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Dr. Matthias Oldiges Rechtsanwalt
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Stand: 26.01.2021 I Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt.
Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden I © KMLZ 1 Hintergrund
Schon seit vielen Jahren sieht die deutsche Finanzverwaltung in der Dienstwagenüberlassung zur privaten Nutzung an einen Arbeitnehmer eine steuerpflichtige Vermietung von Beförderungsmitteln, die gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG (Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL) am Wohnort des Endverbrauchers zu besteuern ist. Dies führt dazu, dass keine Besteue- rung in Deutschland erfolgt, wenn einem Arbeitnehmer, der im grenznahen Ausland seinen Wohnsitz hat, im Rahmen seines Dienstverhältnisses ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen wird. Das FG Saarland geht von einer fehlenden Entgeltlichkeit aus, wenn weder der Arbeitnehmer ein Entgelt für die Dienstwagenüberlassung entrichtet noch der Arbeitgeber eine Geldsumme einbehält. Es legte dem EuGH die Frage vor, ob die Überlassung eines dem Unterneh- men zugeordneten Fahrzeugs an das Personal in diesem Fall einer langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Endverbraucher iSd. Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL gleichzustellen ist.
2 Entscheidung des EuGH
In seinem Urteil vom 20.01.2021 (Az. C-288/19) verneint der EuGH die für die steuerpflichtige Vermietung von Beförde- rungsmitteln erforderliche Entgeltlichkeit, wenn der Arbeitnehmer für die Nutzung des dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs weder eine Zahlung leistet noch einen Teil seiner Barvergütung verwendet und auch nicht auf andere Vorteile verzichtet. Nach Auffassung des EuGH kommt in diesem Fall allenfalls eine unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) in Betracht. Eine solche Besteuerung setzt voraus, dass das Fahrzeug zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. In diesem Fall erfolgt keine Besteuerung am Woh- nort des Arbeitnehmers nach Maßgabe des § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG (Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL).
03 I 2021 EuGH stellt deutsche Praxis der
Dienstwagenbesteuerung teilweise in Frage
Stand: 26.01.2021 I Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt.
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3 Auswirkungen auf die Praxis
Der Entscheidung des EuGH liegt ein besonderer Einzelfall zugrunde. Die Vorlagefrage betrifft den Fall, dass weder der Arbeitgeber eine Geldsumme einbehält noch der Arbeitnehmer ein Entgelt entrichtet oder den Dienstwagen auf Grundla- ge einer Vereinbarung und Verzicht auf andere Vorteile wählen kann. Dieser Fall dürfte in der Praxis sehr selten vorkom- men. Denn üblicherweise trifft der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer im Fall einer Dienstwagenüberlassung eine Verein- barung über eine Umwandlung des Arbeitsentgelts, d. h. Dienstwagenüberlassung mit Gehaltsverzicht. Und selbst wenn keine derartige Vereinbarung vorliegt, stellt sich die Frage, ob die Arbeitsleistung im konkreten Einzelfall als Gegenleis- tung für das Fahrzeug anzusehen ist (tauschähnlicher Umsatz).
Da der EuGH nur im konkreten Einzelfall entscheidet und die Feststellungen lediglich auf vergleichbare Fälle übertragen werden können, kann auf Grundlage des EuGH-Urteils nicht zwingend auf eine Unentgeltlichkeit in allen Fällen der Dienstwagenüberlassung geschlossen werden. Dennoch sollten Unternehmen die Verträge zur Dienstwagenüberlassung im Hinblick auf eine vereinbarte Entgeltlichkeit genau überprüfen. Sofern im konkreten Fall Argumente für eine Unentgelt- lichkeit vorliegen, können sich betroffene Unternehmen direkt auf die EuGH-Entscheidung berufen und in grenzüber- schreitenden Sachverhaltskonstellationen möglicherweise wie folgt profitieren:
3.1 Auswirkungen für inländische Unternehmen im Fall einer Unentgeltlichkeit
Bei vollständiger Zuordnung des Fahrzeugs zum Unternehmen und einem Vorsteuerabzug in voller Höhe, liegt in Höhe der unternehmensfremden Nutzung eine unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vor. Die Besteuerung entfällt bei einem Vorsteuerabzug nur in Höhe der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung sowie bei einer fehlen- den Vorsteuerabzugsberechtigung (z. B. Banken und Versicherungen).
Eine unentgeltliche Wertabgabe ist gemäß § 3a Abs. 1 UStG an dem Ort zu besteuern, von dem aus der Arbeitgeber sein Unternehmen betreibt. Dies bedeutet, dass – entgegen der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung – auch dann eine Besteuerung in Deutschland erfolgt, wenn der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im grenznahen Ausland hat. Somit können inländische Unternehmen von der EuGH-Entscheidung profitieren, wenn der Steuersatz in Deutschland im Vergleich zum Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers niedriger ist. Zudem entfällt eine ggf. bestehende Registrierungspflicht im Ausland.
3.2 Auswirkungen für ausländische Unternehmen im Fall einer Unentgeltlichkeit
Eine unentgeltliche Dienstwagenüberlassung durch ausländische Unternehmen an in Deutschland wohnhafte Arbeitneh- mer unterliegt – entgegen der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung – nicht der Besteuerung in Deutschland.
Ausländische Unternehmen können Umsatzsteuererstattungen beantragen, wenn sie in noch nicht bestandskräftigen Besteuerungszeiträumen die Dienstwagenüberlassung an Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland mit deutscher Um- satzsteuer besteuert haben.
3.3 Auswirkungen für gemietete oder geleaste Fahrzeuge im Fall einer Unentgeltlichkeit
Der EuGH musste nicht über den weitaus praxisrelevanteren Fall entscheiden, dass der Arbeitgeber das Fahrzeug ledig- lich anmietet (bzw. Leasing ohne vereinbartem Eigentumsübergang). Dann kommt im Rahmen der Dienstwagenüberlas- sung eine unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG in Betracht, sofern der Vorsteuerabzug nicht nur in Höhe der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung erfolgt. Auch in diesem Fall richtet sich der Ort der Leistung nach
§ 3a Abs. 1 UStG, so dass die in 3.1 und 3.2 genannten Auswirkungen grundsätzlich auch für Miet- und Leasingfahrzeuge Anwendung finden können.