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EDITORIAL

ARS MEDICI 7 | 2021

177

«Du bist, was du isst» – wer kennt sie nicht, diese Binsenweisheit, die auf den Punkt bringt, wie sehr unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden davon abhängen, wie wir uns ernähren? Wer – medizinisch gezwungen oder weitestgehend freiwillig – schon einmal versucht hat, seine Essgewohnheiten umzustellen, weiss allerdings auch, wie schwer das meist fällt. Ist es doch so, dass wir mit der «richtigen» Nahrung nicht nur unserem Körper, son- dern auch unserer Seele Gutes tun (wollen) und beides aus unter- schiedlichsten Gründen leider nicht immer zur Deckung zu brin- gen ist. Was «richtig» ist, muss ja erst einmal klar sein, und das Lustprinzip lässt sich nie ganz ausschalten. Da gilt es dann, zu- sätzliche Anreize zu schaffen, mithilfe deren die Psyche wenn schon nicht zu überzeugen, so doch wenigstens zu überlisten ist.

Die zu eng gewordene Lieblingshose oder die angestrebte Bikini- figur taugen da oft weit mehr zur Motivation als eine drohende Arteriosklerose oder koronare Herzkrankheit, welche ja zunächst einmal nur der Arzt sieht (falls man ihn denn sieht) ...

Einen interessanten neuen Ansatz, um ernährungsassoziierte Probleme hausärztlicherseits stärker ins Bewusstsein der Patien- ten zu rücken und diese womöglich zu einer rechtzeitigen Ver- haltensänderung zu bewegen, hat eine englische Forschergruppe mit ihrer kürzlich publizierten PC-SHOP-Studie (1) verfolgt. Die Wissenschaftler untersuchten, ob in der Allgemeinpraxis abge- gebene kurze mündliche und schriftliche Informationen zu den Effekten gesättigter Fettsäuren (SFA) auf den Cholesterinspiegel und das kardiovaskuläre Risiko sowie Tipps zur Reduktion des SFA-Anteils in der Nahrung bei Patienten mit nachweislich er- höhtem LDL-Cholesterin zu einer deutlicheren Umstellung der Ernährung und zu einer stärkeren Reduktion der LDL-C-Spiegel führen, wenn diese Beratung zusätzlich an ein monatliches per- sonalisiertes Feedback zu ihren jeweiligen Lebensmitteleinkäu-

fen gekoppelt ist. Für diese individuelle Rückmeldung erhielten die beratenden Gesundheitsfachpersonen jeweils Zugriff auf die per Kundenkarte erfassten Konsumdaten der Patienten, die sich zuvor zu diesem Zweck bei einer grossen britischen Supermarkt- kette registriert hatten.

Die Studie war angelegt, um hinsichtlich des primären End- punkts, nämlich einer veränderten SFA-Aufnahme zwischen den Gruppen, eine klinisch signifikante Differenz von 3 Prozent zu detektieren. Dieses Ziel wurde zwar verfehlt, und die beobachte- ten Effekte waren auch bezüglich des SFA-Gehalts der eingekauf- ten Lebensmittel und der im Zuge des dreimonatigen Follow-ups erzielten LDL-C-Reduktion nur gering und unterschieden sich statistisch nicht signifikant zwischen denjenigen Patienten, die ein personalisiertes Feedback erhalten hatten, und denen der Kontrollgruppe. Dennoch bewerteten erstere die Intervention durchweg positiv, und angesichts von Modelldaten, laut denen bereits ein Austausch von 1 Prozent an aufgenommenen SFA gegen mehrfach ungesättigte Fette eine Verminderung kardio- vaskulärer Ereignisse um 8 Prozent bewirken kann, halten die Studienautoren die entsprechende Nutzung von Supermarkt- daten für ein probates Mittel, um geringfügige Ernährungskor- rekturen mit gesundheitlichem Nutzen auf Bevölkerungsebene zu erzielen.

Im grossen Stil ausserhalb von Studien angewandt, dürften sol- che Massnahmen nun allerdings Datenschützer auf den Plan rufen – zu Recht, wenn man sieht, wie etwa manch Krankenver- sicherer jüngst versucht, seine Kunden mit Prämienrabatten für ein per App registriertes, vermeintlich gesundheitsförderndes Verhalten zu ködern. Den Kassen sollten sensible Einkaufsdaten von medizinisch interpretierbarer Relevanz da wohl besser nicht auch noch in die Hände fallen … Dennoch gilt es auch hier genau abzuwägen, was (individuell) preiszugeben tatsächlich (kollektiv) lohnend sein könnte und was eher nicht. Dies ist auch angesichts der nicht wenigen Zeitgenossen, die sich in Pandemiezeiten im Restaurant zum Beispiel gern als «Micky Maus» in die Besucher- liste eintragen, sicher kein einfacher, aber ein notwendiger ge- sellschaftlicher Diskurs. Denn neben dem oben erwähnten Lust- gewinn durch das Essen scheint noch etwas ähnlich tief in der menschlichen Seele verwurzelt zu sein: die Begier, wo es irgend geht, einen geldwerten Vorteil – und seien es nur ein paar Rappen – erheischen zu können. Ihr werden Privatsphäre und Solidar-

prinzip nur allzu gern geopfert. s

Ralf Behrens

1. Piernas C et al.: Evaluation of an intervention to provide brief support and personalized feedback on food shopping to reduce saturated fat intake (PCSHOP): a randomized controlled trial. PLoS Med 2020; 17(11): e1003385.

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