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in interdisziplinäres For- scherteam aus Informati- kern des Fraunhofer-In- stituts für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik FIRST und Neurologen vom Univer- sitätsklinikum Benjamin Frank- lin, Berlin, versuchen anhand von Gehirnströmen zu erken- nen, ob ein Mensch zum Bei- spiel seine rechte oder linke Hand bewegen will. Um die Hirnströme zu messen, nutzen die Forscher das Elektroenze- phalogramm (EEG). In Ber- lin müssen die Versuchsperso- nen nicht in einem Training lernen, ihre Hirnströme zu kontrollieren. „Hier lernt der Computer, die neurophysiolo- gischen Signale richtig zu in- terpretieren“, erläutert Priv.- Doz. Dr. med. Gabriel Curio von der Arbeitsgruppe Neu- rophysik am Universitätskli- nikum Benjamin Franklin den besonderen Ansatz des Berli-ner Projekts. Gemeinsam mit Prof. Dr. rer. nat. Klaus-Ro- bert Müller vom Fraunho- fer-Institut für Rechnerarchi- tektur und Softwaretechnik leitet er das vom Bundes- forschungsministerium geför- derte Vorhaben. Dabei ma- chen sich die Forscher ein physiologisches Phänomen zu- nutze: Etwa eine halbe Se- kunde bevor ein Mensch ei- ne Bewegung ausführt, än- dern sich die Gehirnströme.
Für das Filtern der Signale entwickelten die Forscher ei- ne Software, die das gesuch- te Signal erkennt. „Darüber
hinaus untersuchen wir die Struktur der Daten und prü- fen mit Methoden des ma- schinellen Lernens, wo sie sich unterscheiden“, sagt Prof.
Dr. rer. nat. Klaus-Robert Müller.
Die Versuchsperson tippt mit einem Zeigefinger auf die Computer-Tastatur. Nach 20 Minuten kann der Proband quasi mit der Kraft seiner Ge- danken einen Cursor steuern.
Will er den rechten Finger be- wegen, geht der Cursor be- reits eine Viertelsekunde vor der eigentlichen Bewegung auf die rechte Bildschirmsei-
te. Bis zu 50 Entscheidungen pro Minute können so in technische Steuerungssignale umgesetzt werden. Wird der Cursor zum Beispiel in ei- nem Buchstabenfeld bewegt, entsteht eine Art „mentaler Schreibmaschine“. Auf diese Weise könnten gelähmte Pa- tienten Texte am Computer schreiben. Mit den Gedanken lassen sich, je nach Compu- terprogramm, die Hirnströme in ganz unterschiedliche Be- fehle umsetzen: So könnten sie künftig Prothesen steuern oder bei Querschnittsgelähm- ten die zerstörte Verbindung zwischen Gehirn und Mus- keln überbrücken.
Bislang haben die Forscher das neue Verfahren an ge- sunden Freiwilligen getestet.
Noch in diesem Jahr wollen sie es auch an Menschen mit amputierten Extremitäten er-
proben. EB
V A R I A
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A3190 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4828. November 2003
Forschung
Mit Gedanken den Computer lenken
Technik