• Keine Ergebnisse gefunden

Wasserstoff-Produktion am Standort MHKW Wuppertal als Baustein einer hochwertigen energetischen Verwertung

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Aktie "Wasserstoff-Produktion am Standort MHKW Wuppertal als Baustein einer hochwertigen energetischen Verwertung"

Copied!
11
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Power-to-X

Wasserstoff-Produktion am Standort MHKW Wuppertal als Baustein einer hochwertigen energetischen Verwertung

– Nachhaltige Energie für den lokalen ÖPNV aus regionalen Abfällen –

Conrad Tschersich

1. Auslöser für das Projekt ...249

1.1. Projektidee ...251

1.2. Energiequelle ...251

2. Aufbau der Wasserstoffproduktionsanlage ...252

3. Ausschreibung ...253

4. Genehmigung ...255

5. Ausblick ...256

6. Quellen ...258

1. Auslöser für das Projekt

Die Stickstoffoxidemissionen in Deutschland sind in den letzten Jahrzehnten zwar deut- lich rückläufig (Bild 1), aber in Ballungsräumen, insbesondere an Verkehrsknotenpunk- ten, werden die (Immissions-) Grenzwerte in einigen Städten weiterhin überschritten.

Diese Überschreitung von Stickstoffoxidgrenzwerten in vielen deutschen Städten hat in letzter Zeit zu zahlreichen kontroversen, nicht immer sachlichen Diskussionen geführt.

Diese wurden durch den sogenannten Dieselskandal noch deutlich verstärkt. Denn ein wesentlicher Emittent von Stickstoffoxiden ist der Verkehr und hier insbesondere die Dieselfahrzeuge (Bilder 1 und 2).

Einschränkungen durch Dieselfahrverbote werden aber gegenüber der breiten Bevöl- kerung als nur schwer vermittelbar angesehen. Inzwischen werden sogar für neue Dieselfahrzeuge mit EURO 6-Norm Fahrverbote nicht mehr ausgeschlossen. Die Bun- desregierung will jedoch mit einer Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Fahrverbote für diese Fahrzeuge verhindern.

Der Handlungsdruck auf die betroffenen Städte, Bund und Länder wurde durch di- verse Klagen noch erhöht. Auch die Grenzwertüberschreitungen in Wuppertal sind inzwischen Gegenstand eines Gerichtsverfahrens. Die Schwierigkeit bei der Lösung der Problematik liegt zum Teil darin, dass es keine einfachen, günstigen, allen Interessen

(2)

Power-to-X

Rechnung tragenden Ansätze gibt. Welche Intensität die Diskussion teilweise annimmt, zeigt etwa die Überlegung zur Beugehaft für Amtsträger [1]. Für die Automobilindustrie ist die Thematik mit sehr hohen Risiken verbunden. Neben den enormen finanziellen Schäden ist der Imageschaden immens. Aufgrund der großen Bedeutung der KFZ- Industrie inklusive der Zulieferer für die deutsche Wirtschaft sind die volkswirtschaft- lichen Auswirkungen nicht zu unterschätzen. Von den betroffenen großen, etablierten Autobauern werden überwiegend nur sehr zögerlich Lösungen angeboten. Es sind oft kleine oder neue Marktteilnehmer, welche die Situation als Chance ansehen und mit neuen Ansätzen versuchen, einen Beitrag zur Lösung der Problematik zu leisten.

0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000

1990 1995 2000 2005 2010 2015

Energiewirtschaft Haushalte und Kleinverbraucher**

Verarbeitendes Gewebe Militär und weitere kleine Quellen

Verkehr*

Diffuse Emissionen von Brennstoffen

Industrieprozesse Landwirtschaft Abfall und Abwasser Stickstoffoxid (NOx, gerechnet als NO2)-Emissionen nach Quellkategorien

Tausend Tonnen

* ohne land- und forstwirtschaftlichen Verkehr

** mit Militär und weiteren kleinen Quellen (u. a. land- und forstwirtschaftlichem Verkehr)

Bild 1: Entwicklung der Stickstoffoxid-Emissionen in Deutschland 1990 bis 2016

Quelle: Umweltbundesamt, Nationale Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen seit 1990, Emissionsentwicklung 1990 bis 2016 (Endstand 02/2018)

Sonstige 1,5 %

schwere Nutzfahrzeuge 8 %

Diesel PKW 72,5 % leichte Nutzfahrzeuge

11 % Bus 4 % Übrige PKW 3 %

Bild 2: Stickstoffoxid-Ausstoß verschiedener Verkehrsmittel im Stadtverkehr

Quelle: Umweltbundesamt, TREMOD 5.64,Handbuch für Emissionsfaktoren 3.3

(3)

Power-to-X

Neben dem Individualverkehr tragen der ÖPNV und sonstige Verkehre im Zusammen- hang mit der öffentlichen Daseinsvorsorge – wie Müllabfuhr, Straßenreinigung usw.

– zu den Emissionen bei, wenn auch in Bezug auf die Gesamtemissionen von deutlich geringerer Bedeutung (Bild 2). Da es zur Erreichung anspruchsvoller Ziele meist eines Beitrages aller Beteiligten bedarf, ist es konsequent, auch im Bereich der öffentlichen Fuhrparke nach Verbesserungspotenzialen Ausschau zu halten. Da aber durch Aus- schau halten allein die Situation nicht besser wird, muss es auch Akteure geben, die Dinge umsetzen, denn es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Dieser Handlungsmaxime folgend, hat man sich bei der WSW mobil GmbH umfangreiche Überlegungen zur emissionsfreien Mobilität gemacht. Durch die Schwebebahn ist ein wesentlicher Teil des ÖPNV in Wuppertal bereits seit langem elektrifiziert.

1.1. Projektidee

Bei den Überlegungen zu den Möglichkeiten im Busverkehr wurde schnell klar, dass insbesondere aufgrund der Wuppertaler Topografie mit vielen steilen Strecken Busse mit Akku momentan nicht die notwendigen Reichweiten erreichen. Als Alternative mit höherer Reichweite zeigten sich Busse, in denen in Brennstoffzellen aus Wasserstoff und Luftsauerstoff die benötigte Elektrizität erzeugt wird. Um einen möglichst wirt- schaftlichen Betrieb der Busse zu realisieren, sind natürlich neben den Investitionen in die Busse und der Instandhaltung die Treibstoffkosten relevant. Es stellte sich schnell heraus, dass eine eigene Herstellung des Wasserstoffes durch Elektrolyse von Wasser eine günstige Möglichkeit im Vergleich zum Kauf an öffentlichen Tankstellen oder bei den einschlägigen Herstellern darstellt. Die sinnvolle Realisierung der Eigenproduktion von Wasserstoff ist aber an eine ganze Reihe von Voraussetzungen gebunden. Dies sind besonders die rechtlichen und technischen Gegebenheiten. Die beste Abdeckung der notwendigen Rahmenbedingungen, wie eine gesicherte, ganzjährige Eigenstrompro- duktion im 24-h-Betrieb zur Versorgung der Elektrolyseanlage, ließ sich am MHKW Wuppertal darstellen. Darüber hinaus stammt der im MHKW hergestellte Strom zu über 50 % aus Biomasse und ist dementsprechend im Herkunftsnachweisregister (HKNR) als erneuerbar zertifiziert. Daher wurde von den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) gemeinsam mit der AWG Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH Wuppertal (AWG) und dem EKOCity Abfallwirtschaftsverband ein Projekt zur Wasserstoffproduktion am MHKW Wuppertal initiiert. Dieses Power-to-Gas-Projekt läuft unter dem Titel H2W – Wasserstoff für Wuppertal. Die Anlage soll zunächst zur gesicherten Versorgung von zehn Wasserstoff betriebenen Nahverkehrsbussen dienen. Da die Produktionska- pazitäten zur Herstellung der Busse noch nicht so hoch sind, werden die zehn Busse sukzessive ab dem zweiten Quartal 2019 geliefert. Die Tagesproduktion der Elektrolyse wird bei etwa 400 kg Wasserstoff liegen.

1.2. Energiequelle

Die Wasserstoffproduktion ist am MHKW Wuppertal ein Baustein eines Gesamtkon- zeptes zur möglichst nachhaltigen Nutzung der bei der thermischen Behandlung der Abfälle freiwerdenden Energie. Die Anlage wurde in den letzten Jahren tiefgreifend

(4)

Power-to-X

energetisch optimiert, unter anderem durch die Erhöhung der Dampfparameter und die Optimierung einer Turbine. Weiterhin wurde eine über drei Kilometer lange Ver- bindungsleitung zu dem im Tal befindlichen Fernwärmenetz gebaut. Dies ermöglichte die Einspeisung von Fernwärme aus dem MHKW und so die Stilllegung eines Stein- kohlekraftwerkes. Die nun bestehende Verbindung der beiden Fernwärmesysteme in Wuppertal ermöglicht weitere Optimierungen. Hierüber wurde bereits auf der Abfall- wirtschaftskonferenz 2017 (Energie aus Abfall Band 14) berichtet. Die Verbesserungen gehen mit einer sehr großen Senkung der Emissionen an CO2 und weiteren Schadstoffen einher, unter anderem etwa 200 t/a Stickstoffoxiden. Die Verbrennungskapazitäten des MHKW wurden hierbei nicht erhöht.

Die thermische Abfallbehandlung stellt eine wesentliche Säule einer hochwertigen Entsorgungsinfrastruktur dar. Die Anlagen erfüllen insbesondere die unverzichtbare Funktion als Schadstoffsenke innerhalb von Stoffkreisläufen. Die bei der thermischen Behandlung nebenbei freiwerdende Sowieso-Energie möglichst effizient zu nutzen, ist in jedem Fall sinnvoll, da diese ansonsten verpuffen würde. Daher ist auch eine vorrangige Nutzung dieser Energiequelle vorteilhaft.

Das MHKW Wuppertal stellt die Entsorgungssicherheit für etwa 1,5 Millionen Bür- gerinnen und Bürger innerhalb des EKOCity Abfallwirtschaftsverbandes dar. Der Zweckverband besteht aus dem Kreis Recklinghausen, dem Kreis Mettmann, dem Ennepe-Ruhr-Kreis und den Städten Herne, Bochum, Wuppertal und Remscheid.

Die im MHKW Wuppertal entsorgten Abfälle sind zu etwa 80 % kommunale Abfälle aus der grauen Restmülltonne und werden weitgehend durch den EKOCity Abfall- wirtschaftsverband angeliefert. Die restlichen thermisch behandelten Mengen sind Gewerbeabfälle aus dem regionalen Umfeld. Damit sind die Abfalltransporte auf ein sinnvolles Minimum reduziert. Der durchschnittliche Heizwert der Abfälle liegt zwi- schen 9.000 bis 10.000 kJ/kg. Der Sperrmüll aus dem gesamten Gebiet des EKOCity Abfallwirtschaftsverbandes wird in einer Anlage des USB Bochum aufbereitet. Die Abfälle aus der Restmülltonne werden im RZR I der AGR in Herten und im MHKW Wuppertal thermisch behandelt.

2. Aufbau der Wasserstoffproduktionsanlage

In Bild 3 ist die Wasserstoffproduktionsanlage schematisch dargestellt. Sie besteht aus

• H2-Herstellung – Wasserstofferzeugungsanlage mit Elektrolyseur, Transformator Gleichrichter und Peripherie –,

• H2-Lagerung – Speichereinheit mit Verdichter und Speicher – und

• H2-Betankung – Tankeinheit mit Dispenser und Hochdruckkompressor.

Die Anlagentechnik wird überwiegend in Containern fertig montiert aufgestellt (Bild 3), dies ermöglicht bei vorhandener Schwerlast befahrbarer Oberflächenbefes- tigung eine Aufstellung ohne großen bautechnischen Aufwand. Der Aufstellungsort auf dem Gelände des MHKW Wuppertal ist allerdings bisher unbefestigt und nicht direkt an die bestehenden Fahrflächen angebunden, daher sind auch umfangreiche Bauarbeiten durchzuführen.

(5)

Power-to-X

Da keine geeignete Wasserstofftankstelle in sinnvoll erreichbarer Entfernung vorhanden ist, würden die Kosten für die Lagerung und Betankung im Wesentlichen ebenso anfal- len, wenn keine Eigenproduktion erfolgte. Allerdings würde in diesem Fall die Tankstelle logischerweise an einem der Busbetriebshöfe installiert. Bei den Gesamtbetrachtungen wurden auch die zusätzlichen Fahrstrecken zur Betankung und die Betankungszeiten berücksichtigt. Ein Tankvorgang dauert bis zu zehn Minuten.

3. Ausschreibung

Im Vorfeld der Ausschreibung wurden vielfältige Überlegungen, unter anderem zur Dimensionierung der Anlage, angestellt. Der von der WSW mobil vorgegebene tägliche Wasserstoffbedarf liegt bei 400 kg, und der Speicher sollte für 1,5 Tage reichen. Dies stellt die Mindestanforderung an die Lagermenge dar. Um Kosten zu sparen, sollte die Produktion möglichst nur in Zeiten stattfinden, in denen der Strompreis niedrig ist. Eine Erhöhung der Kapazität des Elektrolyseurs steigert natürlich die Flexibili- tät zur Produktion in Niedrigpreisphasen. Gleichfalls führt eine Vergrößerung der Speicherkapazität zu einer verbesserten Flexibilität, darüber hinaus können hiermit längere unplanmäßige Ausfallzeiten des Elektrolyseurs überbrückt werden. Auf der anderen Seite steigen durch die Vergrößerung natürlich die Investitionskosten, wenn auch nicht proportional. In Bild 4 ist eine Variantenmatrix dargestellt. Die Varianten (Entwicklungspfade EP) unterscheiden sich in der Leistung des Elektrolyseurs und in der Größe der Speicher, ausgehend von den Mindestwerten. Als Vergleich wurde das Szenario Dieselbus (EP 7) verwendet. Unter Berücksichtigung verschiedener Prog- nosen für die Preisentwicklung auf dem Energiemarkt für die nächsten Jahre wurde eine Vielzahl von Berechnungen mit den verschiedenen Varianten durchgeführt. Auch unter Beachtung von Sensitivitätsanalysen stellte sich bei den gegebenen Randbedin- gungen unter Berücksichtigung der Prognosen der Entwicklungspfad EP1 (kleinster Elektrolyseur und kleinster Speicher) als die günstigste Variante dar. Der Vorteil einer höheren zeitlichen Flexibilität, um Phasen niedriger Strompreise zu nutzen, wird also durch die höheren Investitionskosten deutlich überkompensiert.

Ausgeschrieben wurde das Projekt funktional. Es wurden Mindestanforderungen, wie 400 kg Wasserstoffproduktion pro Tag, die Tankzyklen, die Tankdauer und die Wasserstoffreinheit, definiert. Diese Festlegungen haben einen erheblichen Einfluss

Bild 3:

Aufstellungsvariante der Wasser- stoffproduktionsanlage

Quelle: Maximator GmbH Wasserstoff-

bus

Dispenser Wasserstoff-

leitung Druckluft- versorgung

Wasserstoff-

lager Hochdruck- kompressor

Transformator

Elektrolyseur Stromversorgung durch AWG

(6)

Power-to-X

auf die Größe und Auslegung der Anlage. Da keine sinnvollen alternativen Betan- kungsmöglichkeiten vorhanden sind, wurden zur Absicherung des Busbetriebes, unter Berücksichtigung des Speicherinhaltes, sehr hohe Verfügbarkeiten gefordert.

Dies wirkte sich deutlich auf die Redundanzen, besonders bei den Kompressoren, aus.

Speichervolumen

Kapazität Elektrolyseur

Referenzpfad: Dieselbus EP

7 EP

4

EP 5

EP 6

EP 8 EP

3 EP EP 2

1

1,5 Tage 2 Tage

5 Tage 7 Tage

Wasserstoff ist das mit Abstand häufigste Element im Universum. Auf der Erde ist der Anteil geringer, er liegt aber allein im Wasser in quasi unerschöpflicher Menge vor. Er ist Bestandteil fast aller organischen Verbindungen und im menschlichen Körper mit über 60 % das häufigste Atom.

Wasserstoff wird in sehr großen Mengen von mehreren 100 Milliarden Nm3 pro Jahr überwiegend in der chemischen Industrie für eine Vielzahl von Anwendungen einge- setzt. Hergestellt wird es hauptsächlich durch Dampfreformierung aus Erdgas/Erdöl oder Kohlevergasung. Aufgrund der notwendigen Mindestgröße solcher Anlagen und des Einsatzes von Primärenergie wurde dieser Weg im Wuppertaler Projekt nicht verfolgt.

Bei der Wasserelektrolyse, die schon vor über 200 Jahren entdeckt wurde, wird Wasser mittels Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Das durch die Umkehrung des Prozesses (Brennstoffzelle) Strom gewonnen werden kann, ist seit über 150 Jahren bekannt.

Es gibt verschiedene Verfahren, die sich unter anderem im Entwicklungsstand unter- scheiden. Dies ist zum einen die schon über viele Jahre erprobte alkalische Wasserelek- trolyse (AEL), bei der meist Kalilauge mit einer Konzentration von etwa 20 bis 40 % als Elektrolyt eingesetzt wird. Durch ein Diaphragma, das den Transport von OH-Ionen zulässt, wird die Vermischung der Produktgase verhindert. Vorteile sind die langjähri- gen Erfahrungen mit diesem Verfahren und die bekannt hohe Lebensdauer. Nachteilig ist die Notwendigkeit der ätzenden Kalilauge, die relativ hohe Mindestlast und das trägere Ansprechverhalten. Der Aufwand für die Nachreinigung zur Erreichung der geforderten hohen Reinheit des Wasserstoffes von 99,999 % ist verhältnismäßig hoch.

Bei dem proton exchange membrane- (PEM) Verfahren wird eine protonendurchlässige Membran verwendet. Die Anoden- und Kathodenreaktionen unterscheiden sich von

Bild 4:

Betrachtete Entwicklungspfade und Varianten der Wasserstoff- produktionsanlage

Quelle: WSW AG

(7)

Power-to-X

der AEL. Vorteile der PEM sind, dass keine Gefahrstoffe eingesetzt werden und die Anlagen sehr schnell und flexibel in der Last verändert werden können. Dies ist beson- ders bei einem Einsatz unter Berücksichtigung des volatilen Strommarktes wichtig. Es werden nur vollentsalztes Wasser und Strom benötigt. Der Wirkungsgrad ist tenden- ziell etwas höher als bei der AEL. Die Anlagen produzieren hochreinen Wasserstoff ohne Notwendigkeit einer aufwendigen Nachreinigung und sind sehr kompakt. Die Erfahrungen mit PEM sind jedoch nicht so langjährig wie mit AEL. Daher muss mit einer geringeren Lebensdauer und einer höheren Degradationsrate der PEM-Module gerechnet werden.

Die auch mögliche Hochtemperatur-Elektrolyse arbeitet bei Temperaturen von etwa 900 °C. Hierbei wird ein Teil der Reaktionsenthalpie als Wärme eingebracht. Das Verfahren ist noch nicht weit verbreitet und durch die Rahmenbedingungen für den Einsatz in diesem Projekt nicht geeignet.

Der bei der Elektrolyse anfallende Sauerstoff kann prinzipiell auch genutzt werden.

Momentan ist in dem Projekt jedoch aufgrund der relativ kleinen Menge keine Nut- zung des Sauerstoffes vorgesehen. Dieser kann problemlos in die Umgebungsluft abgegeben werden. Bei größeren Mengen wäre etwa eine Sauerstoffanreicherung der Verbrennungsluft im MHKW denkbar.

Da die vorliegende Konstellation einer Eigenproduktion von Wasserstoff an einem Kraftwerksstandort für den Bedarf des ÖPNV für alle Projektbeteiligten neu war, gestalteten sich die Bietergespräche sehr komplex. Hierbei war die Lernkurve aller Beteiligten sehr steil. Insgesamt gingen aus dem europaweiten Teilnahmewettbewerb sieben Bieter hervor. Unter Berücksichtigung der Rahmenvorgaben der Ausschreibung wurden nur PEM-Anlagen angeboten. In dem von allen Anbietern sehr intensiv geführ- ten Wettbewerb stellte sich letztendlich die Firma Maximator als Bestbieter heraus. Die gesamte Anlagentechnik wird durch diverse Investitionszuschüsse unter anderem aus JIVE (Joint Initiative for Hydrogen Vehicles across Europe) und MEHRLIN (Models for Economic Hydrogen Refuelling INfrastructure) gefördert1.

4. Genehmigung

Für die Herstellung der für zehn Busse ausreichenden Menge an Wasserstoff wird ein Elektrolyseur mit einer Leistungsaufnahme von etwa 1 MWel benötigt. Im Winter stehen aufgrund der hohen Fernwärmeabgabe des MHKW maximal 3 MWel für die Wasserstoffelektrolyse gesichert zur Verfügung. Daher kann die Wasserstoffproduk- tionsanlage unter den jetzigen Rahmenbedingungen sinnvollerweise nur bis auf eine Leistungsaufnahme von 3 MWel skaliert werden. Die für die neue Anlage genutzte Fläche lässt einen Ausbau auf die dreifache Größe zu. Da zeitnah von einem weiteren Ausbau ausgegangen wird, wurde ein Vorbescheid für bis zu 1.200 kg Wasserstoffherstellung pro Tag eingeholt. Zudem wurde die Lagerkapazität mit 2.100 kg hoch angesetzt.

1 Das JIVE-Projekt erhielt Fördergelder im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr. 735582 durch das Fuel Cells & Hydrogen 2 Joint Undertaking. Diese gemeinschaftliche Unternehmung erhält Unterstützung aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der EU sowie von Hydrogen Europe und N.HERGY.

Das MEHRLIN-Projekt wird von der Fazilität Connecting Europe der Europäischen Union kofinanziert.

(8)

Power-to-X

Diese genehmigungsrechtliche Skalierung um den Faktor drei hat keinen relevanten Mehraufwand im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Folge.

Die Anlage wird als Neuanlage gemäß Nr. 4.1.12 des Anhangs 1 der 4. BImSchV auf dem Gelände des MHKW Wuppertal genehmigt. Es handelt sich um ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Hierbei werden die Antragsunterlagen öffentlich ausgelegt, um speziell den Anwohnern zu ermöglichen, sich ein genaues Bild von dem Vorhaben zu machen und gegebenenfalls Einwände vorbringen zu können. Die AWG pflegt schon seit langem einen regelmäßigen Informationsaustausch mit den Anwohnern des MHKW. Bei zwei Terminen wurde den Anwohnern das Projekt im Vorfeld vorgestellt.

Geäußerte Bedenken, wie über zusätzliche Geräuschentwicklung und eventuelle Ge- fahren, konnten ausgeräumt werden. Da es im Rahmen der anschließenden Offenle- gung zu keinen Einwendungen kam, konnte der Erörterungstermin abgesagt werden.

Die Genehmigung ist in eine erste Teilgenehmigung inkl. eines Vorbescheids für die Gesamtanlage und eine zweite Errichtungs- und Betriebsgenehmigung aufgeteilt. Dies ermöglichte, die Genehmigung und die Ausschreibung teilweise parallel zu betreiben, um die Umsetzung zu beschleunigen.

Die Inbetriebnahme der Anlage ist für das vierte Quartal 2019 vorgesehen. Der Ausbau auf die bis zu dreifache Größe kann innerhalb von drei Jahren erfolgen, ohne dass ein neues Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig wird.

5. Ausblick

Die bei der thermischen Behandlung der Abfälle im MHKW Wuppertal freiwerdende Energie kann künftig sektorübergreifend zur Wärmeversorgung von Industrie und Haushalten sowie zur gekoppelten Stromproduktion verwendet und anschließend zum Wasserstoff veredelt werden (Bild 5). Die Möglichkeit für eine Nachrüstung von Power-to-Heat wurde vorgesehen. Im Moment stellt sich diese aber noch nicht als wirtschaftlich dar.

Dampf- kessel

Turbine Generator

Fern- heizung

Eigen- bedarf

EEX

Elektro- lyseur Option:

Power to Heat

Bild 5:

Zukünftiges Energie-Anlagen- schema des MHKW Wuppertal

Quelle: AWG mbH Wuppertal

Die Steuerung, in welcher Form zukünftig die Energie abgegeben wird, erfolgt durch die WSW AG auf Grundlage der Marktsituation unter Berücksichtigung des eigenen Bedarfes. Aufgrund der hohen Flexibilität kann so schnell auf Verbrauchs- und Markt- schwankungen reagiert werden.

Zudem beabsichtigt die AWG, in 2019 ein mit Wasserstoff betriebenes Abfallsammel- fahrzeug anzuschaffen. Allerdings ist von den großen Fahrzeugherstellern momentan kein Basisfahrzeug verfügbar. Auch in diesem Bereich sind es wieder andere Unter- nehmen, z.B. die Firma Faun, welche die Weiterentwicklung vorantreiben.

(9)

Power-to-X

Wasserstoff bietet eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten neben dem Einsatz im Verkehrsbereich. So kann der Wasserstoff beispielsweise in bestehende Gasnetze eingespeist werden. Dies würde ermöglichen, die vorhandenen großen Gasspeicher zu nutzen. Oder man geht noch einen Schritt weiter und stellt mit dem H2 aus der Elektrolyse und CO2 aus den Abgasen des MHKW Methan (CH4) her. Dieses ist dann wiederum für eine Vielzahl weiterer Anwendungen, z.B. in der chemischen Industrie, einsetzbar und ebenfalls in den vorhandenen Gassystemen speicherbar.

Natürlich ist die Wasserstoffherstellung mittels Elektrolyse mit Umwandlungsverlusten verbunden. Aber gerade bei deutlich steigenden Zeiten, in denen regenerative Anlagen abgeregelt werden müssen, stellt die Produktion von Wasserstoff eine gute Alternative zur Nutzung dieser Energie dar. Besonders, da der Wasserstoff in Zeiten von Strom- mangel, wie bei einer Dunkelflaute, auch wieder verstromt werden kann.

Durch das H2W Projekt kann die Energie der regionalen Abfälle nachhaltig und flexibel für den lokalen ÖPNV oder eventuell einen anderen Energiebedarf eingesetzt werden.

Regionale Abfälle

Abfall- heizkraftwerk

Korzert

Fernwärme

Fernwärme H2-Erzeugung

KWK-Strom

KWK-Strom Nutzung von

freien Kapazitäten in der H2-Erzeugung

Gasnetz Wuppertal

Fernwärmenetz Wuppertal

H2**

*Umsetzung beschlossen **Konzept

KWK-Stromerzeugung in GuD Anlage und BHKW

HKW Barmen

Schwebe- bahn Batterie- Busse **

Brennstoff- zellen-Busse*

Tal. Markt

ÖPNVNetz Wuppertal

Stromnetz Wuppertal

Photovoltaik Wind Biogas Laufwasser

Erdgas

Bild 6: Einbindung der Wasserstofferzeugung in eine nachhaltige Energieversorgung

Quelle: WSW AG

In Bild 6 sind aktuelle Überlegungen dargestellt, wie die Nutzung von Wasserstoff in Wuppertal ausgebaut und wie dies in ein Gesamtkonzept für eine sichere und nach- haltige Energieversorgung eingebunden werden kann. So könnte z.B. der Wasserstoff aus dem MHKW auch im HKW Barmen zur Strom- und Fernwärmeproduktion ver- wendet werden. Um diese Entwicklung zu ermöglichen, sind allerdings Änderungen besonders im Energierecht notwendig.

(10)

Power-to-X

6. Quellen

[1] Süddeutsche Zeitung: Luftverschmutzung: Justiz prüft Beugehaft. Abgerufen am 20.11.2018:

https://www.sueddeutsche.de/news/wissen/umwelt---muenchen-luftverschmutzung-justiz- prueft-beugehaft-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-180827-99-701912

Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Conrad Tschersich

AWG Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH Wuppertal Geschäftsführer

Korzert 15

42349 Wuppertal, Deutschland +49 202 4042-141

awg@awg.wuppertal.de

(11)

4

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar

Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Peter Quicker, Alexander Gosten (Hrsg.):

Energie aus Abfall, Band 16

ISBN 978-3-944310-45-9 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH

Copyright: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Stephanie Thiel Alle Rechte vorbehalten

Verlag: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH • Neuruppin 2019

Redaktion und Lektorat: Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Olaf Holm

Erfassung und Layout: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Ginette Teske, Sarah Pietsch, Claudia Naumann-Deppe, Janin Burbott-Seidel, Roland Richter, Cordula Müller, Gabi Spiegel

Druck: Universal Medien GmbH, München

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk- sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.

Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien, z.B. DIN, VDI, VDE, VGB Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

91% of total flax cultivation area in China is in the province of Heilongjiang where flax cultivation area represents 99 % of fibre cultivation area [1].. Helongjiang is in

Ist durch diese Klasse ein wirtschaftlicher Einsatz erreicht, können Geräte der Klassen 1 und/oder 2 ebenfalls kosteneffizient auf Brennstoffzellen umgestellt werden. Ein

Diesen neuen Journalismus über das Lokale und Regionale zu gestalten, ist eine Chance, die sich nicht jeder Generation bietet.. Diese großartige Chance, Neues zu gestalten,

Einweichen/Wässern der Proben (für mindestens 2 h; bei stark quellenden Materialien bis 24 h), anschließende Abtrennung des unter Schwerkraft abtropfenden Wassers bei Auflage auf

Der spezielle Katalog für den Gewerbszweig "Verwertung organischer Abfälle - Kompostie- rung" ist so gestaltet, dass, nachdem sie qualitativ erfasst wurden, eine Beurteilung

Potential von Wasserstoff im ÖPNV– Kerstin Gemmer-Berkbilek– 1.April 2017 AREVA GmbH.. Advanced Nuclear

Die Nachhaltige Entwicklung wird in den Gesetzes- texten von sieben Kantonen explizit erwähnt: Basel- Stadt, Bern, Freiburg, Genf, Schaffhausen, Wallis und Waadt. Die

Vor diesem Hintergrund ist nach- vollziehbar, dass sowohl Bill Gates als auch Warren Buffett ihre App- le-Beteiligungen in großem Stil abbauten: Während der Microsoft- Gründer