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Archiv "Früherkennung von Alkoholabhängigkeit – Probleme identifizieren und intervenieren: Nebenwirkungen unterschätzt" (03.03.2006)

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M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 9⏐⏐3. März 2006 AA545

Intraoperative Bestrahlung

Bei einer weiteren Methode der intra- operativen Bestrahlung wird ein kon- ventionelles Röntgengerät (50 KV) ein- gesetzt, bei dem eine Metallkugel „wei- che“ Röntgenstrahlen aussendet, die nur wenig in die Tiefe reichen. Diese Kugel wird ebenfalls intraoperativ in die Wundhöhle eingebracht; allerdings können bei diesem Gerät weder die Eindringtiefe der Strahlen noch die Verteilung der Strahlendosis variiert werden. Krauss-Tieffenbach, Mann- heim, stellte eine Studie vor, in der mit dieser Methode bei 82 Frauen ein sol- cher intraoperativer Boost appliziert wurde. Nach 13 Monaten entwickelten fünf Patientinnen eine Entzündung und eine Patientin eine Verhärtung der Brust. Insgesamt war das kosmetische Resultat jedoch sehr gut.

Teilbrustbestrahlung nur in Studien

In den letzten Jahren entwickelte sich ein neuer Trend: Statt der herkömmli- chen Bestrahlung der gesamten Brust wird nur der tumortragende Teil be- strahlt.

Unter der Federführung von Wenz, Mannheim, wurde nun eine Studie be- gonnen, in der die bereits erwähnte 50- KV-Röntgenbestrahlung unter streng definierten Bedingungen auch als allei- nige Bestrahlung eingesetzt wird. Es werden nur Frauen über 50 Jahre mit besonders niedrigem Risiko hiermit be- handelt und im Rahmen der Studie sy- stematisch nachverfolgt.

Die Brachytherapie oder „Spickung“

der Brust ist eine weitere Technik der umschriebenen Brustbestrahlung. Da- bei werden Plastikkatheter während oder nach der Operation in die Brust eingestochen und eine Strahlenquelle – nach computergesteuerter Berech- nung – in die Zielregion eingebracht, bis die gewünschte Dosisverteilung erreicht ist. Diese Behandlung kann dann in einer oder mehreren Sitzungen durchgeführt werden und hat sich be- reits als Boost-Bestrahlung bewährt.

Eine deutsch-österreichische Gruppe unter Federführung der Universität Erlangen (Strnad, Erlangen) stellte erste Ergebnisse einer Studie mit 100

Patientinnen vor. Diese Patientinnen wurden ebenfalls nach strengen Kri- terien ausgewählt und erhielten ei- ne alleinige Teilbrustbestrahlung in Form einer Brachytherapie. Bei einer Nachbeobachtungszeit von 30 Mona- ten zeigte sich bei 95 Prozent ein gutes oder sehr gutes kosmetisches Ergeb- nis.

Diese Zeitspanne reicht jedoch nicht aus, um Aussagen über die thera- peutische Effektivität zu treffen. Die Experten waren sich einig, dass die Teilbrustbestrahlung bislang noch eine experimentelle Therapie darstellt und nur in kontrollierten Studien erfolgen sollte.

Strahlenempfindlichkeit genetisch determiniert?

Die individuelle Strahlenempfindlich- keit ist ein direkter Indikator für das Risiko von Nebenwirkungen am ge- sunden Gewebe. Dieser Parameter kann am besten über den Nachweis von Chromosomenaberrationen bei bestrahlten Lymphozyten bestimmt werden. Borgmann, Hamburg, unter- suchte an Lymphozyten von 15 mono- zygoten Zwillingspaaren die Anzahl der Chromosomenaberrationen. Un- ter den verschiedenen Zwillingspaa- ren zeigte sich eine typische Variati- onsbreite in der Zahl der Chromoso- menaberrationen mit einer Varianz von 12 bis 15 Prozent. Hingegen be- trug diese Varianz bei den Zwillingen untereinander lediglich drei bis vier Prozent. Somit konnte erstmals in vitro nachgewiesen werden, dass die individuelle Strahlenempfindlichkeit überwiegend genetisch bedingt ist. In einer weiteren Studie sollen nun dieje- nigen Gene identifiziert werden, die sich als Marker für die Voraussage der individuellen Strahlenempfindlichkeit eignen.

Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Anschrift der Verfasserin:

Prof. Dr. med. Marie-Luise Sautter-Bihl Klinik für Strahlentherapie

Städtisches Klinikum Karlsruhe Postfach 62 80, 76042 Karlsruhe

Nebenwirkungen unterschätzt

Die Aussage, Acamprosat besitze ein sehr günstiges Nebenwirkungsprofil, lässt sich anhand der Fachinformation (Herstellerangabe) so nicht bestäti- gen. Speziell die Behauptung, eine Di- arrhö trete nur „selten“ (0,01 bis 0,1 Prozent) auf, ist nicht haltbar. Durch- fall wird in der Fachinformation (1) als sehr häufige (> 10 Prozent) Neben- wirkung genannt. Zudem treten häufig (1 bis 10 Prozent) Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Pru- ritus, makulopapulöser Hautausschlag, erniedrigte Libido, Frigidität oder Im- potenz auf.

Die Wirksamkeit von Acamprosat in der Rückfallprophylaxe bei Alko- holabhängigkeit, besonders aber der langfristige Erfolg, darf angezweifelt werden. Es wird bedauerlicherweise verschwiegen, dass in mehreren place- bokontrollierten Studien kein Wirk- samkeitsbeweis erbracht werden konn- te. In den meisten der Studien fällt ins- besondere eine hohe Abbruchrate von 25 bis 65 Prozent auf (2, 3). Die er- wähnte Verdoppelung der Abstinenz- rate ist allenfalls auf die Dauer der Einnahme beschränkt. Wenige Wo- chen nach der Beendigung der Acam- prosat-Therapie ist bezüglich der Rück- fallquote kein Unterschied zur Place- bogruppe mehr zu erkennen (4, 5).

Literatur

1. Fachinformation Campral, AWD-Pharma, Dresden, Juni 2005.

zu dem Beitrag

Früherkennung von Alkoholabhängigkeit

Probleme identifizieren und intervenieren von

Dr. med. Alexander Diehl Prof. Dr. med. Karl Mann in Heft 33/2005

DISKUSSION

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M E D I Z I N

A

A546 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 9⏐⏐3. März 2006

2. Gual A, Lehert P: Acamprosate during and after acu- te alcohol withdrawal: a double-blind placebo-con- trolled study in Spain. Alcohol Alcohol 2001; 36:

413–8.

3. Chick J et al.: United kingdom multicenter acompro- sate study (UKMAS): a 6 month prospective study of acomprosate versus placebo in preventing relapse after withdrawal from alcohol. Alcohol Alcohol 2000; 35: 76–87.

4. Tempesta AE et al.: Acamprosate and relapse pre- vention in the treatment of alcohol dependence: a placebo-controlled study. Alcohol Alcohol 2000; 35:

202–9.

5. Poldrugo F: Acamprosate treatment in a long-term community-based alcohol rehabilitation program- me. Addiction 1997; 92: 1537–46.

Dr. med. Matthias Roth Kaulbachstraße 20 90408 Nürnberg

Dr. Roth erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Schlusswort

Die genannten Nebenwirkungen von Acamprosat entsprechen im Wesentli- chen der neuen Fachinformation. Bei der klinischen Bewertung dieses Ne- benwirkungsprofils muss allerdings die Grunderkrankung bedacht wer- den. Alkoholkranke konsumieren täg- lich beträchtliche Mengen Alkohol, was zu einer Vielzahl von sekundären Symptomen führt, die Hautverände- rungen mit Pruritus ebenso wie Libi- dostörungen einschließen. Eine durch die medikamentöse Rückfallprophy- laxe bewirkte Abstinenz wird in die- sen Punkten in der Regel zu deutli- chen Verbesserungen führen, sodass das in den meisten Punkten nur in sel- tenen Fällen auftretende Nebenwir- kungsprofil summa summarum als gün- stig bezeichnet werden kann.

Folgt man der alten medizinischen Grundregel: „Keine Wirkung ohne Nebenwirkungen“ und akzeptiert man das relativ günstige Nebenwirkungs- profil, so bleibt die Frage nach der Wirksamkeit. Hier ist die Gesamtda- tenlage sehr aussagekräftig mit in- zwischen 19 publizierten, randomisier- ten, kontrollierten Studien. 17 dieser Untersuchungen erfüllen methodische Mindestkriterien, sodass sie in Meta- analysen eingehen konnten. Davon zeigten lediglich drei Studien keine Überlegenheit von Acamprosat ge-

genüber Placebo, während alle ande- ren Studien eine signifikante Überle- genheit nachweisen konnten. Dieses Verhältnis von positiven zu negativen Studien ist vor allem im Vergleich mit anderen zugelassenen Substanzklassen (wie den Antidepressiva) überzeugend.

Die Aussagen in unserem Artikel be- ziehen sich auf die sehr gründliche deutsche Studie von Saß et al., 1996 (1). Danach ist die Wirksamkeit mit ei- ner Abstinenzrate von Acamprosat (knapp 45 Prozent) doppelt so hoch wie für ein Placebo (25 Prozent).

Die Wirksamkeit bleibt auch über die ausschließliche Behandlungsdauer von einem Jahr hinaus erhalten. Die beiden von Herrn Roth zitierten Stu- dien zeigen diesen Unterschied nach Absetzen der Medikation tatsächlich nicht, allerdings dauerte hier die Be- handlungszeit nur jeweils sechs Mona- te. Dies könnte dafür sprechen, dass die neurobiologischen Adaptations- phänomene unter acamprosatgestütz- ten Abstinenzbedingungen tatsächlich einen längeren Zeitraum benötigen, um dann die Chance auf eine dauer- hafte Abstinenz wesentlich zu erhöhen.

Dem wird durch die Behandlungs- empfehlung von einem Jahr Rechnung getragen.

Abschließend sei der aus unserer Sicht entscheidende Punkt hervorge- hoben: Die neuen Anticraving-Sub- stanzen wie Acamprosat oder Naltr- exon geben erstmals dem niedergelas- senen Arzt die Möglichkeit, wirksam mit dem zu intervenieren, was zum klassischen ärztlichen Behandlungsre- pertoire gehört: der Kombination aus ärztlichem Gespräch und wirksamer Medikation.

Literatur

1. Sass H, Soyka M, Mann K, Zieglgansberger W: Relapse prevention by acamprosate: Results from a placebo- controlled study on alcohol dependence. Arch Gen Psychiatry 1996; 53: 1092.

Für die Verfasser

Prof. Dr. med. Karl Mann Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Postfach 12 21 20

68072 Mannheim

Im Rahmen einer Studie erhält Prof. Mann kostenfrei Me- dikamente der Firmen DuPont (Naltrexon) und Merck (Acamprosat). Ferner hatten diese Firmen Reisekosten und Vortragshonorare erstattet.

Psychosomatische

Komorbiditäten vergessen

Ein wichtiger Aspekt – die psychischen oder psychosomatischen Komorbiditä- ten – der die „Fähigkeit und Bereitschaft der Patienten zu krankheitsrelevantem Verhalten“ beeinflusst, bleibt in dem ansonsten umfassenden Beitrag uner- wähnt.

Das Vorliegen einer depressiven Epi- sode ist eine wichtige Begleiterkrankung, die zunehmend in den Mittelpunkt ent- sprechender Forschung tritt. Jeder, der im medizinischen Bereich tätig ist, weiß, wie eine Depression die emotionale und auch rationale Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit eines Menschen be- einflussen kann. In vielen Studien, die durch Anderson et al. (1) einer Metaana- lyse unterzogen wurden, konnte gezeigt werden, dass bei circa 25 Prozent der Menschen mit Diabetes mellitus eine Depression vorliegt und diese damit et- wa doppelt so häufig auftritt wie in der Durchschnittsbevölkerung. Die Inzidenz war besonders bei dem Vorhandensein von Folgeerkrankungen und bei einer er- lebten Einschränkung der Lebensqua- lität erhöht.

Hieraus ergibt sich, dass im Durch- schnitt jeder vierte Patient mit Diabetes, der in die Praxis oder eine Schwerpunkt- einrichtung kommt, durch diese Komor- bidität in seiner krankheitsbezogenen Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist und darüber hinaus psychotherapeuti- scher oder medikamentöser Unterstüt-

zu dem Beitrag

Typ-2-Diabetes-mellitus:

Betreuung von chronisch Kranken in der

Hausarztpraxis

von

Prof. Dr. med. Dietrich Rothenbacher, MPH Prof. Dr. med. Hermann Brenner, MPH

Dr. med. Gernot Rüter in Heft 36/2005

DISKUSSION

Referenzen

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