Antoinette Conca
1, Juliane Wenke-Zobler
1, Corinne Brunner
1, Barbara Reutlinger
1, Philipp Schütz
2, Beat Müller
2für die TRIAGE-Forschungsgruppe*
Abteilung für klinische Pflegewissenschaft, Kantonsspital Aarau1, Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital Aarau2
*Angela Gabele, Petra Schäfer-Keller, Gabi Schmid, Sebastian Haubitz, Eva Grolimund, Andriy Zhydkov, Marcus Batschwaroff, Katharina Regez, Ursula Schild, Zeljka Caldara, Timo Kahles, Krassen Nedeltchev, Stefanie von Felten, Anja Keller, Mehrnaz Prins, Andreas Huber, Martha Kaeslin, Renate Hunziker, Maria Schubert, Sabina De Geest, Mario Bargetzi, Christoph Reemts,
Kurt Amstad, Ulrich Buergi, Alexander Kutz
Einleitung und Ziel
Die Zunahme von betagten und multimorbiden Patientinnen und Patienten mit ihren komplexen Gesundheitsbedürfnissen erhöht die Anforderung an Behandlungs- und Prozessabläufe in Akutspitälern. „Nurse led care“ oder pflegegeleitete Betreuung, ist ein für die Schweiz neues Versorgungsmodell, um die Ergebnisse dieser Patientengruppe mit dem Einsatz der 5 NLC-Assessmentschwerpunkte (emotionaler und funktionaler Status, Betroffenenexpertise, Selbstmanagement und Alltagsnähe) zu verbessern. Dieses innovative Modell hat das Potential zur Optimierung von Selbstpflege- und funktionalen Fähigkeiten. Bewegungsfähigkeiten zum Erhalt von Lebensqualität sind für ältere Menschen besonders wichtig. Ziele dieser Studie waren, die NLC-KSA© Patientinnen und Patienten anhand von demografischen und pflegerischen Merkmalen zu beschreiben, sowie die klinischen Ergebnisse der NLC-KSA© Betreuung im Vergleich zur üblichen Betreuung bei medizinisch stationären Patientinnen und Patienten zu evaluieren.
Methodik
Die vorliegende Studie war eine Substudie von OPTIMA-TRIAGE mit quasi-experimentellem Design. Es wurden Patientinnen und Patienten mit NLC-KSA© Betreuung (Intervention; Durchschnittsalter 78 Jahre; 25 Frauen und 20 Männer) und Patientinnen und Patienten mit üblicher Betreuung (Kontrollgruppe;
Durchschnittsalter 77 Jahre; 28 Frauen und 17 Männer) mittels Propensity Score Matching und einer GEE Analyse verglichen.
Die NLC-KSA© Patientinnen und Patienten erhielten nach der medizinischen Stabilisierung eine an den NLC-Assessmentschwerpunkten orientierte, sichere und fachkompetente Betreuung. Dabei wurden werktags tägliche Pflegevisiten durch eine klinische Pflegewissenschaftlerin oder eine Pflegeexpertin nach vorgegebener Checkliste durchgeführt und die Pflege anhand eines oder mehrerer der fünf NLC-KSA© Pflegeschwerpunkte geplant. Als Aufbautraining wurden (ergänzend zur Physiotherapie) funktionelle Bewegungsübungen instruiert. Die Kontrollgruppe erhielt eine tägliche Arztvisite, ohne ergänzende pflegerische Betreuung.
Schlussfolgerungen
Diese Studie ist ein erster Schritt, um klinische Ergebnisse verbunden mit der NLC-KSA© Betreuung im Schweizer Akutspitalsetting zu untersuchen. Es konnte gezeigt werden, dass es sich bei den NLC-KSA© Betreuungen um Patientinnen und Patienten mit Bedarf an Verbesserung der Selbstpflegefähigkeiten handelt, auf die diese Betreuungsform speziell fokussiert. Da potentielle NLC-KSA© Patientinnen und Patienten mit einem höheren Selbstpflegedefizit ins Spital eintreten, können sie basierend auf den NLC-Assessmentschwerpunkten von einem intensiveren Aufbautraining, der Unterstützung ihres Selbstmanagements und der gezielten Austrittsvorbereitung profitieren und in besserem Allgemeinzustand eher wieder in die gewohnte Umgebung zurückkehren. Das interprofessionelle Pflege- und Behandlungsmodell ist die Antwort auf die aktuelle Forderung multiprofessioneller, effizienter und effektiver Patientenversorgung.
Unterstützung von Mobilität, Aktivität und Selbstpflegefähigkeit durch gezielte Förderung der körperlichen Kraft
Vergleich von klinischen Ergebnissen zwischen stationären medizinischen Patienten mit herkömmlicher Betreuung und teilweise pflegegeleiteter Betreuung (nurse led care): Eine Propensity Score Matching Analyse
Abbildung 1:
Punktdiagramm der standardisierten Mittelwertsdifferenzen für alle Kovariaten vor und nach dem Matching
PACD = «Post-acute care discharge score»; SPI = Selbstpflegeindex
Resultate
54 NLC-KSA© Patientinnen und Patienten konnten mit einem Pool von 1917 allgemein medizinischen Patientinnen und Patienten verbunden und 45 Paare gematched werden. Die Gruppen waren nach dem Matching vergleichbar (s. Abb. 1) ausser bezüglich Aufenthaltsdauer, die sich nach wie vor unterschied (p<0.01). Diese wurde in der Analyse als Kovariate integriert. Die NLC-KSA© Patientinnen und Patienten zeigten eine stärkere Verbesserung der Selbstpflegefähigkeiten (SPI) (s. Tab. 1 und Abb. 2) und der Bewegungsfähigkeiten (s. Tab. 1 und Abb. 3).
Abbildung 3:
Entwicklung Bewegungsfähigkeit Abbildung 2:
Entwicklung Selbstpflegeindex (SPI)
«Bewegung – Kraft, Ausdauer, Stillstand»: 9. Fachsymposium Gesundheit St. Gallen, 19. und 20. Januar 2016 Email: antoinette.conca@ksa.ch
Differenz SPI Austritt-Eintritt Differenz Item Bewegung Austritt-Eintritt
B p-Wert1 95% KI B p-Wert2 95% KI
NLC-Betreuung <50% des Aufenthalts
4.513 .004 1.424 bis 7.601 1.055 .038 .057 bis 2.053
NLC-Betreuung ≥50% des Aufenthalts
-2.981 .166 -7.159 bis 1.233 .538 .396 -.704 bis 1.779
KontrollgruppeRK . . . . . .
Diagnosegruppe Neubildungen -3.087 .166 -7.453 bis 1.278 -1.561 .053 -3.142 bis .020 Diagnosegruppe Kreislaufsystem -.716 .670 -4.009 bis 2.577 -.310 .562 -1.359 bis .738 Diagnosegruppe Atmungssystem 1.742 .359 -1.982 bis 5.465 -2.65 .740 -1.834 bis 1.303
Diagnosegruppe AndereRK . . . . . .
Aufenthaltsdauer -.036 .567 -.160 bis .088 0.27 .181 -.013 bis .067
Eintritts-SPI -.309 .003 -.513 bis -.105 - - -
Tabelle 1: Resultate GEE Analyse
B Regressionskoeffizient; KI Konfidenzintervall; RK Referenzkategorie; 1 GEE Modell mit Normalverteilung und unstrukturierter
Arbeitskorrelationsmatrix; 2 GEE Modell Verteilung Binomial mit Verknüpfungsfunktion Logit und austauschbarer Arbeitskorrelationsmatrix