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Kapitel 1 - 6

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Spezialvorlesung WS 11/12. Vorl.Verz. 52302 Wolfgang Gebhardt:

Vom Urknall zu den Sternen.

Eine Einführung in die Kosmologie mit Übungen

Ort: Raum 5.1.01 in der Mittelspange

Zeit: Mo 15 - 17h Mi 15 - 17h Beginn Mo d. 17.10.11

(Bei erfolgreicher Teilnahme an den Übungen werden 4 Kreditpunkte vergeben)

(2)

Kap. 00 Inhalt. Einleitung .Tabelle Seite 1 - 3 Kap. 01 Die Expansion des Kosmos.

Hubbles Konstante H0

4 - 14

Kap. 02 Die Dynamik des Kosmos in Newtonscher Näherung

15 -25

Kap. 03 Die Metrik des homogenen und isotropen Raumes

26 -36

Kap. 04 Einsteins Gleichungen und das Standardmodell der

Kosmologie

37 – 48

Kap. 05 Einsteins kosmologische Konstante.

Unsinn oder eine neue Kraft?

49 – 63

Kap. 06 Reste des Feuerballs. Die kosmische Hintergrundstrahlung

64 – 75

Kap. 07 Die Nukleosynthese der leichten Elemente

76 – 87

Kap. 08 Die Schwierigkeiten des Standardmodells und das

inflationäre Paradigma

88 - 101

Kap. 09 Fluktuation der

Mikrowellenstrahlung

102 - 122

Kap. 10 Was war am Anfang? 123 - 140

Kap. 11 Bildung von Strukturen 140 - 162

Kap. 12 Erste Sterne. Reionisation.

Galaxien

163 - 178

Kap. 13 Dunkle Materie 179 - 203

(3)

00. Einführung

00.1. Einleitung

Kosmologie ist die Wissenschaft vom gesamten beobachtbaren, physikalischen Universum.

Sie ist dennoch nicht eine Wissenschaft für alles in der Welt, sondern konzentriert sich im Wesentlichen 1) auf die Natur und Entwicklung des frühen Universum und 2) auf die Entstehung von Strukturen, d.h. wie konnten aus dem sehr homogenen frühen Plasma schließlich Sterne, Sternhaufen, Galaxien und Galaxiehaufen entstehen. Das heutige Standard-Modell der Kosmologie lässt sich aus den Einsteinschen Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie ableiten. Es beschreibt einen expandierenden oder schrumpfenden Raum mit einem homogenen und isotropen Materie- bzw. Energieinhalt. Es ist inzwischen durch Beobachtungen gesichert, dass wir in einem expandierenden, euklidischen Raum leben. Rechnen wir zurück, so vergrößern sich mittlere Dichte und Temperatur mehr und mehr. Ein Produkt des frühen, heißen Anfangs ist das Helium im Kosmos, das etwa ein Viertel der baryonischen Masse ausmacht. Dem Standardmodell zufolge ist es in den ersten 3 Minuten entstanden. Etwa 400 000 Jahre nach dem Beginn trennte sich die Strahlung in dem heißen Plasma von der Materie: das Plasma wurde durchsichtig. Danach kühlte die Strahlung langsamer ab als die Materie. Davon ist der Hintergrund einer Mikrowellenstrahlung übrig geblieben, deren geringfügige Anisotropien (< 10-4) von Quantenfluktuationen stammen, die in ganz frühen Zeiten eine Rolle spielten, als das heute beobachtbare Universum noch winzig klein war und in ein Atom gepasst hätte. Eine Reihe wichtiger Fragen warten noch auf eine Lösung. Über den Anfang und die Bedingungen, unter denen der Urknall stattfand, gibt es bisher nur mehr oder weniger plausible Hypothesen.

Ein großes Rätsel gibt uns noch die Zusammensetzung des Materie- bzw. Energieinhalts des Kosmos auf: Danach sind 70% dunkle Energie, die über große Entfernungen abstoßend wirkt und eine zusätzliche Beschleunigung der Expansion bewirkt. 26 % ist dunkle Materie. Sie wirkt nur durch ihre Gravitation. Schließlich sind nur 4 % baryonische Materie, aus der die Sonne, die Planeten, die irdische Biosphäre und der menschliche Körper aufgebaut sind.

Noch sind die Elementarteilchen der dunklen Materie unbekannt, trotz einer Reihe von aufwendigen Experimenten in Untertage-Labors. Nur soviel ist sicher: die Teilchen der dunklen Materie passen nicht in das Schema des Standardmodells der Teilchenphysik. Es besteht Hoffnung, die unbekannten Teilchen in den Experimenten am LHC in Genf nachzuweisen. Noch rätselhafter ist das Auftreten der dunklen Energie. Alle Versuche sie im Rahmen einer Quantenfeldtheorie des frühen Kosmos zu erklären, sind bisher fehlgeschlagen.

Die dunkle Energie bleibt eine zufällige Akzidenz unseres Kosmos, solange es nicht gelingt sie einem nachweisbaren Feld zuzuordnen. Schließlich gibt es noch ein anderes interessantes und gegenwärtig heiß diskutiertes Problem: Wenn wir den Zustand der Materie zu immer früheren Zeiten extrapolieren, kommen wir „am Anfang“ unserer Weltmodelle zu unendlich hohen Dichten. Das bedeutet, dass Einsteins Gravitationstheorie, welche dem Modell zugrunde liegt, unter diesen Bedingungen nicht mehr gültig sein kann. Es müssen Quanteneffekte auftreten. Die klassische Raumzeit muss durch eine „Quantengravitation“

ersetzt werden. Dazu gibt es verschiedene Vorschläge. Ihre experimentelle Prüfung ist sehr schwierig. Die entsprechenden Effekte finden sich in schwarzen Löchern und eben am Anfang des Universums. Die Natur gibt uns keine Möglichkeit hinter den Horizont eines schwarzen Lochs zu schauen. Spuren vom Anfang des Kosmos finden sich in den winzigen Unregelmäßigkeiten, den Fluktuationen der kosmischen Mikrowellenstrahlung, die zurzeit mit besonders hoher Auflösung vom „Planck-Satelliten“ der Europäischen Raumfahrtagentur ESA untersucht wird.

(4)

Wie wir aus der knappen Aufzählung sehen, kann die Kosmologie nicht isoliert betrachtet werden. Sie ist im Gegenteil kraft ihrer Thematik und ihrer Ergebnisse eng verknüpft mit der Teilchenphysik, mit unserem Verständnis der Gravitation und „last not least“ mit einem dynamischen Kosmos, dessen Mitglieder und Beobachter wir Menschen selbst sind. Kurz vor Beginn unserer Veranstaltung erreichte uns die Nachricht, dass der diesjährige Nobelpreis für Physik an 3 Forscher für ihre Arbeiten zur beschleunigten Expansion durch „Dunkle Energie“

ging. Ihre Namen sind Saul Perlmutter (52), Adam Riess (42) und Brian Schmidt (44).

Vielleicht gibt uns das eine zusätzliche Motivation, sich mit Kosmologie zu beschäftigen.

00.2. Tabelle wichtiger physikalischer und kosmologischer Größen

Konstante Symbol Zahlenwert Einheiten SI

Lichtgeschw. c 2,992792458 108 m s-1

Gravitation G 6,67259 10-11 m3kg-1s-2

Planck h 6,6260755 10-34 J s

Boltzmann k 1,380658 10-23 J K-1

Stefan-Boltzmann σ 5,67051 10-8 J m-2s-1K-4 Strahlungskonstante a 7,5646 10-16 J m-3 K-4 Ionisationsenergie

von Wasserstoff EH 13,6 eV

Elektron

Ruhmasse me 9,1093897 10-31 kg

Elektron

Ruhenergie mec2 0,511 MeV

Proton

Ruhemasse mp 1,6726231 10-27 kg

Proton

Ruhenergie mpc2 938,27 MeV

Neutron

Ruhemasse mn 1,6749286 10-27 kg

Rydbergkonstante

des Wasserstoffs RH 1,0967758·107 m-1

Parsec pc 3,086 1016 m

Megaparsec Mpc 3,086 1022 m

Lichtjahr Lj 9,463 1015 m

Sonnenmasse MO 1,9891 1030 kg

Sonnenradius RO 6,9598 108 m

Sonnenleuchtkraft LO 3,8515

Hubble-Konst. H0 h·100

72

km s-1 pro Mpc km s-1 pro Mpc Hubble-Zeit tH = H0-1 13,6

4,30

109 Jahre 1017 sek.

Kritische Dichte ρc,0 1,88·h2 10-26 kg m-3

Weltalter t0 13.75 ± 0.11;

433.6 1015 109 Jahre 1015 s Temp.d. kosm.

Hintergrundstrahlung Tγ 2,725

0,235 K

meV

(5)
(6)

1. Die Expansion des Kosmos. Hubbles Konstante H

0

.

1.1. Die Entfernung von Galaxien und das Hubble-Gesetz

Alle wichtigen Entdeckungen, die zum heutigen kosmologischen Standardmodell führten, wurden im 20. Jahrhundert gemacht. Im Anfang des Jahrhunderts war die Auffassung, dass es sich bei den so genannten „Spiralnebeln“ um Welteninseln handelte, noch heftig umstritten.

Unter den Astronomen war die Partei derer, die sie für ein lokales Phänomen innerhalb der Milchstrasse hielten ebenso groß, wie die der Befürworter der extragalaktischen

„Welteninseln“. Die Argumente wurden dann noch einmal am 26.04.1920 vor der American Academy of Science im „Smithonian Museum“ in Washington D.C. von einem Vertreter des Lick-Observatoriums, H.D. Curtis (Spiralnebel sind extragalaktisch), und einem Vertreter des Mt. Wilson-Observatoriums, H. Shapley (Spiralnebel sind intragalaktisch), vorgetragen und heftig diskutiert, ohne dass eine Einigung erzielt werden konnte. Dieser Disput ist als „The Great Debate“ in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen. Curtis vertrat dabei den modernen Standpunkt, basierend auf astrophysikalischen Argumenten, welche aber damals noch nicht ausreichend durch Beobachtungen abgesichert waren, Shapley die Gegenposition.

Erst 1923 gelang es dem jungen Astronomen E. Hubble (1889 – 1953), die Randgebiete des Andromedanebels M 31 auf Platten in Sterne aufzulösen. Hubble hatte als „Postdoc“ das große Glück, am 100-Zoll-Reflektor des Mt. Wilson Observatoriums arbeiten zu können, dem damals größten Spiegelteleskop und lichtstärksten Instrument der Welt.

Fig. 1.1. Die absolute Helligkeit Mυaufgetragen gegen den Logarithmus der Periode P (in Tagen) nach Sandage und Tammann, ApJ 151, 531, 1968. Dieser Zusammenhang wurde1912 von Henriette Swann Leavitt am Harvard-College-Observatory entdeckt. Wie man sieht, liegen die Cepheiden von verschiedenen Gegenden des Himmels auf verschiedenen Geraden. Heute kann man diesen Effekt, den Hubble noch nicht kannte, der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre der Cepheiden zuordnen.

Die Entfernungsbestimmung von Galaxien ist bis heute ein schwieriges Problem geblieben.

Hubble benutzte dazu die beobachtete Abnahme der Helligkeit von Sternen mit der

(7)

Entfernung. Nötig sind dann aber Standard-Lichtquellen, deren Helligkeit bekannt ist. Hubble verwendete dazu Cepheiden, Sterne deren Helligkeit sich periodisch ändert. Bei den Cepheiden gibt es eine Beziehung zwischen Pulsationsdauer P und der absoluten Helligkeit

M

υ, welche wurden. Die absolute Helligkeit eines Sterns ist die Helligkeit, die man in einer Entfernung von 10 parsec beobachten würde. Die Entfernung 1 parsec (pc) = 3,086 ·1016 m.

Physikalisch ist

M

υ bis auf eine Konstante der Logarithmus der Strahlungsleistung (in Watt).

Die Cepheiden sind nach dem bekanntesten und hellsten Vertreter dieser Klasse, δ Cephei, im Sternbild Cepheus benannt worden. Die Perioden-Helligkeits-Beziehung galaktischer Cepheiden war von Henrietta S. Leavitt (1868 – 1921) aufgestellt worden. Sie hat die stolze Zahl von etwa 2000 Cepheiden entdeckt. Dabei fand sie diesen Zusammenhang, den sie 1912 publizierte. Hat man aber die absolute Helligkeit eines Sterns und seine gemessene scheinbare Helligkeit, dann ergibt sich daraus auch seine Entfernung (s. dazu Anhang A1).

Bereits Slipher hatte aus der Rotverschiebung von Spektrallinien

= z λ

λ

− λ

0

0 (1.1)

geschlossen, dass Spiralnebel sich z. T. mit extrem hohen Radialgeschwindigkeiten bewegen müssten.

Fig. 1.2. Geschwindigkeiten von 1355 Galaxien aufgetragen gegen geschätzte Entfernungen. Die Meßpunkte erfüllen in etwa Gl. 1.2. Die Streuung wird verursacht von Unsicherheiten der Beobachtungen und von Eigenbewegungen der Galaxien, die nicht eliminiert wurden. Die Skalierung der Entfernungen wurde vorgenommen unter der Annahme von

Mpc s

km

H0

=

100

1/ nach A. Liddle: An Introdurction to Modern Cosmology, J. Wiley 1998.

(8)

λ

bedeutet hier die Wellenlänge einer Linie im Spektrum der beobachteten Galaxie,

λ

0 die im Labor gemessene Wellenlänge der entsprechenden Spektrallinie.

Fig.1.3. Edwin Hubble 1889 - 1953

Hubble fand Cepheiden auf den Aufnahmen der Nachbar-Galaxien und konnte damit die von Slipher und Humason gemessenen Radialgeschwindigkeiten

υ

mit der von ihm selbst bestimmten Entfernung r verknüpfen. Er fand aus den Beobachtungen das nach ihm benannte Gesetz

r H0

=

υ

(1.2)

welches er in dieser Form 1929 publizierte. Heute gilt Hubble allerdings nicht mehr als dessen Entdecker sondern George Lemaitre, ein damals junger belgischer Astrophysiker und Priester.

Lemaitre hatte aus Einsteins Gleichungen unter dessen 1917 gemachten Voraussetzung von Homogenität und Isotropie des Raumes ein expandierendes Weltmodel abgeleitet.

Homogenität Isotropie

Homog. B-Feld:

) , 0 , 0 ( Bz Bv =

= konst.

ja nein Elektr. Feld einer

Punktladung:

2

) 1 0 , 0 ,

(E r

Er = r

Nein ja

Kosmos Ja ja

Tab. 1.1 : Zur Veranschaulichung von homogen und isotrop. Beides soll nach Einsteins Annahme für den Kosmos erfüllt sein. Man nennt diese Voraussetzungen heute das

„kosmologische Prinzip“. Es ist für das frühe Universum außerordentlich gut erfüllt.

(9)

Er zeigte, dass dann (1.2) gelten müsse und versuchte diesen Schluss durch Daten aus publizierten Beobachtungen zu unterstützen. Seine Publikation erschien 1927 in Belgien in französischer Sprache. Erst eine englische Übersetzung von 1931 machten Lemaitres kosmologische Überlegungen in der Fachwelt bekannt. Mehr dazu bei Nussbaumer s.

Literatur.

In der klassischen Form gilt das Gesetz für

υ <<

c. Ersetzt man die so genannte Fluchtgeschwindigkeit korrekt durch die Rotverschiebung,

υ =

cz, so verknüpft Lemaitres Deutung die Rotverschiebung des Lichts mit der Expansion des Raumes, welche die Abstände der Galaxien ebenso wie die Wellenlänge des Lichts um den Faktor (z + 1) vergrößert. Damit können wir Gl. 1.2 wie folgt schreiben

c r

z

=

H0 (1.3)

In dieser Form ist das Hubblesche Gesetz auch für Objekte mit z

>

0richtig. Es ist hierbei wichtig zu verstehen, dass die Rotverschiebung z nach Lemaitre keine Dopplerverschiebung ist, sondern eine kosmologische Rotverschiebung, also ein Effekt der allgemeinen Relativitätstheorie, bei welcher die Wellenlänge des Lichts mit der Expansion des Raumes gedehnt wird..

Fig.1.4. George Lemaitre (1894 – 1966) und Albert Einstein (1879-1955).

Die Aufnahme entstand um 1933.

(10)

Fig.1.5. Darstellung des Hubble Gesetzes: Alle Galaxien scheinen sich von uns weg zu bewegen.

Aber ein entsprechendes Diagramm kann für einen beliebig gewählten Punkt im Raum gezeichnet werden (s. Vektorschreibweise Gl. 1.4). Das ist eine Konsequenz von Homogenität und Isotropie.

Bei naiver Betrachtung von Fig.1.5, in welcher das Hubblesche Gesetz durch Geschwindigkeitsvektoren zu Objekten in verschiedenen Entfernungen veranschaulich wurde, könnte man meinen, dass der irdische Beobachter eine bevorzugte Stellung einnimmt. Dafür gibt es natürlich keinen ersichtlichen Grund. Das Bild ließe sich für einen beliebigen Ort im Universum ebenso zeichnen. Diese Ortsunabhängigkeit (oder Translationsinvarianz) können wir berücksichtigen, indem wir Gl. 1.2 als Vektorgleichung schreiben

r H r

r = 0

υ , (1.4)

Gl. (1.4) ist nun für jede beliebige Galaxie gültig. Ehe wir Gl. 1.4 interpretieren, wollen wir noch einmal zu E. Hubble zurückkehren. Hubble fand für H0 einen Wert von etwa 500

Mpc s

km1/ . Der heute akzeptierte Wert liegt bei 72kms1/Mpc. Wie war eine solche Diskrepanz möglich? Ein Grund dafür ist: Hubble nutzte die Cepheiden als Entfernungsindikatoren. Er konnte noch nicht wissen, dass die Helligkeits-Perioden- Beziehung auch von der chemischen Zusammensetzung der Sternatmosphäre abhängt. Der Gehalt an schweren Elementen in der Sternmaterie steigt mit zunehmendem Alter der betreffenden Region, in welcher der Veränderliche gefunden wird. Ein zweiter Grund:

Galaxien haben eine Eigenbewegungυi entsprechend der Massen ihrer Umgebung. Sie kann einige hundert km·s-1 betragen. Erst wenn die kosmologische Fluchtgeschwindigkeit sehr viel größer ist, alsoυ >>υi, lässt sich υ ausreichend genau bestimmen. Um den Wert der Hubble-

Konstanten wurde auf astronomischen Tagungen Jahrzehnte lang gerungen und gestritten, was eben auch bedeutete, die systematischen Fehler zu finden, die sich in den Messungen der verschiedenen Arbeitsgruppen verbargen. In Fig. 1.4 zeigen wir eine Graphik von einem der Pioniere dieser Forschungen (G.A. Tammann: „The ups and downs of the Hubble constant“.

http://arxiv.org/abs/astro-ph/0512584)

(11)

Fig. 1.6. Die Bestimmung der Hubble-Konstanten von 1926 – 1962. Die Namen der Autoren stehen bei den Werten. Aus G.A. Tammann: The Ups and Downs of the Hubble Constant.

Reviews of Modern Astronomy 19 (S. Röser Editor) Heidelberg 2006 oder http://arxiv.org/abs/astro-ph/0512584

. Der von Hubble bestimmte Wert für H0 war gegenüber dem heutigen Werten um einen Faktor 7 zu groß. Hubble hat ihn später nicht mehr berichtigt und sich auch an kosmologischen Diskussionen nicht beteiligt. Die Bedeutung seiner Arbeiten ist unbestritten.

Dennoch ist es an der Zeit, seine Leistung von einer späteren Heldenverehrung zu trennen.

Als bester Wert für die Hubble-Konstante gilt heute aus der Kombination verschiedener Bestimmungsmethoden

Mpc s

km

H0 =71±8 1/ (1.5)

(1 Megaparsec (Mpc) = 3,057⋅1022moder 3,2616⋅106 Lichtjahre). Man beachte, dass tH

H0 = /

1 eine Zeit ist, Hubble-Zeit genannt, ist, tH = 4,305·1017 s =13,65·109 Jahre = 4,30·1017 sek. und entsprechend ist c/H0 = 12,992·1022 km = 13,65·109 Lichtjahre = 4200 Mpc die Länge der Strecke, welche das Licht in der Zeit tH zurücklegte, auch Hubble-Radius genannt. Die Zeit, die seit dem Urknall vergangen ist, nennen wir t0 Sie steht für die Jetzt- Zeit t0 = 13,75·109 Jahre. Zu ihrer Berechnung benötigen wir ein Weltmodel, was wir im 2.

Kapitel behandeln werden. Dass sich t0tH ergibt, ist mehr ein zufälliges Zusammentreffen, über das man gleichwohl spekulieren kann.

.

Obwohl die Cepheiden noch immer zu Entfernungsbestimmungen verwendet werden, sind die bevorzugten Referenz-Lichtquellen für sehr große Entfernungen heute Supernovae vom Typ Ia (abgekürzt SN Ia). Sie sind sehr viel heller und reichen deshalb in große Entfernungen.

Lichtstarke Teleskope mit großem Gesichtsfeld gestatten heute Supernovae in größerer Anzahl und in weit entfernten Galaxien zu registrieren. Es handelt sich bei diesen außerordentlich energiereichen Ereignissen um weiße Zwerge in engen Doppelsternsystemen.

Durch Massentransfer vom Begleitstern nimmt die Masse des weißen Zwergs allmählich zu.

Wird eine kritische Masse von ca. 1,44 Sonnenmassen (MO) überschritten, wird der weiße Zwerg instabil. Es beginnt eine explosive Fusion von Kohlenstoff, welche den Stern völlig zerstört. Da die kritische Masse, auch Chandrasekhar-Masse genannt, festliegt, wird bei jeder

(12)

SN Ia immer etwa die gleiche Energie frei. Im Maximum erreicht eine SN Ia in absoluten bolometrischen Helligkeiten

2 , 0 6 , 19 ±

b

=

M (1.6)

(s. hierzu den Anhang A1). Dazu kommen Korrekturen, die einerseits die Absorption durch interstellaren Staub berücksichtigen, andererseits gewisse unterschiedliche Abläufe der SN- Explosion, abhängig vom Gehalt schwerer Elemente. Diese Korrekturen werden gegenwärtig ständig verfeinert.

Da Entfernungsbestimmungen für die moderne Astrophysik und Kosmologie essentiell sind, werden möglichst verschiedene unabhängige Methoden dazu herangezogen. Dazu gehören auch weiterhin die Cepheiden, die sich besonders für näher gelegene Galaxien eignen.

Fig. 1.7 Die beobachteten Helligkeiten von SN Ia sind aufgetragen gegen den Abstandsmodul

(

r pc

)

M

m

− = 5 log

10

/ 10

(s. dazu A 1). Oben: unkorrigierte Werte. Unten: korrigiert auf Grund der Abklingkurven der Supernovae. Nach P. Ruiz-Lapuente, Cosmology with Supernovae. astro-ph /0304108.

Von anderen Methoden zur Eichung der Entfernungsskalen sei hier noch eine kurz erwähnt:

die Entfernungsbestimmung mittels einer Nova (bitte nicht mit einer Supernova verwechseln!). Zu dieser leuchtkräftigen Erscheinung kommt es, wenn Materie, die sich auf der Oberfläche eines weißen Zwergs angesammelt hat, durch Zündung einer Kernfusion verpufft. Dabei werden die Fusionsprodukte mit hoher Ausbreitungsgeschwindigkeit ausgeschleudert und bilden eine leuchtende sphärische Hülle. Wenn sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit υhsowie die Winkelausdehnung αder Hülle, die sich im Laufe

(13)

weniger Jahre

Δ

t sichtbar um

Δ α

vergrößert, unabhängig messen lassen,kann daraus die Entfernung r bestimm werden.

1.2. Kosmische Expansion.

Mit der Ableitung des Hubble-Gesetzes hatte George Lemaitre auch gleich die Interpretation mitgeliefert. Nehmen wir einmal an, dass ungeachtet der durchaus inhomogenen Massenverteilung im Kosmos, der Raum als isotrop und homogen angesehen werden kann.

Dann ist zu jeder Strecke rr(t)auch ein zeitabhängiger Skalenfaktor a(t)anzugeben, der den Expansionszustand des Raumes beschreibt, so dass gilt

) (

) ( ) (

) (

0

0 a t

t a t r

t

r =

r r

(1.7)

Selbst wenn die Endpunkte der Strecke rr gegenüber der Umgebung in Ruhe bleiben, ändert sich der Abstand durch den (mit der Zeit anwachsenden) Skalenfaktora(t). Wir können jetzt, wenn der Koordinatenabstand rr=konst. ist, Gl. 1.4 wie folgt schreiben

) (

) ( ) ( ) (

) ( ) (

) ) ( (

0 0 0

0

t a

t a t r t a

t a t a

t t r a

& r r

&

r= =

υ (1.8)

Wir definieren die Hubblefunktion durch

) (

) ) ( ( a t

t t a

H = & (1.9)

und erhalten so das Hubblesche Gesetz in einer etwas allgemeineren Form )

( ) (t r t H r

r =

υ (1.2a)

Man beachte, dass H0 in Gl. (1.2) die Hubblefunktion H(t) zur Jetztzeit t =t0ist.

Entsprechend schreiben wir den Skalenfaktor zur Jetztzeit a(t =t0)=a0. Meist wird

0 =1

a gesetzt, was wir uns für später vorbehalten wollen.

Aber wie homogen ist der Kosmos wirklich? Man kann für die Massenverteilung eine Hierarchisierung angeben, die Galaxien, Cluster von Galaxien, Supercluster (meist in Form von Filamentstrukturen) enthält. Erst bei Entfernungen über 100 Mpc läßt sich von Homogenität sprechen.

(14)

Fig.1.7. Wir können die kosmologische Rotverschiebung so verstehen, dass die Wellenlänge des Lichts, die uns erreicht, seit der Zeit ihrer Emission mit der kosmischen Expansion gewachsen ist (s. Gl. 1.10).

Wir kehren noch einmal zur kosmologischen Rotverschiebung der Spektrallinien z zurück.

Im Vorgriff auf eine spätere Ableitung verhält sich die beobachtete Wellenlänge des Licht wie die entsprechenden Skalenfaktoren.

) (

) (

1 0 1

0

t a

t

= a λ

λ (1.10)

λ0 ist die Wellenlänge eines Lichtsignals, welches der irdische Beobachter sieht und welches zur Zeit t0 bei ihm ankommt. Als sich die Emission zur Zeit t1 <t0 ereignete, hatte das Signal im Ruhsystem des Emitters die Wellenlängeλ1. Wenn wir die Rotverschiebung z als

) 1 (

) (

1 0 1

1

0 − = −

= a t

t z a

λ λ

λ , (1.11)

ansetzen erhalten wir mit a(t0)=1 und a(t1)=a schließlich

z a1 1=

+ (1.12)

Es wurde in jüngster Zeit ein SN-Ereignis in einer Galaxie bei z=9 beobachtet. Daraus lässt sich die Entfernung r bestimmen. Wegen der endlichen Geschwindigkeit des Lichts ist es im allgemeinen nicht möglich, die beiden Endpunkte einer Strecke im Kosmos „gleichzeitig“ zu messen. Deshalb begegnen wir Schwierigkeiten, eine kosmische Entfernung eindeutig zu definieren. Wir kommen darauf im nächsten Kapitel noch einmal zurück. Häufig wird aus z auch die Zeit errechnet, welche seit der Lichtemission vergangen ist („look back time“). Das ist allerdings erst dann möglich, wenn man ein bestimmtes Weltmodell zugrunde legt, was wir im 2. und 3. Kapitel tun werden.

1.3. Wie alt ist der Kosmos?

(15)

Aus Gl. 1.1. und 1.2 sieht man, dass die Hubblekonstante H0 die Dimension einer reziproken Zeit t0 hat. Da wir z.Zt. die Hubble-Konstante nur auf etwa 4 % genau kennen, geben wir die Hubble-Zeit tH für H0

= 100

hkm

s1

/

Mpc. Danach ist

Sek 10 34 , 4 10

65 , 10 13

79 .

9 9 9 17

1

0 = ⋅ = ⋅ = ⋅

= Jahre

h Jahre H

tH (1.10)

wobei

Mpc s

km h H

/

100 1

0

= ist. Mit dem heutigen Wert von H0 ist h=0,72. Welche Rolle t0

spielt, werden wir erst bei der Behandlung der Weltmodelle erkennen. Wir können aber jetzt schon t0 als Obergrenze des kosmischen Alters ansehen. Erste Sterne und erste Galaxien sind heute 13,2 ·109 Jahre alt. Wenn das Universum selbst 13,7·109 Jahre alt ist, sind sie etwa 500 Millionen Jahre nach dem Beginn entstanden.

1.4. Zusammenfassung

Das Hubble-Gesetz verknüpft die „Fluchtgeschwindigkeit“ υr der Galaxien linear mit ihrer Entfernung rr. Der Proportionalitätsfaktor heißt Hubble-Konstante H0 und ist ein wichtiger Parameter der Kosmologie. Heute lässt sich H0 =72km·s-1/Mps mit einer Genauigkeit von etwa 4% angeben. Da die Rotverschiebung kein Dopplereffekt ist sondern durch die Expansion des Raumes zustande kommt, gibt man anstatt

υ

heute die Rotverschiebung der Spektrallinien z an. Zur Bestimmung von H0 bedient man sich der Ereignisse von Supernovae Ia. Die Expansion des Raumes wird durch einen Skalenfaktor a(t) in allen extragalaktischen Entfernungen berücksichtigt. Erste Sterne sind bereits 500 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden. 1/H0 =tH hat die Dimension Zeit, tH =4,305⋅1017sec und entsprechend ist

Lichtjahre km

H

c/ 0 =12,992⋅1022 =13,5⋅1010 die Länge der Strecke, welche das Licht in der Zeit tH zurücklegt.

1.5. Literatur

J. Silk : Die Geschichte des Kosmos. Vom Urknall bis zum Universum der Zukunft.

Spektrum Akademischer Verlag 1996, 1999 als Taschenbuch

Simon Singh : Big Bang. Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft. DTV 2007

A. Liddle: An Introduction to Modern Cosmology, J. Wiley 2003.

G.A. Tammann: The Ups and Downs of the Hubble constant. In Reviews of Modern Astronomy 19 (S. Röser Editor) Heidelberg 2006

C P. Ruiz-Lapuente : Cosmology with Supernovae. http://arxiv.org/astro-ph /0304108

(16)

D.J. Mortlock: A luminous quasar at a redshift of z = 7,085. Nature, published online 30 June 2011.

Anna Frebel, McDonald Observatory Texas, USA: A galactic fossil. Star is found 13.2 billion years old. http://www.eso.org/public/news/eso0723/

Harry Nussbaumer: Achzig Jahre expandierende Universum. Sterne u. Weltraum 6/2007 S. 37-44

1.6. Aufgaben

1.6.1. Die mittlere Radialgeschwindigkeit, die man in den Eigenbewegungen der Galaxien findet, ist ca. 250 km/s. Wie groß muss die Hubblesche

Fluchtgeschwindigkeit wenigstens sein, damit die Eigenbewegung nur 1% der kosmologischen Bewegung ausmacht? Welcher Rotverschiebung z entspricht das (ohne relativistische Rechnung)?

1.6.2. Bei einer sehr fernen Galaxie liegt die Grenze der Lyman-Serie (n=1→n=∞) bei 400 nm. Wie groß ist die Rotverschiebung z? Wo würde die Hα-Linie

(n=2→n=3), die üblicherweise das Spektrum heißer Sterne beherrscht, liegen? Könnte man sie mit terrestrischen Teleskopen beobachten?

1.6.3. Die Hubble-Funktion ist durch die Gleichung )

) ( (

)

( H t

t a

t a& =

gegeben. Mache Angaben über H(t), in dem du folgenden Ansätze für a(t)ausprobierst:

3

2

3 ) 2

( ⎟⎟

⎜⎜ ⎞

= ⎛ tH

t t a

(Hier ist tH =H01die Hubble-Zeit) und a(t)= Aexpλt

1.7. Kurzvorträge (15 min.) SN Ia

Cepheiden

Projekt „Hipparchos“

(17)

2. Die Dynamik des Kosmos in Newtonscher Näherung.

2.1. Sphärisches Modell

Ein einfaches Modell der kosmischen Dynamik lässt sich bereits im Rahmen der Newtonschen Mechanik behandeln. Wir können uns die Materie durch ein klassisches Gas realisiert denken. Ein Gas übt allerdings auch einen Druck aus, den wir in der allgemein relativistischen Behandlung später berücksichtigen müssen. Den Druck wollen wir hier vernachlässigen. Die Kosmologen sprechen deshalb auch von staubförmiger Materie. In einem solchen (mit Staub) homogen und isotrop erfüllten Kosmos denken wir uns eine Kugel vom Radius R um einen beliebigen Punkt O gelegt. Die Kugel sei durch eine Kugelschale der Masse m abgeschlossen. Die Materie im Innern der Kugel habe die zeitlich konstante Masse M, eine homogene Dichteρ. Dann gilt für die Gravitationsenergie der Kugelschafle

R mE GmM mR2 − =

2 & (2.1)

oder

R E GM

R&2 −2 =2 (2.1a)

wobei E die Gesamtenergie pro Masseneinheit bedeutet. Die Gravitationseffekte, die von der Materie außerhalb der Kugelschale stammen, verschwinden; und zwar unabhängig davon, wie weit der Raum ausgedehnt ist und welche mögliche Geometrie er besitzt. Diese Aussage ist erst im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) beweisbar (Birkhoffsches Theorem).

Fig. 2.1. Veranschaulichung der Gravitation, welche eine homogen mit „Staub“ der Masse M gefüllte Kugel auf eine konzentrische Kugelschale der Masse m ausübt.

Sie ist aber das Einzige, was wir für das Folgende aus der ART vorweg nehmen müssen. Wir wollen jetzt M ersetzen durch die Dichte

(18)

3

3 / 4 R

M π

ρ = (2.2)

Wir erhalten

E R G

R 2

3

8 2

2 − π ρ =

& (2.3)

Der Radius R(t)

0 0

) ) (

( R

a t t a

R = (2.4)

hängt nur durch die kosmische Dynamik, welche im Skalenfaktor a(t)enthalten ist, von der Zeit ab. Wir werden jetzt Gl. (2,6) als Differentialgleichung des Skalenfaktors schreiben. In dieser Form heißt sie 2. Friedmann-Gleichung

C t a G t

a − ()=

3 ) 8

( 2

2 π ρ

& . (2.5)

mit 2

0

2 R C = E.

Da die Gesamtenergie E pro Masse proportional dem Quadrat einer Länge ist, hängt C nicht mehr von der Länge also auch nicht von R02 ab, ist also eine Konstante. Beim Zweikörperproblem haben wir gelernt, dass das Vorzeichen der Gesamtenergie E darüber entscheidet, ob die Bahnkurve offen oder geschlossen ist. In der kosmischen Dynamik bestimmt E sogar die Geometrie des Raumes, was wir aber erst bei der Behandlung im Rahmen der ART begründen können

Wenn wir Gl. (2.1) nach der Zeit differenzieren und danach wieder die Masse M durch die Dichte ρ nach Gl, (2.2) ersetzen, erhalten wir eine Differentialgleichung 2. Ordnung

) 3 (

) 4

(t G R t

R&& = π ρ

(2.6)

die mit (2.4) als Dgl. des Skalenparameters geschrieben werden kann. Sie ist korrekt für Materie, bei welcher der Druck vernachlässigt werden kann, alsop=0

) 3 (

) 4

(t G a t

a = π ρ

&& (2.7)

In allgemeiner Form für beliebigen Druck lautet sie

⎟⎠

⎜ ⎞

⎝⎛ +

= 32

3 4

c G p

a

a&& π ρ

(2.7a)

und heißt 1. Friedmann-Gleichung (s. auch Anhang A.12.8). Sie sagt etwas über die Beschleunigung des Skalenparameters aus.

(19)

Wir kommen zurück zu Gl. (2.5). Die Division durch a2(t)ergibt einen Zusammenhang von Hubble-Funktion und Dichte

) 3 (

8 ) ) (

( 2

2 G t

t a t C

H = π ρ

(2.8)

Besonders einfach wird Gl. (2.8) dann, wenn wirC =0setzen. Die entsprechende Dichte heißt kritische Dichte. Wir nehmen (2.8) zur „Jetztzeit“ t=t0und erhalten

) 3 (

8

0 2

0 G t

H = π ρc

(2.9)

Die aktuelle Dichte wird gern auf die kritische Dichte bezogen, wobei immer die in der Gegenwart gemessene kritische Dichte gemeint ist, d.h. ρcc(t0)

0 ,

) (

C

t ρ

= ρ

Ω (2.10)

mit

G

H

c π

ρ 8

3 02

= (2.11)

Mit dem Wert von H0 =h⋅100kms1/Mpc(Gl. 1.3) findet man Die kritische Dichte in der Gegenwart

2

10 26

878 ,

1 h

c

ρ = kg/m3 =0,97⋅1026 kg/m3 (2.12) (h =0,72). Über den Faktor h lässt sich ρc stets auf den gegenwärtigen Wert der Hubble-Konstanten korrigieren. Die Beobachtungen der letzten 20 Jahre haben gezeigt, dass ρ(t) sich aus verschiedenen Komponenten zusammen setzt, die Summe aber gerade die kritische Dichte ergibt c

v

v ρ

ρ

ρ =

= . In relativen Dichten geschrieben erhält man einfach

=1

Ω

v

v . (2.13)

Im Vorgriff auf die ART in Kap. 3 setzen wir für die Konstante der Energie

2 2

0

2 k c

R

C = E =− ⋅ (2.14)

wobei die k die Dimension Länge2 hat. Wir können dann die 2. Friedmann- Gleichung in der Standardform schreiben können

2

2 2

3 8

a c k G

a

a⎟ − =− ⋅

⎜ ⎞

& π ρ

(2.15)

(20)

Die Gleichung hat zwei Lösungsmengen, die mit κ =±1 bezeichnet werden. Dabei ist

2

R0

k = κ

Beide Lösungsmengen enthalten unendlich viele Lösungen. Die Lösungen +1

=

κ sind mit einer positiven Raumkrümmung verbunden, die Lösungen mit

−1

=

κ mit einer negativer Raumkrümmung.

κ =0 κ =+1 κ =−1

Fig. 2.2. Veranschaulichung der Krümmung durch 2-dimensionale Flächen: Ebene Fläche (κ=0), Kugelfläche (κ=1) und hyperbolisch gekrümmte Fläche (κ=−1).

Der Kreisumfang C ist auf der Kugelfläche kleiner als in der Ebene, am Hyperbelpunkt (negativer Krümmung) größer als in der Ebene.

Die Lösung κ=0 gehört zu einer Nullmenge und beschreibt den Grenzfall verschwindender Krümmung, d.h. euklidischer Geometrie (zur Veranschaulichung s.

Fig. 2.2). Wir werden später sehen, dass die Beobachtungen die Lösung κ=0 (euklidische Geometrie des Raumes) favorisieren. Die aus astronomischen Beobachtungen abgeleitete Materiedichte macht allerdings höchstens etwa 0,04⋅Ω0 aus. Das Rätsel der anderen 0,96% Massen- und Energiedichte wird uns später noch weiter beschäftigen.

2.3. Schematische Darstellung der Entwicklung des Skalenparameters a(t) mit der kosmischen Zeit t. Die Tangente bei der Jetztzeit t =t0ist die Hubblefunktion. Die Skizze verdeutlicht, dass die Hubblezeit tH = H01 i.a. größer ist als das Weltalter (oder

(21)

die „Jetztzeit) t0 (nach R.U. Sexl / H.K. Urbanke: Gravitation und Kosmologie. 3. Aufl.

B.I. Wissenschaftsverlag).

2.2. Lösungen der 2. Friedmann-Gleichung für κ =0

Um Gl. (2.7) zu integrieren, ersetzen wir die zeitabhängige kritische Dichte durch )

3(

3 0

t a

a

c M

M ρ

ρ =Ω ⋅ (2.16)

Nach den Beobachtungsergebnissen ist ΩM,0 ≈0,30. Wir erhalten mit a0 =1

) 3 (

) 8

( 1

2 t G a t

a = π ρc⋅ΩM

& (2.17)

Nach Ziehen der Wurzel lässt sich die Gleichung leicht integrieren

a&a12da=

H0ΩM12dt (2.18)

Der Integrand auf der linken Seite von Gl. (2.17) ist überall endlich. Wir können also ohne Schwierigkeiten das Integral von Null bis zu einer beliebigen Zeit t nehmen. Das Ergebnis ist

t H

a32 = 0⋅ΩM12⋅ 3

2 (2.19)

oder

23 12

2 ) 3

( ⎟⎟

⎜⎜ ⎞

⎛Ω ⋅ ⋅

=

H

M t

t t

a (2.20)

Die Hubble-Funktion wird für diesen Fall

t t

H 1

3 ) 2

( = (2.21)

und die Hubble-Konstante

0 0

1 3 2

H = t (2.22)

Das Weltalter t0 =13,7·109 Jahre, hat hier die Bedeutung der Jetztzeit des Kosmos gemessen vom Beginn. Beim Vergleich des gerechneten mit dem beobachteten Wert finden wir

.) 3 (

.) 2

( 0

0 ber H beob

H ≈ (2.23)

(s. auch Fig. 2.3). Wenn wir tatsächlich in einem euklidischen Kosmos leben, was kann dann nicht stimmen? Nun die Annahme, dass ρc nur aus Materie besteht, stimmt nicht. Tatsächlich wissen wir heute, dass nur der Anteil 0,26Ω aus Materie

(22)

(dunkler und baryonischer) besteht, aber der größere Teil, nämlich 0,74Ω0, von der

„dunklen Energie“ gebildet wird, deren Beschreibung wir in Kap. 5 kennen lernen werden und für deren Entdeckung aus der beschleunigten Expansion der Physik- Nobelpreis 2011 vergeben wurde. Wir wollen hier bereits die Dichte um die „dunkle Energie“ ergänzen. Zunächst zerlegen wir H(t)in zwei Faktoren, die Konstante

H0und einen zeitabhängigen Faktor E(t). und ρoder Ω0in Gl. (2.9) in verschiedene Beiträgen zerlegen

) ( )

3 ( ) 8

( 02 2

2 t G t H E t

H = π ρc =

(2.24) mit

Ω

=

ν ν

) (t

E (2.25)

(s. Gl.2.10 und 2.13). Die „dunkle Energie“ ist konstant und hängt nicht vom Skalenparameter ab. Wir fügen sie zur materieabhängigen Dichte hinzu

ΩΛ

+ Ω

= ( )

)

(t a3 t

E M (2.25a)

wobei wir davon ausgegangen sind, dass die dunkle Energie konstant ist. Anstelle von Gl. (2.18) erhält man ein komplizierteres Resultat (ohne Ableitung)

1 sinh 1

3 2

3

0 Ω −

⎟⎟

⎜⎜

Ω

− Ω

=

M M

a M

Ar t

H (2.26)

(s. dazu P.J.E. Peebles: Principles of Physical Cosmology. Princeton University Press 1993. p. 317). Wäre der Kosmos ausschließlich mit dunkler Energie gefüllt, hätten wir eine rein exponentielle Expansion (2.27), ein Schicksal, dem unser Kosmos allmählich entgegen geht.

t t

a( )∝expλ⋅ (2.27)

Fig. 2.4. „look-back-time“in Einheiten von tH ist die Zeit, die das Lichts von einem früheren Ereignis mit Rotverschiebung z, bis zu uns heute (t = t0) gebraucht hat, berechnet mit Gl. 2.26.

(23)

Die Zeit (t0t1)heißt auch „look-back-time“ und ist die Zeitdifferenz zwischen Weltalter t0 und einer früheren Zeit t1, in welcher ein Ereignis stattfand und welches wir mit der Rotverschiebung z(t1) beobachten

Wir wollen gleich noch einen anderen Fall behandeln: das Strahlungsfeld. Seine Dichte ändert sich wie folgt mit der Zeit

0 4 ,

4 0

) ( γ

γ ρ

ρ a t

= a (2.28)

Zum Unterschied zur Materiedichte in Gl. (2.13) tritt hier der Skalenfaktor in der vierten Potenz auf. Das ist wie folgt einzusehen: Wir denken uns eine „Cavity“, die mit Strahlung gefüllt ist. Ändert man das Volumen, so wird zunächst der Skalenfaktor im Nenner wieder in der dritten Potenz erscheinen. Die Strahlung in der Cavity besteht aber aus stehenden Wellen, deren Wellenlänge abnimmt wenn die Raumdimension der Cavity sich vergrößert. Vergrößert sich aber die Wellenlänge, nimmt die Frequenz ab. Die Energiedichte wird in einer Dimensionsbetrachtung sich also wie folgt verhalten

4 3

1

a

L hv

γ L

ρ (2.29)

Mit einer ganz analogen Rechnung wie für die Materiedichte finden wir für den Skalenfaktor des Strahlungsfelds

wobei

12 14

2 )

( ⎟⎟

⎜⎜ ⎞

⎛ ⋅ Ω

=

tH

t t

a γ (2.30)

oder aufgelöst nach t

) 2 (

2 2 1

t t a

t

H

Ω ⋅

= γ (2.31)

bedeutet. Es tritt noch ein anderes Problem auf: das Strahlungsfeld besitzt Druck,

denn es ist

ε ργ

γ 3

1 3

1 2 =

= c

P (2.32)

Für unsere Diskussion spielt das im Moment allerdings keine Rolle, weil der Druck (in relativistischer Behandlung) nur in der 1. Friedmann-Gleichung auftaucht. Wir haben hier in Gl. (2.32) korrekt zwischen Dichte ρin kg/m3 und Energiedichte ε in J/m3 unterschieden. Da in den meisten Lehrbüchern c=1gesetzt wird, verwischt sich häufig der Unterschied. Hier noch ein Hinweis auf die Temperatur. Wegen des Stefan- Boltzmannschen Gesetzes besteht folgende Proportionalität

4

4

T a

ε (2.33)

Für die Temperatur des „Strahlungsuniversums“ gilt deshalb

(24)

1 2 2 1

) (

) (

T T t a

t

a = (2.34)

Lassen wir in einem expandierenden Universum die Zeit rückwärts laufen, so nimmt die Temperatur umgekehrt zum Skalenparameter zu. Damit verstehen wir, warum man in den kosmologischen Modellen auf einen heißen Anfang geführt wird

Dichte besteht aus

Skalenparameter

Materie 3

2 13

2 ) 3

( ⎟⎟

⎜⎜ ⎞

⎛ ⋅

⋅ Ω

=

H

M t

t t a

Strahlung 2

1 14

2 )

( ⎟⎟

⎜⎜ ⎞

⎛ ⋅ Ω

=

tH

t t

a γ

Energie

⎥⎦

⎢ ⎤

⎡ −

⋅ Ω

= Λ

tH

t a t

t

a ( )

exp )

( 0 12 0

Tabelle 3.1.

Skalenparameter als Funktion de Zeit, wenn die Dichte ausschließlich aus nicht Relativistischer Materie, aus Strahlung oder aus dunkler Energie besteht.

. Es ist wieder das Verdienst von George Lemaitre, das als erster erkannt zu haben. Er gilt mit Recht als der eigentliche Vater des Urknall-Modells. Die Physik der Atome und Kerne steckte allerdings damals noch in den Anfängen, sodass es keine konkreten Vorstellungen von der Natur des heißen Anfangs gab. Immerhin sprach Lemaitre von einem Uratom, dass wie beim radioaktiven Zerfall „explodierte“ und Materie in den expandierenden Raum schleuderte.

Wir kommen noch einmal auf alle eben besprochenen Komponenten der Dichte zurück und können die Hubble-Funktion nach Division durch

G H

C π

ρ 8

3 02

= schreiben

(

Ω +Ω +ΩΛ

)

= 02 3 , 4

2(t) H a a

H M γ (2.35)

mit 2

3 0

8 H G M

M

ρ

= π

Ω , 2

0 2

3H Λc

=

ΩΛ , 2

4 0 2

3 0

8 c aT H

G

=

Ω π

γ

Wenn in der Gegenwart a(t)=1 ist wird die Summe in der Klammer

0 =1

Ω (2.36)

Der Anteil der Strahlung an der Dichte ist in der Gegenwart verschwindend klein 10 5

65 ,

0 ⋅

Ω = Ω

M

γ , (2.37)

(25)

weswegen wir ihn für die Zeit, in der der Sterne existieren (Rotverschiebungen

≤10

z ), vernachlässigen können. Dagegen spielte die Strahlung im frühen Universum wegen der Abhängigkeit ργa4 eine dominierende Rolle.

Massendichte Energiedichte Normiere Dichte

Materie ρM =0,26⋅0,97⋅1026kgm3 εM =2,27⋅1010Jm3 ΩMa3 =0,26⋅a3 Strahlung ργ =4,71031kgm3 εγ =4,2⋅1014Jm3 Ωγa4 =4,67⋅105a4

Energie ρΛ =0,74⋅0,97⋅1026kgm3 εΛ =6.46⋅1010Jm3 ΩΛ =0,74

Kritische Dichte

3 2

10 26

878 ,

1 ⋅

= h kg m

ρc εC =1,69⋅109Jm3 ΩC =1 Tab. 3.2. Die aktuelle Größe der Materiedichte, Strahlungsdichte und Dichte der

„Dunklen Energie“.

2.3. Lösungen der 2. Friedmann-Gleichung für

κ ≠ 0

.

Anstelle einer ausführlichen Diskussion der Fälle κ =±1 wollen wir hier zunächst die verschiedenen Lösungstypen an Hand der Grafik Fig. 2.3 qualitativ diskutieren.

Fig. 2.5. Auftragung von Lösungen für ein Materie dominiertes Universum

m

C ρ

ρ ≡ für die Fälle к = -1, 0 , +1 (nach B. Terzic, Florida State. Univ.). t0

bezeichnet die Jetztzeit.

Dazu starten wir mit Gl. 2.15 aus, gehen von „normaler“ Materie aus und setzen die korrekten Abhängigkeiten vom Skalenfaktor a(t) ein: Wir erhalten einen Ausdruck der Form

(26)

1 2

2 C

a

a& =C −κ (2.38)

Im Fall positiver Energie (к = -1) ist die rechte Seite stets positiv d.h. a&2 >0, nimmt aber im Laufe der Zeit mit wachsendem a(t)ab. Im Fall negativer Energie (к = +1) nimmt die rechte Seite wieder mit der Zeit ab, aber dieses Mal bis auf Null a&2 =0, wobei ein Maximum des Skalenfaktors erreicht wird. Die Steigung nimmt danach negative Werte (bis zum Big Crunch). Für den Fall verschwindender Energie (к = 0) ist die rechte Seite immer positiv, nimmt aber bei großen Zeiten langsam bis auf Null ab, d.h. a&(t→∞)=0. Für sehr kleine Zeiten ist in allen drei Lösungen das erste Glied auf der rechten Seite dominierend. Es wird a&(t→0)→+∞ und alle drei Kurven beginnen mit einem steilen Anstieg. In den Anfängen der modernen Kosmologie ging es deshalb immer darum, aus der gegenwärtigen Steigung bei t=t0 auf die richtige, im Kosmos verwirklichte Lösung zu schließen, bei der Unsicherheit von H0 war das ein hoffnungsloses Unterfangen.

Häufig zieht man auch den Krümmungsterm 2

2

R κ c

mit in die Dichte, in dem man bildet

2 0 0

2

) (H R

c

R

κ

= −

Ω (2.39)

So wird schließlich

(

3 4 2

)

2 0

2(t)=H ΩΛaa −Ω a

H M γ R (2.40)

Im euklidischen Fall verschwindet die Klammer für a = 1 und die rechte Seite von (2.40) wird Null. In der Gegenwart ist t =t0 und a(t0)=1. Damit wird aus (2.35) und (2.36)

2 0 2 0 2 0

2 0

) 1 1

( H R

H Ω =κc

(2.41)

Bei positiver Raumkrümmung (negativer Gesamtenergie) ist die Summe der ersten 3 Glieder von (2.40) kleiner „eins“, bei negativer Raumkrümmung ist sie größer als

„eins“. Aus den Abweichungen lässt sich der Krümmungsradius R0 berechnen.

2.4. Zusammenfassung

Es wird die Bewegungsgleichung des Skalenparameters mit Hilfe der Newtonschen Theorie abgeleitet. Man findet 2 Lösungsmengen, je nachdem die mittlere Massendichte kleiner oder größer als die kritische Dichte ist. Ein Grenzfall stellt sich ein, wenn die kritischer Massendichte gerade erreicht wird. Zu dieser Lösung gehört ein euklidischer Raum und eine ständige Expansion, die nach sehr langer Zeit zum Erliegen kommt. Mit der kritischen Materiedichte erhält man jedoch ein zu kleines Weltalter. Die reale Materie/Energie-Dichte kann also nicht nur Materie enthalten.

Wie wir heute wissen, enthält sie auch Energie, die zeitlich weitgehend konstant zu sein scheint. In einem strahlungsdominierten Kosmos (frühes Universum) ist der

(27)

Skalenparameter umgekehrt proportional zur Temperatur. Die Rückextrapolation zu frühen Zeiten führt auf hohe Temperaturen also einen heißen Beginn. Das ist die wesentliche Idee des Urknall-Modells, das zuerst von George Lemaitre vorgeschlagen wurde.

2.5. Literatur

Zur Darstellung der Kosmologie in Newtonscher Näherung:

R. und H. Sexl: Weiße Zwerge-schwarze Löcher. Springer Taschenbuch 2001.

A. Liddle : An Introduction to Modern Cosmology. 2nd edition Wiley 2007

B.W. Carroll and D.A. Ostlie: An Introduction to Modern Astrophysics. Ch. 27.

Addison-Wesley Publ. Comp. 1995

V. Mukhanov: Physical Foundations of Cosmology. Ch. 1.2 bis 1.3. Cambridge University Press 2005.

Christian Wolf: Korrekturen an der dunklen Energie? Sterne u. Weltraum 6/2011, S.

36

2.6. Aufgaben

2.6.1. Leite a(t) für die Strahlungsdichte ρ =ργaus dem 2. Friedmann-Gesetz her.

2.6.2. Berechne die Temperatur Teq, bei welcher im frühen Kosmos die Strahlungsdichte gleich der Materiedichte wird. Die Energiedichte der Strahlung ist in der Gegenwart

3 14 / 10 2 ,

4 ⋅ J m

ε = und 2 4,7 10 31kg/m3

c

ε = . Folgender Quotient geht in die Rechnung ein

4 2

10 0 , 4

0

=

=t t mc εγ

ρ .

2.6.3. Diskutiere ausgehend von Gl. (2.5) den Verlauf der Beschleunigung a&&(t)in den Fällen 1)

=0

κ Der Raum ist nur mit Materie gefüllt .

2.6.4. κ =0 Der Raum ist nur mit Dunkler Energie erfüllt

(28)

3. Die Metrik des homogenen und isotropen Raumes.

3.1. Hubble-Fluß und Gleichzeitigkeit

Für Newton blieb die Tatsache der Massenanziehung selbst ein Rätsel, wie er in einem Brief an seinen Freund Bentley erklärte: „That gravity should innate, inherent to matter, so that one body may act upon another at a distance through a vacuum, without the mediation of anything else... is to me so great an absurdity that I believe no man who has in philosophical matter a competent faculty of thinking can ever fall into it.“ In Einsteins Theorie der Gravitation (bekannt unter dem Namen „Allgemeine Relativitätstheorie“) verursacht eine Verteilung von Materie oder eine Feldkonfiguration eine bestimmte Metrik der (3+1)-dimensionalen Raumzeit. Die Bahnen sind dann Geodäten in der Raumzeit (d.h. günstigste oder extremale Kurven). Kennt man die Metrik, weil sie durch Symmetrien oder einschränkende Annahmen bestimmt ist, so ist meist auch eine Lösung der Einsteinschen Gleichungen möglich. Die allgemeine Form des Linienelements ist

=

j i

j i ij

dx dx g

ds

,

2 (3.1)

wobei x0ct ist. Wir werden im weiteren Verlauf der Vorlesung der Einsteinschen Konvention folgen und das Summenzeichen weglassen, wenn die Summe über gemeinsame Indizes läuft ( z.B.

gij xi gij xi =xj ). In der speziellen Relativitätstheorie haben wir es mit der Metrik des Minkowski-Raums zu tun. Sie ist gegeben durch die Signatur

(

g00,g11,g22,g33

) (

= 1,1,1,1

)

(3.2) Man geht in der Kosmologie davon aus, daß die Minkowski-Metrik überall lokal gilt (z.B. für einen Beobachter in einer beliebigen Galaxie, sofern er sich von Neutronensternen und schwarzen Löchern fernhält). Die Weltlinie eines solchen lokalen Systems ist eine zeitartige Geodäte xj = konstant (j = 1, 2, 3). Man stellt sich nun vor, dass die verschiedenen überlappenden lokalen Systeme über die Expansion synchronisiert werden können. Das könnte z.B. so geschehen, daß eine bestimmte Energiedichte der Hintergrundstrahlung benutzt wird, bei welcher alle lokalen Uhren auf die gleiche kosmische Zeit gestellt werden. Wie später gezeigt wird, nimmt die Energiedichte der Hintergrundstrahlung wie ε

( )

ta

( )

t 4ab..

Man erhält so 3-dimensionale Hyperflächen für jeweils konstante Werte von x0 =ct (s. Fig.

3.1). Die Metrik ist durch das Linienelement

j i ijdx dx h

dx dx

ds2 = 0 0 − (3.3)

gegeben, wobei der 3-dim. metrische Tensor hij im allgemeinen einen gekrümmten 3-dim.

Raum beschreibt und den euklidischen als Spezialfall enthält. Nach unseren früheren Überlegungen kann die Zeitabhängigkeit von hijdurch einen Skalenfaktor beschrieben werden: a2(t)⋅hij.

(29)

Fig. 3.1. 3-dimensionale Hyperflächen u(x0, xj) gezeichnet für 3 verschiedene kosmische Zeiten.

Die Hyperflächen beschreiben die „Hubble-Strömung“ der kosmischen Materie. Die Flächennormalen ugeben die Richtung der Weltlinien an.

3.2. Die Robertson-Walker-Metrik

Wir hatten in Kap. 2 und Anhang A2 argumentiert, dass dem Hubble-Gesetz ein homogener und isotroper Raum zugrunde liegen muss. Dieses Argument drehen wir jetzt um. Wir verlangen von einer kosmologisch sinnvollen Metrik, dass sie einen homogenen und isotropen Raum beschreibt (kosmologisches Prinzip). Er wird i. a. gekrümmt sein. In einem homogenen und isotropen Raum kann es aber nur einen Krümmungsparameter geben, mit welchem die 3- dim. Hyperfläche charakterisiert ist (Behauptung ohne Beweis). Der Krümmungsparameter kann positives oder negatives Vorzeichen haben. Zur Veranschaulichung denken wir uns eine 2-dim. Fläche eingebettet in einen 3-dim. Raum. Die Fläche mit konstanter positiver Krümmung ist eine Kugelfläche

2 2 2

2

y z r

x + + =

(3.4)

und R ist ihr Krümmungsradius. Entsprechend kann man einen Raum konstanter Krümmung als Einbettung einer 3-dimensionalen Hyperfläche S3 in einen 4-dimensionalen orthogonalen Raum R4 beschreiben. Es sei dl2 der Abstand zweier Punkte im R4 gegeben durch

k i ik

dx dx dz

dy dx

dw

dl

2

=

2

+

2

+

2

+

2

= γ

(3.5)

Betrachten wir zuerst den Fall positiver Krümmung. Ein Raum konstanter positiver Krümmung lässt sich als 3-dimensionale Kugelfläche S3 beschreiben. Zu ihm gehören, wie bei der 2-dim. Kugelfläche, alle Punkte, die vom Ursprung den gleichen Abstand R haben

2 2 2 2 2 2

2

x y z w r w

R = + + + = +

(3.6)

Wir können nun w2 in Gl. (3.6) durch w2 =R2r2eliminieren. Nach Differenzieren und Quadrieren erhalten wir

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