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Archiv "Gondelbau in Venedig: Die Letzten ihrer Zunft" (20.11.2009)

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A 2376 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 47

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20. November 2009

K U L T U R

V

enedig ohne Gondeln – un- vorstellbar. Auch wenn sich immer mehr Motorboote und Oze- anriesen vor der Stadtkulisse drän- gen, gibt es sie noch zuhauf, die historischen Boote, die über die Ka- näle gerudert werden. Doch wie die Stadt, deren schwimmendes Wahr- zeichen sie seit Jahrhunderten sind, kämpfen auch die Gondeln ums Überleben.

Es sind die traditionell gefertig- ten venezianischen Gondeln, die in ihrer Existenz bedroht sind. „Schon heute sind fast zwei Drittel der auf den Kanälen fahrenden, knapp 450 Gondeln billige Kopien“, sagt Ro- berto Tramontin, einer der letzten Gondelbauer der Stadt.

Sperrholz heißt das Gebot der Stunde im Gondelbau. Es ist billiger und lässt sich schneller verarbeiten.

„Immer weniger Gondolieri sind be- reit oder in der Lage, die 20 000 Eu- ro auszugeben, die man für ein neu- es Boot bezahlen muss“, berichtet Tramontin. Solle die Gondel etwas Besonderes sein, mit aufwendigen Schnitzereien, prunkvollen Beschlä- gen und edlen Polstern, komme man schnell auf weit höhere Beträge.

Tramontins Werkstatt liegt in ei- nem stillen Winkel des Stadtteils Dorsoduro. Er baut pro Jahr im Durchschnitt nur noch eine neue Gondel. Die restliche Zeit verbringt er mit Reparaturen und Ausbesse- rungen. Der Gondelbauer streicht mit der Handfläche sanft über den Korpus eines Bootes. „Eine richtige Gondel wird traditionell aus neun verschiedenen Hölzern gefertigt“,

erklärt er. Nach deren Eigenschaften richte sich die Verwendung. „Die Außenwände bestehen aus robuster Eiche. Für Dekorarbeiten verwenden wir das weichere und daher leichter zu bearbeitende Kirschholz.“

„Gelernt habe ich das Handwerk von meinem Großvater.“ Domenico Tramontin hat Ende des 19. Jahr- hunderts die Gondel in ihrer heuti- gen Form geschaffen. Seither wird die gesamte linke Hälfte der Boote ein paar Zentimeter länger und et- was höher gebaut als die rechte. Auf diese Weise können sie von nur ei- nem Gondoliere problemlos gesteu- ert werden.

Um die traditionellen Techniken zu erhalten, haben sich Gondelbau- er und andere Handwerker unter dem Namen El Felze zu einer Inter - essengemeinschaft zusammenge- schlossen. Auch Schmiede und Messinghandwerker, die das mar- kante Bugeisen und die Beschläge herstellen, Graveure für das

Schnitzwerk und Polsterer für die Sitze sowie Schneider, Schuh- und Hutmacher, die den Gondoliere ausstatten, sind dort organisiert.

Wenige Schritte sind es von Tra- montins Werkstatt zu den Zattere, der breiten Uferpromenade in Dor- soduros Süden. Auch auf dem wei- ten Canale della Giudecca sind Gondeln unterwegs. Die Gondolie- re müssen hier mit besonderem Ge- schick rudern, da neben Frachtkäh- nen, Wassertaxis und Sportbooten die Autofähren zur Lido-Insel auf dieser Wasserstraße verkehren.

Saverio Pastors Werkstatt liegt an einem schmalen Kanal. Die Tü- ren stehen offen. Der Meister arbei- tet mit vollem Körpereinsatz an ei- nem Holzblock. Immer wieder führt er den gekrümmten Hobel ins Holz, um die Vertiefungen abzurun- den, in die der Gondoliere später das Ruder legen wird. Pastor fährt mehrmals mit der Handfläche ganz bedächtig die Rundungen nach, um die Glätte zu prüfen. „Die Forcola, die Rudergabel, ist das Herzstück der Gondel“, sagt der eher wortkar- ge Venezianer. Sie habe mehrere Ausbuchtungen für die verschiede- nen Ruderbewegungen, die nötig seien, um die Gondel zu manövrie- ren. Als Präsident von El Felze sagt Pastor: „Das Wichtigste ist, dass wir unser Nachwuchsproblem lösen, in- dem wir über die Schönheit und die Bedeutung unserer Tätigkeit infor- mieren – nicht nur in Venedig.“ ■ Ulrich Traub

Informationen: www.elfelze.com

„Die Forcola ist das Herzstück der Gondel“: Sa- verio Pastor arbeitet mit vollem Körper- einsatz an einer Ru- dergabel. Eine sol- che markiert auch den Eingang zu sei- ner Werkstatt.

Fotos: Ulrich Traub

GONDELBAU IN VENEDIG

Die Letzten ihrer Zunft

Das Handwerk rund um die venezianische Gondel ist vom Aussterben bedroht.

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