhaut mit mehrreihigem Flimmerepithel aus. Das Cavum infraglotticum sowie die sich anschließende Luftröhre sind von einem kinozilienbildenden respiratorischen Epithel mit Be- cherzellen bedeckt. Während die Stimmlippen drüsenfrei sind, enthält die Schleimhaut des Kehldeckels, die der seitlichen Kehlkopftaschen und die der Corniculatfortsätze muköse Drü- sen (WISSDORF et al. 1998). Von jedem Seitenrand der Epiglottis ziehen Plicae aryepiglotti- cae (Schleimhautfalten) dorsal auf die Cartilagines arytaenoideae über.

(32)

Am Boden des Vestibulum laryngis findet sich der Recessus laryngis medianus (mittlere Kehlkopftasche). Die Plica vestibularis (Vorhoffalte) umschließt das Ligamentum vestibulare, den M. ventricularis und ventral den Processus cuneiformis (Keilknorpel). Zwischen Plica vestibularis und Plica vocalis (Stimmfalte) befindet sich der Ventriculus laryngis (seitliche Kehlkopftasche). Die Plica vocalis umschließt medial und lateral das Ligamentum vocale (Stimmband) sowie den M. vocalis und springt rostroventral weit in die Kehlkopfhöhle vor.

Kaudal der Plica vocalis geht die kutane Schleimhaut in Atmungsschleimhaut mit Flimmer- härchen über (SCHUMMER u. SEIFERLE 1987; DYCE et al. 1991, HERDE 2001, GORRIS 2001).

2.5.2. Das Knorpelgerüst

Das knorpelige Kehlkopfskelett setzt sich kranial beginnend aus dem Cartilago epiglotti- ca (Kehldeckel- oder Schließknorpel), dem Cartilago thyreoidea (Schildknorpel), dem paari- gen Cartilago arytaenoidea (Stell- oder Gießkannenknorpel) und dem Cartilago cricoidea (Ringknorpel) zusammen.

Der Cartilago epiglottica (Kehldeckelknorpel) ist dorsal konvex und lateral konkav ge- wölbt. Er läuft rostral spitz zu mit deutlich gewellten Seitenrändern und verschließt den Kehl- kopf während des Schluckaktes. Er wird daher auch als Schließknorpel bezeichnet. An seiner Basis befindet sich ein medianer Fortsatz, der Petiolus epiglottidis, welcher der Verbindung des Kehldeckels mit dem Schildknorpel dient. An beiden Seiten des Kehldeckels ist je ein dorsalgerichteter Processus cuneiformis (Keilknorpel) angefügt.

Der Cartilago thyreoidea (Schildknorpel) besteht aus zwei Seitenplatten, Lamina dextra et sinistra, die rostroventral miteinander verwachsen sind und so den Hauptteil des Kehlkopf- bodens bilden. Dieser Boden ist durch einen tiefen v-förmigen Einschnitt, Incisura thyreoidea caudalis, gekennzeichnet. Die dorsorostralen und dorsokaudalen Enden der Laminae bilden das Cornu rostrale beziehungsweise das Cornu caudale. Das Cornu rostrale artikuliert mit dem Kehlkopfast des Zungenbeines, das Cornu caudale stellt die gelenkige Verbindung zum kaudal folgenden Ringknorpel dar.

(33)

Die paarigen Cartilagines arytaenoideae (Stellknorpel) besitzen die Form einer dreiseiti- gen Pyramide und begrenzen mit ihren rostrodorsal entspringenden nach kaudal umgeboge- nen Processi corniculati den Zugang zum Kehlkopf kaudodorsal. Medial befindet sich an bei- den Stellknorpeln eine Gelenkfläche zur Artikulation mit dem Ringknorpel. Lateral ist an die- ser Gelenkfläche der Processus muscularis ausgebildet. An der prominenten ventralen Kante der Stellknorpel ragt jederseits der Processus vocalis hervor, an dem das Stimmband fixiert ist.

Der Cartilago cricoidea (Ringknorpel) ist wie ein Siegelring geformt und gliedert sich in die dorsal gelegene breite Ringknorpelplatte, Lamina cartilaginis cricoideae, und den sich anschließenden schmalen Ringknorpelreif, Arcus cartilaginis cricoideae. Dorsal trägt die Ringknorpelplatte eine mediane Leiste, Christa mediana, an deren Kaudalrand eine kleine Einziehung, incisura cricoidea caudalis, vorhanden ist, welche klinisch für die Operation nach Marks von Bedeutung ist.

Der Cartilago thyreoidea, der Cartilago cricoidea sowie die wesentlichen Teile des Carti- lago arytaenoidea bestehen aus hyalinem Knorpelgewebe. Der Cartilago epiglottica, die Pro- cessi cuneiformes, corniculati und vocales sind aus elastischem Knorpelgewebe gebildet (SCHUMMER u. SEIFERLE 1987; DYCE et al. 1991).

2.5.2.1. Der Processus muscularis

2.5.2.1.1. Aufbau und Funktion des hyalinen Knorpels

Der Processus muscularis besteht aus hyalinem Knorpel. Seine Oberfläche wird vom Pe- richondrium (Knorpelhaut) bedeckt, welches fest mit dem Knorpel verbunden ist und Wachs- tum sowie Stoffwechselversorgung sicherstellt.

Der hyaline Knorpel ist eine hochspezialisierte Form des Bindegewebes, das an der Ober- fläche von Knochen und in den Atemwegen auftritt. Makroskopisch hat der hyaline Knorpel ein durchscheinendes bläulich-weißes Erscheinungsbild (JEFFREY u. WATT 2003). Alle Bindegewebe sind zusammengesetzt aus einer Mischung von Zellen und interzellulärer Grundsubstanz. Knorpelgewebe unterscheidet sich von anderen Bindegeweben hinsichtlich

(34)

der Festigkeit dieser Grundsubstanz. Der Knorpel dient als Stützgewebe und ist in der Lage, große mechanische Belastung auszuhalten. Die Knorpelzellen, Chondrozyten, differenzieren sich während der frühen Embryonalentwicklung aus Mesenchymzellen des lockeren Binde- gewebes. Der hyaline Knorpel besteht neben Knorpelzellen (Chondrozyten) aus Kollagen- fasern Typ II und einer homogenen ungeformten Interzellularsubstanz (Matrix).

Die Knorpelzellen besitzen einen ovalen bis runden Kern, den ein organellenreiches Zy- toplasma umgibt. Das rauhe endoplasmatische Retikulum und die vergrößerten Golgi-Felder weisen auf eine verstärkte Protein- und Kohlenhydratsynthese hin (Bildung von Fasern und Glykosaminoglykanen). Als Energielieferanten stehen paraplasmatische Einschlüsse in Form von Glykogen und Lipidtröpfchen zur Verfügung. Die vollständig von Matrix umgebenen Knorpelzellen liegen in Knorpelhöhlen und sind von einer Knorpelkapsel umgeben. Diese funktionelle Einheit wird als Chondron bezeichnet. Chondrozyten sind die Stoffwechsel- zentren des Knorpels, sie synthetisieren und sezernieren die extrazelluläre Grundsubstanz. Sie bilden intrazellulär Prokollagen und geben dieses an den extrazellulären Raum ab.

Die Grundsubstanz setzt sich aus einer Mischung von amorphen (nicht geformten) und fibrösen (geformten) Komponenten zusammen. Der amorphe Anteil enthält hauptsächlich Proteoglykane. Die Proteoglykane bestehen aus Polysaccharid-Ketten (Glykosamino- glykanen) wie Keratansulfat und Chondroitinsulfat, welche kovalent an einen Proteinkern ge- bunden sind. Die Proteinkerne sind ihrerseits nicht-kovalent an ein langes Hyaluronsäure- Filament gebunden und bilden so Proteoglykan-Aggregate, deren Hauptfunktion in der Bin- dung von Wasser besteht. Die Wassermoleküle sind an negativ geladene Glykosaminoglykan- Moleküle gebunden und repräsentieren 75% der Grundsubstanz. Die geformte Komponente der Grundsubstanz sind Kollagenfasern, die 50% der Knorpeltrockenmasse ausmachen. Sie interagieren elektrostatisch mit Glykosaminoglykanen und bilden eine Quervernetzung der Matrix.

Der Hauptanteil an Kollagenfasern im hyalinen Knorpel ist das Typ II Kollagen, welches aus drei alpha-I Ketten besteht. Es unterscheidet sich von dem in der Haut, Sehnen und Kno-

(35)

chen enthaltenen Typ I Kollagen in seinem höheren Anteil an Hydroxylysin. Durch Hydroxy- lysin besitzt das Typ II Kollagen stärkere hydrophile Eigenschaften.

Die Kollagenfasern ordnen sich aufgrund mechanischer Zug- und Druckbelastungen. O- berflächlich biegen sich die Fasern arkadenförmig um und gehen in einen tangentialen Ver- lauf über. Sie nehmen Kontakt zu Faserbündeln des Perichondriums auf. Diese Faserarchitek- tur der Kollagenbündel bewirkt eine allseitige Verteilung der mechanischen Belastung auf mehrere Chondrone (LIEBICH 1993; SCHWARZ et al. 2000).

2.5.2.1.2. Entwicklung und Wachstum des hyalinen Knorpels

Die Knorpelbildung (Chondrogenese) nimmt ihren Ursprung im mesenchymalen Binde- gewebe, das sich lamellär verdichtet und den Knorpel zeitlebens als Knorpelhaut (Perichon- drium) umgibt. Mesenchymzellen differenzieren sich als perichondrale Fibroblasten zu Chon- droblasten. Das Knorpelwachstum erfolgt durch Vermehrung und Differenzierung der peri- chondralen Chondroblasten der Knorpelhaut. Die Chondroblasten beginnen, die aus kollage- nen Fasern, Glykosaminoglykanen und Wasser bestehende Knorpelmatrix zu sezernieren. Mit zunehmender Menge der Knorpelmatrix vergrößert sich der Zellzwischenraum und die Knor- pelzellen rücken immer weiter auseinander.

Die Zubildung neuer Knorpelzellen und die Knorpelgewebebildung vom Perichondrium zur Knorpelmitte hin werden als appositionelles Wachstum bezeichnet. Diese Form der Knor- pelentwicklung ist die häufigere. Dem appositionellen Wachstum steht das hauptsächlich bei noch nicht verfestigter Matrix auftretende interstitielle Wachstum gegenüber. Hierbei teilen sich differenzierte Knorpelzellen nochmals mitotisch, bilden neue Grundsubstanz und wei- chen dabei auseinander. Reifes Knorpelgewebe kann sich funktionell nicht ausreichend rege- nerieren. An seiner Stelle entsteht eine bindegewebige Narbe (LIEBICH 1993; SCHWARZ et al. 2000).

(36)

2.5.2.1.3. Alterungsprozesse des hyalinen Knorpels

Die Versorgung der Knorpelzellen mit Nährstoffen und Atmungsgasen erfolgt bei hyali- nem Knorpel durch Diffusion vom Perichondrium her. Knorpel ist somit von Natur aus ein relativ stoffwechselträges, ein so genanntes bradytrophes Gewebe. Besonders infolge des in- terstitiellen Wachstums werden die Versorgungswege automatisch länger und der räumlichen Ausdehnung des Knorpelgewebes sind stoffwechselbedingt Grenzen gesetzt. Mit zunehmen- dem Alter wird nicht selten durch Veränderungen in der Grundsubstanz der Stoffwechsel zu- sätzlich behindert. In der Folge kommt es zu Kalksalzablagerungen und zur Demaskierung von kollagenen Fasern (Asbestfasern), aber auch zu degenerativen Verformungen. Die einge- lagerten Kalksalze lassen den hyalinen Knorpel spröde und brüchig werden (SCHWARZ et al. 2000; DYCE et al. 1991; SCHUMMER u. SEIFERLE 1987).

2.5.3. Die Muskulatur

Die intrinsische Muskulatur (quergestreifte Eigenmuskulatur) des Kehlkopfes dient der Bewegung der Kehlkopfknorpel gegeneinander bei der Atmung, Stimmerzeugung und beim Husten (WISSDORF et al. 1998). Die extrinsischen Muskeln, welche von außen an den La- rynx heranziehen, können den Kehlkopf beim Schluckakt oder bei Kopf- und Halsbewegun- gen als Ganzes in veränderte Lagebeziehungen zu den Nachbarorganen bringen (KOCH u.

BERG 1990).

Verschiedene Muskeln sind an Verengung und Erweiterung der Rima glottis beteiligt.

Der obere Ringknorpel-Stellknorpelmuskel, M. cricoaryt. dors., ist allein für die Stimmritzen- Erweiterung des Kehlkopfes zuständig. Er entspringt flächig auf der Lamina cartilaginis cri- coideae (Ringknorpelplatte), verläuft rostrodorsal und inseriert am Processus muscularis des Aryknorpels. Durch Kontraktion spreizt er den Processus vocalis des Stellknorpels und abdu- ziert dadurch die Plicae vocalia, wodurch die Rima glottis erweitert wird.

(37)

Als Stimmritzenverenger gelten die Mm. cricothyreoideus, cricoarytaenoideus lateralis, cricoarytaenoideus transversus und der M. thyreoarytaenoideus, welcher aus dem M. ventri- cularis und dem M. vocalis besteht.

Der M. cricothyreoideus entspringt am Reif des Ringknorpels, hat einen rostrodorsalen Verlauf und findet seinen Ansatz an der Kaudalfläche des Schildknorpels. Seine Kontraktion bewirkt die Annäherung von Schildknorpel und Ringknorpel. Dadurch werden die Platte des Ringknorpels und die mit ihr verbundenen Stellknorpel kaudal verlagert, was zur Anspannung und Streckung der Stimmlippen führt.

Der M. cricoaryt. lat. hat seinen Ursprung ventral am Kranialrand des Ringknorpels und inseriert nach rostrodorsalem Verlauf am Ventralrand des Processus muscularis des Stellknor- pels. Während seiner Kontraktion wird der Processus muscularis nach ventrolateral gezogen und so der Processus vocalis nach innen bewegt. Dies hat die Erschlaffung der Stimmlippen und eine Verengung der Pars intermembranacea der Stimmritze zur Folge.

Der M. cricoaryt. transv. liegt dorsal locker auf dem Cartilago arytaenoidea. Er entspringt an dessen Processus muscularis und trifft sich median mit dem der anderen Seite. Bei der Kontraktion werden die Aryknorpel aufeinander zu bewegt. Dadurch verengt sich die Pars intercartilaginea der Stimmritze.

Der M. ventricularis zieht von der ventralen Innenfläche der Schildknorpelplatte in kon- vexem Bogen nach dorsal, um rostral des Processus muscularis zu inserieren. Er verengt je- derseits die Stimmritze unter gleichzeitiger Anspannung der Stimmlippe.

Der M. vocalis entspringt an der Innenfläche des Schildknorpels, verläuft in rostral kon- kavem Bogen ventrodorsal und inseriert am Muskelfortsatz des Stellknorpels. Er steigert durch seine Kontraktion die Dicke und Spannung der durch den M. cricothyroidus angespann- ten Stimmlippen (SCHUMMER u. SEIFERLE 1987; DYCE et al. 1991; WISSDORF et al.

1998).

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Überprüfung der Nachweis- und Karenzzeiten für die Substanzen Carprofen, Flunixin-Meglumin, Firocoxib, Ketoprofen, Meloxicam, Metamizol, Phenylbutazon und Vedaprofen

Die erste Eigenschaft (bedächtig – verspielt) wird durch die Zeit bis zur Annäherung an das Objekt im Novel Object Test und im Startling Test Objekt berechnet.. Sie wird bei

(1970b) stellten in einer Untersuchung mit Ponies fest, dass eine Ration mit einer niedrigen Calciumkonzentration (29 mg/kg KM/Tag) die relative intestinale Absorption von

Diesbezüglich haben die Untersuchungen ergeben, dass bei beiden Implantather- stellern unter Verwendung des Originalschraubendrehers eine höhere Friktion

Denn aufgrund der schlechten Ergebnisse der beiden sinusförmigen FGL-NiTi-Drähte, die sich vor allem durch die Weitung des Bohrlochdurchmessers bemerkbar machte,

(2017) konnten in einer randomisierten Studie mit Patienten mit diabetischen, chronischen, nicht heilenden Fußwunden eine erhöhte Expression in Wunden beobachten,

Core-Komponenten der Impfstoffe richten sich gegen Krankheitserreger, gegen die jedes Pferd zu jeder Zeit geschützt sein muss, weil die Impfstoffe im Regelfall vor

Antineoplastische Arzneistoffe entfalten ihre Wirkung mit Hilfe unterschiedlicher Mechanismen. Zielstrukturen klassischer antineoplastischer Arzneistoffe sind meist