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Archiv "Voraussetzungen und Vorgehen bei der Nierenspende" (25.09.1980)

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Aktuelle Medizin

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Die Nierentransplantation ist alter- nativ zur Dialyse ein etabliertes Ver- fahren zur Behandlung der termina- len Niereninsuffizienz. Über 8000 Patienten waren im vergangenen Jahr in der Bundesrepublik hämo- dialysepflichtig. Ihre Zahl wird sich nach vorsichtigen Schätzungen in drei Jahren verdoppelt haben (3, 4, 20)**).

Über die Differentialindikation von Dialyse und Transplantation beste- hen überwiegend einheitliche Vor- stellungen und Empfehlungen (5, 12, 17). Selbst bei strenger Indika- tion sind in der Bundesrepublik 1000 bis 1500 Nierentransplantationen im Jahr notwendig. Die aktuelle Trans- plantationsfrequenz liegt in der Bun- desrepublik mit weniger als 500 Transplantationen weit unter dem Bedarf. Für die transplantationswilli- gen Dialysepatienten führt das im Durchschnitt zu einer Wartezeit von mehr als zwei Jahren bis zur Trans- plantation.

Ein wesentlicher Grund für diese Diskrepanz ist der extreme Mangel an Spenderorganen (11, 16). Von den jährlich 15 000 Verkehrstoten kämen etwa 2000 als Organspender in Frage. Tatsächlich wurden bei we- niger als 150 Hirntoten Maßnahmen zur Organgewinnung eingeleitet.

Diese Diskrepanz ist weniger auf mangelndes Verständnis in der Be- völkerung als vielmehr auf ein Zö- gern der Klinikärzte zurückzuführen, potentielle Organspender zu mel-

den. Am ehesten ist diese sehr aus- geprägte Zurückhaltung als Aus- druck verbreiteter Unsicherheit im Vorgehen bei Organspendern zu deuten. Nach unserer Meinung läßt sich das nur durch Verbesserung der Information und Instruktion der Klinikärzte und durch Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Klinik und Transplantationszentrum än- dern. Die Bemühungen, alle Ärzte zur Mithilfe bei der Gewinnung von Spenderorganen aufzufordern, sind vielseitig und intensiv (10, 24).

Wir haben nach schriftlicher Infor- mation und persönlicher Ausspra- che den umliegenden Kliniken einen Farbdruck zugestellt, der die Spen- derkriterien und das grundsätzliche Vorgehen bei Organspendern zu- sammenfaßt (Abbildung 1).

Im Folgenden sollen unsere Erfah- rungen beim Aufbau des Transplan- tationszentrums an der Westfäli- schen Wilhelms-Universität Münster vorgestellt werden***).

Außer Frage steht, daß die Diskus- sion um eine Organspende vor Kol- legen und Angehörigen erst dann aufkommen darf, wenn alle thera- peutischen Maßnahmen zur Erhal- tung der Hirnfunktion erschöpft sind und die klinisch-neurologischen Zei- chen eines dissoziierten Hirntodes bestehen. Eine vorschnelle Klassifi- zierung des Sterbenden als Organ- spender bei noch nicht gesichertem Hirntod stellt ein verwerfliches ärztli-

Der Mangel an Spenderorga- nen begrenzt weiterhin die Transplantationsfrequenz in der Bundesrepublik. Die Ar- beit wendet sich in erster Linie an Klinikärzte.

Im einzelnen werden Spender- kriterien, Hirntoddiagnostik, die aktuelle Rechtslage, die organerhaltende Therapie so- wie die Technik der Spender- nephrektomie ausführlich dar- gestellt.

ches Fehlverhalten dar. Es zerstört das Vertrauensverhältnis zwischen Angehörigen und Ärzteschaft. Abge- sehen von möglichen juristischen Konsequenzen fügt ein solches Ver- halten der Sache der Organgewin- nung fundamentalen Schaden zu.

Feststellung des Hirntodes

Die Definition der Harward Medical School von 1968, die den Tod der Person mit dem Gehirntod gleich- setzt, ist mittlerweile von allen medi- zinischen Fachgesellschaften ak- zeptiert und von nichtmedizinischer Seite angenommen worden (23).

Die Diagnostik des dissoziierten Hirntodes wird nach allgemein aner- kannten, internationalen Empfeh- lungen von zwei nicht an der Trans- plantation beteiligten, für diese Auf- gabe qualifizierten Ärzten durchge- führt und dokumentiert.

•) Herrn Professor Dr. med. Heinz Losse zum 60. Geburtstag gewidmet.

**) Die in Klammern stehenden Zahlen bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks

***) Unser Dank für die bereitwillige Unterstüt- zung und verständnisvolle Mithilfe beim Aufbau des Zentrums gilt der Neuro- chirurgischen Klinik (Professor Dr. W.

Walter), der Klinik für Anaesthesiologie und operative Intensivmedizin (Professor Dr. P. Lawin), der Neuropädiatrischen Ab- teilung der Universitäts-Kinderklinik (Pro- fessor Dr. D. Palm), der Psychiatrischen und Nervenklinik (Professor Dr. G. Brune), der Radiologischen Klinik (Professor Dr.

E. Schnepper) und der Urologischen Kli- nik (Professor Dr. W. Schmandt).

Voraussetzungen und Vorgehen bei der Nierenspende

Fritz Zastrow, Bernd Buchholz, Arno-Ekkehart Lison und Hermann-Josef König*)

Aus der Chirurgischen Klinik und Poliklinik — Allgemeinchirurgie (Direktor: Professor Dr. med. Hermann Bünte)

und der Medizinischen Poliklinik

(Direktor: Professor Dr. med. Heinz Losse)

an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

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Vorgehen Anmeldung in der Trans- plantationszentrale Gewebetypisierung (40 ml hepa- rinisiertes, 10 ml geronnenes Blut in die Zentrale) Hirntoddiagnostik (neurologischer Befund, Hirnangiogramrn oder EEG-Ableitungen) Ausstellung der Todesbescheini- gung

Einwilligung der Angehörigen Organentnahme im OP Konservierung und Verschicken der Organe

Organspender

„Hirntote mit intaktem Kreislauf"

Z.n. Schädel-Hirn-Trauma, Himkontusion, intra- cranieller Blutung oder Thrombose Z.n. Reanimation, Intoxikation Spendereiterien Alter zwischen 5-45 kein protrahierter Schock kein fixierter Hypertonus keine Nierenerkrankungen Kreatinin unter 1.5 mg, Hamvolumen über 60 ml/h kein Malignom (außer ZNS) kein Diabetes mellitus keine Infektionen

Transplantationszentrum an der WWU Münster Kuratorium für Heimdialyse e.V.

Transplantationszentrale: Tel. 02 51/83-69 88, Med. Poliklinik, Westring 3, 44 Münster

Abbildung 1: Informationsdruck über Organspenden gnostik qualifizierten Ärzte hängt

von der Ausrichtung der Klinik be- ziehungsweise der Fachabteilung und von organisatorischen Möglich- keiten und apparativen Gelegenhei- ten ab. Bei einer primären Hirnver- letzung ist die klinisch neurologi- sche Befundung in erster Linie durch den Neurochirurgen oder Neurologen zu leisten. Im Einzelfall kann die Diagnostik aber auch durch einen für diese Aufgabe quali- fizierten Internisten, Anästhesiolo- gen oder Unfallchirurgen erbracht werden. Der nachgewiesene Ausfall der spontanen und reflektorischen Hirnfunktionen muß auf dem Unter- suchungsbogen (Abbildung 2) doku- mentiert werden.

Zur Feststellung des Hirntodes mit Hilfe der EEG-Ableitungen hat die Deutsche EEG-Gesellschaft Richtli- nien festgesetzt mit exakten Anga- ben unter anderen über die Zahl und Dauer der Ableitungen (21). In An- lehnung an diese Richtlinien haben wir bei einer qualifizierten kli- nisch-neurologischen Befundung das technisch einwandfreie Null-Li- nien-EEG zur Feststellung des Hirn-

der Angiographie zur Hirntoddia- gnostik wird im anglo-amerika- nischen Schrifttum breit vertreten (1, 2, 8, 18).

Die Kommission für Reanimation und Organtransplantation der Deut- schen Gesellschaft für Chirurgie zur Todeszeitbestimmung empfiehlt je- doch zur Dokumentation des Still- standes der Hirnzirkulation, sofern verfügbar, die Angiographie (22).

Verfahren in Münster

An unserem Zentrum werden bei kli- nischem Hirntod 2 EEG-Ableitungen von 30 Minuten Dauer im Abstand von 6 Stunden abgeleitet.

Bei Null-Linien-EEG folgt die Hirn- angiographie als beidseitige Karotis- angiographie durch Direktpunktion oder als Seldinger-Angiographie mit Einzeldarstellung aller vier Gefäße.

Beweisend ist der Abbruch der Kon- trastmittelsäule in Höhe der Schä- delbasis (Abbildungen 3 und 4). Bei Punktion der Karotiden ist die intra- vasale Nadellage auf den Aufnah-

Dokumentation von EEG- und An- giographiebefunden auf einem ent- sprechenden Befundbogen (Abbil- dung 5).

Bei eindeutigen Befunden wird die amtliche Todesbescheinigung aus- gestellt. Die Todeszeit ist der Zeit- punkt, an dem die letzte zur Siche- rung des Hirntodes notwendige Un- tersuchung beendet ist. Nach Ab- schluß der Hirntoddiagnostik (in kei- nem Fall vorher!) werden die Ange- hörigen zu einer Aussprache in die Klinik gebeten.

Rechtslage bei Organgewinnung Sofern beim Verstorbenen kein Or- ganspendeausweis vorliegt, ist nach geltendem Recht die Einwilligung der Angehörigen zur Organentnah- me einzuholen. Für eine künftige Regelung der Organtransplantation sehen die Gesetzesentwürfe der Bundesregierung eine Wider- spruchslösung, die der Opposition demgegenüber eine Zustimmungs- lösung vor (14). Während Einigkeit über die Notwendigkeit von Organ- spenden und die Kriterien des disso- ziierten Hirntodes bestehen, sind die Auffassungen über die Art der Zu- stimmung des Spenders und der nächsten Angehörigen noch kontro- vers (15, 19). Wir hielten es für ange- zeigt, bis zu einer gesetzlichen Re- gelung die zuständige Staatsanwalt- schaft und die Gerichtsmedizin über das Vorgehen bei der Gewinnung von Spenderorganen zu informie- ren. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Münster erklärte sich in einem abschließenden Protokoll mit dem Vorgehen bei der Organgewinnung einverstanden.

Das Gespräch mit den Angehörigen nach Sicherung des Hirntodes wird bei uns vom behandelnden Arzt und vom Transplantationschirurgen ge- führt. Am Beginn des Gespräches steht die wiederholte Schilderung der Verletzungen und des trotz in- tensiver Therapie letalen Krankheits- verlaufes. Die Angehörigen werden über die Tatsache der irreversibel erloschenen Hirnfunktion und damit

2292 Heft 39 vom 25. September 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Klinik:

BEFUND DER NEUROLOGISCHEN UNTERSUCHUNG

Herr/Frau/Frl. geb.

wurde am um Uhr untersucht mit der Frage eines irre- versiblen Ausfalls der gesamten Hirnfunktion. Dabei ergab sich folgender Befund:

Bewußtlosigkeit ohne cerebrale motorische Erscheinungen (fehlende Spontanbewegungen, fehlende extra- pyramidale und myoklonische Er- scheinungen)

Fehlende cerebrale Reaktion auf akustische und Schmerzreize (vordere Achselfalte, Fußsohlen, Hodenkompression)

Fehlen einer Tonusregulation (keine Spastik, kein Rigor ) Fehlen von Hirnnervenreflexen ( Pupillehreaktion, Korneal- und Würgreflex).

Fehlen einer Spontanatmung Gegebenfalls weitere Feststellungen (Absinken der Körpertemperatur, des Blutdrucks, Diabetes insipidus ect.) Besondere Feststellungen (Zeichen der äußeren Gewalteinwirkung, offene Hirnverletzung, Liquorfistel usw.) Beurteilung:

a. Die Hirnfunktion ist teilweise erhalten

b. Derzeit läßt sich klinisch keine Hirnfunktion beobachten.

c. Der klinische Befund besagt wegen nichts über die Hirnfunktion.

Veranlaßt wurde a. Eine EEG- Ableitung b. Eine Gehirngefäßdarstellung

Ort/Datum !Unterschrift des Arztes

Abbildung 2: Befundbogen der neurologischen Untersuchung

Aktuelle Medizin Nierentransplantation

des Todes unterrichtet. Um Zweifel und Mißverständnissen vorzubeu- gen, sollten die aufwendigen dia- gnostischen Maßnahmen zur Siche- rung des Hirntodes erwähnt werden.

Erst wenn die Angehörigen die Si- tuation des Hirntodes bei noch schlagendem Herzen und künstli- cher Beatmung verstanden haben, und über die Beendigung der Inten- sivtherapie bei dem Verstorbenen unterrichtet sind, kann erstmals die Frage nach der Organspende ge- stellt werden. Das karitative Motiv, positive Stellungnahmen der Kir- chen und die Situation der auf ein Organ wartenden Dialysepatienten müssen in das Gespräch einfließen.

Nach unserer Erfahrung sind die Mehrzahl der Angehörigen über die grundsätzliche Notwendigkeit der Organspende informiert. Die Zustim- mung zur Organentnahme wird bei informativer, klarer und auf die seeli- sche Belastung der Angehörigen eingehende Gesprächsführung sel- ten verweigert. Dies entspricht auch den Erfahrungen anderer Transplan- tationszentren, denen die Organent- nahme bei weniger als 10 Prozent der Hirntoten untersagt wurde.

Gewebetypisierung des Spenders Nach Feststellung des Hirntodes kann mit der Gewebetypisierung aus dem Blut des Spenders begonnen werden. Vorausgegangene Transfu- sionen und .Plasmaexpander können die Typisierung erschweren. In die- sen Fällen muß zur Bestimmung der sogenannten HLA-Antigene ein Lei- stenlymphknoten dem Spender ent- nommen werden. Durch eine gewis- senhafte Hirntoddiagnostik und die aus organisatorischen Gründen nicht gleich folgende Explantation werden die Zeitabstände von der Feststellung des Hirntodes bis zur Organentnahme immer größer. Die Hirntoddiagnostik dauerte bei uns bei 25 Organspendern im Mittel 14 Stunden. Die Zeit vom gesicherten Hirntod bis zur Organentnahme be- trug im Mittel weitere 7 Stunden. An die intensivmedizinische Betreuung des Organspenders werden somit besondere Ansprüche gestellt.

(4)

Abbildung 3: Hirnangiogramm mit intrazerebralem Zirkulationsstopp (Seldinger- angiographie)

A. carot. int.

A. carot. ext.

Behandlung

des hirntoten Organspenders Für den Transplantationserfolg ist neben den immunologischen Fakto- ren die Organqualität ausschlagge- bend. Um eine organerhaltende The- rapie mit dem Ziel der Transplanta- tion sinnvoll zu steuern, sind die Auswirkungen des Ausfalles der ze-

rebralen Funktionen zu berücksich- tigen (Tabelle 1). Mit dem Hirntod erlöschen sämtliche spontanen und reflektorischen Hirnfunktionen. Im Vordergrund steht der Ausfall des Atem- und Kreislaufzentrums sowie der Thermoregulation. Gleichzeitig fällt die humorale Steuerung der Or- gane durch Unterbrechnung der hy- pothalamo-hypophysären Regelkrei- se aus.

Bei der Beatmung ist eine Normo- bis leichte Hyperventilation anzu- streben, die inspiratorische 0 2-Kon- zentration sollte so hoch gewählt werden, daß ein arterieller p0 2 von mindestens 120 mmHg erreicht wird.

Durch den Ausfall der vegetativen Herz- und Gefäßregulation reagiert der Kreislauf des Dezerebrierten äu- ßerst sensibel. Bereits leichte Lage- veränderungen, zum Beispiel bei der Angiographie, können anhaltende Blutdruckabfälle auslösen. Zur Er- haltung eines ausreichenden Filtra- tionsdruckes und zur Vermeidung einer Schädigung der Nieren im Sin- ne einer Schockniere sollte der sy- stolische Druck über 100 mmHg ge- halten werden. Hierzu ist in erster Linie eine Normovolämie mit zentra- len Venendrücken zwischen 7 und 14 cm H 2O anzustreben. Als Infu- sionslösung eignet sich Ringer-Lac- tat in Kombination mit 5prozentiger Glucose im Verhältnis 1:1. Das zuge- führte Volumen orientiert sich we- sentlich an der Ausscheidung, die stündlich gemessene Urinmenge darf 60 ml nicht unterschreiten. Der Serumkreatininwert sollte zum si- cheren Ausschluß einer Nierener- krankung unter 1,5 mg/Prozent lie- gen. Eine Indikation für eine Forcie- rung der Diurese mit Furosemid be- steht nicht. Zur Stabilisierung des vegetativ entkoppelten Gefäßbettes ist meist die Applikation von Dopa- Abbildung 4: Hirnangiogramm mit intrazerebralem Zirkulationsstopp (Karotisangio-

graphie)

2294 Heft 39 vom 25. September 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(5)

Klinik:

ELEKTROENZEPHALOGRAPH ISCHER BEFUND

Das am von Uhr bis Uhr

bei Herrn /Frau /Frl.

nach den Empfehlungen der Deutschen EEG-Gesellschaft abgeleitete EEG ergab:

Beurteilung:

a. Die elektrische Hirntätigkeit ist erhalten.

b. Eine elektrische Hirntätigkeit ist nicht nachweisbar.

Ort /Datum/Unterschrift des Arztes

Klinik:

BEFUND DER ANG I OGRAPH I SCHEN UNTERSUCHUNG

Bei Herrn /Frau /Frl.

wurde durchgeführt am um Uhr

a. eine Katheterangiographie mit Darstellung beider Karotiden u. Vertebralarterien.

b. Pu nktionangiographie beider Karotiden

Die Untersuchung wurde ausgeführt durch Dr.

Dabei ergab sich folgender Befund:

Ort / Datum /Unterschrift

Abbildung 5: Befundbögen über EEG und Angiographie

Aktuelle Medizin

Nierentransplantation

min in niedriger Dosierung notwen- dig (4-8y pro kg Körpergewicht/Mi- nute). Bei dieser Dosierung wird die Durchblutung der Nieren sogar noch verbessert.

Bei polytraumatisierten Hirntoten besteht mitunter die Notwendigkeit einer Hämosubstition. Mit Erythrozy- tenkonzentraten ist ein Hb von 10 g% entsprechend einem Hämato- krit von 30 Prozent anzustreben.

Zur Behandlung der Bradykardien, die insbesondere bei Hypothermie zu beobachten sind, kann mit Erfolg Alupent als Dauertropf eingesetzt werden. Mit der Dosierung von 15 mg Alupent in 500 ml Glucose 5- prozentig läßt sich die Herzfrequenz nach der Tropfenfolge steuern. Ein Herzschrittmacher ist in den meisten Fällen entbehrlich. Lediglich bei fortgeschrittener Hypothermie — Körpertemperatur unter 30° C — kommt es auch bei ausgeglichenen Elektrolyten und geeigneter Phar- matherapie zu Reizbildungs- und Reizleitungsstörungen, die dann nur durch rechtzeitiges Einbringen ei- nes travenösen Schrittmachers bis zur Explantation beherrscht werden können. Wegen dieser kardialen Komplikationen können die Vorzüge der niedrigen Stoffwechselleistung der Nieren unter Hypothermie nicht genutzt werden. Den extremen Ab- fall der Körpertemperatur haben wir bei einigen Spendern deshalb mit dem Einsatz einer Heizmatte ausge- glichen.

Durch Nekrose der Bildungsorte werden die Hormone des Hypophy- senvorderlappens und die neurose- kretorischen Hormone des Hinter- lappens nicht mehr sezerniert und fallen entsprechend der kurzen bio- logischen Halbwertzeit von nur eini- gen Stunden im Wirkspiegel schnell ab. Von klinischer Bedeutung ist der Ausfall des antidiuretischen Hor- mons, der in einem 3 bis 5 Stunden nach dem klinischen Hirntod einset- zenden Diabetes insipidus zum Aus- druck kommt. Stundenurinmengen zwischen 300 und 800 ml sind nicht selten. Neben der Hypovolämie stel- len sich sehr schnell Störungen des Elektrolythaushaltes ein. Natrium

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Atiologie Komplikationen Therapie Kontrollen

Heizmatte

Hypothermie Körpertemperatur

(Temperatur 36° C) Ausfall der

Thermoregulation

Tabelle 1: Organerhaltende Therapie bei Nierenspendern

Ausfall des Atemzentrums

Fehlen der Spontan- atmung

Kontrollierte maschinelle Beatmung

Blutgasanalysen (P0 2 > 100 mm Hg)

Bilanzierte Infusionstherapie (Ringerlaktat. 5% Glucose) Hämosubstitution

(Erythrozytenkonzentrate) Dopamin

(500 mg in 500 ml Glucose 10 ml/h)

Blutdruck (RR 100 mm Hg) ZVD (7-14 cm H 2O) Blutbild

(Hb 10 g%, HK 30%) Ausfall des

Kreislaufzentrums Blutdruckabfall Schock

Alupent

(15 mg in 500 ml Glucose)

Puls (Frequenz > 60/Min.) Bradykardie

Arrhythmie Asystolie

transvenöser Schrittmacher Monitor-Überwachung

Ausfall der

Hypophysenhormone

„Diabetes insipidus"

Hypovolämie

Pitressin, synthetisches ADH (4 I. E. i. m./8 h)

Urinausscheidung

Entgleisung der Elektrolyte (sekundär)

Hypokaliämie

Hypernatriämie

Kaliumsubstitution (z. B. Kaliumaspargat in 500 ml Glucose) Aldosteron-Antagonisten (z. B. Aldactone 3x200 mg i. v.)

Serumelektrolyte Osmolarität

Störungen des Säure-Basen- Haushaltes (sekundär)

Trispuffer

(z. B. THAM in 500 ml Glucose)

Blutgasanalysen (pH 7,36-7,44) metabolische Azidose

und Chlorid steigen im Serum an, das Kalium kann in Stunden extrem abfallen (7, 9).

Die Aktivierung des Renin-Angioten- sin-Regelkreises führt zu einem se- kundären Hyperaldosteronismus und verstärkt die Elektrolytentglei- sungen. Bereits in dieser Phase ist der Einsatz von Aldosteron-Antago- nisten (3 x 200 mg Aldactone i. v.) angezeigt.

Mit nachfolgender Herzrhythmus- störung, Schock und metabolischer Azidose stellen sich schwer zu be- herrschende Komplikationen ein.

Der Diabetes insipidus ist mit Pitres- sin beziehungsweise synthetischem ADH (4 I. E./8 Std. i. m.) und Thiazi-

den (z. B. 100 mg Esidrix) zu behan- deln. Neben der Bilanzierung der Flüssigkeitsausscheidung ist die Substitution des Kalium am besten mit Kaliumaspartat (Inzolen®) wegen der Hyperchlorämie entscheidend.

Abhängig vom Substitutionsvolu- men sind gelegentlich Dosierungen von 200 mval Kalium in 12 Stunden notwendig.

Elektrolytkontrollen müssen alle 3 bis 4 Stunden erfolgen. Zur Korrek- tur einer möglicherweise bestehen- den metabolischen Azidose sollen Bicarbonate und Trispuffer (z. B.

Tham) eingesetzt werden.

Obwohl als Organspender nur Hirn- tote ohne klinische Hinweise auf ei-

ne infektiöse Erkrankung in Be- tracht kommen, ist eine passagere Bakteriämie mit letzter Sicherheit nicht auszuschließen. Diese Keime stellen für den immunsupprimierten Organempfänger eine fatale Gefähr- dung dar. Aus diesem Grunde sind wir dazu übergegangen, alle Organ- spender hochdosiert mit einem für die Niere atoxischen Antibiotikum (z. B. Ampicillin) abzudecken.

Technik der Nierenexplantation Die Nierenentnahme erfolgt im asep- tischen Operationsraum unter den gleichen Voraussetzungen wie bei größeren abdominellen Eingriffen.

Vorbereitet sind die Perfusionslö-

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Aktuelle Medizin Nierentransplantation

sungen (2x1000 ml Euro-Collins-Lö- sung + 4° C) mit Infusionsbestek- ken, eine Schüssel mit sterilem Eis und sterile Versandbeutel.

Die Bauchhöhle wird mit medianer Längsinzision vom Xyphoid bis zur Symphyse und mit zwei seitlichen Querinzisionen eröffnet. Nach Inzi- sion des Peritoneum lateral des Co- Ion descendens wird das Kolon nach medial abgeschoben und der linke Ureter freipräpariert. Entscheidend für die Blutversorgung des Ureters ist es, daß reichlich periurethrales Gewebe erhalten bleibt. Es folgen die Inzision der Nierenfettkapsel und das stumpfe Ausschälen der Niere, ohne jedoch den Hilus zu tangieren.

Auf der Gegenseite werden Ureter und Niere in gleicher Weise freiprä- pariert.

Dann folgen die Darstellung der Aor- ta abdominalis, die Ligatur der Arte- ria mesenterica inferior, Arteria mes- enterica superior, des Truncus coe- liacus und das Anschlingen der Aor- ta ober- und unterhalb der Nierenar- terien. Auf Polarterien muß bei die- ser Präparation besonders geachtet werden; sie sind zu schonen. Die Vena cava wird dargestellt und gleichfalls oberhalb und unterhalb der Nierenvenen angeschlungen.

Die sehr variablen Zuflüsse der Nie- renvenen (Vena testicularis bezie- hungsweise ovarica und Vena su- prarenalis) müssen sorgfältig ligiert werden.

Nach Durchtrennung beider Urete- ren im kleinen Becken und abschlie- ßender Vorbereitung der bisher noch gekühlten Perfusionslösung mit Infusionsbestecken folgt die ent- scheidende, möglichst schnelle Phase der Organentnahme, um die jetzt folgende warme Ischämiezeit der Nieren möglichst kurz zu halten.

Eine Minute vor dem Abklemmen der Nierenarterien wird ein a-Rezep- torenblocker (z. B. DHB 20 mg) ge- geben, zur Vermeidung eines Gefäß- spasmus bei der hypothermen Per- fusion.

Aorta und Vena cava werden zu- nächst unterhalb und danach ober- halb der Nierengefäße abgeklemmt

und durchtrennt. Beide Gefäßab- schnitte lassen sich zusammen re- troperitoneal herauslösen und mit den Nieren en bloc entnehmen. Die transarterielle in vitro-Perfusion der Nieren beginnt mit dem Einknoten der Infusionsbestecke in die Aorta und ist nach Durchfluß der Euro- Collins-Lösung beendet.

Das direkte Sondieren der Nierenar- terien bei der Perfusion haben wir verlassen, um mögliche Intimaläsio-

nen und spätere Arterienstenosen zu vermeiden. Die Einzelentnahme ist allgemein nicht mehr üblich. Eini- ge Zentren bevorzugen die ln-situ- Perfusion beider Nieren über einen in die Aorta eingeführten Katheter.

Eine en bloc Entnahme nach voraus- gegangener Durchtrennung des Ösophagus und Choledochus leh- nen wir aus Gründen der Asepsis ab.

Erst nach erfolgter Perfusion wer- den die Nieren getrennt mit Entnah- me eines Kaya- und Aortenpatches aus den Gefäßen. Nach dem stan- dardisierten Verpacken der Nieren in je 3 vorgefertigte Beutel mit Perfu- sionslösung und Eis können sie in den gekühlten Styroporboxen maxi- mal 30 Stunden bis zur Transplanta- tion aufbewahrt werden.

Die Entnahme der Milz zur weiteren immunologischen Diagnostik und der Nahtverschluß der Inzisionen be- enden die Organentnahme. Nach der Extubation kommt es in wenigen Minuten zum Kreislaufstillstand.

Die Unkosten der Organentnahme werden seit Oktober 1979 vom Kura- torium für Heimdialyse übernom- men und weiter verrechnet.

Zusammenfassung

Unsere Ausführungen über die Or- ganisation und die Durchführung der Nierenspende richten sich vor allem an die Kollegen, aus deren Kli- niken potentielle Organspender ge- meldet werden können. Wir hoffen diese Kollegen durch diesen Beitrag zu einer aktiven Teilnahme bei der Versorgung chronisch Nierenkran-

ker mit Spenderorganen motivieren zu können.

Wir sind der Ansicht, daß nicht nur die Hirntoddiagnostik und das Ge- spräch mit den Angehörigen, son- dern auch die Organentnahme nach entsprechender Anleitung, zu der die Transplantations-Teams jeder- zeit zur Verfügung stehen, in jeder Klinik völlig selbständig ausgeführt werden können.

Die Transplantationszentralen über- nehmen die Organisation und Gewe- betypisierung, stellen Perfusionslö- sungen und Verpackungsmateria- lien zur Verfügung und übernehmen alle Transporte mit Unkosten und al- le anfallenden Sonderleistungen.

Nur durch große Anstrengungen und durch verbesserte Zusammen- arbeit kann es gelingen, den Mangel an Spenderorganen zu beheben, da- mit der Fortschritt, den die Nieren- transplantationschirurgie in den letzten Jahren erreicht hat, vermehrt zugunsten der Patienten in der Bun- desrepublik genutzt werden kann.

Literatur

Dreikorn, K. u. a.: Aktueller Stand der Nieren- transplantation: Stagnation oder Fortschritt, Dtsch. Ärztebl. 41 (1979) 2647 — Frey, R.: To- deszeitbestimmung, Anaesth. Prax. 12 (1976) 9

— Wing, A. J.: Combined report an regular dialysis and transplantation in Europe VII/1976, Presented at the XlVth Council of the EDTA Medolla/Italien 1977 — Kommission für Reani- mation und Organtransplantation der Deut- schen Gesellschaft für Chirurgie: Todeszei- chen und Todeszeitbestimmung, Chirurg 39 (1968) 196 — Bekanntmachung der Bundesärz- tekammer: Stand und Probleme der Organ- transplantation, Dtsch. Ärztebl. 4 (1979) 187

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Fritz Zastrow

Chirurgische Universitäts-Klinik Jungeblodtplatz 1

4400 Münster

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