Psychosoziale Gesundheit stärken
in Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben im aktuellen Wandel der Arbeitswelt
Prof. Dr. Gudrun Faller
Kommunikation und Intervention im Kontext von Gesundheit und Arbeit
Hochschule für Gesundheit Bochum (hsg)
Themenschwerpunkte
Aktuelle Herausforderungen für Gesundheit bei der Arbeit
Digitalisierung, Subjektivierung und Flexibilisierung
Besondere Herausforderungen der Dienstleistungsarbeit
Qualitätsanforderungen an gelingendes BGM
Potenziale und Herausforderungen des BGM in KMU
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AU-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen
0 50 100 150 200 250 300
pro 100 VJ
Quelle: DAK 2019
Produktionsausfallkosten wg. AU [64 Mrd. €]
Prof. Dr. Gudrun Faller 4
9,5
3,6
9,1
3,1 14,1
6,2 18,3
Psychische und Verhaltensstörungen Krankheiten des Kreislaufssystems Krankheiten des Atmungssystems Krankheiten des Verdauungssystems Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems Verletzungen, Vergiftungen und Unfälle Sonstige Krankheiten
Angaben in %; Quelle: Stabu nach Suga 2015, S. 42
WSI Betriebsrätebefragung 2015
Monotones Arbeiten Angst vor Arbeitsplatzverlust Mangelnde Planbarkeit Unterbrechungen Hoher Verantwortungsdruck Hohe Arbeitsintensität Termin- und Zeitdruck
Antworten der Betriebsräte in % der Angabe „stark“ und „sehr stark“
DGB-Index Gute Arbeit
0 10 20 30 40 50 60 70
zu viele gleichzeitig zu bearbeitende Projekte zu knappe Personalbemessung Ungeplante Zusatzaufgaben zu knappe Termin- oder Zeitvorgaben zu hohe Erwartungshaltung von Kund*innen,…
zu lange innerbetriebliche Entscheidungswege zu hohe Vorgaben (Stückzahlen, Umsatzziele, ...) Druck des Vorgesetzten Unklare Anweisungen des Vorgesetzten Störungen an Maschinen, Anlagen, Computern Schlechte Abstimmung mit Kolleg*innen
Belastungsfaktoren durch die Arbeit 2015
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TK Stress-Studie 2016
0 10 20 30 40 50 60 70
Zu viel Arbeit Termindruck / Hetze Unterbrechungen, Störungen Mangelnde Anerkennung Informationsüberflutung Ungenaue Anweisungen Ungerechte Bezahlung Lärm, Temperatur, Beleuchtung zu wenig Handlungsspielraum Schlechte Stimmung iim Team Ständige Erreichbarkeit Schlechte Vereinbarkeit Probleme mit Vorgesetztem
Aktuelle Herausforderungen
Demografie Globali-
sierung
Ökologie
Care- Tätig- keiten
Digitali- sierung
Soziale Ungleich-
heit
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Definitionen
Digitalisierung:
die übergreifenden, informations- und
kommunikationstechnisch basierten technischen und organisatorischen Veränderungen in Betrieben und in Lebenswelten.
Flexibilisierung:
die permanente Anpassung an sich dynamisch verändernde Umwelteinflüsse auf Organisationen und Individuen
Subjektivierung:
die Veränderung der Arbeitswelt in Form einer
Nutzbarmachung von Subjektivität zu ökonomischen Zwecken. Damit
einher gehen Prozesse der Entkollektivierung und der zunehmenden
Entgrenzung von Arbeit
Subjektivierung
Fremdkontrolle Selbstkontrolle
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Arbeitsbezogene Folgen der Subjektivierung
Diffusion des Arbeitsortes
Entgrenzung von Arbeit – Vermischung von Arbeits- und Freizeit
Differenzierung und Flexibilisierung von Arbeitszeiten
Pluralisierung von Erwerbsformen und Beschäftigungsverhältnissen
abnehmende Bindung der institutionellen Rahmenbedingungen (Arbeitsbeziehungen, Berufsausbildung, Sozialversicherung)
Entwicklung atypischer Beschäftigung
0 20 40 60 80
normal atypisch selbstständig
0 50 100
normal atypisch selbstständig
anteilige Entwicklung bei den Frauen anteilige Entwicklung bei den Männern
1991 2017
Quelle: Stabu 2018
% %
Anteil Niedriglohnbezieher nach Art des Jobs
Quelle: Bertelsmann Stiftung 2016
0 20 40 60 80 100
Gesamt Frauen Männer Geringe
Qualifikation
Mittlere Qualifikation
Hohe Qualifikation
NAV Atypisch
Zwischenfazit
Prozesse der Digitalisierung, Flexibilisierung und Subjektivierung schaffen neue Herausforderungen für Prävention und Gesundheitsförderung
Zunehmende psychoemotionale und psychosoziale Anforderungen
Probleme der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben
Zunehmende Diversität von Beschäftigungsformen und Bedürfnissen
Verschärfung sozialer und gesundheitlicher Chancenungleichheit
Diese Herausforderungen sind lebensweltübergreifend und verlangen ein koordiniertes Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte.
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Themenschwerpunkte
Aktuelle Herausforderungen für die Gesundheit in der Arbeit
Digitalisierung, Subjektivierung und Flexibilisierung
Besondere Herausforderungen der Dienstleistungsarbeit
Qualitätsanforderungen an gelingendes BGM
BGM in KMU
Entwicklung der Wirtschaftssektoren
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AU-Tage wegen psychischer Störungen
Tage je 100 BKK Mitglieder für 2015
0 100 200 300 400 500
Gesundheits- Krankenpflege
Altenpflege Beschäftigte allgemein
Männer Frauen
alle Branchen
AU-Tage wegen MSK
0 100 200 300 400 500 600 700 800
Gesundheits- Krankenpflege
Altenpflege Beschäftigte allgemein
Männer Frauen
alle Branchen
Tage je 100 BKK Mitglieder für 2015
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Anforderungen der Interaktionsarbeit
Böhle et al. 2015Kooperationsarbeit
Subjektivierendes Arbeitshandeln
Gefühlsarbeit Emotionsarbeit
Herstellung einer Kooperationsbeziehung
Umgang mit eigenen Emotionen
Umgang mit Unwägbarkeiten
Umgang mit Gefühlen
anderer
Belastungen in der Interaktionsarbeit
0% 10% 20% 30% 40% 50%
Alle Branchen Sozialwesen Erziehung und Unterricht Gesundheitswesen Öffentliche Verwaltung
Finanzdienstleistung Sehr
häufig Oft
Quelle: DGB Index Gute Arbeit 2018
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fehlende Anerkennung
Teamkonflikte
Enge Vorgaben
Zeit- und Personal- mangel
unzureichende Erholungszeiten
Schlechte Führung
Erschwerende Rahmenbedingungen
Inadäquate
Bezahlung Überstunden
Fehlende Fehlende Unzuver-
lässige Dienstpläne
Prekäre Arbeits- verhältnisse
Adäquate Bezahlung
Anerkennung
Kollegiale Unterstützung
Handlungs- spielräume
Sinnhafte Arbeit
Weiterent- wicklung Rückzugs- möglichkeiten
Unterstützende Führung
Bildquelle: Arcady - Fotolia
Unterstützende Rahmenbedingungen
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Alle Beschäftigten Handel Öffentliche Verwaltung etc.
Erziehung und Unterricht Sozialwesen Gesundheitswesen
in sehr hohem Maß in hohem Maß in geringem Maß gar nicht
Betriebliche Unterstützung bei
Belastungen mit Kunden
Was hat sich nicht bewährt?
Einseitige Verhaltensprävention (Kurse für Entspannung, Bewegung, Sucht, ...)
Beseitigen nicht die arbeitsbedingten Ursachen
Weisen die alleinige Verantwortung den Beschäftigten zu
Maßnahmenplanung am „grünen Tisch“
Beziehen das Beschäftigtenwissen nicht mit ein
Beschäftigte fühlen sich fremdbestimmt
Fehlendes Nachhaltigkeitskonzept
Fehlende Zuständigkeiten für längerfristige Planung
Unsystematischer, kurzzeitiger Aktionismus
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Evaluation Analyse
Planung Umsetzung
Struktur und Konzept Auftragsklärung
BGF als Projektmanagementprozess
Betroffene
Koordinator
Entscheidungen
Projekt- management
Beschäftigte Beschäftigte
Beschäftigte Beschäftigte
BGF als Organisationsentwicklungsvorhaben
Betroffene
Koordinator
Entscheidungen
Projekt- management
Beschäftigte Beschäftigte
Beschäftigte Beschäftigte
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Themenschwerpunkte
Aktuelle Herausforderungen für die Gesundheit in der Arbeit
Digitalisierung, Subjektivierung und Flexibilisierung
Besondere Herausforderungen der Dienstleistungsarbeit
Qualitätsanforderungen an gelingendes BGM
BGM in KMU
0 20 40 60 80 100 120
1-4 5-9 10-19 20-49 50-99 100-199 200-499 500-999 ab 1000
Betriebe mit Gesundheitsförderung
Beschäftigtenzahl
% der Betriebe
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Quelle: Hollederer / Wießner 2014
Barrieren gegenüber Gesundheitsförderung
Auftragseingänge sind unregelmäßig und schwer kalkulierbar, daher sind längere Planungen problematisch
Geringe Personalstärke verringert die Verfügbarkeit für die Planung und Implementierung von BGF
Spezialwissen für BGF ist nicht vorhanden
Oftmals fehlende Beschäftigtenvertretung (Betriebsrat)
Arbeiten in KMU
Umfangreichere Arbeitsbereiche, abwechslungsreichere Arbeit
Höherer Handlungs- und Dispositionsspielraum
Höhere Interaktionsdichte, damit auch höhere soziale Kontrolle
Flache Hierarchie, spontane Entscheidungen und Problemlösungen
Unklare Grenze zwischen privatem und beruflichen Lebensfeld (besonders Familienbetriebe)
Hoher Einfluss der Person der Betriebsleitung
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BGF-Instrumente in KMU
Struktur:
In KKU: Identität von Steuerungskreis und Beteiligungsgruppen
Diagnose:
Mitarbeiterbefragungen weniger als internes Benchmark, sondern vielmehr als Gesprächsgrundlage in Workshops
Führungsfeedback an die Geschäftsleitung
Umsetzung:
Maßnahmen in Kooperation mit anderen Betrieben
Erfahrungsaustausch im Netzwerk
Voraussetzungen gelingender Netzwerkkooperation
Die zwischen den Beteiligten bestehende Konkurrenz ist nicht so stark, dass sie die Kooperation beeinträchtigt
Jeder der Partner hat einen individuellen Nutzen von der Kooperation
Der Nutzen der Kooperation übersteigt den Nutzen der Nicht-Kooperation
Der individuelle Gewinn übersteigt den (anfänglichen) Aufwand
Das anfängliche gegenseitige Vertrauen ist groß genug, um durch weitere Zusammenarbeit gefestigt zu werden
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Strategisches Kooperationsmanagement
Analyse der Ziele und Nutzeneffekte
Konzeption und Aufbau der Kooperationsstruktur
Bildung einer gemeinsamen
Steuerungsinstanz Projektplanung (Ziele, Ressourcen, Zeit)
Evaluation der Ziele und der Kooperation
Analyse der Ziele und Nutzeneffekte Konzeption und Aufbau
der
Kooperationsstruktur Bildung einer gemeinsamen Steuerungsinstanz
Projektplanung (Ziele, Ressourcen, Zeit) Evaluation der Ziele und der Kooperation
Kommunikations-
management nach außen und innen
Beziehungspflege
Eigene Darstellung in Anlehnung an Helmcke 2008
Strategisches Kooperationsmanagement
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Handlungsfähigkeit einer sozialen Gemeinschaft im Umgang mit Krisen
Lokales Wissen über Gesundheitsförderung
Grad der Vernetzung und Beziehungen in der Kommune
Ausmaß und Qualität der Kommunikation
Art der Steuerung
Investitionen und Ressourcenausstattung
Handlungsbereitschaft (vorbereitet sein)
Haltung, Einstellung, Optimismus
Kernelemente von „Community Resilience“
Zusammenfassung
Aktuelle Herausforderungen für die Gesundheit in der Arbeit erfordern ein koordiniertes Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Akteure
Gesundheitsschutz in der Dienstleistungsarbeit erfordert die präventive Auseinandersetzung mit psychischen und sozialen Arbeitsbedingungen
Wirksame Gesundheitsförderung erfordert ein systematisches Vorgehen und eine geeignete Organisation (Führung, Arbeitsprozesse, Partizipation)
Netzwerkprojekte zur Verankerung von BGF in Kleinst-, Klein- und Mittel- betrieben müssen bedarfsorientiert vorgehen und gut koordiniert werden
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Psychosoziale Gesundheit im Betrieb
in Kleinst- und Klein-Mittelbetrieben im aktuellen Wandel der Arbeitswelt
Prof. Dr. Gudrun Faller
Kommunikation und Intervention im Kontext von Gesundheit und Arbeit Hochschule für Gesundheit Bochum (hsg)