Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 27–28|
7. Juli 2014 A 1225M
it dem Perspektivpapier „Apotheke 2030“ hat die Mitgliederversammlung der ABDA-Bun- desvereinigung Deutscher Apothekerverbände nach einjähriger Beratung die Ziele für die Weiterentwick- lung des Apothekerberufs verabschiedet. Über das achtseitige Dokument mit den Themenschwerpunkten Qualifikation, Medikationsmanagement und Versor- gungsstruktur soll der Deutsche Apothekertag im Sep- tember in München abstimmen. Die Chancen für eine Zustimmung stünden gut, hieß es bei Vorstellung der Reformpläne in Berlin. Nach Ansicht von ABDA-Prä- sident Friedemann Schmid hätte man bei der Formulie- rung an manchen Stellen noch weiter gehen können – für die Ärzteschaft enthält das Reformpapier jedoch jetzt schon ausreichend Sprengstoff.Zwar hätten die Apotheker auch weiterhin nicht vor, in die Therapieentscheidung der Ärzte einzugreifen, aber „wir werden eine aktivere Rolle für die Sicherheit der Arzneimitteltherapie übernehmen“, so Schmid, der darunter mehr Verantwortung und mehr Verbindlichkeit versteht. Das Ziel sei, den Patienten dauerhaft an seinen Apotheker zu binden, „in etwa so wie an einen Arzt“, erklärte Schmidt. Die Neuausrichtung sei vor allem für chronisch Kranke interessant, die nach Terminvergabe in separaten Beratungszimmern mit ihrem Apotheker über Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen der vom Arzt verschriebenen Medikamente sprechen könn- ten. Auch Wiederholungsrezepte sollen in Zukunft in der Apotheke ausgestellt werden – ohne vorherigen Arztbesuch, aber mit einer finanziellen Vergütung. Nö- tig dafür sei – ähnlich wie bei der Ärzteschaft – eine Gebührentabelle, über die die neuen Leistungen abge- rechnet werden könnten.
Was als Entlastung für die Ärzte beschrieben wird, rüttelt an der traditionellen „Revieraufteilung“ im Ge- sundheitssystem. Das Perspektivpapier „Apotheke 2030“ ist in der Geschichte der ABDA zwar nicht der erste Vorstoß, das Image der circa 60 000 Apothekerin- nen und Apotheker verbessern zu wollen, aber in sei- nem Anspruch der weitreichendste. Entstanden ist er
wohl auf Basis der wachsenden Unzufriedenheit unter den Pharmazeuten: Der Boom des Online-Handels ge- paart mit stark schwankenden Betriebsergebnissen res- pektive Apothekenschließungen sorgt für Unmut. Als Reaktion darauf haben viele Pharmazeuten das Waren- angebot vergrößert. Nach den ABDA-Plänen soll die Apotheke der Zukunft jedoch nicht mehr als „Gesund- heitskaufhaus“ wahrgenommen werden, sondern als ein Ort, wo sich Experten um die Arzneimittelsicher- heit der Patienten kümmern.
Die Reaktion der Partner im Gesundheitswesen ließ nicht lange auf sich warten. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lehnt die Gebührenpläne der Pharmazeuten eindeutig ab: „Zu den Kernaufgaben eines Apothekers gehört die gute Beratung der Patienten, und dafür werden sie bereits heute gut bezahlt“, wird GKV-Sprecher Florian Lanz in der Tageszeitung „Die Welt“ zitiert.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung, Dr. med. Andreas Gassen, betont, dass Apotheker und Ärzte vor Ort bereits gut zusammenar- beiten. Klar sei aber auch, „dass die Grenzen zu den Kernkompetenzen des jeweils anderen nicht aufge- weicht werden sollten“. ABDA-Präsident Schmid gibt sich davon unbeeindruckt: „Wir warten mit unserer Neuausrichtung nicht auf die Erlaubnis der Ärzte.“
APOTHEKE DER ZUKUNFT
„Revierkampf“ programmiert
Dr. med. Vera Zylka-Menhorn
Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Ressortleiterin Medizinreport