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Archiv "Großbritannien: Gründe für die Sogwirkung" (10.09.2004)

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A2488 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3710. September 2004

S T A T U S

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ei der Lektüre des Arti- kels „Attraktiver engli- scher Patient“ (DÄ, Heft 28–29/2004) wunderte ich mich, dass keiner der zitierten Kollegen den tieferen Grund für die Unterschiede in der kli- nischen Tätigkeit in Deutsch- land und Großbritannien be- nennt.

Ich bin in den vergangenen 15 Jahren mehrfach zwischen England, Deutschland und Südafrika hin- und hergepen- delt und habe den größeren Teil meine Weiterbildung zum Anästhesisten in angelsächsi- schen Ländern genießen dür- fen. Während dieser Zeit habe ich in England zwei Distrikt- krankenhäuser und ein akade- misches Zentrum und in Deutschland zwei Univer- sitätskliniken und ein Haus der gehobenen Versorgungsstufe länger kennen lernen können.

Für mich ist es offensichtlich, dass der Hauptgrund für die Abwanderung das deutsche Chefarztsystem ist.

In der Anästhesie beispiels- weise bleiben die meisten Ärz- te in Deutschland in der sta- tionären Versorgung tätig. Die durchschnittliche Personal- stärke der Anästhesieabtei- lungen liegt bei etwa zehn bis 20 Kollegen. Diese Tatsache führt dazu, dass (über den Daumen gepeilt) mehr als 90 Prozent der im stationären Bereich tätigen Kollegen dazu verdammt sind, auf Dauer in

nachgeordneter Stellung zu arbeiten – mit entsprechend niedrigem Einkommen und zumindest dem Risiko unan- genehmer Gängelung.

Ich möchte an dieser Stelle nicht vertiefen, nach welchen Kriterien von welchen Gremi- en und unter welcher Einfluss- nahme die fünf bis zehn Pro- zent der Kollegen ausgewählt werden, die die Chefarztposi- tionen bekleiden. Nach mei- ner Auffassung sind aber weder der Prozess noch die Gremien dazu geeignet, den fachlich und menschlich geeig- netsten Kandidaten zu finden.

Ausnahmen bestätigen diese Regel. Daneben gibt es auch fachlich und menschlich höchst- qualifizierte Kollegen, die auf Dauer nicht gewillt sind, die

klinische Tätigkeit hinter der Verwaltungstätigkeit zurück- treten zu lassen, wie es auf vielen Chefarztposten unver- meidlich ist, und dafür auch Einkommenseinbußen in Kauf nehmen.

Die Situation in Großbri- tannien ist anders. Dort kann derzeit je- der Arzt, der von der Fachge- sellschaft sein

„Certificate of Completion of Specialist Train- ing“ erhält, da- mit rechnen, in einem nach- vollziehbaren Verfahren und von einem fach- kundigen Gre- mium für einen „Consultant Post“ berufen zu werden. Mit dieser Ernennung hat er auf Dauer einen Posten inne, auf dem er klinisch eigenverant- wortlich arbeiten kann. Inner- halb einer sozialverträglichen Arbeitszeit – diese entspricht in etwa einer halben Stelle plus Diensten in Deutschland – wird dabei ein Einkommen erzielt, das auch für eine mehr- köpfige Familie ausreicht.

Weiterhin ist es jedem „Con- sultant“ möglich, im privaten Sektor (außerhalb der Dienst- zeiten im staatlichen Gesund- heitssystem) tätig zu werden.

Natürlich gibt es auch in Großbritannien Posten, die mit administrativer Macht verbunden sind. Die Posten eines „Chairman of Depart-

ment“ oder „Clinical Direc- tors“ werden aber rotierend und in einem relativ demokra- tischen Verfahren besetzt.Vor allem gibt es keine exorbitan- ten Einkommensunterschiede zwischen den Jobs mit und ohne Personalverantwortung.

Dabei ist es im Übrigen selbst- verständlich, dass sich auch der „Clinical Director“ an den Diensten beteiligt.

Nach meiner Überzeugung ist die Verknüpfung des deut- schen Chefarztauswahlprozes- ses mit akademischen Qualifi- kationen auch nachteilig für die Entwicklung der akade- mischen Medizin. Denn ein Großteil der Forschungsarbeit wird hierzulande nicht aus ge- nuinem wissenschaftlichen In- teresse erbracht, sondern der primäre Beweggrund ist die schnelle Habilitation, die den Weg zu hoch dotierten Posten eröffnet, was dann in aller Re- gel auch das abrupte Ende des wissenschaftlichen Interesses bedeutet. Ganz anders ist die Situation in Großbritannien:

Ärzte, die sich dort für eine akademische Karriere ent- scheiden, nehmen meist auf Dauer Einkommenseinbußen in Kauf.

Trotz der wesentlich besse- ren sozioökonomischen Situa- tion der Ärzte in Großbritan- nien wird dort wesentlich we- niger pro Kopf und Jahr für Gesundheit ausgegeben. Die Zukunft wird zeigen, welches Gesundheitssystem kränker ist. Dr. med. Ulrich Döpfmer FRCA E-Mail: doepfmer@snafu.de

Mit dem Begriff „Präimplantationsdiagnostik“ (PID) wird die Diagnostik an einem Embryo vor seinem Transfer in den Uterus der Frau bezeichnet. Dem sich im Anschluss an eine In-vitro- Fertilisation entwickelnden Embryo werden Zellen entnom- men, die auf Chromosomenanomalien oder Genmuta- tionen hin untersucht werden. Bei entsprechendem Be- fund wird der Embryo nicht in die Gebärmutter übertra- gen. Die Zellen werden gewöhnlich am dritten Tag nach der Befruchtung entnommen. Da davon ausgegangen wird, dass sich bis zum Achtzellstadium jede Zelle zu einem Embryo ent- wickeln kann (Totipotenz), wird in der Debatte in Deutschland, wo die Vernichtung totipotenter Zellen verboten ist, eine Biop- sie im Blastozystenstadium vorgeschlagen. Das deutsche Em- bryonenschutzgesetz verbietet die Präimplantationsdiagnostik zwar nicht explizit, die Mehrheit der Experten geht jedoch von einem ableitbaren Verbot aus. Nach dem „Diskussionsentwurf

zu einer Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik“, den der Vor- stand der Bundesärztekammer im Jahr 2000 vorlegte, sollte die PID restriktiv eingesetzt werden – nur bei wenigen Paaren mit hohem genetischen Risiko nach einem komplizierten Genehmi- gungsverfahren. Die Enquetekommission des Deutschen Bundestages „Ethik und Recht der modernen Medizin“

sprach sich mehrheitlich dafür aus, die PID zu verbieten.

Eine Mehrheit des Nationalen Ethikrates plädierte dagegen für eine „eng begrenzte“ Zulassung der PID. Kritiker befürchten, dass die PID zu einer Diskriminierung behinderter Menschen führen könnte. Die Diskussion über die Zulassung der PID führte auch zu einer Debatte über die Schutzwürdigkeit von Embryo- nen. Dabei gibt es zwei konkurrierende Ansichten: Die eine über- trägt die dem geborenen Menschen eigene Schutzwürdigkeit auf den Embryo, die andere spricht dem Embryo eine je nach sei- ner Entwicklungsstufe abgestufte Schutzwürdigkeit zu. Kli

PID

L E X I K O N

Großbritannien

Gründe für die Sogwirkung

Foto:dpa [m]

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