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Ende eines Mythos?

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Academic year: 2022

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er Irrtum, dass sich im Körper Schlacken und Ablagerungen von Stoff- wechselprodukten an- sammeln, die kurmäßig entfernt wer- den sollten, ist immer noch weit ver- breitet. Der Arzt Otto Buchinger –

Begründer des Heilfastens – verglich in den 1930er-Jahren den Körper und besonders den Darm mit einem Ofen, der ab und zu gründlich von seinen Schlacken gereinigt werden muss, um wieder besser zu ziehen.

Muss der Mensch entschlacken?

Ein klares Nein! Der Vergleich des menschlichen Darms mit einem stei- fen Ofenrohr kann nicht stimmen, denn: Der Darminhalt wird durch etwa sieben Liter Verdauungssäfte zersetzt und Muskeln permanent in

Bewegung gehalten. Da der Dünn- darm immerzu Zellen abstößt, kann sich auch nichts an „Giftstoffen” fest- setzen. Dies ist ein natürlicher Vor- gang, der bei einer gesunden, voll- wertigen Ernährung und ausreichen- der Flüssigkeitszufuhr von etwa an- derthalb bis zwei Litern pro Tag

optimal funktioniert. Endprodukte des Stoffwechsels (Schlacken) werden in Leber und Niere abgebaut und über den Darm, die Niere und die Haut ausgeschieden. Der mensch- liche Körper ist ein komplexes Wun- derwerk, das Tag und Nacht alles aus- sortiert, was nicht hineingehört – ganz ohne externes Zutun. Eine „Ver- schlackung” ist aus medizinischer Sicht auch nach der Deutschen Ge- sellschaft für Ernährung medizinisch nicht nachweisbar – eine „Entschla- ckung” somit nicht begründbar. Sub- jektive Erfahrungen der Fastenden eines in den ersten Tagen stark auf- tretenden Körpers- und Mundgeruch sind nicht auf eine vermeintliche

„Entgiftung” zurückzuführen. Beim Hungerstoffwechsel entsteht natür- licherweise Acetessigsäure, was bei- spielsweise zu deutlichem Mundge- ruch nach Aceton führt. Auch die Hochgefühle, die beim Fasten häufig auftreten, entstehen nicht aus einer körperlichen Reinigung heraus, son- dern durch die Bildung von Endor- phinen, die durch Notsituationen wie Verletzungen und extremen Nah- rungsmangel helfen sollen.

Macht Fasten schlank? Für eine nachhaltige und gesunde Gewichts- reduktion ist Fasten (z. B. Saft-, Molke- oder Heilfasten nach Buchin- ger) ungeeignet. Durch die radikale Kostreduktion kommt es zu einem Eiweißmangel, der in erster Linie Muskeln abbaut, aber kaum an die Fettreserven geht. Dabei purzeln in der Tat Pfunde, was der Fastende als positiven Effekt wertet, jedoch die

„falschen”. Jede extreme Kostreduk- tion ist für den Körper eine Art „Aus- nahmezeit” und stellt dann als Not- programm auf den so genannten Hungerstoffwechsel um. Er fährt dann auf Sparflamme. Stellt der Fas- tende dann wieder auf normale Kost um und verfällt wieder in alte Le-

124 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Februar 2013 | www.pta-aktuell.de

Ende eines Mythos?

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PRAXIS ENTSCHLACKUNG

Eine ganze Volksbewegung will zur Fastenzeit wieder durch

radikalen Nahrungsverzicht den Körper von „Schlacken” und ein paar

überflüssigen Pfunden befreien – so einfach geht es aber nicht …

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bensgewohnheiten, legt der Körper Polster für die nächste „Hungersnot”

an: der berühmte Jo-Jo-Effekt! So sollte die Fastenzeit nicht länger als zwei Wochen betragen und der Kör- per sollte sich schleichend und in kleinen Portionen wieder an die nor- male Kost gewöhnen.

Gibt es Nebenwirkungen oder Kontraindikationen? Eine Fasten- kur ist nicht für jeden geeignet.

Neben Kindern, Schwangeren und Stillenden sollten auch Personen nicht fasten, die an einer Essstörung wie Kachexie oder Anorexia nervosa leiden. Fasten erhöht zudem bei Pa- tienten mit erhöhten Purinspiegeln das Risiko eines akuten Gichtanfalls.

Starkes Fasten kann darüber hinaus zu Nierensteinen, Kreislaufstörun- gen, Schwindel, Schweißausbrüchen, Herzrhythmusstörungen und Blut-

druckabfall führen und die Wirkung von Medikamenten beeinflussen.

Wer sich für eine Fastenkur entschei- det, sollte dies unbedingt mit dem Arzt besprechen und immer zuerst seinen Gesundheitszustand unter- suchen lassen. Die Kur selber sollte dann entweder unter ärztlicher Kon- trolle zu Hause, bestenfalls in einer professionellen Einrichtung stattfin- den. Interessierte können sich auf der Homepage der Ärztegesellschaft Heil- fasten und Ernährung e.V. (www.

aerztegesellschaftheilfasten.de) über Therapiezentren, Verfahren, Indika- tionen und Kontraindikationen in- formieren. Sinnvollerweise wählen Fastende eine Einrichtung mit Gleich- gesinnten, in denen sie neben Bewe- gungs- und Entspannungseinheiten auf durch Massagen, Sauna & Co. für ein paar Tage die alltägliche Hektik vergessen können.

Häufiges Fasten kann auch dazu ver- führen, bei einem ansonsten unge- sunden Lebensstil mit Alkohol, Niko- tin, ungesunder Ernährung und we- nig Bewegung das schlechte Gewis- sen zu beruhigen – in dem Glauben:

Die nächste Fastenkur vernichtet wie- der die Sünden der letzten Monate.

Welche positiven Effekte bringt das Fasten? Wer die Fastenkur als Impuls für eine gesündere Lebens- weise mit Bewegung und einer lang- fristige Ernährungsumstellung nutzt und nicht sofort wieder in die alten Lebensgewohnheiten verfällt, für den kann es ab und an eine Bereicherung und „Erinnerung” sein. So sollten die Erwartungen nicht zu stark auf die den kurzfristigen Gewichtseffekt be- ziehungsweise die Reinigung des Kör- pers gelegt werden. Vielmehr steht die „geistige Reinigung” und Ent- schleunigung im Vordergrund. Sich wieder auf das Wesentliche zu besin- nen, kann vielleicht eher als Ent- schlackung bezeichnet werden als das, was im Körper vor sich geht.

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Andrea Pütz, PTA und Dipl. Oec. Troph DETOX: REINE GE-

SCHÄFTEMACHEREI?

Auch Detox-Diäten und Pro- dukte versprechen, schnell an Gewicht zu verlieren. Es ist im Grund eine moderne Form des traditionellen Heilfastens, bei dem der Körper von „Giften und Schlacken” befreit werden soll. Viele Hollywoodstars schwören auf die Diät. Detox- Fasten bringt jedoch ebenso wenig zur vermeintlichen Ent- schlackung wie die alten Versionen. Detox-Produkte hin- gegen bringen vor allen Dingen den Herstellern etwas: Es füllt ihre Taschen. Detox-Tees, Pulver, Pflaster wie Fußbäder verfügen über keinerlei entgiftende Effekte. Die Braunfärbung von Pflaster und Fußbädern resul- tiert beispielsweise nicht aus einer Reinigung der Haut von Dreck und „Giften”, sondern aus einem chemischen Prozess der Inhaltsstoffe mit dem Wasser des Fußbades oder dem Fußschweiß am Pflaster.

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