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Abwasserentsorgung im ländlichen Raum

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Academic year: 2022

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Abwasserentsorgung im ländlichen Raum

Markus Boiler, Diihendo1f

Zusammenfassung

In der Schweiz wird die Anzahl kleiner Kläranlagen in den nächsten Jahren noch erheblich zunehmen. Dies hat eine entsprechende Nachfrage nach Informationen über den ländlichen Verhältnissen angepasste Reinigungssysteme zur Folge. Kleine Abwasserquellen verursa- chen in der Regel nur geringe Verschmutzungen, trotzdem sind in jedem Einzelfall die An- forderungen und die Alternativen der Abwasserentsorgung sowie die daraus resultierenden Kosten sorgfältig zu studieren. Im Vergleich zu grösseren Kläranlagen sind unterschiedliche Randbedingungen wie starke Abwasserschwankungen, Betriebs- und Unterhaltsprobleme, hohe einwohnerspezifische Kosten und eine grosse Palette möglicher Reinigungs- und Ab- leitungssysteme zu berücksichtigen, die fundierte Fachkenntnisse erfordern. Die technischen Alternativen reichen dabei von der einfachen mechanischen und anaeroben Behandlung über naturnahe Anlagen wie Teiche, Sandfilter und Pflanzenanlagen bis zu den hoch bela~teten biologischen Reaktoren mit suspendierter oder fixierter Biomasse. Die Möglichkeiten sind unter Berücksichtigung von Betriebssicherheit, Leistungsstabilität, Aufwand für Betrieb und Unterhalt sowie der Investitions- und Betriebskosten zu evaluieren. In dieser Hinsicht stellen die Abwasserprobleme im ländlichen Raum neue Herausforderungen an Ingenieure und Behörden, die sowohl breites technisches Wissen wie auch den Einbezug ökonomischer und sozialer Aspekte verlangen.

Evacuation des eaux usees en zone rurale - Resume

Au cours des prochaines annees Je nombre de petites stations dl'epuration va augmenter de maniere considerable en Suisse. Cette evolution est

a

l'origine d'une importante demande d'informations relatives aux techniques d'epuration adaptees. Les petits rejets d'eaux usees ne provoquent generalement pas de pollutions importantes. Cependant, les exigences et !es differentes alternatives en matiere d'epuration des eaux, ainsi que !es cofits qui en resultent, doivent etre examines pour chaque cas particulier de maniere soigneuse. Les differentes con- traintes qui doivent etre prises en consideration (par exemple les variations du debit d'eaux usees, les problemes de fonctionnement et d'entretien, les cofits specifiques par habitant ele- ves et la !arge gamme de techniques d'epuration et d'assainissement

a

disposition) necessi- tent des connaissances professionnelles approfondies. Les alternatives techniques envisagea- bles vont des simples traitements mecaniques et anaerobies aux reacteurs biologiques

a

forte Charge et

a

biomasse fixee OU en Suspension, en passant par les installations

a

faible Charge que sont par exemple les lagunes, les filtres

a

sable ou !es procedes d'epuration par des vegetaux. Les differentes possibilites doivent etre evaluees en tenant compte de la securite de fonctionnement, de Ja stabilite des rendements d'epuration, de Ja main-d'reuvre necessaire au fonctionnement et

a

Ja maintenance, ainsi que des coilts d'entretien et d'investissement. Ainsi, Ia problematique de Ja gestion des eaux usees en zone rurale pose de nouveaux defis aux ingenieurs et aux autorites. Ces defis necessitent aussi bien de:s connaissances techniques etendues que Ja prise en consideration des aspects economiques et sociaux.

Sewage Disposal in Rural Areas - Summary

In near future, the number of small treatment works will increase tremendously and will be accompanied by a strong demand for information on appropriate procedures and techno- logies. Pollution problems caused by small wastewater flows are usually restricted to small areas, however, in view of the high per capita costs, treatment re:quirements and alternatives have to be studied carefully. In comparison to !arger plants, more pronounced and different boundary conditions such as load fluctuations, operation and maintenance problems, per capita costs, and a !arge variety of feasible treatment and disposal systems ask for experienced engineers with a broad and sound knowledge in rural water quality management. The techni- cal alternatives reaching from mechanical and simple biological low rate systems such as ponds, sand filters and reed beds to complex high rate suspended and fixed biomass reactors have to be evaluated regarding plant size, operation safety, reliability, demand for skilled personnel, investment and operation costs. In this respect, wate:r engineers are increasingly challenged, not only to deal with a broad range of present and future treatment technologies, but also to integrate economical and social aspects into their evaluations.

522

2018

1.

Einleitung

In vielen Ländern mit Anschlussgraden der Bevölkerung an Kanalisations- systeme von über 80 % wurde und werden die akutesten Gewässerschutz- prob/eme durch Abwassereinleitungen mit Hilfe grosser, zentral angeordn~ter

Kläranlagen gelöst. Abhängig von Besiedlungsfonn und -dichte verbleibt ein gewisser Anteil der Bevölkerung, dessen Abwässer vom Standpunkt des Gewässerschutzes keine schwerwiegen- den Beeinträchtigungen verursachen, die jedoch lokal zu hygienischen und ästhetischen Problemen führen und zur Verschmutzung von Kleingewässern beitragen können. Die Sanierung von Abwassereinleitungen in ländlichen Verhältnissen ist in der Schweiz in vollem Gange. Kleine Abwassennen- gen, eine grosse Zahl zu erstellender Kleinkläranlagen, eine breite Palette technischer Möglichkeiten und die erheblichen finanziellen Pro-Kopf- Aufwendungen stellen eine Heraus- forderung für die in diesem Bereich tätigen Ingenieure und Behörden dar.

Einfachheit, Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit verdienen zweifellos erste Priorität bei der Wahl technischer Lösungen zur Abwasserentsorgung im ländlichen Raum. Tatsächlich ist die Auswahl der Möglichkeiten zur Abwas- serableitung und zur Abwasserreini- gung kleiner Wassermengen erheblich grösser als bei grossen Entsorgungssy- stemen. Der Einsatz von kleinkalibri- gen Kunststoffleitungen erweitert dabei den Bereich zweckmässiger und zumut- barer Anschlüsse an grössere, zentral gelegene Anlagen über grössere Distan- zen. Fällt die Wahl auf ein Klein- kläranlagensystem, so reichen die ein- setzbaren Verfahren von der einfachen Klärgrube bis zur komplizierten Nähr- stoffeliminationsanlage und konstruk- tionsmässig vom Stahl- und Betontank bis zu den naturnahen Teich- und Pflan- zenanlagen.

Trotz der relativ geringen Abwasser- mengen und der kleinen Bauvorhaben erfordern die Lösungen zur Abwasser- entsorgung im ländlichen Raum ähnlich fundierte Fachkenntnisse wie beim Bau von Grosskläranlagen. Das Verständnis für spezielle Abwasser- charakteristiken bezüglich Zusammen- setzung und Anfall, verfahrenstechni- sches Know-how und die Berücksichti- gung betrieblicher und wirtschaftlicher Aspekte sind auch beim Bau von Klein- kläranlagen gefragt und sind, angesichts

gwa 7/95 75. Jahrgang

(2)

Verschmu1zungs11i1·ei-1u

Lokale Verschmutzungsprobleme im Umkreis von 10 m

von der Einleitstelle

Verschmutzungsprobleme im Bereich von 100 m von der Einleitstelle

Verschmutzungsprobleme in einem grösseren Umfeld von ü.ber 1000 m .. ··

Ma111fe.wa1ion der \lers('/J111u1:u11g

- Ästhetik (Papier, Binden etc.) - Heterotrophes Bakterienwachstum

Schlammablagerungen Hygiene (Trinkwasser für Mensch und Tier)

Abwasserinfiltration (Grundwasser) Geruchsprobleme

Sauerstoffschwund im Vorfluter - Heterotrophes Bakterienwachstum

Schlammablagerung Fischtoxische Verhältnisse wegen NH.~+ und N02-

Infiltration in Trinkwasserquellen , -,-, Substantieller N03-Eintrag in

<

genutztes Grundwasser

Reinigungsanforderungen

Elimination von Feststoffen

Elimination abbaubarer organischer Stoffe

Elimination von Feststoffen

Elimination abbaubarer organischer Stoffe

Umwandlung von

NJii+

in N03- (Nitrifikation)

... :: Eventuell Filtration

Tab. 1 Auswirkungen kleiner Abwasserquellen in der Umwelt und korrespondierende Reinigungsanforderungen.

der im Vergleich zur Mehrzahl der Bevölkerung mehrfach höheren Indivi- dualkosten, eine Notwendigkeit.

Im folgenden sollen entsprechend dem Vorgehens- und Entscheidungsschema der neuen VSA-Richtlinie «Kleinklär- anlagen» ( 1995) mögliche Konzepte und Entscheidungskriterien zur Abwas- serentsorgung im ländlichen Raum auf- gezeigt und die anwendbaren Systeme im Vergleich übersichtlich dargestellt werden. Es werden dabei auch .die pu- blizierten Erkenntnisse und Erfahrun- gen der beiden internationalen Konfe- renzen der JA WQ (Specialist Group for Small Wastewater Treatment Plants) von 1989 und J 993 sowie anderer natio- naler und internationaler Veranstaltun- gen berücksichtigt.

gwa 7/95 75· annfr

2. Bedeutung kleiner Abwasser- quellen und Sanierungsziele

Angesichts der hohen Pro-Kopf-Kosten und der meist geringen Gewässerverun- reinigungen ist es bei kleinen Abwasser- quellen nicht in jedem Fall sinnvoll, die gesetzlich vorgeschriebenen Einlei- tungsbedingungen einzuhalten. Letztere wurden seinerz~~it zur Vermeidung sicht- barer Gewässerverschmutzungen auf ge- stellt, wobei gesamtschweizerisch ein Verdünnungsverhältnis von Abwasser- menge zur Vorflut von etwa 1: 10 vor- ausgesetzt wurde. Im ländlichen Raum kann dieses Verhältnis sowohl nach un- ten wie nach oben ganz erheblich vari- ieren. Unabdingbare Voraussetzung für Sanierungsvorh:1ben ist deshalb die ört-

liehe Beurteilung der gegenwärtigen und künftig möglichen Probleme, die durch Abwassereinleitungen von unter- schiedlichem Reinigungsgrad verur- sacht werden können. Erst daraus sind die differenzierten Sanierungsmassnah- men abzuleiten. Systemanalytisch kön- nen drei unterschiedliche Verschmut- zungsgrade festgestellt und daraus ver- schiedene Anforderungen an die Ab- wasserreinigung abgeleitet werden. Die Verschmutzungsgrade können primär nach der Art ihrer Ausbreitung in der Umwelt klassiert werden, wobei lokale Auswirkungen im Bereich von 10 m, er- weiterte Beeinträchtigungen im Um- kreis von 100 m und solche, die grössere Gewässerabschnitte im Bereich von über 1000 m betreffen, unterschieden

(3)

. Anlagengrösse EW 5000-40000 1000-5000 400-1000 <400

% % % %

Abwassern1enge 92,2 6,1 1,5 0,2

TOC 89,3 8,6 1,7 0,4

Kjeldahl-N 95,0 3,7 1,0 0,3

P total 79,0 12,8 5,6 2,6

Tab. 2 Relatii·e Frachtbeiträge aus Abwasserrei11ig1111gsa11/age11 1·erschiede11er Grössenklassen im Ein:ugsgebiet des \lienmldstättersees.

werden. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die bei den verschiedenen Yer- schmutzungsniveaus zu erwartenden Probleme und die bei lokaler Lösung er- forderlichen Anforderungen an die Ab- wasserreinigung und den damit verbun- denen Aufwand.

Statistiken verschiedener Einzugsge- biete der Schweiz zeigen deutlich, dass in den meisten Fällen das erste Yer- schmutzungsniveau Anlass zu Sanie- rungsmassnahmen gibt. Sehr viel selte- ner ist eine zusätzliche Nitrifikation er- forderlich, und praktisch nicht von Be- deutung sind die grossräumigen Nähr- stoffeinträge. Letztere können jedoch in landwirtschaftlichen Gebieten des Aus- landes (Dänemark) mit mehrheitlicher Abwasserversickerung in genutzte Grund- wasserträger durchaus vorhanden sein.

Die Bedeutung kleiner Abwasserquel- len in einem bestimmten Einzugsgebiet hängt stets von der Besiedlungsdichte und der Besiedlungsform ab. In dicht be- siedelten Gebieten machen die kleinen Abwasserquellen oft vernachlässigbare Mengen aus, und meist sind auch die Di- stanzen für Anschlüsse an grössere An- lagen relativ kurz. In schwach besiedel- ten Regionen mit vorwiegend Einzel- häusern und Weilern und grösseren Di- stanzen von einer Siedlung zur nächsten gewinnen die . kleinen Abwasservor- kommen an Wichtigkeit. Im folgenden soll anhand zweier Gebiete in der

Schweiz die relative Bedeutung kleiner Abwasserquellen aufgezeigt werden.

2.1 Einzugsgebiet des Vierwald- stättersees

Das Einzugsgebiet mit einer Fläche von 2250 km2 und einem Gesamtabwasser- aufkommen von 230 000 EW befindet sich in einer alpinen Region mit typi- scher Konzentration der Bevölkerung in den Talsohlen und gestreuter Ansiedlun- gen an Talhängen und in Bergregionen.

Eine Studie aus dem Jahr 1990 umfasst sämtliche Abwasseranlagen bis zu einer Grösse von 40 EW, in denen Abwasser- mengen und Ablauffrachten quantifi- ziert wurden [4]. Die Einteilung der Kläranlagen in verschiedene Grössen- klassen ennöglicht die Abschätzung der regional bedeutsamen Frachtbeiträge aus grösseren und kleineren Quellen.

Die Resultate sind in Tabelle 2 zusam- mengefasst und zeigen, dass aus regio- naler Sicht die Abwassennengen aus Anlagen mit weniger als 1000 EW we- niger als 2 % der Gesamtmenge ausma- chen. Dasselbe gilt für die organischen Stoffe und die Stickstoffkomponenten.

Mit einem Anteil von 8,2 % aus der gleichen Grössenklasse gilt dies nicht für den im See bedeutsamen Nährstoff Phosphor. Die relative Verschiebung ist typisch für die nur in grösseren Anlagen des Einzugsgebietes praktizierte chemi-

Anzahl Sanierungsfälle Anzahl betroffener · Einwohnerwerte

% Einzelwohnhäuser

Häusergruppen/Wohnhäuser Schulhäuser

Milchsammelstellen/Käsereien Hotels, Camping, Restaurants

% 45 4 2 2 47

27 9 3 9 52

Tah.3 Bedcl/f1111g ausserhalhdes Ka11alisatio11sherC'ichs liegender Alnm.uerquellen im Kamon Bern.

524

sehe F:illung. Eine Folgerung könnte sein, die Phosphorelimination auch zu- mindest in Anlagen bis ca. 400 EW zu installieren.

2.2 Abschätzung der Sanierungsfälle im Kanton Bern

Eine Studie des Kantons Bern zeigt die Bedeutung von Abwasservorkommen ausserhalb des Kanalisationsbereichs (AGA Bern, 1995). Aufgeteilt in ver- schiedene Abwasserlieferanten, ergibt sich die relative Verteilung in Tabelle 3.

Das Abwasseraufkommen entspricht insgesamt einem Gleichwert von ledig- lich 30 000 Einwohnern, die jedoch 3000 zu sanierende Einzelfälle darstel- len.

Neben den zahlreichen Einzelhäusern nehmen die Abwasserquellen aus touri- stischen Einrichtungen die wichtigste Stellung ein. Ferienhäuser, Camping und Restaurants machen zusammen ca.

die Hälfte der Sanierungsfälle und über 50 % der betroffenen Einwohnerwerte aus. Aufgrund derartiger Übersichten können im Verein mit einer Analyse der Verschmutzungsprobleme Schwer- punkte für Sanierungspläne und für technische Lösungen abgeleitet werden.

3. Kleinkläranlage oder Anschluss an eine grössere, zentrale Anlage?

Kosten, Betrieb und Unterhalt sind die wichtigsten Entscheidungskriterien, die bei der Wahl, ob Einzelhäuser, Weiler und kleine Ortschaften durch längere Kanalisationsleitungen an grössere, zen- tral gelegene Kläranlagen oder an Ort an eine oder mehrere Kleinkläranlagen an- geschlossen werden, heranzuziehen sind. In der Schweiz herrscht der Grund- satz, dass Kleinkläranlagen erst dann zum Zuge kommen, wenn der Anschluss an eine grössere Kläranlage nicht zweckmässig und/oder nicht zumutbar ist. Bekanntlich können die für einen Anschluss gesetzlich geforderten Krite- rien der Zweckmässigkeit und der Zu- mutbarkeit unterschiedlich interpretiert werden. Insbesondere bestehen bei ver- schiedenen kantonalen Behörden unter- schiedliche Auffassungen über die für einen Anschluss kostenmässig ausge- wiesene Zumutbarkeit. So werden in ei- nigen Kantonen Investitionskosten von bis zu Fr. 10 000.- pro Einwohner für ei- nen Anschluss als zumutbar erachtet, während andere diese Grenzkosten bei gwa 7/95 75. Jahrgang

(4)

Fr. 2500.- ansetzen. Hiiufig werden An- schlüsse im Kostenbereich von Fr.

3000.- bis Fr. 5000.- forciert.

Im Laufe des letzten Jahrzehnts wurden im Bereich der Abwasserableitungen durch die Einführung von Sanierungs- leitungen aus Kunststoffen Systeme rea- lisiert, durch die der Bereich :umurbarer A11schlussdisra11:e11 erheblich vergrös- sert wurde. Stellt man die Vorteile eines Anschlusses an grössere Kläranlagen wie bessere Leistungsstabilität, einfa- cherer Betrieb und Unterhalt, bessere Kontrolle, zentrale Schlammbehand- lung etc. in Rechnung, so werden die zu- mutbaren Kosten für einen Anschluss berechtigterweise etwas höher als die Kosten für Kleinkläranlagen angesetzt.

Nicht zuletzt haben die Kantone auch zur Förderung von Anschlüssen die Li- miten hoch angesetzt, um die häufig auf- tretenden Betriebsschwierigkeiten in Kleinkläranlagen und die aus ihrer Sicht notwendige Überwachung und Kon- trolle zu minimieren. In vielen Fällen liegen die zumutbaren Kosten ca.

15-20 % über den Kosten für Kleinklär- anlagen, in manchen Fällen jedoch er- heblich darüber. Arbeiten [29] bestäti- gen diese Feststellung für ländliche Ge- biete in Österreich. Studien in Japan zur Frage des zentralen Anschlusses (31]

ergaben, dass dort Kleinkläranlagen bevorzugt in Gebieten mit weniger als 9,5 Häusem/ha gebaut werden.

Andererseits sind inzwischen die Erfah- rungen mit Einzelreinigungs- und Kleinkläranlagen stark gewachsen, was heute die Auswahl von auf die örtlichen Verhältnisse abgestimmten Systemen erleichtert. Betriebssichere und unter- haltsarme Reinigungsanlagen sind un- terhalb der Zumutbarkeitsgrenzen mög- lich und sollten vermehrt der Anschluss- variante gegenübergestellt werden. An- gesichts der zum Teil erheblich niedri- geren Baukosten dezentraler Reini- gungsanlagen sollten verschiedene Kan- tone auch im Hinblick vermehrter Ei- genverantwortung der Abwasserprodu- zenten und zur Förderung kleiner Was- serkreisläufe eine Senkung ihrer Zumut- barkeitsgrenzen überdenken.

Basierend auf Studien (12, 13] in Deutschland sowie für schweizerische Bedingungen wurden Vergleiche der Jahreskosten von Systemen mit An- schluss an grössere Reinigungsanlagen und solchen mit lokalen Kleinkläranla- gen angestellt. Abbildung J zeigt die Länge des Sanierungsanschlusses mit den längenproportional ansteigenden Leitungskosten respektive den Jah- gwa 7/95 75' ann.:c

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 Länge der Anschlussleitung In m

Abb. 1 Verhälrnis der Jahreskosrenfür die Anschlussleirung und die Kleinkläranlage in Funk1ion der Ansc/1/ussdis1an:fiir einen Fall mi1150 EW in Deutschland (D) undfiir drei Fälle mit 20, 50 und 150 EW in der Schweiz (CH). Die Bandbrei1en ergeben sich aus den umerschied/ichen Kosten für ver- schiedene Kleink/iiranlagenar1en.

reskosten für den Kanalisationsan- schluss im Vergleich mit der Bandbreite der Jahreskosten für Kleinkläranlagen verschiedenster Art für Fälle mit An- schlusswerten von 20, 50 und 150 Ein- wohnern. Die Kosten sind zum besseren Vergleich der verschiedenen Unterlagen relativ zur günstigsten Version Klein- kläranlage als Referenzkosten (= 1.0) standardisiert. Es versteht sich, dass die angegebenen Kostenrelationen in Wirk- lichkeit stark variieren. Insbesondere sind bei den Leitungskosten grosse Bandbreiten festzustellen. Ebenso sind die Personalkosten für den Betrieb von Kleinkläranlagen schwierig zu definie- ren, da in der Praxis Kleinkläranlagen häufig auf freiwilliger Basis betrieben werden. Bei Anrechnung voller Perso- nalkosten würden die Betriebskosten stark von diesen dominiert und den übli- chen Kostenrahmen sprengen. Der Ver- gleich der Kosten für 150 EW zeigt ähn- liche Kostenverhältnisse in Deutschland und der Schweiz mit dem Unterschied, dass das schweizerische Kostenniveau erheblich höher liegt. Die kostenäquiva- lenten Leitungslängen liegen je nach Aufwand für die Reinigungsanlagen im Bereich von 800 m bis 1500 m. Sind weniger Einwohnerwerte zu sanieren, so verkürzen sich die wirtschaftlichen Anschlussdistanzen. Dies bedeutet, dass für kleine Abwasserquellen von weni- gen Einwohnern die Kleinkläranlagen- lösung in der Regel wirtschaftlicher ist.

Ob sie in jedem Fall auch zweckmässig ist, muss im Einzelfall entschieden wer- den. Die Grafik macht deutlich, dass das

von schweizerischen Behörden als zu- mutbar erachtete Kostenniveau für ei- nen Anschluss meist deutlich, in vielen Fällen bis zum Zweifachen über den Jahreskosten für Kleinkläranlagen liegt.

Dies hat zum häufig zitierten kritischen Ausdruck «Anschluss um jeden Preis»

geführt, von dem es heute wieder weg- zukommen gilt.

4. Spezielle Randbedingungen bei kleinen Abwasser-

aufkommen

Im Vergleich zu grossen Kanalisations- systemen und Kläranlagen sind einige wichtige Unterschiede bei kleinen Ab- wasseraufkommen zu beachten, die für die Wahl der technischen Einrichtungen entscheidend sind. Speziell erwähnt seien hier:

extreme Wassermengenschwankun- gen hoch konzentriertes Abwasser mit starken Konzentrations- und Fracht- schwankungen

Mangel an geschultem Betriebsper- sonal

relativ hohe Individualkosten für Bau und Betrieb von Reinigungsanlagen.

4.1 Schwankungen des Abwasseranfalls

Prinzipiell gilt, dass je kleiner eine Ab- wasserquelle ist, desto stärker ausge- prägt sind die Schwankungen von Was- sermengen, Konzentrationen und Frach- 525

--------····---" ·~~-·~---·-·-···~-·· ... -···--~---·•''"'-''''

(5)

~

2500

u. II) c:

12

$ 2000+-~~~~::--+--::--~~~~~-.r~~~~---+~~~~~~

II) 0

~ II)

~ 1500

~ 1000+-~~~~---.:..:pi:::!::::~~~=--+~~~:...&4T-~B-~~~~--1

.5 500

o+-~~~~~-+~~~~~~+-~~~~~...>q..~~~~~---1

1 10 100

Einwohnerwerte 1000 10000

ca. 50 verschiedene Anlagen in Grossbritannien (28) 2 verschiedene Anlagen in Frankreich und Italien (7) 3 Abwasseneiche in Italien (7)

4 verschiedene Systeme in Holland [ 11)

5 Langzeitbelüftung/Schönungsteich (oberer Punkt); Abwasseneiche und Sandfilter (unterer Punkt) Kanada [JO)

6 Tropfkörper (oberer Punkt); Tauchtropfkörper (unterer Punkt) in Grossbritannien (14) 7 Belebtschlammanlagen in Grossbritannien (8)

8 Einbeckenanlage in Deutschland (5) 9 Pflanzenanlagen in Österreich (23)

10 Abwasserteiche und Tropfkörper in Österreich (9)

11 Belebtschlammanlagen, Tropfkörper, Pflanzenanlagen, Teiche, Bodenfilter in Deutschland (12) 12 obere Wene: Speicherbecken, Biofilter, Pflanzenanlagen und Sandfilter; mittlere Wene: Tropfkör-

per, Tauchtropfkörper, Kornposttoiletten; untere Wene: Belebtschlammanlagen, Abwasserfaulräume in der Schweiz (AGA Bern, 1995)

Abb. 2 Investitionskosten für verschiedene Typen von Kleinkläranlagen in verschiedenen Ländern Europas in Funktion der A11/age11grösse.

ten der wichtigsten Bemessungsparame- ter wie BSB5, TOC, CSB, NH4+, KN und P. Während bei grösseren Ortschaf- ten Frachtverhältnisse zwischen maxi- maler und mittlerer Belastung von ca.

1,5 bis 2 vorherrschen, können diese in kleinen Wohngebieten bis zu einem Fak- tor 5 und mehr ansteigen [25]. Überdies verursachen Aktivitäten wie Tourismus, Militär, Schulen, Camping u.a. Schwan- kungen des Abwasseraufkommens, die zusätzlich wöchentliche und saisonale Variationen ergeben. Das führt in vielen Fällen zu schwer prognostizierbaren Be- lastungsschwankungen. Beim Entwurf von Kleinkläranlagen ist deshalb der möglichen Dynamik des Abwasseran- falls und der Frachtschwankungen spe- zielle Aufmerksamkeit zu schenken, und es sind Möglichkeiten zum Aus- gleich durch Abwasserstapelung mitein- zubeziehen. Insbesondere bei hochbela- steten Verfahren wie Tropfkörper, Bio- filter und Tauchtropfkörper mit kurzen Aufenthaltszeiten des Abwassers ist der Abv.,asserausg/eich Voraussetzung für befriedigende Abbauleistungen. Solche Systeme werden deshalb häufig mit vor- .526

geschalteten Abwasserfaulräumen oder nachgeschalteten Schönungsteichen kombiniert.

Der oftmals vorhandene Vorteil von genügendem Platzangebot in ländlichen Gebieten kann zum Bau schwachbela- steter Reinigungssysteme genutzt wer- den, die weniger anfällig auf Fracht- schwankungen reagieren. Auch wenn unter Umständen aus der Sicht der Ab- flussanforderungen keine weitgehende Reinigung erforderlich wäre, sprechen häufig betriebliche Gründe für den Bau schwachbelasteter Anlagen wie Abwas- serteiche .• Sandfilter, Bodenfilter, Pflan- zenanlagen oder Belebtschlammsy- steme mit grossen Schlammaltern, bei- spielsweise in der Form von Oxidations- graben oder ähnlichen Einrichtungen.

Obwohl schwachbelastete Verfahren mit Aufenthaltszeiten von mehreren Ta- gen mehr Kapazität zur Aufnahme von Frachtschwankungen aufweisen, darf nicht übersehen werden, dass für die Di- mensionierung der kostspieligen Belüf- tungseinrichtungen trotzdem stündliche Variationen des Sauerstoffbedarfs mass- gebend sein können. Dieser Nachteil

kann beim Konzept der chan.?enweise betriebenen Einbeckenanlagen ( Scquen- cing Batch Reactors) mit längerer Zy- kluszeit überwunden werden. Auch bei diesem Anlagetyp sind jedoch Rohab- wasser-Stapeleinrichtungen oder der wechselweise Betrieb von zwei parallel geschalteten Reaktoren vorzusehen.

4.2 Betriebliche Gesichtspunkte Untersuchum!en von Kleinkläranlaoen zeigen

deutli~h:

Eine erfolgreiche Ab- wasserreinigung steht und fällt mit dem fachgerechten Betrieb und Unterhalt der Anlage. Zwei Massnahmen können zu einem gesicherten Anlagebetrieb beitra- gen, nämlich einerseits ein auf die Ver- hältnisse zugeschnittenes Ausbildungs- programm, beispielsweise in Fom1 kurz- zeitiger Kurse für Teilzeitbetreiber, und andererseits die Konzeption betriebssi- cherer und unterhaltsanner Verfahren und Installationen. In dieser Hinsicht werden mehr und mehr auch für Klein- anlagen elektronische Regel- und Steu- ergeräte angeboten, die auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, jedoch im längerzeitigen Betrieb den Betreiber vor nicht selbst lösbare Probleme stellen können.

Es ist wichtig, dass betriebliche Aspekte bereits in der Planungsphase von Pro- jekten zur Abwassersanierung miteinbe- zogen werden. Nicht nur Verfahrens- technik und Kosten, auch Betrieb und Unterhalt, Schlammbehandlung und Schlammtransport sind vorauszuplanen und mit einem Betriebskonzept vorzuse- hen. Es ist zu überlegen, ob nicht eine zentrale Betriebsorganisation, beispiels- weise mit einem für mehrere Anlagen zuständigen, geschulten Betriebsleiter, sinnvoller wäre als eine Vielzahl neben- amtlicher individueller Anlagebetreiber ohne entsprechende Ausbildung.

4.3 Kosten von Kleinkläranlagen Die Kosten für die Abwasserreinigung sind primär abhängig vom geforderten Reinigungsgrad. Kostenübersichten und -vergleiche sind deshalb kritisch zu be- urteilen, weil sie nicht immer auf glei- chen Anforderungen der Abwasserreini- gung basieren. Eine Zusammenstellung international verfügbarer Daten über die Investitionskosten von Kleinkläranla- gen zeigt enonne Unterschiede zwi- schen einzelnen Ländern und erheblich unterschiedliche Kosten zwischen ein- zelnen Reinigungsveifahren innerhalb der gleichen Kostenbasis. Obwohl Ko-

gwa 7/95 75. J:ihrgung

(6)

stenvergleiche dieser Art problematisch sind. können aus den zahlreichen Refe- renzen die exponentiell ansteigenden Kosten pro Kopf mit abnehmender Ein- wohnerzahl in allen Fällen bestätigt werden. In Abbildung 2 sind verschie- dene Beziehungen zwischen der An- schlussgrösse in Einwohnerwerten und den Investitionskosten dargestellt. Im oberen Bereich der Anlagengrössen (> 200 EW) zeigen Daten für Holland ( 11 ], für Frankreich und Italien [7] so- wie für Grossbritannien (28] zusammen mit anderen Kostenangaben, dass in Frankreich und Italien Reinigungssy- steme verschiedenster Art kostengünsti- ger sind als britische Boden- und Pflan- zenfilter. Im mittleren Kostenbereich bewegen sich in der Regel Tropfkörper, Tauchtropfkörper sowie kleine Belebt- schlamm- und Einbeckenanlagen. Für kleinere Kläranlagen wachsen die spezi- fischen Kosten stark an, und die Unter- schiede zwischen minimalen und maxi- malen Angaben vergrössern sich enonn.

Während Fehr und Schütte (1992, 1994) für Deutschland mit relativ tiefen Ko- sten rechnen und sich aus ihren Daten die Fortführung der unteren Kosten- funktion niederländischer Anlagen er- gibt, erweisen sich die schweizerischen Anlagen als wesentlich kostspieliger, ungefähr der Verlängerung der oberen Kostenrelation in Holland folgend. Aus der Höhe der beträchtlichen Kosten für den individuellen Kostenträger er- wächst ein gewisser Anspruch auf eine dauerhafte, solide Lösung der Abwas- serprobleme und auf die entsprechende Sorgfalt des Projektverfassers, auch wenn der Gesamtumfang eines Bauvor- habens nicht sehr gross ist.

5. Vorgehen

bei der Abwassersanierung . im ländlichen Raum

Das in der VSA-Richtlinie «Kleinklär- anlagen» vorgezeichnete Vorgehen bei der Sanierung von Abwasserproblemen in ländlichen Gebieten ist in Abb. 3 gra- fisch dargestellt. Als erstes wird eine Analyse der gegenwärtigen und künftig möglichen Probleme, die sich aufgrund von Abwasserableitungen ergeben, er- stellt. In einem zweiten Schritt werden grundlegende Daten über das Einzugs- gebiet, insbesondere den Abwasser- und Schmutzstoffanfall, eingeholt. In vielen Fällen sind kaum lokale Infomiationen und Messungen vorhanden, so dass die notwendigen Unterlagen aufgrund von gwa 7/9'5 75' anno.'c

Analyse der Verschmutzungsprobleme

Grundlagen: Abwassennengen, Konzentrationen, Frachten Einleitungsbedingungen

Alternativen der Abwasserentsorgung, Schlammentsorgung und der Abwasser- reinigung; Kostenevaluation

Entwurf und Bau

Startphase der Abw'asserreinigung Betrieb; Unterhalt; Kontrolle

Abb. 3 Vorgehen bei Planung, Enn1'll1f. Betrieb und Ko111rol/e ron Kleinkläranlagen (gemäss \!SA- Richtlinie "Klei11kläranlage11 "• 1995 ).

Erfahrungswerten, wie sie in der VSA- Richtlinie aufgeführt sind, bereitgestellt werden müssen. Besonders wichtig sind Abschätzungen der täglich, wöchentlich und saisonal ausgeprägten Schwankun- gen, wobei je nach dem in Tabelle 1 dar- gestellten Verschmutzungsniveau nur Daten zur organischen Belastung (BSBs, CSB, TOC) und hygienische Pa- rameter oder zusätzlich andere Kompo- nenten, wie Ammonium (N~+), Ge- samtstickstoff (N) und Gesamtphosphor (P), zu berücksichtigen sind. Eine sorg- fältige Analyse der Aktivitäten im Ein- zugsgebiet ist Voraussetzung für derar- tige Informationen. Im nächsten Schritt werden wünschbare Zustände in den be- troffenen Gewässern und die Einlei- tungsbedingungen in Wechselwirkung mit Informationen über die mögliche Vorflut formuliert. Davon abgeleitet er- geben sich die Anforderungen an die Ablaufqualität respektive an den Reini- gungsgrad einer allenfalls zu erstellen- den Kleinkläranlage. Nun werden die möglichen Alternativen zur Abwasser- und Schlammentsorgung einander ge- genübergestellt und einer Kostenevalua- tion unterzogen. Der Entscheid, ob das Abwasser schliesslich in ein Ober- flächengewässer oder in den Untergrund abgeleitet wird, sowie die Art der Schlammentsorgung können bestim- mend für die darauf vorzunehmende Wahl eines Reinigungssystems sein.

Fällt der Entscheid zugunsten einer Kleinkläranlage, so folgt die Evaluation der abwassertechnischen Möglichkei- ten. Die breite Palette verfahrenstechni- scher Varianten und der breite Kosten- rahmen zwingen geradezu, zumindest ein grobes Variantenstudium durchzu- führen. Zum Teil stellt man heute noch

stark regionale Präferenzen für einen bestimmten Anlagetyp fest [ 19].

In Zukunft dürften die tatsächlich reali- sierten Reinigungsverfahren ein breite- res Spektrum umfassen. Die Bemessung und die Konstruktion einer Kleinkläran- lage haben unter Berücksichtigung der bereits geschilderten Randbedingungen zu erfolgen. Dabei können die Forde- rungen nach Einfachheit, Betriebsstabi- lität, geringem Betriebsaufwand etc. zu Lösungen führen, die schliesslich kost- spieligere schwach belastete Systeme und eventuell teurere Installationen be- vorzugen, auch wenn sie vom Stand- punkt des Gewässerschutzes nicht erfor- derlich wären. Nach dem Bau einer Kleinkläranlage muss der Einfahrphase besondere Beachtung geschenkt wer- den. Besonders naturnahe Reinigungs- anlagen wie Teiche, Pflanzenanlagen und Bodenfilter weisen langsame Zu- wachsraten der Biomasse auf und wer- den zusätzlich stark von saisonalen Umweltbedingungen geprägt. Es dauert deshalb Monate, manchmal mehr als ein Jahr, bis die vorgesehenen Abbauvor- gänge in erwünschtem Masse stattfin- den. Es ist deshalb ratsam, in der Start- phase einen erhöhten Aufwand für die Kontrolle der Anlage durch analytische und betriebstechnische Untersuchungen zu betreiben. Da später beim ordentli- chen Kläranlagebetrieb analytische Un- tersuchungen und Leistungskontrollen nur spärlich oder gar nicht vorgenom- men werden, soll in der Phase nach dem Einfahren der regelmässigen Wartung und häufigen Berriebskonrro//en erste Priorität zugewiesen werden. In dieser Hinsicht erweisen sich klar definierte Anweisungen an den Anlagebetreiber in Fom1 von ~auf der Anlage ersichtlichen

527

-- - ---- -.. --- ---·-~~---~ • • • • - •P -

(7)

. Teilreinigung

- Vorklärbecken - Klärgrube - Faulgrube - Faulraum - Anaerober Teich

Physikalisch- chemische Reinigung

BS85-Eliminatio11

Vorklärung - Unbelüftete und kombiniert mit belüftete Teiche chemischer Fällung - Tauchtropfkörper 1- oder 2stufig - Tropfkörper

- Festbett - Schwebebett - (Belebung)

inklusive P- Elimination Chemische Fällung in Kombination mit verschiedenen biologischen Verfahren

inklusire Nitrifikation - Langzeit-

belüftung - Chargenweise

betriebene Einbeckenanlage - Tauchtropfkörper - Troptkörper - Festbett - Schwebebett,

alle 1- oder 2stufig - Sandfilter - Pflanzenanlage

inklusire Denimfikarion - Belebung - Chargenweise

betriebene Ein- beckenanlage - Tauchtropfkörper :.... Festbett

- Schwebebett - Pflanzenanlage

Tab. 4 Eimeilung von Rei11ig11ngsre1fahrenfiir Kleinkläranlagen entsprechend den Reinigungsanforderungen.

Checklisten als hilfreich. Ebenso kön- nen Serviceverträge zur regelmässigen Kontrolle durch fachkundiges Personal zum störungsfreien Betrieb beitragen.

6. Reinigungsverfahren für Kleinkläranlagen

Oft wird zur Unterscheidung der .heute angewandten Reinigungsverfahren zwi- schen «low» und «hightech» oder zwi- schen «naturnahen» und «naturfernen»

Anlagen unterschieden. Dabei ist die Idee, zwischen den platzsparenden Sy- stemen mit erhöhtem Aufwand für ma- schinelle Einrichtungen wie Pumpen, Gebläse, Installationen zur Schlamm- behandlung, automatische Kontrollor- gane etc. sowie höheren Ansprüchen an das Betriebspersonal und den gross- flächigen Anlagen mit einfachen, oft handbetriebenen Installationen, gerin- gem Energieaufwand und viel Reserve- kapazität zu unterscheiden. In Wirklich- keit sind die Übergänge fliessend, und die pauschale Einteilung dieser Art kann im Einzelfall völlig unzutreffend sein.

Es wird deshalb im folgenden eine we- niger von der Ausrüstung geprägte, son- dern prozesstechnische Charakterisie- rung der Verfahren vorgenommen.

In Tabelle 4 sind die heute zur Anwen- dung gelangenden aeroben Verfahren in verschiedene Gruppen eingeteilt, die sich von den Reinigungszielen ableiten lassen. Jede Gruppe zeigt eine Reihe technischer Lösungen auf, aus denen aufgrund der vorangehend diskutie11en 528

Kriterien zu Betriebssicherheit, Ein- fachheit, Kosten usw. die Wahl getroffen werden muss. In vielen Ländern und in vielen ländlichen Gebieten der Schweiz sind die Systeme zur anaeroben Teilrei- nigung des Abwassers auch heute noch die einzige Abwasserbehandlung. Sie können unter Umständen als willkom- mene Vorinvestition für später anzufü- gende einfache Reinigungsstufen, zum Beispiel in Form von Boden- und Pflan- zenfiltern, dienen. In Skandinavien wer- den diese nicht sehr leistungsfähigen anaeroben Verfahren häufig mit chemi- scher Flockung und Fällung kombiniert.

Dadurch werden erhöhte Abtrennungs- grade für organische Stoffe von ur- sprünglich 30 % auf 65 % und für Phos- phor von 10 % auf 90 % erreicht.

In allen Systemen mit aeroben biologi- schen Abbauvorgängen spielen die Um- satzgeschwindigkeiten, mit denen die Abwasserinhaltsstoffe abgebaut oder umgewandelt werden, die dominante Rolle. Es wird deshalb zweckmässiger- weise zwischen Verfahren mit hohen und niedrigen Umsatzraten unterschie- den. Die möglichen Verfahren sind des- halb in Tabelle 5 nach diesem Kriterium eingeteilt, aus dem sich weitere typische Charakteristiken für die Verfahrens- gruppen ableiten lassen.

Da die meisten Oxidationsprozesse durch den Sauerstofftransport von der Luft bis zu den Mikroorganismen und durch die vorhandene Masse an Mikro- organismen begrenzt werden, sind es vor allem die Sauerstoffzufuhr und die aufrechterhaltene Biomasse eines Reini-

gungsverfahrens, die die Umsatzraten und dadurch den Flächen- und Raumbe- darf einer Anlage bestimmen. In den Verfahren mit niedrigen Umsatzge- schwindigkeiten sind die Abbauvor- gänge hauptsächlich durch die Vorgänge der natürlichen Sauerstoffzufuhr an der Wasser/Luft-Grenzfläche von Teichen oder durch advektive und diffusive Transportvorgänge im Untergrund von Boden- und Pflanzenfiltern begrenzt.

Leider sind die Leistungsgrenzen vor al- lem von Bodenfiltern und Pflanzenanla- gen schwach dokumentiert. Es ist er- staunlich, dass diesem prozesslimitie- renden Faktor in verfahrensspezifischen Untersuchungen nicht mehr Bedeutung zugemessen wird. Insbesondere fehlen für die immer zahlreicher erstellten Pflanzenanlagen entsprechende Mas- senbilanzen zum Sauerstoffhaushalt.

Anhand von Angaben verschiedener Autoren über die Sauerstoffäquivalente oxidierter Stoffe [ 6, 23] können für nicht definierte Temperaturbedingungen die begrenzenden Sauerstoffflüsse zu ca.

13-20 g Oi}m2, d für Pflanzenanlagen und 15-25 g Oi}m2, d für Sandfiltersy- steme abgeschätzt werden. Die sehr un- terschiedlichen Angaben zu Belastungs- und Abbauraten sowie der unbekannte Einfluss verschiedener Beschickungs- arten auf die Sauerstoffzufuhr zeigen den Informationsbedarf auf und stellen die Forderung nach gezielteren Unter- suchungen dieser schwachbelasteten Anlagen.

Die Umsatzgeschwindigkeiten bioche- mischer Oxidationsprozesse können

gwa 7/95 75. Jahrgang

(8)

Systeme mit niedrigen Umsatzraten

(naturnahe Systeme) Sandfilter

Verrieselung - Pflanzenfilter - Teiche

niedrig • niedrig • niedrig • niedrig •

hoch • niedrig •

Hydraulische Belastung Sauerstoffeintrag Biomassenkonzentration Oxidationsgeschwindigkeit

Volumen-, Flächenbedarf Betriebsanforderungen

Systeme mit hohen Umsatzraten - Einbeckenanlage - Tauchtropfkörper - Tropfkörper - Festbett

- Belebungsanlage

~ Langzeitbelüftung

- Suspendierte Biomassenträger

t

hoch

t

hoch

t

hoch

t

hoch

t

niedrig

t

hoch

Tab. 5 Unterteilung der aeroben Reinig11ngsve1fahrenfür Kleinkläranlagen in Systeme mit niedrigen und hohen biochemischen Umsat:raren und K/as- sierung charakteristischer Eigenheiten der \1e1fahre11.

durch künstliche Belüftung beschleu- nigt werden, was bei allen übrigen Ver- fahren praktiziert wird. Eine Ausnahme bilden Tropfkörper, die durch natürliche Ventilation belüftet werden und zudem bei genügendem Gefälle ohne künstli- che Energie betrieben werden können [9, 2). Unter den Verfahren mit höheren Umsatzraten unterscheidet man zwi- schen Systemen mit suspendierter und solchen mit festsitzender Biomasse. Aus Erfahrung ist bekannt, dass für Klein- kläranlagen die Unterhaltung von sus- pendierter Biomasse betrieblich schwie- riger ist als von festsitzender. Der Ver- lust von Biomasse, Probleme mit der Kontrolle des Schlammalters, ungenü- gende oder nicht den Verhältnissen an- gepasste Belüftung sind einige Gründe, die dazu geführt haben, vor allem hoch- belastete Belebtschlammanlagen zur Behandlung kleiner Abwassennengen als ungeeignet zu beurteilen.

Hingegen werden die sogenannten Langzeitbe/üftungs- oder Totaloxida- tionsan/agen mit langen Aufenthaltszei- ten des Abwassers und hohen Schlamm- altern häufig angewandt und zeigen bei guter Wartung sehr gute Resultate. Die Mehrzahl der Anlagen unter einer Grösse von 1000 EW in Frankreich und Italien sowie in einigen Kantonen der Schweiz sind Belebtschlammanlagen mit Langzeitbelüftung, die, meist ohne Vorklärung betrieben, gleichzeitig die vollständige Stabilisierung des Schlam- mes ermöglichen [7]. In den letzten Jah- ren haben auch die Einbeckenanlagen, in denen das Abwasser chargenweise gwa 7/95 75' annfr

gereinigt wird, an Popularität gewon- nen. Die Möglichkeiten zur gezielten Vermeidung von Schlammabsetzproble- men und zur Schaffung anoxischer, aerober und anaerober Bedingungen in zeitlicher Sequenz im gleichen Reaktor, um damit neben organischen Stoffen auch Stickstoff und Phosphor biologisch zu eliminieren, sind Vorteile, die in einer reichen Fachliteratur zum Betrieb von chargenweise betriebenen Einbeckenan- lagen beschrieben sind [27, 32, 8, 18).

Um alle erwünschten Prozesse in befrie- digendem Masse zu integrieren, sind meist hydraulische Aufenthaltszeiten von mehr als 24 Stunden erforderlich.

Häufig wird bei solchen Forschungsvor- haben übersehen, dass derart hohe An- forderungen an die Abwasserreinigung nur in seltenen Fällen erforderlich sind und die anspruchsvolle Mess-, Steuer- und Regeltechnik, mit der die Pilotanla- gen zum Teil ausgerüstet werden, sich später im grosstechnischen Einsatz als ungeeignet erweist.

Bei den Verfahren mit festsitzender Bio- masse, auch Biofilmverfahren genannt, wächst die aktive Biomasse auf einer festen Unterlage auf. Die Gefahr eines Biomasseverlustes ist praktisch ausge- schlossen, und die abzutrennenden Schlammengen sind auf den Überschuss- schlamm beschränkt. Die Biofilmsy- steme sind deshalb einfacher, zuverläs- siger und stabiler zu betreiben. Anderer- seits weisen sie zum Teil sehr kurze hydraulische Aufenthaltszeiten von wenigen Minuten auf und sind darum ohne geeignete Ausgleichsmöglichkei-

ten besonders anfällig auf Spitzenbela- stungen. Unter den Biofilmre1fahren ha- ben sich Tropfkörper und Tauchtropf- körper für Kleinkläranlagen seit langem bewährt. Die Bemessung und die Kon- struktion können auf reiche Erfahrungen zurückgreifen. Noch immer werden an diesen Verfahren gewisse Verbesserun- gen in Richtung erhöhter Sauerstoffein- trag und Vergrösserung der Biomasse vorgenommen. Grössere spezifische Oberflächen, optimierte Rotationskör- per, verbesserte Vorbehandlung [34] und die Auftrennung in heterotrophe (orga- nischer Abbau) und autotrophe (Nitrifi- kation) Einheiten, unter Umständen mit periodischer Umkehr der Fliessrichtung und Zwischenfiltration [3], sind einige Entwicklungsmöglichkeiten, die experi- mentell untersucht sind. Eine enonne Steigerung der Trägeroberfläche und da- mit der aktiven Biomasse wird in intern belüfteten Biofiltern [30, 24], andern Festbettreaktoren [26) oder suspendier- ten Festkörpern [21] erreicht. Während letztere Verfahrensmöglichkeiten mit geringeren Oberflächen arbeiten und da- mit Verstopfungserscheinungen weitge- hend venneiden, müssen Biofilter auto- matisch spülbar konzipiert werden.

Durch Erzielung hoher Umsatzraten re- sultieren kleine, kompakte Einheiten, die allerdings mit relativ aufwendigen Belüftungs- und Spüleinrichtungen sowie automatischen Steuerorganen ausgerüstet werden müssen. Die Bemes- sungsregeln dieser neuen Art von Biofilmverfahren sind noch wenig abgesichert, und zum Betrieb in Klein-

529

(9)

Fläche/E nr ?

Unbelüfteter Teich 10

Untergrundverrieselung 4-20

Belüfteter Teich 3

Pflanzenfilter 7-12

Sandfilter 4-6

Langzeitbelüftung 0,12-0,25

Chargenweise betriebene Einbeckenanlage 0,1-0,2 Nitrifizierender Tropfkörper 0,17-0,3 Nitrifizierender Tauchtropfkörper 0,1-0,18 Nichtnitrifizierender Tropfkörper 0,05-0,08 Nichtnitrifizierender Tauchtropfkörper 0,04-0,07

Nitrifizierendes Festbett 0,005-0,01

Nichtnit1ifizierendes Festbett 0,004-0,01

\/o/11111enl E

1173

10-15 7-12 4-7 3-6 0,3-0,5 4-6 0,3-0,5 0,25-0,35 0,17-0,25 0,13-0,18 0,07-0,13 0,03-0,05 0,013-0,03

Aufe n tlw lrs:ei t

> 20d

> 3-6 d 4-IOd 1 h-7 d

1-3 d 1-3d 6-10 min 10-20 h

3-6 min 8-15 h 30-50 min 20-40 min

Nitrifikation

+

±

± +

+

+ + +

+

Tab. 6 Neuo-Reakrorflächen und -rolumina sowie hydraulische Aufemhalrs:eiren und Angaben :ur Er:ielung der Nitrifikationfiir i•erschiedene \!e1fah- ren 1·011 Kleinkläranlagen.

kläranlagen liegen bislang Erfahrungen nur spärlich vor.

7. Verfahrensvergleiche und Trends

Entsprechend den unterschiedlichen Abbauraten ergeben sich ei·heblich un- terschiedliche Anforderungen an den Flächen- und Raumbedarf der erwähn- ten Verfahren. Tabelle 6 gibt eine Über- sicht über die pro Einwohner im Mittel erforderlichen Flächen und Volumina für den biologischen Reaktorteil. Die Abschätzung . der Reaktorgrössen schliesst nur den Nettobedarf inklusive Feststoffabtrennung (Nachklärung, Tuchfilter) mit ein. Zusätzlich geben die angegebenen Aufenthaltszeiten An- haltspunkte über die Kontaktzeiten zwi- schen Wasser und Biomasse. Die Anga- ben über das Auftreten der Nitrifikation können als Indikator für gute Sauerstoff- versorgung und den weitgehenden Ab- bau der organischen Stoffe gelten.

Wie aus der Übersicht hervorgeht, sind die Grössenunterschiede vom grössten zum kleinsten Verfahren mit einem Fak- tor von 1000 beträchtlich. Zusätzliche Infonnationen über den Energiebed01f und andere Betriebsparameter, den Be- darf für Stapel- und Spüleinrichtungen, Aspekte der Betriebssicherheit, Ein- fachheit sowie Investitions- und Be- triebskosten können die weitgefächerte Rangordnung der Verfahren näher zu- einanderrücken. Vertiefte Kenntnisse über das breite Angebot und über die zum Teil deutlichen Vor- und Nachteile

530

der Verfahren stellen für die Projektbe- auftragten eine Herausforderung dar.

Die neue VSA-Richtlinie «Kleinkläran- lagen» soll dabei als hilfreiches Instru- ment dienen.

Bei der Betrachtung der Grössenverhält- nisse fällt auf, dass es bisher praktisch keine Verfahren gibt, die den Bereich zwischen den Systemen mit niedrigen und hohen biochemischen Umsatzraten abdecken. Um in diesem sicherlich auch interessanten Zwischenbereich Verfah- ren ansiedeln zu können, müssten die auf natürlichen Belüftungsvorgängen beruhenden Verfahren mit verbesserter Sauerstoffzufuhr versehen werden, was beispielsweise bei Teichen durch den Einsatz von Belüftungsaggregaten oder bei Sand- und Pflanzenfiltern durch künstliche Belüftung im Untergrund herbeigeführt werden kann [20]. Inno- vative Ideen für Verfahren mit einem Raumbedarf im Bereich von 0,5 bis 5 m3

/E

könnten durchaus noch neue Ent- wicklungen kleiner Kläranlagen ermög- lichen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind allerdings in der Praxis hauptsäch- lich zwei Trends erkennbar. Einerseits werden die natürlich belüfteten Systeme mit niedrigen Umsatzraten und niedri- gen Belastungen und entsprechend gros- sem Flächenbedarf bevorzugt. Offene und überdeckte Sandfilter, Pflanzenfil- ter und Teichanlagen sind einfach im Betrieb, und bei fachgerechter Bemes- sung und gutem Unterhalt bieten sie Gewähr für zufriedenstellende Abbau- und Betriebssicherheit.

Andererseits sind es neben altbewährten Verfahren wie Tropf- und Tauchtropf- körper die Einbeckenanlagen und die

neuen Festbettreaktoren, die im Bereich der hochbelasteten Systeme neue Ent- wicklungen ermöglichen. Die vielver- sprechenden Resultate ermutigen zum vermehrten Einsatz der platzsparenden Möglichkeiten in der Praxis. Ihre Eig- nung zur Reinigung kleiner Abwasser- mengen, in vielen Fällen ohne fachkun- diges Personal, wird in naher Zukunft zu prüfen sein.

In dieser Hinsicht versucht man in Nor- wegen die Unsicherheiten, die bei neu auf dem Markt erscheinenden Systemen vorhanden sind, durch ein Prüfverfahren für Kleinkläranlagen zu beseitigen. Wie von Paulsrud und Haraldsen (1993) beschrieben, werden neue Techniken von einer zentralen Institution über ein halbes Jahr geprüft und später das Lang- zeitverhalten im grosstechnischen Ein- satz verfolgt.

8. Folgerungen

In vielen Fällen kleiner Abwasserquel- len ist zu entscheiden, ob eine Ableitung zu einer grösseren Reinigungsanlage oder eine Kleinkläranlage erstellt wer- den soll. Häufig werden bei ersterer Lö- sung die Reinigungsinstallationen als zentrale Anlage bezeichnet, und es wird damit impliziert, dass es sich dabei um eine grössere Kläranlage handelt. In Wirklichkeit sind jedoch in diesem Sinne zahlreiche, sogenannt zentrale Anlagen typische Kleinkläranlagen, wie sie in der gleichnamigen VSA-Richrlinie beschrieben sind. Die Begriffe zentral und dezentral sind ungenau und geben ohne Angabe der Kläranlagengrösse zu gwa 7/95 75. Jahrgang

(10)

J\1issvcrst:indnisscn und Unklarheiten Anlass. Bei der Betrachtung konkreter Sanierungsfälle wird deutlich. dass al- lein die Anzahl zusammenzuschliessen- der Abwasserproduzenten und die Anschlussdistanzen zur gemeinsamen Reinigungsanlage derart vielfältige Lösungen ermöglichen, dass eine gene- relle Klassierung in zentral und dezen- tral nicht möglich ist.

Sowohl im Bereich der längeren Kanali- sationsanschlüsse wie auch bei den Rei- nigungssystemen für kleine Einwohner- werte wurden in den letzten Jahren Fort- schritte erzielt, die einerseits längere Anschlussdistanzen zu gleichen Kosten oder andererseits kostengünstigere, ro- bustere und unterhaltsam1e Kleinkläran- lagen em1öglichen. Analysen von Sanie- rungsgebieten ausserhalb der Bauzonen zeigen, dass die Grössen der meisten noch zu bearbeitenden Sanierungsfälle unterhalb von 100 EW liegen und des- halb allein aufgrund von Kostenüber- legungen die individuellen Lösungen für Einzelhäuser oder Häusergruppen überwiegen. Aus der Sicht der Voll- zugsbehörden ist zu überlegen, ob nicht die Zumutbarkeitsgrenzen für die Anschlusskosten da und dort zu senken sind, um damit die Kleinklär- anlagenlösung zu fördern: Angesichts der zahlreichen noch zu sanierenden Fälle kommt der VSA-Richtlinie und der immer umfassenderen Fachliteratur zu diesem Thema eine wichtige Bedeu- tung zu.

Die Abwasserbeseitigung kleiner Ab- wasserquellen von 5 bis 1000 EW in ländlichen Regionen stellt sich als her- ausfordernde Aufgabe für alle Projekt- beteiligten heraus. Im Vergleich zu gros- sen Kläranlagen stellt der Kleinkläranla- genbau besondere Ansprüche an pro- funde Kenntnisse über zahlreiche tech- nische und häufig gleichwe11ige Alter- nativen, die bisher in unterschiedlichem Masse in der Praxis eingesetzt wurden.

Häufig wird der Entwurf von Kleinklär- anlagen noch immer auf eine oder we- nige Möglichkeiten beschränkt. Dies si- cher auch als Folge der kostenmässig bescheidenen Bauvorhaben, die kein ausgiebiges Variantenstudium ermögli- chen. Andererseits sind die vom Bau- herrn aufzuwendenden Individualkosten mehrfach höher als bei grösseren Anla- gen. Er sollte sich daher auf breite Fach- kenntnisse des Projektanten abstützen können. Dies erfordert vertiefte Einsich- ten in die Besonderheiten der Qualitäts- probleme im ländlichen Raum. Kennt- nisse moderner Systeme zur Abwasser- gwa 7/95 75' anncc

ableitung und -cntsorgung und das Ver- ständnis für verfahrenstechnische Be- lange einer breiten Palette von Reini- gungssystemen, die von der einfachen Teichanlage bis zu automatisierten Bio- filtern reichen und alle prinzipiell in der Lage sind, die erforderlichen Qualitäts- ziele einzuhalten. Im Hinblick auf die zahlreichen noch zu erstellenden Klein- kläranlagen können Informationstagun- gen, Kurse und Publikationen mithelfen, einen Teil der Fachwelt auf die Abwas- serproblematik in ländlichen Gebieten zu konzentrieren und damit eine er- wünschte Qualitätssteigerung der ange- botenen technischen Lösungen zu errei- chen.

Erfahrungen mit Kleinkläranlagen ha- ben gezeigt, dass neben der fachgerech- ten Auslegung erst fachkundige Kon- trolle, Betrieb und Unterhalt zu befriedi- genden Leistungen führen. Das Fehlen von angelerntem und interessiertem Be- triebspersonal wird oft als Grund für das unbefriedigende funktionieren geltend gemacht. In dieser Hinsicht können ver- schiedene Möglichkeiten zur Verbesse- rung bestehender Unzulänglichkeiten angeführt werden. Serviceverträge als Fachhilfe, regelmässige Ausbildungs- programme für Betriebspersonal von Kleinkläranlagen oder die Einführung zentraler Organisationsformen (Betrieb durch Klärwärter einer grossen Anlage, ausgebildeter Klärwärter für mehrere Kleinanlagen) sind Vorschläge, die es in entsprechenden Problemfällen zu prüfen gilt.

Verbesserungen auf Seite der techni- schen Lösungen durch intensiveres Va- riantenstudium und solidere Kenntnisse und Erfahrungen sowie der sorgfältige und fachgerechte Betrieb von Kleinklär- anlagen sind die Basis, die zu einem technischen Fortschritt im Bereich der Abwasserentsorgung im ländlichen Raum führt. Gleichzeitig ist damit die Hoffnung auf eine weitere Verminde- rung des Kostenaufwandes für Bau und Betrieb von Kleinkläranlagen ver- knüpft.

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Adresse des Autors:

M. Boiler, Dr. sc. techn.

EAWAG, Überlandstrasse 133 8600 Dübendorf

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