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Archiv "Szintimammographie: Kein Vorteil der Szintimammographie" (12.02.1999)

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Biersack et al. stellen die Szinti- mammographie mit Sestamibi als neues Verfahren vor, welches einen diagnostischen Zugewinn bei der Klassifizierung von Mammatumoren erlauben soll. Sie relativieren diese Aussage selbst, indem sie dem Ver- fahren nur „eine recht hohe Sensiti- vität von über 93 Prozent“ zusprechen und gleichzeitig „einen gewissen Nachteil in der relativ geringen Spezi- fität“ sehen.

Als Indikation werden „jüngere Patientinnen mit einem unklaren Tastbefund, bei denen Mammogra- phie und Ultraschall keine eindeutige Diagnose erlauben“ angegeben.

Aus methodischer Sicht ist anzu- merken, daß wegen der komplexen reziproken Beziehung zwischen Sen- sitivität und Spezifität ein aussage- kräftiger Vergleich zweier diagnosti- scher Methoden die Durchführung ei- ne ROC-(receiver operator characte- ristic-)Analyse verlangt. Über solche Analysen wird in dem Artikel nicht berichtet.

Aus klinischer Sicht ist anzumer- ken, daß heute neben der Mammogra- phie die Sonographie Standardme- thode bei der Abklärung solider Herdbefunde ist. Die Sonographie ist mit einer Sensitivität von über 95 Pro- zent der Szintimammographie bei der Abklärung palpabler Befunde klar überlegen. Eine Verbesserung der Diagnostik ist nur mit einer Methode mit (fast) 100prozentiger Sensivität zu erwarten.

Die MR-Mammographie kommt dieser Forderung sehr nahe. Da sie je- doch aufwendig ist und sie ebenfalls nicht vollständig erfüllt, ist heute bei der Abklärung solider palpabler Kno- ten (nach Ausschluß einer Zyste durch die Sonographie) eine morpho- logische Diagnostik zu fordern. Diese wird bei palpablen Befunden vorzugs- weise mit Hilfe der sonographisch ge- steuerten Stanzbiopsie durchgeführt, die eine sichere Diagnose erlaubt. Ei- ne Verzögerung der Diagnose durch

drei- bis sechsmonatige Kontrollun- tersuchung, wie von den Autoren vor- geschlagen, muß dagegen abgelehnt und als fehlerhaft angesehen werden.

Da auch sonst kein Vorteil der Szintimammographie bei der Ab-

klärung von Mammakarzinomen zu erkennen ist, ist ihre Einführung in die Klinik beim derzeitigen Erkennt- nisstand nicht gerechtfertigt.

Dr. med. H. Junkermann Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Universitätsklinikum Radiologie

Voßstraße 9 69115 Heidelberg

Die Autoren zitieren in ihrer Ar- beit über die Szintimammographie mehrfach meine realistische Einstel- lung zum Stellenwert der Mammogra- phie, Sonographie und Magnetreso- nanztomographie zur Diagnostik des Mammakarzinoms.

Bei Betrachtung der Abbildung 2 a–e befürchte ich allerdings, daß die aufgeführten guten Ergebnisse der Szintimammographie im Vergleich zu den anderen bildgebenden Verfahren einer Überprüfung auf Dauer ebenfalls nicht standhalten werden. Zumindest im seitlichen Strahlengang ist in der Mammographie analog zum Szinti- gramm am oberen Drüsenkörperaus- läufer eine auffällige flächige Asymme- trie zu erkennen. Bei der mammogra- phischen Befundung sind der Tumor- schatten, der Mikrokalk und die Asym-

metrie die drei wesentlichen morpholo- gischen Kriterien des Mammakarzi- noms. Es ist kaum glaubhaft, daß dieser Befund einer erfahrenen Mammadia- gnostikerin – wie einer der Ko-Auto- rinnen – bei der klinischen und mam- mographischen Untersuchung entgan- gen sein und sie nicht zu einer Sonogra- phie oder MRT veranlaßt haben sollte.

In Anbetracht der Größe der Asymme- trie und des histologischen Tumorstadi- ums pT1c ist schlechterdings auch nicht anzunehmen, daß das Karzinom mit der Sonographie oder MRT nicht hätte diagnostiziert werden können.

Die in regelmäßigen Abständen bei Einführung neuer bildgebender Verfahren veröffentlichten optimisti- schen Publikationen mit Treffsicher- heiten teils bis zu 100 Prozent beruhen nahezu immer auf folgenden Faktoren:

Zum einen werden kleine Fall- zahlen an vorselektierten, klinisch oder mammographisch symptomati- schen Frauen gewonnen und vor- schnell – analog zum mammographi- schen Screening – auf asymptomati- sche Frauen übertragen.

Zum anderen werden die neuen Methoden unter standardisierten Be- dingungen durchgeführt und ausge- wertet. Nicht so die Mammographien, die – häufig in Hinsicht auf technische Ausführung und Erfahrenheit des Be- funders sehr unterschiedlich – damit verglichen werden. Letzteres könnte beispielsweise Ursache der Fehlbe- fundung der Mammographie und der Abbildung 2 sein.

Fatal ist, und zwar bereits mit Einführung der Mammographie, daß bei jedem neuen bildgebenden Ver- fahren zur Mammadiagnostik verfrüht optimistische Ergebnisse publiziert und außerhalb von Studien in die Rou- tinediagnostik übernommen werden.

Die Euphorie, alsbald von der Presse übernommen, ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auszumerzen und verunsi- chert die betroffenen Frauen sowie ih- re behandelnden Ärzte.

Wenn im übrigen dem Artikel zu- folge palpable Tumoren als Domäne der Szintimammographie gelten, so sollte meines Erachtens nicht zuletzt unter dem Aspekt der Strahlenbela- A-359

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 6, 12. Februar 1999 (51)

Szintimammographie

Kein Vorteil der Szintimammographie

Weitere

Studien abwarten

Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Biersack, Dr. med. Holger Palmedo,

Priv.-Doz. Dr. med. Hans Bender, Dr. med. Ilse Boldt,

apl. Prof. Dr. med. Frank Grünwald in Heft 38/1998

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stung erwogen werden, ob eine Stanz- biopsie zur Abklärung des Tastbefun- des nicht geeigneter ist.

Prof. Dr. med. Mareike Keßler Klinikum Großhadern

Institut für Radiologische Diagnostik Marchioninistraße 15

81377 München

Zu Prof. Dr. med. M. Keßler In den abgebildeten Mammo- grammen – sie entstammen einer aus- wärtigen Untersuchung – ist kein Tu- morschatten und kein Mikrokalk nach- weisbar. Das einzig mögliche Malig- nitätskriterium ist die Parenchymasym- metrie. Der positive prädiktive Wert der Asymmetrie liegt bei deutlich unter 10 Prozent (4).

Dies würde bedeuten, daß ledig- lich jede 14. Frau mit diesem Kriterium ein Mammakarzinom hätte. In über 90 Prozent der Fälle handelt es sich also um eine Normvariante des normalen Drüsenparenchyms. Im vorliegenden Fall wurde bei positivem Tastbefund ei- ne weitere Diagnostik veranlaßt, dabei ergaben Sonographie und MRT ver- dächtige Befunde. Die Szintimammo- graphie erfolgte noch vor der weiteren Diagnostik, so daß auf die beiden zu- letzt genannten Verfahren hätte ver- zichtet werden können. Wir haben auch an keiner Stelle behauptet, daß das Szintigramm die einzige positive Methode bei dieser Patientin war.

Die niedrige Spezifität von Sono- graphie und MRT führt zu einer hohen Zahl von unnötigen Biopsien (2). Die oben genannte Vorgehensweise ist mit vergleichbarer Sensitivität, aber höhe- rer Spezifität hilfreich. Für palpable Lä- sionen erfüllt die Szintimammographie diese Kriterien.

Bei den von uns zitierten Studien handelt es sich nicht um Untersuchun- gen mit niedriger Fallzahl, sondern um prospektive, blind ausgewertete Multi- center-Studien mit hohen Zahlen. Für die MR-Mammographie beispielswei- se existiert keine einzige Validierung dieser Art. Wie Frau Prof. Keßler an- merkt, liegen die zuerst veröffentlich- ten Daten meist bei einer Treffsicher-

heit von 100 Prozent. Inzwischen hat aber auch die Radiologie zugeben müs- sen, daß die Sensitivität und Spezifität der MR-Mammographie nicht bei 100 Prozent oder 90 Prozent liegt, sondern deutlich tiefer. Hierauf hat die Autorin auch selbst in ihrer von uns zitierten Arbeit hingewiesen. Darüber hinaus muß natürlich Frau Prof. Keßler zuge- stimmt werden, daß gerade hinsichtlich der Qualität von Durchführung und Befundung einer Mammographie deutliche Unterschiede bestehen.

Bezüglich der Strahlenbelastung der Brust durch die Szintimammogra- phie ist darauf hinzuweisen, daß dieser Wert mit 1 mGy deutlich unter dem der Mammographie mit 4 bis 6 mGy liegt.

Zurecht weist Frau Prof. Keßler auch auf die Problematik der Laienpresse hin. Wir haben in unserem Artikel auch niemals gesagt, daß die Szinti- mammographie wie ein Füllhorn über die „deutschen Frauen“ ausgeschüttet werden soll, sondern „als eine Zu- satzuntersuchung eine diagnostische Lücke schließen soll, insbesondere bei symptomatischen Patienten mit dich- tem Drüsengewebe“.

Zu Dr. med. H. Junkermann Die ROC-Analyse wurde durch- geführt und kann in unserer Publikati- on der Multicenter-Studie (Palmedo 1998) nachvollzogen werden. Es hat sich gezeigt, daß eine Anhebung der Sensitivität nur einen mäßigen Abfall der Spezifität zur Folge hat.

Das Statement, daß die „Sonogra- phie mit einer Sensitivität von 95 Pro- zent . . . überlegen“ sei, widerlegt der Autor selbst. Die Sensitivität der Szinti- mammographie liegt mit 93 Prozent im gleichen Bereich bei allerdings deutlich besserer Spezifität. Weiterhin wurden diese Sensitivitätswerte für die Szinti- mammographie prospektiv und multi- zentrisch ermittelt. Für die Sonogra- phie sind uns solche Studien nicht be- kannt. Bei Mastopathien und hohem Gewebeanteil hat die Sonographie be- kannterweise im Gegensatz zur Szinti- graphie eine weitaus geringere Sensiti- vität (2). Eine Verbesserung ist nur durch die Methode mit gleicher Sensiti- vität und deutlich besserer Spezifität zu erreichen. Daß die MR-Mammogra- phie dies nicht erfüllt, kann inzwischen als belegt angesehen werden. Bei Pati-

enten mit proliferierender Mastopathie – dies sind zu 90 Prozent jüngere Pati- enten – kann die MRT nicht zwischen Karzinom und Mastopathie unterschei- den (1). Die niedrige Spezifität macht sie deshalb zu diesem Zweck unbrauch- bar. Die einzige Methode mit annähernd 100prozentiger Sicherheit ist die Biopsie. Die Stanzbiopsie als in- vasives Verfahren ist sicherlich eine verläßliche Methode bei umschriebe- nen Tastbefunden. Dies setzt voraus, daß repräsentatives Material gewon- nen werden kann, was allerdings nicht immer möglich ist. Außerdem kann trotz zusätzlicher Sonographie und MRT in einer „Knotenbrust“ das Pro- blem bestehen, daß der Tastbefund nicht lokalisiert werden kann und somit repräsentatives Gewebe nicht zu ge- winnen ist. Hier führt die Szintigraphie sicherlich nicht zu einer Verzögerung, sondern zu einer Beschleunigung der Diagnose. Insbesondere auf Patientin- nen, die bereits voroperiert sind und ei- ne niedrige Prävalenz für ein Mamma- karzinom aufweisen, trifft dies zu. Eine Verzögerung der Diagnose entsteht nachgewiesenermaßen gerade bei die- sen Patienten, die dann in der Regel nach sechs Monaten zur Kontrollmam- mographie vorgestellt werden. Die Szintimammographie würde hier nicht verzögern, sondern eine Verzögerung durch die Mammographie verhindern.

Literatur

1. Keßler M: Radiologische Diagnostik. In:

Mammakarzinom – Nuklearmedizinische und radiologische Diagnostik, Hrsg. V. R.

Tilin, Springer Verlag 1998, 23–75.

2. Madjar H: Dopplersonographie in der Dif- ferentialdiagnose von Mammatumoren.

Stuttgart, New York: Thieme, 1995.

3. Palmedo H, Biersack H-J, Lastoria S et al.:

Szintimammographie with Tc-99m MIBI:

Results of a prospective European multicen- ter trial. Eur J Nucl Med 1998; 25: 375–385.

4. Thomas BA: The place of clinical examina- tion in breast cancer screening. In: G. Ziant (Ed.) Practical modalities of an efficient screening for breast cancer in the european community. Amsterdam: Excerpta Medica, 1989; 11–24.

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Biersack Dr. med. Holger Palmedo

Priv.-Doz. Dr. med. Hans Bender Prof. Dr. med. Frank Grünwald Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin

Dr. Ilse Boldt

Radiologische Universitäts-Klinik Sigmund-Freud-Straße 25 53127 Bonn

A-360

M E D I Z I N DISKUSSION

(52) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 6, 12. Februar 1999

Schlußwort

Referenzen

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