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Von Nobel- und Ig-Nobelpreisen

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Academic year: 2022

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M E D I E N

M E D I E N ■■ M O D E N M O D E N ■■ M E D I Z I NM E D I Z I N

Fast hätten wir es vergessen, den Olympiern unserer Zunft zu huldigen. Verneigen wir uns also zum Jahresende vor Mario Cape- cchi, Olivier Smithies und Sir Martin Evans, unseren aktuellen Medizin-Nobelpreisträ- gern und Vätern des «gen targeting». Mit dieser raffinierten Technik lassen sich ein- zelne Gene gezielt ausschalten, was den For- schern Rückschlüsse auf deren Funktion erlaubt. Natürlich nicht beim Menschen, sondern an Mäusen, sinnfällig als «Knock- out-Mäuse» bezeichnet. Sie gehören heute zum Instrumentarium des Genetikers wie der Zollstock zum Zimmermann. Knock-out- Mäuse sind Massenware, die Forscher in aller Welt aus dem Katalog bestellen ... Wer erst einmal die Genfunktionen richtig durch- buchstabiert hat, wird eines Tages, wie könnte es anders sein, uns Menschen auch von Krankheiten lossagen. Na ja, daran ge- messen sind die Erfolge bislang noch recht bescheiden. Aber die Sache ist ja auch kom- pliziert, denn soviel ist klar: Der Mensch ist keine (Knock-out-)Maus, wenngleich misan- thrope Zeitgenossen behaupten, der Unter- schied sei zuweilen nicht so gross. Aber wir wollen nicht lamentieren und den Miese- peter machen.

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Vergessen wollen wir an dieser Stelle aber auch nicht all jene Forscher, die nicht im Scheinwerferlicht der grossen Weltöffent- lichkeit stehen. Wenden wir unseren Blick also den abseitigen, um nicht zu sagen ab- wegigen Forschungen zu, die im Verborge- nen, wenngleich nicht ganz im Dunkeln ihre Blüten treiben. Jedes Jahr verleiht die Zeit- schrift «Improbable Research» mit ihrem Ig- Nobelpreis sozusagen die Goldene Ananas für Forschungen, die «nicht wiederholt wer- den können oder besser nie wiederholt wer- den sollten». Ig-Nobel bedeutet so viel wie unehrenhaft, schändlich, doch in Wirklich- keit geniesst die Preisverleihung, die im San- ders Theater der berühmten Harvard Univer- sität nach Art der Oscar-Verleihung stattfin- det, längst Kultstatus. Majestätisch wie in Stockholm geht es bei den Fesitivitäten nicht

zu und denkwürdige Reden werden auch nicht geschwungen. Der Laureat hat seine Dankesrede auf sieben Worte zu beschrän- ken. Applaus!

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In diesem Jahr durften Brian Whitcomb, ein Radiologe aus Gloucester und Dan Meyer aus Antioch in Tennessee, Vorsitzender der Internationalen Schwertschluckervereini- gung, den Preis im Fachgebiet Medizin ent- gegennehmen. Die beiden haben uns mit einer schneidigen Studie die Augen geöff- net, dass Schwertschlucker mit allerhand Berufsrisiken zu kämpfen haben, wenn sie ihre mindestens 48 Zentimeter lange Stahl- klinge in sich einführen. Die stahlharten Ergebnisse wurden 2006 im «British Medical Journal» publiziert: Die Hälfte der 46 Stu- dienteilnehmer klagte über Schmerzen im Hals, sechs hatten sich schon einmal Rachen oder Speiseröhre perforiert, und bei einem war die Klinge haarscharf am Herz «vorbei- geschrammt». Fazit: Schwertschlucker soll- ten eine Krankenversicherung abschliessen.

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Bisher kannten wir Viagra® nur als ganz legales Potenzdopingmittel, jetzt erregt eine überraschend neue Anwendungsmöglich-

keit unsere Aufmerksamkeit. Viagra holt nicht nur die vergangen geglaubte sexuelle Kraft der Jugend zurück, es stellt auch un- sere innere Uhr so um, dass dem Jetlag keine Chance bleibt. Nur eine Kleinigkeit gilt es noch zu bedenken: bislang profitieren davon nur Hamster – und zwar bei Flügen gen Osten. Den Argentiniern Patricia Agostino und Diego Golombek ist diese bahnbre- chende Erkenntnis geglückt. Vorläufiger Lohn ihrer Forschung: der Ig-Nobelpreis 2007 für Luftfahrt. Aber wer weiss, vielleicht werfen wir eines Tages eine Potenzpille ein, bevor wir uns in den Flieger setzen.

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Eine andere preiswürdige Entdeckung, wenn- gleich von begrenzter praktischer Relevanz, machten Juan Manuel Toro, Josep Trobalon und Núria Sebastián-Gallés von der Univer- sität Barcelona. Sie fanden heraus, dass Rat- ten ungeahnte kommunikative Probleme haben: Sie können rückwärts gesprochenes Japanisch nicht von rückwärts gesproche- nem Holländisch unterscheiden. Dazu sind wir Zweibeiner sehr wohl in der Lage. Womit immerhin gezeigt wäre, dass zwischen Nager und Mensch doch gravierende Unterschiede bestehen.

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Übrigens: Keinen Ig-Nobelpreis hat der ge- niale Physiker Isaac Newton bekommen. Der Grund: Der Mann lebte zu früh. Newton wäre heute zweifellos ein Topkandidat für den Nobelpreis, aber auch das Ig-Nobel- preiskomitee wäre an ihm kaum vorbeige- kommen, wenn man den Legenden Glauben schenkt. Berüchtigt ist sein hobbyanatomi- scher Selbstversuch, bei dem er sich eine lange, stumpfe Nadel zwischen Augenbul- bus und Wangenknochen geschoben haben soll, um zu erkunden, wie tief diese einzu- dringen imstande sei. An anderen Tagen brütete er über den Plänen des Tempels von Jerusalem, um mit geometrischen Berech- nungen die Dreifaltigkeit Gottes zu widerle- gen. Soweit bekannt, sind Beweis und Gegenbeweis bis heute ausgeblieben. Und damit wünschen wir allen Lesern: frohe

Weihnacht!

Uwe Beise Der hohe Preis des Säbelschluckens

Von Nobel- und Ig-Nobelpreisen

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ARS MEDICI 25/26 2007

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