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Erhöhtes TSH bei Älteren nicht immer behandlungsbedürftig

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Academic year: 2022

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Die Sekretion von Schilddrüsenhormonen bei jungen Er- wachsenen unterliegt einem Feedback-Mechanismus und wird kontrolliert durch die Konzentration des zirkulieren- den TSH im Serum. Letztere ist deshalb ein sensitiver Mar- ker der Schilddrüsenfunktion. So weist das Vorliegen ab- normaler TSH-Werte bei einem Individuum darauf hin, dass die Serumkonzentrationen der Schilddrüsenhormone fT3 (freies Trijodthyronin) und fT4 (freies Thyroxin) mög- licherweise nicht in Ordnung sind. Erhöhte TSH-Werte sprechen dabei für eine Schilddrüsenunter-, niedrige für eine -überfunktion.

Altersbedingte Veränderungen

an der Hypophysen-Schilddrüsen-Achse

Bei älteren Menschen kann, abgesehen von spezifischen Schilddrüsenerkrankungen, auch der Alterungsprozess selbst zu einer Reihe von funktionellen und metabolischen Verän- derungen entlang der Hypothalamus-Hypophysen-Schild- drüsen-Achse führen, welche in einer veminderten Hormon- produktion resultieren. Zur Beziehung zwischen TSH-Werten und dem Alterungsprozess bestehen allerdings widersprüch- liche Daten. Während ältere Untersuchungen, überwiegend Fall-Kontroll-Studien, bei Menschen ab einem Alter von über 75 bis 80 Jahren bis zur Altersgruppe der Hundertjährigen einen Trend zu niedrigeren Konzentrationen an freiem TSH zeigten, wurden in jüngeren Studien dagegen eher mit dem Alter zunehmende TSH-Spiegel beobachtet.

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass sich der Alte- rungsprozess für ein Individuum in ähnlicher Weise auswirkt wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose, HT), nämlich resultierend in einer Herabsetzung des Grundstoff- wechsels. Allerdings ist bis anhin unklar, ob die im Alter be- obachteten Veränderungen der Wechselwirkungen entlang der Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse ein Re- sultat dieses reduzierten Stoffwechsels oder aber einen Schutz- mechanismus gegenüber den extremen katabolischen Prozes- sen darstellen, durch die der Alterungsprozess gekennzeichnet ist.

Es gibt darüber hinaus Hinweise, dass die erwähnten alters- bedingten Veränderungen an der Hypothalamus-Hypophy- sen-Schilddrüsen-Achse einen Einfluss auf die Lebensdauer haben könnten. So wurde 2009 über die extreme Langlebig- keit einer Population gesunder aschkenasischer Juden berich- tet, in welcher die Hundertjährigen im Vergleich zu den Kon- trollgruppen höhere TSH-Spiegel aufwiesen. Andere Untersuchungen konnten belegen, dass zwischen einer hohen Lebenserwartung und den Konzentrationen an freien Schild- drüsenhormonen auch unabhängig von den jeweiligen TSH- Spiegeln eine inverse Assoziation besteht.

FORTBILDUNG

628

ARS MEDICI 20 | 2020

Erhöhtes TSH bei Älteren nicht immer behandlungsbedürftig

Diagnostik und Therapie der Hypothyreose bei Patienten im fortgeschrittenen Alter

Eine offensichtliche oder subklinische Hypothyreose ist eine in der älteren Bevölkerung sehr häufige Diagnose. Nicht immer allerdings liegt dem tatsächlich eine Erkrankung der Schilddrüse selbst zu- grunde, denn eine hohe Serumkonzentration von thyreoideastimulierendem Hormon (TSH), allgemein ein Indiz einer Schilddrüsenunterfunktion, kann auch rein altersbedingt sein. In einem Review hat eine italienisch-britische Arbeitsgruppe die derzeitigen Empfehlungen für eine adäquate Diagnostik und Therapie älterer Patienten mit erhöhten TSH-Werten zusammengetragen.

Frontiers in Endocrinology

� Hypothyreose ist gekennzeichnet durch erhöhte TSH-Werte und gleichzeitig verminderte Konzentrationen an freien Schilddrüsenhormonen. Bei subklinischer Hypothyreose sind zwar die Serum-TSH-Spiegel ebenfalls erhöht, die Schilddrü- senhormone allerdings im normalen Bereich.

� Unabhängig vom Vorliegen einer tatsächlichen Schilddrü- senerkrankung steigt die Konzentration an zirkulierendem TSH auch altersbedingt an. Bei älteren und hochbetagten Pesonen ist deshalb eine situationsgerechte diagnostische Abklärung anhand des klinischen Bildes einschliesslich Komorbiditäten sowie mittels geeigneter Laboruntersu- chungen und bildgebender Technik erforderlich.

� Therapie der Wahl bei Hypothyreose ist der Hormonersatz mit Levothyroxin. Dieser sollte unter Berücksichtigung von Faktoren wie Polypharmazie und Gebrechlichkeit individuell angepasst erfolgen. Eine sorgfältige Nachbeobachtung und Therapiekontrolle sind wichtig, um die Risiken einer Überbe- handlung zu minimieren.

MERKSÄTZE

Roche – seit über 120 Jahren forschend in der Schweiz

1 Roche NE et al. Correlation of interleukin-6 production and disease activity in polymyalgia rheumatica and giant cell arteritis. Arthritis & Rheumatism 1993;36(9):1286–1294. 2 Hernández-Rodríguez J et al. Tissue production of pro-inflammatory cytokines (IL-1beta, TNFalpha and IL-6) correlates with the intensity of the systemic inflammatory response and with corticosteroid requirements in giant- cell arteritis. Rheumatology 2004;43:294–301. 3 Stone J et al. Trial of tocilizumab in giant-cell arteritis. N Engl J Med 2017;377(4):317–328.

Actemra® (Tocilizumab): Monoklonaler humanisierter Antikörper gegen den IL-6-Rezeptor. Indikationen: Rheumatoide Arthritis (RA): Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven RA bei unvorbehandelten erwachsenen Patienten sowie bei Patienten, die auf eine Behandlung mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs), einschliesslich Methotrexat (MTX) nicht ausrei- chend angesprochen haben oder Nebenwirkungen entwickelten. Gabe als Monotherapie oder in Kombination mit MTX und/oder anderen DMARDs. Riesenzellarteriitis (RZA): Behandlung der RZA in Kombination mit einer ausschleichenden Glukokortikoid- (GC-) Gabe bei erwachsenen Patienten, sofern sie bei Actemra-Einleitung nicht mehr als 60 mg Prednison (oder äquivalenten Wirkstoff) benötigen. Systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA): Behandlung von Kindern und Jugendlichen ab 1 Jahr (s.c.) bzw. 2 Jahren (i.v.) mit sJIA, welche auf eine vorgängige Therapie mit nicht- steroidalen Antirheumatika und Steroiden unzureichend angesprochen haben. Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis (pJIA): Behandlung von Kindern und Jugendlichen ab 2 Jahren mit pJIA, die eine inadäquate Antwort auf MTX zeigten. Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS): Behandlung von erwachsenen und pädiatrischen Patienten ab 2 Jahren bei schwerem oder lebensbedrohlichem CRS, induziert durch T-Zellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR). Dosierung: RA: i.v.: 8 mg/kg alle 4 Wochen; s.c.: 162 mg wöchentlich. Für RA-Patienten <60 kg in Kombinationstherapie mit MTX 162 mg initial alle 2 Wochen. RZA: s.c.: 162 mg wöchentlich (rezidivierende RZA), oder zweiwöchentlich (Erstmanifestation der RZA). RZA-Patienten müssen vor Therapiebeginn mit Actemra mit einer Steroidtherapie begonnen haben. Nach Beendigung des GC-Zyklus kann eine Actemra-Monotherapie bis zu einer Gesamtdauer von 52 Wochen fortgesetzt werden. sJIA: i.v. 12 mg/kg alle 2 Wochen (Patienten <30 kg); i.v. 8 mg/kg (Patienten ≥30 kg) alle 2 Wochen; s.c.: 162 mg alle 2 Wochen bei Patienten <30 kg (und mind. 10 kg) und wöchentlich bei Patienten ≥30 kg. pJIA: i.v. 8 mg/

kg alle 4 Wochen, kann bei Patienten <30 kg bei Nicht-Ansprechen nach 8 Wochen auf 10 mg/kg i.v. erhöht werden; s.c.: 162 mg alle 3 Wochen bei Patienten <30 kg und alle 2 Wochen bei Patienten

≥30 kg. CRS: i.v. 8 mg/kg (Patienten ≥30 kg); i.v. 12 mg/kg (Patienten <30 kg); maximal 4 Actemra-Verabreichungen im Abstand von mindestens 8 Stunden. Kontraindikationen: Überempfindlich- keit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe. Kombination mit TNF-Hemmern: Gleichzeitig und bis zu 1 Monat nach Behand lung mit Anti-TNF-Antikörpern. Warnhinweise und Vor- sichtsmassnahmen: Bei aktiven Infektionen ist die Anwendung von Actemra nicht zu empfehlen; bei Neigung zu Infektionen ist Vorsicht geboten. Bei Vorliegen einer aktiven Lebererkrankung, einer Leberinsuffizienz, einer geringen Zahl an neutrophilen Granulozyten oder Thrombozyten darf Actemra nur mit Vorsicht angewandt werden. Es wurden schwere und fatale Fälle von Überempfind- lichkeitsreaktionen und interstitieller Lungenerkrankung berichtet. Es wurden Fälle von schwerwiegenden medikamenteninduzierten Leberschädigungen, einschliesslich akutem Leberversagen, beobachtet. Vorsicht bei der Anwendung bei Patienten mit bekannter Divertikulitis (Perforationsgefahr). Interaktionen: Keine Beeinflussung durch gängige Antirheumatika. Schwangerschaft/

Stillzeit: Es liegen keine Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft oder Stillzeit vor. Unerwünschte Wirkungen: Häufigste unerwünschte Wirkungen sind Infekte, v.a. der oberen Luftwege, Kopfschmerzen und erhöhter Blutdruck während der Infusion, Reaktion an der Injektionsstelle sowie Leberenzymerhöhungen. Packungen: Durchstechflaschen à 80 mg, 200 mg und 400 mg Tocilizumab als Infusionskonzentrat. Fertigspritze oder Fertigpen à 162 mg Tocilizumab zur subkutanen Verabreichung. Verkaufskategorie A. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der pub- lizierten Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch. Stand: Dezember 2019

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03/2020 CH/RA/1712/0029c(2)

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Hypothyreose:

Epidemiologie und klinische Auswirkungen

Eine HT ist definiert als das Vorliegen erhöhter TSH-Werte bei gleichzeitig verminderten Konzentrationen an fT3 und fT4, während man bei zwar erhöhten TSH-Spiegeln, aber fT3- und fT4-Werten im Normalbereich von subklinischer Hypothyreose (sHT) spricht. Die Prävalenz der Schilddrüsen- unterfunktion in der europäischen Allgemeinbevölkerung bewegt sich zwischen 0,2 und 5,3 Prozent (USA: 0,3–3,7%), wobei die Schwankungen möglicherweise mit der in den ein- zelnen Regionen unterschiedlichen Zufuhr von Jod über die Nahrung im Zusammenhang stehen. Weltweit liegt die HT-Prävalenzrate gemäss dem National Health and Nutri- tion Survey (NHANES) III bei 4,6 Prozent (offensichtliche Form: 0,3%; sHT: 4,3%), und die Schilddrüsenunterfunk- tion, von der überwiegend Frauen betroffen sind, ist damit die bei Älteren häufigste endokrine Erkrankung,

Im Vergleich zur Situation von vor 10 Jahren sind die Prävalenzraten in einigen Regionen mittlerweile deutlich ge- sunken, was auf verbesserte Screeningkampagnen und Auf- klärung, aber auch auf ein inzwischen frühzeitigeres thera- peutisches Eingreifen zurückgeführt wird. Tatsächlich weist das Medicine Utilization Center das Hormonersatzpräparat Levothyroxin (LT4) als eines der 10 meistverschriebenen Me- dikamente in Italien (zweitälteste Bevölkerung der Welt:

6,7% > 80 Jahre, 22% > 65 Jahre) aus. Diese Zahlen stehen im Einklang mit Hochrechnungen für andere Länder.

Da die HT sowohl mit einer erhöhten Sterblichkeit als auch mit einem vermehrten Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse sowie kognitivem und funktionellem Abbau einhergeht, wird eine Hormonersatztherapie mit LT4 empfohlen, welche einen positiven Effekt auf die Mortalität bei älteren Personen in Studien zum Teil bereits unter Beweis stellen konnte. Dennoch sind zur eindeutigen Beurteilung des Einflusses von HT und LT4-Substitution auf die kardiovaskuläre und die allgemeine Sterblichkeit von älteren Menschen weitere grosse randomi- sierte, kontrollierte Studien (RCT) erforderlich.

Was das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei sHT angeht, ist hingegen Vorsicht geboten, vor allem bei Hoch- betagten. Hier wird, auf der Basis verschiedener Studien und Metaanalysen sowie gemäss den Leitlinien der European Thy- roid Association (ETA) von 2013, in Abhängigkeit von den Konzentrationen an freiem TSH die Population in zwei Grup- pen (4–10 mIU/l bzw. > 10 mIU/l) unterteilt. Angesichts der Tatsache, dass sich die Schilddrüsenfunktion mit zunehmen- dem Alter verändert und die TSH-Werte tendenziell steigen, ist es wichtig, die altersbedingten Veränderungen von einer tatsächlichen Schilddrüsendysfunktion zu unterscheiden.

Der bei Älteren häufigste der sHT zugrunde liegende Patho- mechanismus ist die Hashimoto-Thyreoiditis, bei der in 90 Prozent der Fälle positive Titer von Autoantikörpern gegen die thyreoidale Peroxidase (TPO-AK) und gegen Thyreoglo- bulin (Tg-AK) vorliegen. Der Schaden am Schilddrüsenge- webe wird allerdings vermutlich eher durch CD+-Lymphozy- ten anstatt durch die Autoantikörper selbst verursacht.

Andere mögliche Ursachen für sHT bei Älteren sind iatrogen.

In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel Medikamente zu nennen, welche mit der Absorption von LT4 wechselwir- ken, oder Substanzen, die möglicherweise das Schilddrüsen- gewebe schädigen, wie Betablocker, Interferon α, Interleukin

2, Lithium, Ethionamid, Tyrosinkinaseinhibitoren oder Thy- reostatika.

Anders als bei jüngeren ist bei älteren Patienten der Einfluss von sHT und einer LT4-Substitution auf das kardiovaskuläre System nicht eindeutig geklärt. Allerdings wurde in dieser Altersgruppe eine Assoziation zwischen TSH-Werten > 10 mIU/l und einem vermehrten Auftreten von prävalentem metabolischen Syndrom wie auch von Herzinsuffizienz be- obachtet. Schilddrüsenhormone spielen auch eine Rolle bei verschiedenen metabolischen Prozessen wie Thermoregula- tion, Sauerstoffbedarf, Glukoseaufnahme, kontrainsulärer Aktivität, Cholesterinmobilisation oder LDL-Rezeptor-Ex- pression (LDL = low-density lipoprotein) in der Leber. Gesi- chert ist zudem der Einfluss einer Schilddrüsenhomöostase auf die kognitive Entwicklung, nicht jedoch der Zusammen- hang zwischen einer Schilddrüsenfehlfunktion, sei diese of- fenkundig oder subklinisch, bei Älteren und einer kognitiven Beeinträchtigung. Deshalb wären auch diesbezüglich künftig Langzeitstudien wünschenswert, die die ältere Bevölkerung und hier insbesondere auch Hochbetagte einschliessen.

Wann und wie behandeln?

Die Therapie der Wahl bei Schilddrüsenschwäche ist die Hor- monersatztherapie, die bei HT und auch bei älteren Patienten bevorzugt mit LT4 erfolgen sollte. Die adäquate Behandlung führt hier zu einer Befreiung von Symptomen wie Fatigue, Obstipation, erhöhter Kälteempfindlichkeit, Muskelschwä- che und Übergewicht. Auch hinsichtlich kognitiver und kar- diovaskulärer Funktionen konnten unter LT4-Substitution Verbesserungen beobachtet werden. Grössere Vorsicht ist dagegen bei der Hormonbehandlung von älteren Patienten mit sHT geboten. Hier sollte eine Therapie erst bei TSH- Spiegeln > 10 mIU/l (gemäss Leitlinien doppelt gemessen und bestätigt über 3 bis 6 Monate) erfolgen. Dieser Wert gilt als Schwelle, oberhalb derer das Gesundheitsrisiko durch die Schilddrüsenunterfunktion deutlich ansteigt. Allerdings sollte die Therapieentscheidung stets individuell erfolgen und sich an der zum Teil unspezifischen klinischen Symptomatik sowie am Vorliegen von weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren, von Gebrechlichkeit und anderen Komorbiditäten orientie- ren. Empfohlen wird zudem ein umfangreiches geriatrisches Assessment inklusive Labortests (fT3, fT4, TPO-AK, Tg-AK) und Ultraschallbildgebung sowie ausführlicher Medikamen- tenanamnese.

Die Autoren des hier referierten Reviews schlagen das fol- gende therapeutische Vorgehen bei sHT vor:

s Fitte ältere Patienten (65–75 Jahre) sollten bei TSH-Wer- ten > 10 mIU/l eine Hormontherapie mit LT4 erhalten.

Fitte Hochbetagte (75–85 Jahre) sollten bei Vorliegen ein- deutiger Anzeichen und Symptome einer Schilddrüsen- erkrankung nach sorgfältiger Evaluation kardiovaskulärer und kognitiver Komorbiditäten ebenfalls hormonbehan- delt und anderenfalls zunächst beobachtet werden.

s Für gebrechliche Patienten mit TSH-Werten > 10 mIU/l wird zunächst eine Wait-and-See-Strategie empfohlen. 65- bis 75-Jährige mit tatsächlicher Schilddrüsenerkrankung, HT-Symptomen und/oder Komorbiditäten, welche sich durch leichte Schilddrüsendysfunktion verschlechtern können (z. B. Herzinsuffizienz), sollten hormonbehandelt werden.

FORTBILDUNG

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ARS MEDICI 20 | 2020

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s Bei Serum-TSH-Werten zwischen 6 und 10 mIU/l sollte bei fitten Patienten mit Risikofaktoren für eine Krank- heitsprogression (Schilddrüsenautoantikörper, Erkran- kungszeichen im Ultraschall, weibliches Geschlecht) eine LT4-Therapie erfolgen; in Abwesenheit von Risikofakto- ren wird eine Beobachtung unter 3- bis 6-monatlicher Kontrolle der Schilddrüsenfunktion empfohlen (Therapie- beginn bei TSH-Werten > 10 mIU/l).

s Für gebrechliche Patienten mit Serum-TSH-Werten zwi- schen 6 und 10 mIU/l ist zunächst ebenfalls die Strategie des Beobachtens das Vorgehen der Wahl. Bei Personen unter 75 Jahren sollte eine LT4-Substitution vermieden werden, solange im Laufe des Follow-up bei gleichzeiti- gem Vorliegen von möglicherweise durch leichte Schild- drüsendysfunktion negativ beeinflussten Komorbiditäten oder Vorliegen von positiven Schilddrüsenautoantikör- pertitern die TSH-Werte nicht > 10 mIU/l steigen.

s Bei fitten unter 75-jährigen Patienten mit positiven Schild- drüsenautoantikörpertitern, HT-Symptomen und/oder möglicherweise durch leichte Schilddrüsendysfunktion negativ beeinflussten Komorbiditäten sollte ein Therapie- versuch mit LT4-Substitution in Erwägung gezogen wer- den.

s Bei allen Patienten, die eine Hormonersatztherapie erhal- ten, sollte LT4, beginnend bei 0,3 bis 0,4 µg/kg/Tag, in 10- bis 15-Prozent-Schritten nach jeweils 6 bis 8 Wochen, wenn nötig, auftitriert werden (optimaler Zielwert gemäss internationalen Leitlinien: 2,5–3,5 mIU/l).

s Empfohlen wird, insbesondere bei Hochbetagten, ein re- gelmässiges Monitoring und Follow-up der Schilddrüsen- funktion, um die bekannten negativen Auswirkungen ei- ner Überbehandlung auf das Herz-Kreislauf- wie auf das muskuloskelettale System zu vermeiden.

Für die Hormontherapie stehen verschiedene Formulierun- gen von LT4 zur Verfügung, wobei die orale Darreichungs- form als Tablette die meistverwendete darstellt und in Ab- wesenheit von Schluckstörungen präferenziell zum Einsatz kommen sollte. Unter Umständen sind im Sinne einer unge- hinderten LT4-Absorption bestimmte Vorgaben hinsichtlich bestimmter Nahrungsbestandteile und der gleichzeitigen Ein- nahme anderer Medikamente zu beachten.

Eine kombinierte LT3/LT4-Therapie scheint laut Studien keine Vorteile zu bringen und sollte gemäss der ETA-Guide- line von 2012 nur bei Beschwerden, die trotz normaler TSH- Werte unter Monotherapie anhalten, zum Einsatz kommen.

Bei älteren HT-Patienten indes, und speziell bei Hochbetag- ten, wird die Kombinationstherapie aufgrund ihrer mögli- chen Nachteile überhaupt nicht empfohlen. s

Ralf Behrens

Quelle: Calsolaro V et al.: Overt and subclinical hypothyroidism in the elderly: when to treat? Front Endocrinol 2019; 10: 177.

Interessenlage: Die Autoren des referierten Originalreviews deklarieren keinerlei Interessenkonflikte.

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