Die Suche nach dem Higgs-Boson
Ein Seminarvortrag von Timo Boße
im Rahmen des Seminars
Moderne Methoden und Experimente der Teilchen- und Astrophysik
Inhalt
• Theorie
– Motivation
– Das Standard Model (SM) Higgs-Boson
– Minimale Symmetrische Erweiterung des Standard Models (MSSM-Higgs)
– Massengrenzenvoraussagen – Zerfälle
• Suche nach Higgs bei LEP – Higgs-Produktion
– Nachweistechniken – Ergebnisse
• Suche an hadronischen Beschleunigern – Higgs-Produktion
– Tevatron
– LHC
Warum überhaupt Higgs?
• SM durch Präzisionsmessungen bisher sehr gut bestätigt
– z.B. Übereinstimmung von gemessenen Massen und Kopplungsstärken der Vektorbosonen W und Z
• Problem:
– Die Einführung von massiven Vektorbosonen W,Z verletzt die Eichinvarianz
– Man hat die Generierung von Fermion- und Vektorbosonmassen noch nicht richtig verstanden
• Lösung:
– Mechanismus der spontanen Symmetriebrechung
Spontane Symmetriebrechung
• Einführung eines skalaren Hintergrundfeldes, das im Grundzustand eine von Null verschiedene Amplitude besitzt, also einen Vakuumerwartungswert
hat
• Dies erreicht man durch den Ansatz
Für den Grundzustand gilt:
0 0
2 2 4
V
2
0 ,
2
0
v mit v
SM-Higgs-Boson
• Im einfachsten Fall ist Φ ein Dublett komplexer skalarer Felder
• Im SM geht man davon aus, daß Φ alles macht:
– Erzeugt Fermionenmassen durch Yukawa-Kopplung – Gibt Vektorbosonen Masse, lässt γ masselos
• Es existieren 4 Higgs-Freiheitsgrade. Drei davon beschreiben masselose Goldstone-Bosonen, die Spinfreiheitsgerade der Vektorbosonen erzeugen.
Der vierte ist hat zur Konsequenz, daß das Higgs-Feld durch Energiezufuhr angeregt werden kann.
→ Existenz eines neutralen, skalaren Teilchens, das Higgs-Boson
4 3
2 1
0 i
i
SM-Higgs-Boson
• Theorie sagt alle Eigenschachten des Higgs-Bosons voraus, bis auf Masse
• Deswegen Suche problematisch:
– Kopplungen proportional zu m, klein für leichte Teilchen – Higgsmasse im SM freier Parameter
• Größe von λ unbekannt und nicht durch andere Beobachtungen zu bestimmen
• Einzige Informationsquellen:
– Direkte Suche
– Elektroschwache Präzisionsmessungen
2 mH
Massenvoraussagen für SM-Higgs
• Die theoretischen Massenvorausagen für das SM-Higgs-Boson hängen davon ab, bis zu welcher Energie Λ das SM gültig ist.
– Für Λ = 1019 GeV (Planckmasse): 130 GeV < mH < 190 GeV – Für Λ ≈ 1 TeV: 50 GeV < mH < 800 GeV Würde also leichteres Higgs gefunden, ließe das auf neue Physik jenseits der Planckmasse schliessen.
Massenvoraussagen für SM-Higgs
• Durch direkte Suche bei LEP1 konnte eine Masse von unter 65,6 GeV mit 5 % C.L. (Confidence Level) nahezu ausgeschlossen werden.
• Indirekte Suche durch elektroschwache
Präzizionsmessungen legt den Wert auf fest und gibt mit 95 % Sicherheit obere Massengrenze mH=196 GeV an.
53
8833 H
m
MSSM-Higgs-Boson
• Einfachste Erweiterung des SM:
Jedes Teilchen (Fermion und Boson) erhält ein supersymmetrisches Partnerteilchen
• Also auch 2 Higgsdupletts:
• Im MSSM gibt es dann 5 Higgsteilchen:
• Es gelten folgende Relationen:
d u
h H A H + H -
C P = +1 C P = -1 skalar mh < mH
Z A H W H
h m m m m m
m
Verhältnis der Vakuumserwartungswerte:
tan
1 2 v v
MSSM-Higgs-Boson
• Es werden 2 Parameter zum Beschreiben des MSSM-Higgs benutzt:
– mA und tan β
• Alle anderen Massen und Kopplungen hängen von diesen Parametern ab
• Oberes Massenlimit für h:
• Falls mA und mH groß werden:
– Eigenschaften von h ähnlich denen von HSM
– Daher: Unterscheidung zwischen SM und MSSM in diesem Fall schwierig
GeV m
mh( A, tan ) 130
Zerfälle des SM-Higgs
• Das Higgs-Boson koppelt, wie schon erwähnt, an Fermionen und Vektorbosonen proportional zu deren Masse.
Damit kann man die relevanten Higgszerfälle berechnen:
Branching Ratio (Verzweigungsverhältnis) im folgenden BR abgekürzt
Zerfälle mH < 130 GeV
Zerfall Verzweigungsverhältnis (BR) bei mH = 115 GeV
ca. 74 % ca. 7 % ca. 7 % ca. 4 %
b b H
c c H
H
Außerdem noch Zerfälle mit Top-Schleifen:
γγ/Zγ-Prozesse haben kleines BR, dafür aber wenig Untergrund, also klares Signal
WW
H
Zerfälle mH > 130 GeV
• Wobei unter Paarproduktionsschwelle:
• Oberhalb der Schwelle: σ(HWW)/σ(HZZ) ≈ 2
W
W H
0 0
Z Z
H
VV *
H
Suche an LEP
Vier Experimente: ALEPH, DELPHI, L3, OPAL
Suche an LEP
∫L (pb) Schwerpunktsenergie (ECM oder auch ) von 1996 – 2000 sukzessive
von 161 auf 209 gesteigert
s
Suche an LEP: Higgs-Boson-Produktion
• Bevorzugter Produktionsprozess:
sogenannte Higgsstrahlung
• Weiterer Produktionsprozess:
ZZ/WW-Fusionsprozesse mit Paar von Neutrinos oder Elektronen im Endzustand.
Kommt bei
erst für mH > 115 zumTragen.
GeV s 206
Suche an LEP: Nachweiskanäle
• Die Nachweiskanäle ergeben sich durch die Zerfälle der durch die Higgsstrahlung produzierten H- und Z-Bosonen:
–
–
• Hauptsächlicher Higgszerfall in 2 b-Quarks (ca. 74% bei mH=115 GeV erfordert gute Identifikation der b-Quarks (b-tagging), also
Unterscheidung von leichteren Quarks (u,d,c,s) wie z.B aus
– Ist durch längere Lebendauer der B-Hadronen relativ einfach – Wird durch gute Ortsauflösung (und neuronale Netze) erreicht – Nachweiseffizienz bei LEP ca. 60 %
%) 8 (~
%), 85
75
(~
bb H
%) 3 , 3 (
%), 6
, 6 (
%), 20
(
%), 70
(
qq e e Z
q q Z
Z e
e 0 0
Suche an LEP: Nachweiskanäle
Die 4 verschiedenen Endzustände:
Verzweigungsverhältnisse für mH=115 GeV
4 Jets:
BR ≈ 51 %
Auswahleffizienz 40 %
Fehlende Energie:
BR ≈ 15 %
Auswahleffizienz 40 %
Leptonen(e,μ):
BR ≈ 5 %
Auswahleffizienz 75 %
Tau:
BR ≈ 7%
Auswahleffizienz < 30 %
Suche an LEP: Untergrund
• Problem: Identifikation der Ereignisse die Higgs produziert haben. Denn es gibt viele Ereignisse,
– die denselben Endzustand wie die Higgsstrahlung erzeugen (irreduzibel)
– die aufgrund experimenteller Auflösung mit Higgsereignissen verwechselt werden können (reduzibel)
• Hauptsächlicher Untergrund:
– –
– e e Z 0Z0 WW e
e
q q e
e
Suche an LEP: Higgs-Kandidaten
Die Top 20 der Higgs Kandidaten:
Suche an LEP: Higgs-Kandidaten
ALEPH 4-jet
ECM=206,7 GeV mh==114,3
Größte Signifikanz
Suche an LEP: Higgs-Kandidaten
Größte Signifikanz in einem nicht 4-jet- Kanal
Suche an LEP: b- und s+b- Hypothesen
• Um die gesammelten Daten der einzelnen Kandidaten auszuwerten werden die gewonnenen Daten bezüglich zweier Diskriminatoren ( :rekonstruierte
Higgsmasse; G: „Güte“) in sogenannte „bins“ sortiert. Zu jedem „bin“ i gibt es nun:
– Ni : # Ereignisse
– bi : erwartete Hintergrundrate – si : erwartete Signalrate
rec
mH
• So wird jedem Kandidaten ein Gewicht s/b zugeordnet
• Nun kann die Ereignisse auf die b (background) bzw. s+b (signal+background)
Hypothese testen. Man definiert sich folgende Wahrscheinlichkeit (likelihood):
i
TOT s
s
Suche an LEP: Likelihood (Experimente)
Suche an LEP:Likelihood (Gesamt)
Minimum bei mH=115,6 GeV
Suche an LEP: Confidence Levels
1-CLb: Wahrscheinlichkeit für Nur-Hintergrund-
Experiment einen Signal- ähnlicheren „likelihood“
zu erhalten
CLs+b: Maß für die
Wahrscheinlichkeit der s+b-Hypothese
b b s
s CL
CL CL
Definiere:
Suche an LEP: Confidence Level
Somit legt LEP2 das untere Massen- limit für das SM- Higgs-Boson auf 114,1 GeV.
Erwartet: 115,4
Suche an LEP: MSSM-Higgs
Ausschlußbereiche für mh
Hadronische Beschleuniger: Higgs-Produktion
X H
p
p
Viel mehr Untergrund als bei e+e--Beschleunigern
Tevatron
Zwei Experimente suchen nach Higgs:
Tevatron
• Suche nach Higgsmassen von 90 – 190 GeV bei
Schwerpunktsenergien ECM
von 1,8 – 2,0 TeV
• Plot zeigt die Wirkungsquer- schnitte der jeweiligen Higgs- produktionsmechanismen bei ECM=2,0 TeV
• Luminosität:
s cm
L~1032 / 2 /
Tevatron: Nachweiskanäle
Low mass range: mH= 90 – 130 GeV
1/1000
Signal/Hintergrund Andere 4 Jets -
Ereignisse
Hintergrund Bemerkungen Hintergrund
Kanal
l b b HW
q
q Wbb, WZ, tt
b b HZ
q
q Zbb, Zcc, ZZ
, e l
l l b b HZ
q q
Ebenfalls großer BR und viel Hintergrund
BR ~ 1/3 der vorherigen Kanäle, aber wenig
Hintergrund
Größter BR, dafür viel Hintergrund
Bemerkungen Kanal
t t b Zb ZZ, ,
q q b b HV
q
q
Tevatron: Nachweiskanäle
High mass range: mH= 130 – 190 GeV
–
Hintergrund:
Signal/Hintergrund:
–
Hintergrund:
Signal/Hintergrund:
H W W l l
gg *
W , ZZ( *), WZ( *), tt, Z( *) W
mH [GeV] 140 150 160 170 180 190
S/B 0,058 0,094 0,34 0,45 0,25 0,11
X jj
l l V
VV HV
q
q * *
Vjj V
t t VVV t
t WW ZZ
WZ, , , , , ,
mH [GeV] 140 150 160 170 180 190
S/B 0,24 0,41 0,63 0,54 0,46 0,24
Tevatron: Potential
Benötigte ∫L für Ausschluß, Beiweis und Entdeckung eines SM-Higgs am Tevatron
LHC
TeV
s 14
LHC
Sucht nach Higgsmasse im Bereich:
Lumi: Am Anfang: 2•1033 cm-2 s-1
Nach 2-3 Jahren: 1034 cm-2 s-1
GeV
m
H 80 ... 1000
Relativ sauberer Kanal Guter Kanal von 200 – 700
GeV, da Hintergrund klein und gut zu reduzieren Gute fehlende Energie
Messung erforderlich ,WZ, WW, Z + jets (red.)
ZZ (irred.)
Gute Energiemessung und jet-Identifikation nötig W + jets, WW,
Großes BR, aber viel Hintergrund, erfordert sehr
gutes b-tagging u.a.
Sauberer Kanal, da Hintergrund größtenteils
reduzibel, kleines BR Bemerkungen Hintergrund
Zerfall
LHC: Nachweiskanäle
b b H
H
l ZZ
H * 4
l ZZ
H 4
ll ZZ
H
jj l WW
H
lljj ZZ
H
e e Z
jet
jet jet
,
, ,
H t t WH
aus , Wjj ttZ
t t b Wb WZ
,
, , ,
b Zb b
WbW tt
ll ZZ
ZZ
, ,
*,
Low mass range
ZZ
t t
t
High mass range t
LHC: Entdeckungspotential
LHC sollte also SM-Higgs in diesem Massen- bereich nach ca.
2-3 Jahren ent- Decken können