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607

Nachrichten über kurdische Sfänimc.

Von

Dr. O. Blau.

I.

Verzeichniss der kurdischen Stämme unter türkischer

Oberhoheit.

Der seit einer Reihe von Jahren erscheinende türkische Hof-

und Staatskalender Säl näm eh (». Journal Asiat. 1847 Sept.

S. 177 f. diese Zeitschr. III, •370ff.J enthielt zuerst im Jahrgan)^

1276 eine üehersicht der administrativen Eintheilung' des osmani¬

schen Reiches in Provinzen (oJUt), Regierungsbezirke (c-l^)

vnd Kreise (cLcai). Der vor kurzem ausgegebene Jahrgang 1277

(beg. d. 19. Juli 1860) bringt eine verbesserte Auflage dieser

verdienstlichen Arheit, insofern länuntliche darin vorkommende

Eigennamen von Ortschaften, Landschaften u. dgl., deren Aus¬

sprache zweifelhaft sein konnte, mit Voealzeichen versehen sind

und hiermit die erste sichere Grundlage zur Kenntniss der offi¬

ciellen Orthographie von einer Menge Namen gegehen ist, welche

in unsern Lehrbüchern und Kurten meist nur nach dem Gehör

europäischer Reisender, häufig sehr falsch, wiedergegeben sind.

Zur Bezeichnung der Nuancen des türkischen^Vocalsystems reichten

na'türlicb die arabischen Voealzeichen nicht aus, und es ist daher

ein grosses Verdienst, hauptsächlich Fuäd Paäa'a, dsas schon

seit einiger Zeit, zuerst, so viel ich weiss, in dem Sälnämeh

f. 1275 in der dort gedruckten Liste der Mitglieder des diplo¬

matischen Corps zu Constantinopel , bei amtlichen Dmschreibnngen

ausländischer Namen eiue genaue Vocalbezeichnung eingeführt

wurde. Biernach werden die Vocale y durch ~, o durch

ö durch JL, u durch —, ü durch JL, die letzteren nur mit dem

entsprechenden Füllconsonauten (Väv), das erstere auch ohne

einen solchen (J&) ausgedrückt.

Dies System ist nun zum erstenmale hier auf die geographi¬

sche Nomenclatur angewandt und erweist sich sehr nützlicb. Mit

diesem Hülfsmittel in der Hand ist es mir möglich gewesen, die

folgende Liste der Kurdenstämme, welche gegenwärtig die tür¬

kische Oberhoheit anerkennen, zusammenzustellen, — eine Ueber¬

sicht, welche nur das Verdienst heausprucht, die übliche Bezeich-

Bd. XVI. 40

(2)

608 Blau , Nachrichlen über kurdische Slämme.

nung der einzelnen Clans und der Districte, denen sie in der

Verwaltung zugetheilt sind, nach jener amtlichen Quelle wieilvr-

zugeben.

Seite des Sätnameh 140.

Provinz Adana

Reg. Bezirk Adana

Kreis hei Sis

Name des Stammes Ha^ilU

») » ii hei Masis

tJ Mr ,

MenemenlU

141. j) 'Ozeir hei Alüs

j.JLo (lajälU

yt >» Mar'aä eigener ^ji^U Nddirlü

» 91 » desgl. ^UÜI Afsär

» ii » desgl. ^Lfii. <^nqällü

» ii ii desgl. ^JLiL^JLa- Öelikäniii

» n )» desgl. y^^^-i^ SJnäinenlü

>i ii ii desgl. ^AjLä Qili^lü

)9 » ii desgl.

Ow y\s.*!o\ Atmalü

145. Siwäs Siwäs eigener ^Ua.« Millü

»

i>

»

ii i

eigener 1 yij^b- Käwiiiü

[ ji.==jLj Bäriklü

» if

»»

)i

Si

ii desgl. 1

^^y^cL. Sag^i Bädlü

IAO. Charpurt Malätia desgl. Izöli

» ' n » desgl.

"'u- ej^*^ Baljän

M n Bihianf Bihisni _^La4- 6aqä!lü

» ii >» Bihisni

ü

^Xti?! Atmalü

»

>J

»> >

ii

>i

»

J)

»J Dersim

1 UTJjtW B«rüÄ

eigener J .i^"-

\ j^l^j^LbUJI Aljätlü-RiÄ-

V wänf

eigener ^ßyiJ^^ß Qo6köprü

147. Rrzcrüm Mää. Chunüs

, ▼ Zäriqi

(3)

Blau , Naehriehteti über kurdinche Slämme. 60^

Seile ües

Srilnäiiieli Provinz Reg. Bezirk Kreis IViiiiie des Stammes

147. Erzerüm Müä Bulanyq

CJ- MemkJ

)) j) JJ Wartd

jJLi|j*Ä- (jieiränlü

») j) Bajezid Diädin (Seläli

JJ JJ JJ desgl. yLiljA*=- Heider.'inlii

»J j> j» desgl. j.ii^f,-^ ZilAnlü

ld4. Bagdäd Revandüz

eigener

o - fcs>yi«. Serie

» J9

»

Suleimä- nije

5>

Suleimänije Baziän

, o - Mendiimi

<\iy*9 Hnmavend

J) JJ J)

Snjuke i^jjjc J-rV^-l fsmA'il-'Aziii

JJ JJ JJ Märga

o - j^JwU Menkär

JI » JJ »>

o

(ji^/cU MAmij

J» ;j J) it

j.sL^ Cnqyr 1.■).■>.

JJ JJ

)j )j JJ

Kerkäk JJ JJ

eigener bei Cbalkän

^ Sin

j-i^rAgü a - o

. jLji./V:_^.=> Cho^nau

JJ )j JJ Zärdi

V

(_^.JL BelbAa

148. W.ln Mdsul äabür

JJ

JJ JJ

)>

Haminäm-

■ 'Ali

^l*.AMji\ Abil-Suleimün

t^AjAi- Budidl

9) >» >»

ror

^yr/ Gärgäri

Jl J> » Sinear ^L*=isj> Herekiän

J) }J »9. 'Aqra i.5j^j3 Jäi'g»''

>» >l ii .L^l Zibär

9« »».. ii Zibäri 1

Süri^i

9> 9» ii ci«.~j.>ljJ Beräddet

A 40 •

(4)

610 Blau , Nachrichlen über kurditche Slämme.

Seite des

Sälnümeh Provinz Reg. Bez. Kreis Name des Stammes

148.

»

Wän II

Mosul

Zibäri

ü , _

1 o'at** Sirwän

I tj^y Kürdi

» II )) 'Imädia

»j^Aj Nirüb

II II II

™ ti-

99 ijjy) l5;'j/^ Berwäri-Jürf

A

II II j>

99 <Jßj 1-5.) 'j;- I^erwäri-Jiri

II 99 )) Däadije ^yCijO Ddäiki

ISO. Haleb Raqqa (__5^(ji Beräzi

II »1 II yiibU/ Ketkäniü

II II 91 Sarü^ ij-^ Beni-Qeia

II II It jiL^ Millü

II II II ^^LÄa.^ ^eiehänlü

II II . 99 eigener ^Ijj Baräq

II II Kilis ^eichler

^iJL^ Siqäqi II

II

Jl II

9) Haleb

— <• A

eigener jiijjJI^^.iS^jsjt Oq^i-'lz-

' \ y ziddinlU

bei Härim ^lilXJj Delikäniii

Bei der Anordnung dieser Liste bin. ich, wie man siebt,

nicht einfach der Blattseitenzahl des Sälnämeh gefolgt, sondero

bahe einen geographischen Rundgang durch alle die Ejjalets ge¬

machl, iu denen Kurden ansässig sind. An der Westgränze die¬

ses Gehietes, io Adana und Siwäs, hin ich nicht üherall sicher,

ob alle genannten Stämme rein kurdische aind, oder oh auch turk¬

maniscbe, die bekanntlicb das mittlere und sUdliche Kleinasien

bevölkern , mit unterlaufen. Das Sälnämeh gebraucht für kur¬

dische uod turkmaniscbe Stämme das gleiche arabische Wort

o^aXIxc, Stamm, wie es die Kurden von sich seihst gebrauchen.

Arabische Nomaden, die der Pforte unterthan sind, werden da¬

gegen, wie z. B. die Tai, die al-'Oheid (.Sälnämeh S. 155) mit

der Bezeichnung iJLo eingeführt. Einen stark arahisch gefärb¬

ten Namen tragen die Beni-Qeis in Saru{![', siud aber unter lauter

kurdischen Stämmen uufgeführt. Auf der Grenzscheide der ara¬

bischen und kurdischen Wandergehiete in jenen Ejjalets geht

■icherlich eine mannigfache .Mischung heider iVationulitäten vor

(5)

Blau , Nachrichten über kurdische Slämme. 611

sich, UDd es mag oft schwer zu scheiden sein, was arahischer,

was kurdischer Ahkunft ist; so z. B. finde ich die oben öfters

vorkommenden Millü unter dem Namen Milli-Araher auf den Kar¬

ten von Kiepert und zu Ritter's Erdkunde eingetragen. Bei

der Eintheilung in Steuerkreise hat die türkische Regierung von

der alten Stammverfassung der Kurden vielfach ahgesehen; in

mehreren Fällen ist ein zusammengehöriger Stamm zwei ver¬

schiedenen Verwaltungsbehörden zugetheilt^ und erscheint daher

in unserer Liste doppelt, wie die Millü, Caqällü, Atmalü; in an¬

deren Fällen wiederum, die ich durch das Klammerzeicben be¬

merklich gemacht habe, sind mehrere Clans zu einem Kreise ver¬

einigt worden. Meistentheils bilden aher die einzelnen Stämme

hesondere Steuerverhände, und dann ist es nicht immer leicht,

ihre Wohnsitze geographisch näher zu hezeichnen ; nur einigemal

hahe ich, nach der Anordnung im Staatskalender, den nächstlie¬

genden Kreis mit der Bezeichnung „bei" hinzugesetzt. Oder

aber sie sind den bereits bestehenden und anderweitig benannten

türkischen Verwaltungskreisen einfach einverleibt worden , was

dann der Staatskalender mit einer Phrase ausdrückt, wie z. B.

, o * .

J,'^£>. o_jA.i.c fut ^jOLyJ) ^A=»Lj „Landschaft Diddtn mit

dem Clan der 6 e I dl i " u. s. w. , (vgl. meinen Aufsatz in die¬

ser Ztschr. XII , 584 ff. wo hei diesem Anlasse S. 595 Sila'lj

in Zildnlü corrigirt sei) oder ^Ufty^ /ü'-^* ^ LTIV^ Hanüs mit

11

den Clans der Zärtqt" (a. a. 0., S. 594, habe ich dieaelben

als Zerekli, Zirkanly in verschiedenen Zweigen bis nach Chynys

sich verbreitend aufgeführt). Nur ein einziges Mal lautet die

0 'ü.

Phrase etwas anders, S. 155: i^^jj ^^Oö^IIj! ^jjJii.^ y^^Lij

„Von den Gebieten der Belbäs: Zärdt", wodurch an¬

gezeigt wird, dass der Rest des grossen Stammes Belbäs (a. a.

0., S. 590) noch nicht der Oberhoheit der Pforte gehuldigt hat,

noch keine Steuern zahlt. Bndlich ist in dieser Beziehung zu

bemerken, dass viele Kurdenstäiiime , welche innerhalb des türki¬

schen Reichs angesiedelt sind, ihre alte Stammverfassung ganz

aufgegeben hahen und gar nicbt mebr unter eigenem Namen in

der Liste des Stautskalenders als o^aj^c figuriren, sondern höch¬

stens den Kreisen, in welchen sie wohnen, den Napnen gelassen

haben. Dies findet namentlicb in dem eigentlichen Kurdistan,

d. h. in dem Ejjulet, welches die Benennung Kurdistün führt,

sowie in dem der Uberwiegenden Mehrheit nach von Kurden be¬

wohnten Regierungsbezirk Hekäri statt. Die betreffenden Ab¬

schnitte des Sälnämeh lauten nämlicb:

(6)

612 Blau, Nachrichten über liurdische Slämme.

S. 148: Pruviiiz Kurdistan, 49 Kreise.

Regit-rungsiiezirk M.-irdin, 11 Kreise:

1. Mardin mit Quiliisar 2. Zäclio. .3. öezirc 'Oniarijv.

4. Nisiliin. .'S. Die Laiidscliaftuii 'Alijät und Aznävor. ti. Itüli-

t.-iii. 7. Hä^i-Utliräm. 8. Midjat. 9. Savor. 10. Sürkici. II.

'Amarkan.

Regierungsbezirk Sä'ird, 12 Kreise:

1. .Sä'ird (Is'ird). 2. Ridwän. 3. Gcrzän mit Hisn-Keif.

4. Sirwän. ?>. (Iara-ke6i. 6. (lördiiSn. 7. Landscliaft l)ira(rül.

8. Landscliaft Ärü^. 9. Lnndsciiaft .Säsün. 10. Lundsclial't Aq-

Nisi. II. Landschaft Hezän. 12. Landschaft Resnegän.

Regierungsbezirk Diärbekr, 26 Kreise:

1. Diärbekr (Ämid) mit den Landschaften östlich und west¬

lich und Giki nehst TUrkmän. 2. Mahal. 3. Metnän. 4. Direk-

De^tiktir. 5. Uehrämki. 6. Beliri. 7. Selwän (M^färiqin). 8.

Qulh. 9. I'ädigän. 10. Cliyjän. II. Göiniikler. 12. Gähaqi'iir.

13. Meni^kur. 14. Kich. 15. Jachtek. 16. Zikti. 17. Land¬

schaft Herta. 18. Ne^är. 19. Landschaft Taos. 20. Hovidän.

21. Mrhräni. 22. Chadrä (Ter^il). 23. , Li^a mit Ätaq und

Telsemeh. 24. Häni (p'aly Ma'den). 25. Cisqa. 26. Äbkür.

ünd S. 147: Provinz Wän.

Regierungsbezirk Hekäri, 9 Kreise:

1. äülamerk. 2. Mahmiidi ^ (Cho^äb). 3. Albäq. 4. Giir-

Semdinän. 5. Beit-eä-Sebäh. 6. Cäl. 7. Qotür. 8. Deri. 9. Oher¬

und Ünter-Täjärf.

Regierungsbezirk Wän, 13 Kreise:

1. Wän. 2. Pargiri. 3. Äguns. 4. At^\&. 5. 'Adil^uwäz.

6. Achlät. 7. Gäwä^ mit den Landschaften Karkär, Qar^ikän

und Tatowän (Gawär). 8. Mäkäs. 9. Landschaft .Sätäq. 10.

Jjyrwy. 11. Chuwäsör. 12. Landschaft Wostän. 13. Nördiiz.

Wenn somit auf der einen Seite klar ist, dass nicht die

gesammte kurdische Bevölkerung des türkischen Reiches in jener

Liste als solche figurirt, so wird auf der andern Seite zuzu¬

geben sein, dass nominell mancher Stamm als der türkischen

Herrschaft unterthan in derselben aufgeführt ist, der durum noch

kjeineswegs seine volle Unabhängigkeit eingebüsst hat. In den

abgelegenen Provinzen des osmanischen Reiches steht so Man¬

ches auf dem Papiere, was sich in Wirklichkeit anders gestaltet.

Diese Beschränkungen zugegeben, ist die Redaction des Staats¬

kalenders hei ümschreibung der Nainen und heim Druck dieses

auch für einen tUrkischen Beamten nicht leichten Capitels an-

scbeinend mit grosser Sorgfalt zn Werke gegangen. Mir ist in

(7)

Blau, Nachriehten über kurdisclie Slämme. 613

der obigeo Liste der Kurdeostämme nur an einer Stelle der Ver¬

dacht eines Druckfehlers aufgestieg-en : ich vermuthe, dass S. 141

der Name CelikänIU, im District Mar as richtig Delikärlü (S. 150

Haleb) zu schreiben ist und der Setzer nur in den falschen Let¬

terkasten neben O gegriffen hat. Doch muss auch dies dahinge¬

stellt bleiben, da die Etymologie dieser kurdischen Stammnamen

nur in den seltensten Fällen durchsichtig genug ist, um als Kri¬

terium der Rechtsclireibung zn dienen. Der Endung nach sind

die gegebenen Formen dieser Namen, wie leicht erkenntlich ist,

in denjenigen Ejjalets, die sonst arabische Bevölkerung hahen,

arabisch, in denen, wo osmanische Bevölkerung vorwiegt, türkisch.

Die vorkommenden Doppelnamen dienen -entweder zur Unterschei¬

dung verschiedener Zweige desselben Stammes, wie bei den Ber-

wäri's, oder zum Zeichen der Verschmelzung zweier Stämme

in einen , wie bei den .Aljatlü-Riswäni, die anderwärts auch blos

Ridwän genannt werden; z. B. bei Lerch in M6I. asiat. li, 628:

„Stamm Rischwan der bei Söerek (nach dem Sälnämeh S. 150

die Hauptstadt von Bihisni) lebt."

Es liegt ausserhalb meiner Absiciii unü zum 'l'heil ausserhalb

der Grenzen der mir hier zugänglichen HUlfsmittel, nach dem

Obigen nun alle die abweichenden Schreibungen jener Stamm¬

namen bei andern Autoritäten zu berichtigen, und in die ethno¬

graphischen und geographischen Details des kurdischen Gebietes

einzugehen. Nur das gehört schliesslich noch zu meioer Auf¬

gabe, anzudeuten, wie die ganze Stelle in der eben citirten Ab¬

handlung Lerch's (S. 624), welche die Vertheilung der ihm be¬

kannt gewordenen Kurden in die verschiedenen Liwä's der asia¬

tischen TUrkei behandelt, nach dem Staatskalender zu berichtigen

ist. Es muss dort heissen: Mär din (Ejjal. Kurdistän), (Ve¬

zire (Kreis im Liwä Märdin), Dersim (Ejjal. Charpurt), tdiii

(Ejjal. Erzerüm), Diarbekir (Ejjal. Kurdistän), Urfa (Kreis im

Liwä Raqqa), Bire^ik (Kreis im Liwä Raqqa, Ejjal. Haleh),

Charpurt (Ejjal. gleiches Namens), Malotia (Kreis im Liwä

Charpurt), Ma'ädin (Ejj. Charpurt), 'Arabkir (Kreis im Liwä

Charpurt', Erzerü-in (Ejjal. gleiches Namens).

U.

Blumenlese aus Ni'metuUah Sirwäni's Reisesrarten.

(Handschr. d. DMG.)

Bereits in Zeitschr. Xll, .'>85 u. 714. Xlll, 259 hatte ich

auf diese während meiner Reise in Persien für die DMG. er¬

worbene Handschrift aufmerksam gemaeht und an letzterer Stelle

uuch erwäbnt, duss in Petersburg sich eine vollständigere Hand¬

schrift desselben Werkes befinde. Aus einer IMittheilung Dom's

an die Akudemie vom 4./16. November 1859 (Bullet. I, 732), ist

nun zu ersehen, dass seitdem eine fernerweite Handschrift, dies-

(8)

614 Blau, Nachrichlen über kurdische Slämme,

mal unter dem Titel „Hadschi Sain-ul Abidin's Blu¬

mengarten des Reisens t^i^^U^Jl ^Lämu" aufgeführt, mit

der Dolgorucky'scheo Sammlung von Teheran an die K-aiserliche

öffentliche Bihliothek in St. Petersburg gelangt ist. Das Werk

verdiente vollständig herausgegehen zu werden.

Der Verfasser hat in seinem Buche meist eigene Beohach¬

tungen Und Erfahrungen, die er auf weiten Reisen sammelte,

niedergelegt und dabei -sein Augenmerk besonders auf ethno¬

graphische und statistische Nachrichten, sowie, was für

die Kenntniss des modernen Orients vorzüglich dankenswerth ist,

auf das Vorkommen der Secten in und-ausserhalb des Islam,

deren Geschichte und Entwickelung gerichtet. So findet man

z. B. unter den Artikeln ^^Ly^-ALt , ^^LLji^.^*,! , N'ASjJ v^^i-X-* j,

Mittheilungen über die Isma'ilis, die Teufelsanbeter,

die Jeiiden, "welche man anderswo vergeblich suchen würde.

Die Anordnung ist, im Ganzen und Grossen, alphabetisch, meist

nach den Namen der Städte, Läoder und Völker, die dec Verf.

besuchte

Um ein paar Proben seiner durch gedrängte Einfachheit und

Klarheit ausgezeichneten Schreibart mit einer Bereicherung un-

■erer Kenntniss voo Ländern zu verbinden, die' dem Wanderkreis

morgenländiscber Touristen gewöhnlich fern liegen, von unserem

Autor aher alle selbst bereist wurden, gehe ich im Folgeoden die

beim Durchlesen mir aufgefallenen Stelleo, welche Uher die Kur¬

den Nachricht gehen, (..ei^er habe ich dabei zu hedauern, dass

diese Handschrift, welche gegen das Ende defect ist und uach

tlem auf deo ersteo Blattseiteo (fol. 1—4) gegebenen Inhaltsver¬

zeichnisse kaum etwa zwei Drittheile des Gaozen umfasst^ ge¬

rade die wiebtigsten hier einschlagenden Artikel : u.«-mJ ^Ljj

ttiAX^L«.^'! und ^U^jy' nicbt mebr enthält. Ich muss mich daher

auf die in andern Artikeln verstreut vorkommenden Notizen be¬

schränken.

Fol. 43 v. unter,der Ueberschrift: heisst es:.

iKjLaS '_j««5 t,j.ÄAj\ iß'H v^«»' oo^;

ijijlJj.*. ^t:lS\,Xi j.>^ lAjiitjJ"! >»A,jl^ _)l.J^j^ ^s»'-'^*}

v^j.ij a^**"* i"^^ ^'ij'^ yjS» Jw*o v—«J^s .Ai^L^i

^OjJ Ai^A^j' ^ÄÄ5J '••iji L--*' >.^j;l-J.>^ i^jjjJ

iXjjAS'jAi ^^^.LJI

„Aermän ist ^der Name zweier Länder, Grossarmeoien und

Kleinarmenien" (folgt Beschreihung der Lage, Gränzeu und ar-

(9)

Blau , Nachrichlen üier kurdische Slämme. 615

menischen Bewobner); „die grösseren und kleineren Nomaden-

Stiimme dieses Gebietes sind kurdische Clans; an Tapfer¬

keit und Maunhaftigkeit sind sie alle wahre Ueldennatureu (wörtl.

Rusteinsnaturen) ; sie hesitzen nahe an 300,000 Zelte, und in

Gastfreiheit und Beschiitzung Fremder thun sie es vielen Ländern

zuvor; aber sie sind eine blutdürstige und rebellische Gesell¬

scbaft und scheuen sich nicht vor Diebstahl und Strassenraub."

Ebenda, Art. ^t-^^^'.

jiASjl yj> ^_R_JLIJ ^Lji-^j' *Ä^«< «r^^'^'i . . • . oa^hXj^^

' >

^A=. LsUt ^licl :>\j^i .i^Mü j^^-^h '^/s o'^^y'i

tX.il ^La-"".? j*j L5j^*^^ ^*if w^^iÄ-«

„ K I e i n a r m e n i en ist ein Land .... und die hauptsäch¬

lichsten Bewohner dieses Gehietes siud der Stamm Dulqadr '),

Turkmanen, Kurden, Qä^ären, Beliärlü und Affären ; die grosse

Masse dort sind der Secte nach Hanefiteu, und demnächst Chris¬

ten; 'Ali Allähi's sind auch viele darunter."

Pür die Angabe des Verfassers in Betreff des Stammes

Dulqadr legt auch der Umstand Zeugniss ah, dass die Tür¬

ken ooch heutzutage Cilicien, das ehemals armenische Reich.

^ä^tXäJ( nennen (Bianchi diet. turc. I, 906); auch eine .Stadt

daselbst führt den Namen „ K a r s - Z ü I k a dr i eh " zum Unter¬

schied von der gleichnamigen in Grossarmenien. — Die Qä^ä-

ren, denen der Verfasser einen besondern Artikel widmet, sind

auch anderweit als his nach Kurdistän hinein ansässig erwähnt,

z. B. unter dem VVorte v^Jij fol. 133 r:

süN^i'Äj^.« .J^aIs tjjC ^\yi j'j ^^jüÜMi'jji jl vi;**.! KM» k-jL^j

^ii=3l^ <:>ji ji*? u^'-^j-* 5 '■^j' »'^♦i Oj*3j Aj^L=>.Ls »Uit

a*aÄ JkAJlÜ j i^-c /^p5 ^^i^i V»A..?lX-« (_^»*»-

kXit iu.«L«!

„Di'häh ist ein Flecken in Kurdistän und gehört zu

'Iräq-Arabi ; es ist ein'kleiner Ort, den die .Statthalter der Qä-

gäreu-Dynastie in Besitz genommen haben ; seine Einwohner sind

1) L'eber den Slaium Dulqadr sagt der Verf. fol. 133v. : „Dulqadr ist ein Stamm der Türken; es ist ein grosses Geschlecht und leitet seinen l'r¬

sprung von Turk, dem Sohne Jäfcl's, ab. Sie wohnen in vielen Ländern, Tiiran, Turkest,in, Irnn, Hilm, Kabul, Knsrair und Zäbul, nur nichl in Färs und 'Irüq; in Irün sind sie 30,000 Familien, in Rum 100,000, in Kabul und Kasmir 20,000 Familien stark; die meislen von ihneo sind l^anefilen , andere Siiten, einige auch ' Ali-Alluhi's,

(10)

616 Blau. , yachrickten über kvrfUnche Slämme.

alle Kurden, meistens Hanefiteu, andere SafiVten, andere auch

'Ali-AUähi's , ein ganz kleiner Theil ist sii'tischen Bekenntnisses."

Die Afsären kommen heim Verf. unter andern in Urumiah

(fol. 44 r.) wieder vor (vgl. RiUer Erdk. IX, 949).

Wer die Be här Iii sind, darüher fehlt mir weitere Auskunft ;

anscheinend ein turkmanischer Stamm.

Die 'Ali - Allähi's führt M'metullah sehr häufig in diesem

Ländergebiet auf, z. B. in Hims (fol. 113 v.], in To qät (fol.

101 V.), in Erzin^än (fol. 43 r.) , unter den Artikeln Turk

und Turkman (fol. 99 v.), und öfters.

Von sonstigen Secten in Armenien kennt er noch die ^Lc

6äli {vgl. VuUer's Lex. pers. II, 597) als Bewohner Erzerdm's

(fol. 42 V.).

Fol 27 V. wird beschriehen :

.... >ijk,i^>> Vyi^s U"''^;'' Ji.*-^ ^/^i ..S}*'^ »•s*'«;' }^ j' ^jL**»»»J1

JÜt ^gfXl^ iV^i Jtj jlyl usiiiio jUAil

,, Alhistän. im Lande Kleinarmenien, nördlich vo«i Mar'aä

und südlich von Derendeh In den Landschaften dieses Ge¬

bietes haust ein Kurdenstamm, welche von Natur schlechtes

Volk und 'Ali-Allähi's siod." . . .

Hiermit ist zn vergleicheu, was oben aus dem Sälnämeh S.

141 über die Kurdeo bei Mar'aä angeführt wurde.

Fol. 163 r.:

Lf*^5 *!^*''_;' »ü«.».! »•»jti' (»U _^-»^ tl*^

(Ji^AJ (^jl Ai^ (^^5 kXijL»j ooy^A» qI.jJ? ^(d^L.^j

,

»,ij^j>5/ vX-it ^^ji! t^**^ e*'*^*? (.X-iO^ ui-j'^b jl

^\ Oy») Lj JÜt UiaSj Ij iX.s\j ^.^i ^J;^^^' {{J^'^/ ?)

AÄÄ«^) ijLi-!jj*> ijala?) ^Läa* »^aä jl*^ (j^**** '^«**^ OÜua

■ CkX^ _^ä!j LXJLiljiÄi' ijiy>j fj'^'^S j^'^S f}-?^^ JUjL.iwji

o*«.» Oj,a3 OjÄL«> ,jL^<I Ij, »J^ |.^ä ^^1 ^^L-. ».JjiLj

„Sibki beisst ein Clan im Lande Grosaarmenien. Bald

ziehen sie in das Gebiet von Eriwän hinüber uod lassen sich

dort nieder, hald halten sie ihr Sommerlager in Armenien. Sie

sind ein kurdischer Stamm, zum Theil SafiVten, der Mehr¬

zahl nach aber Jeztdi's. Sie sind Rebellen (?), Strassenräuber

und Teufelsgenossen, aber trotz dieser tadelnswerthen Eigen¬

schaften gastfrei und in dieser Beziehung sogar ausgezeichnet;

anch aind sie Freunde der Derwiie und ihnen sehr zugetban,

tapfer, kühn, edel, schön und angenehm im Benehmen. Der Ver-

(11)

Bio», Noekriehten über ismrdieehe Stänme. 617

fMier hat fiinfzehn Tage nnter dieaen Volke zugebracht und

Umgang mit ihnen gehabt."

Sehr wahrscheinlich sind in diesen S i h k i jene Stämme

wiederzuerkennen, welche ich (Ztsebr. XII, 589. 593. 595) unter

den Namen Sivkili, Sivkani, Sivkani i auf dem armenisch-

russischen Grenzgebiet unter andern Clans zerstreut traf; bald

anf türkischem Gehiet weidend , bald über die russiscbe Grenze

schweifend. Ancb habe icb a. a. 0. S. 586 scbon angefiibrt, dass

unter diesen Stämmen sicb noch hentigen Tages Jezidi's fin¬

den, namentlicb um den Aq-Göl bei Maku. Perkins begegnete

solchen kurdischen Jeziden hei Karakilisse (RiUer Erdk. IX,

S. 759); er nennt sie Sjpoki. Nahe der persischen Grenze,

eine Stande von Kjzyl-dize, lagerte icb selbst am 22. Juni 1857

bei einem jezidischen Dorfe Qara-köi , dessen Einwohner kur¬

discher Nationalität waren ; gewöbniicb wird dies Dorf Jezid-köi

genannt, ich letze nocb eine andere Stelle meines Reisejournals

ber, die zur Erläuterung obiger Angaben Nfmetnilahs dienen

dürfte; „Jani 19. Nachtquartier in Dscbelgabni (im Murad-

Thale, Ztsebr. XII, 595). Ich traf daselbst eioen getauften

Kurden aus dem Stamm der Sivchili, weicbe naeh der Rich¬

tung, die er mir zeigte, im Gebirge Kilid-Gedük wobnen;

ein grosser hübscher Bursche, ganz in Rotb gekleidet. Der tVirth

ünseres Clans , Namens Ibrahim, ist selbst ein Landsmann von ibm,

früher Jezidi, ans dem Orte Siwcbi, einige Stunden südlich

von bier: er bat jenen Kurd-Jeziden znm Christenthum bekehrt."

Das Zusammentreffen dieser Notiz mit den Angaben Ni metullohs

macht mich zu d^r Annahme geneigt, dass dies Siwcbi, wie

icb ea nennen hörte, von dem Sibki uoaeres persiscben Gewährt-

mannes nicht verscbieden, und demnach die eigentlicbe Hei¬

math dieses Stammes in den Bergen aüdlicb vum Muridtfaale iat.

Endlicb habe ich noch in Betreff des Ausdruckes

benerken, dasf es, wie die gleichbedeutenden ^lA.^ g^tM und

(Borh. Qat. ■) bei FuUers l|, 490) nicbt acblechthin eine

AntonoMasie für Satanaa iat, aondern speciell aoa der jeitdi-

acben ^H)rtbologie entlebnt nnd zn jenen NaaMD sn liblen iat,

wie Seich-Mazea, I^eich-Hadi (RiUer Erdk. IX, 751 ff.),

mit denen die Jezidi'a das böte Weseo bezeichnen. Vielleicbt

wäre die richtigere Uebersetzung statt .^Teufelsgenoaaen" ge¬

radeso „Teufelaanbeter".

Fol. 133 r.:

«-uwt^l vJsA* OjiX^ o**.' ißiis /^j^^

JUäjJ. f\Ji. ^jiM> fc*i-.jl \>^A y. ^J^i/i

I) S. jeiToeb Ztsebr. XI, S. 442, Aon. 3. PL

4 0

(12)

618 Blau, Nachrichlen über kurdische Slämme.

ALff! j^], a^j^i f^^ j's a'-^^j/a

J-^ i'^ii^i i^A"^ i-^i^> ^i.i.s- jLjO

y^AJ^j (ikUi y>>; Jwii ^iY ^^,Uj »Ail

\^m\ vX<<t Fol. 29 F.:

iOumI ^^JjLji> säXm j'iJ ^_yX.»j ^4 /'^'^i '^i^^ {D}yi '^'*'

V^cj j>i . . . . tXij^r jXjjLj.> 1^ L« ^y^l

c>.«»a5>> Vj* i:)^*^' "-V-^ ci'^-' j' ^li^xit v^a*.!

Ls\jl (»loci >>l_y«. tXil ».>_y*i i_jj*aJ o^**^ ^' J^*» ^"^5

i_Alct^ .Xi! iijlt /-A-" v^l-* ^_5_^Äi*e. wk?Ä/c |^äÄ=» >_s^9

>

cf*^' w-SfÄ* j^äis. ^-.j^il i^^'^jj ij-i ^yL^«.

BUAi* Ait iu<«Ul &«A.ä< JwJls Jjjt^ i3>^^j!! /'S'.'^a (.5;'^

c^«>t 8>^^«i c^.^^ LmX^].^ /^jt

„Diärbekr ist eiue Provinz. Begränzt wird sie im Osten

von Grossarmenien und Kurdistän, im Westen von Kleinarmenien

uud Syrien, im Norden von Anatolien und Brzin^än , im Süden

von Syrien und Arabistän. Die meisten Einwobner dieses Lan¬

des sind hanefitisclien Bekenntnisses, andere Christen, noch andere

'ATi-Allähi's und ein kleiner Theil Siiten. Im Allgemeinen spre¬

chen sie türkisch, dann auch kurdisch ... Die Hauptstadt

dieser Provinz ist die Stadt Ämid."*

„Ämid, wie öäbid zu sprechen. Ämid ist die Hauptstadt

von Diärbekr, gegenwärtig nennt man auch die Stadt .selbst Diär¬

bekr. In den Geschiebts- und andern Büchern ist erwähnt, dass

es zum Reiche Irün gerecbnet wurde, jetzt sind es aber zwei¬

hundert und einige Jahre, dass die Osmanli es in Besitz genom¬

men haben. Die überwiegende Mehrheit hilden dort die Anhän¬

ger des hanefitischen Bekenntnisses und des christlichen Glau¬

bens, andere gehören verschiedenen Secten an. Die Bevölkerung

der Dörfer und. Landschaften um die Stadt sind Kurden von

hauefitischem Ritus und'Ali-Allähi's, ausserdem auch Christen und

jezidi's, und ein ganz geringer Theil Sii'ten. Der Verfusser ver¬

weilte iu dieser sehr angenehmen Stadt sieben Monate."

Fol. 129 V. : die bereits in dieser Ztsebr. XII, 585 ange¬

zogeoe Stelle über die Dü n h e li-Kurden lantet vollständig:

' > . - •

(jiLJy» ».»jLIajl Q^-!^' '^•i v_Ajl_yl3y o^*«' ^»^\^ J'*^ i>^i

(13)

Blau, Nachrichlen iiber kurdische ßlämme. 619

^30*..« s^l*\ qI-JJ «ll^J ^^'i'*-« ^y^^

^( ^yL.i.j c:AiLU (j>:jt>>}• i^jl-'i^Äjj e^fj-*! vy^-.*! l5^-=* •i^^.^i

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(Jk_j)L> ,^<wiUj Jl- (>>}tX>?) «io^Jk^i tJiM,\j\ |i,L«.il i).jL.ijii J>y«j o^i»^

„Dünb«li 'ist der Name eines Stammes der Kurdeiv;

jetzt werde» sie zum Vollie der Kytylbää (Perser) gerecbnet.

Der Sprucbe nacb sind sie nlle TUrken und dem Ritus .nacb

Siiten. Ibr Wobnsitz ist die Provinz Cboi. Bs sind ausgezeich¬

nete Emire und vornehme PUrsten aus diesem Stamme aufgetre¬

ten, angethan mit dem Schmuck der Gerechtigkeit und Gesetz¬

lichkeit. Mehrere unter ihnen sind tapfer und muthvoll und ha-

'ben, wenn sie Regierungsgeschäfte besorgen, nicbt ihres Gleicben.

Dnter diesen hahen namentlich Ahmed Chän und seine Söhne

äa'fer Quii Chäo und Husein Chän lange Zeit hindurch die Re¬

gierung von Choi geführt, nnd im Schatten der Gerechtigkeits-

liebe war die Bevölkerung dieser Gegenden glücklich und zu¬

frieden. Aber wie jedem Frühling ein Herbst, jedem Anfaog sein

Bnde bestimmt, jedeln Glück ein ÜnglUck, jeder Freude ein Kum¬

mer zugetheilt is|, — wie der Dicbter sagt:

Eineo Schatz ohoe Drachen , Eine Rose obne Stachelo, Eine Freude ohne Gram Gibt's nicbt In diesem Kram, —

(14)

6'iO Blau, Nachrichlen über kurdiiehe Stämme.

so begannen sie unter den Königen aus dem Hause Qä^&r wi¬

derspenstig zu werdeu. — Der Verfasser hat mehrere Glieder

dieser Familie kennen gelerot und mit ibneet Dngang gepflogen.

Namentlich ist unter diesen Ahmed Chdn, der 8obn Ga'fer Quii

Chin's, welcher in Choi wohnt, ein warmer Freund der Derwiäe

nnd ibnen isehr zugetban ; er wurde wiederholt besuchl. Auch

Ag'a-'Ali, ein Uruder Ga'fer Quii Chdn's, war ein durcb treff¬

liche Eigenschaften als Mensch ausgezeichneter Jüngling, der

aber im Laufe des Jahres — zum ewigen Lehen einging."

Die Stadt Cboi selbst heschreibt er Fol. 12.3 r., wo unter

anderm erwähnt wird, dass es auch in den Dörfern um Cboi einige

obwohl wenige 'Ali-Allähi's gebe.

Fol. 145 V.:

^^U>jl ^.^^A uiUy» pl_yj jl, Ciji' 'Uk^jh jl o—l MrfLi» j^Üli

kXÄJyi^ cX—i! ^L«.w.aJ {J^^ >ü**^.'^5 x~^-^

^:iÄ»5 ^^iUj oijjL ^jL.^^j| liU* jC> ?j Ai^'^ *jL> ^Sj» >iy.jaJi l^lj iXXilij^ »'jiii. »La^ii. jjLij läljj') .^A.« t.Mf.i ^? lAj^L—j

»i>-i.l 8A*-.j ^■fL!i,f\ i>»AÄ«s}5 »vXO \j Ki.i ^ ^1 ,_gjL«.j

„Saqäqi ist der Name eines .Stammes der Kurden und

Untergebenen der -Ryzjlbäs; ihre Wolinplätze siod in der Um¬

gegend von Täbrfz und Seräi. Sie hilden eine äusserst zahl¬

reiche Völkerschaft; man sagt, dass sie 60,000 Familien stark

sind. Auch in der Provinz Aderhei^än sind sie häulig, um Som¬

mer- und Winterlager zu balten. Dem Ritus nach sind sie alle

.Sii'le'n, der Sprache nach Türken und gegen Fremde und Arme

beweisen sie sicb sehr'frenndlicb. Der Verfasser hat viele von

diesem Stamme kennen gelernt und Umgang mit ihnen gepflogen."

Fol. 89 r,

VyÄ» «.äjLbil ^i..^A^ xi^ wILiI^ jl c:aa.I <>ijlir |.Li ^^^Llj

I^Li» cXi^b »jLä- ouMuf yj> o'^^J* J^*-*; ^jl.?Uj^il

jL»i) ^ '^J^^y^i ^Ua» läjLb Ai^l^sAi^»

^yLiJl fjM.^ jl j^A») yA-^Ä^ ^» ^^j*»

,i^*<aej oa_s_c j_«-i) vXi^^.^i 1^ Ajjji fc—^ o»«!

OJjlAi ^l^A.

„Belbäs heisst ein Stamm der Kurden, dessen Wohn-

litz dal südlicbe Aderbei^än und das nördliche Arabistän ist.

(15)

blau , Nachrichlen über kurdisrJie Stämme. 621

Sie besitzen gegen 20,000 Zelte. Aeusserlich sind sie dem

Monarchen unterthan; aher sie sind eine blutdürstige und grau¬

same Rasse und scheuen sich nicht vor Ungerechtigkeit, Gewalt¬

that und Verbrechen. Sie sind Uanefiten dem Bekenntnisse nach

und roh von Sitten. Bine ihrer verwerflichen Gewohnheiten ist,

dass sie ihre eigenen Kinder verkaufen. Auch halten sie nicht

ehen sehr uuf Ehrbarkeit, und Sittenreinheit"

In dem Inhaltsverzeichnisse fol. 3 f. finde ich nocb folgend«

Artikel, die Aufmerksamkeit verdienen würden, aber in dieser

Handschrift nicht entholten sind: <äyiji Ker kük, ^UJ" Kü-

mäch-^ Gowär, ^^Xma Ma'den (in Kurdistan ')),

Mäkäs (s. oben Wän, 8), Miss isa, ».jJd^a Malätia,

^MSyA Mösul, und die scbon oben erwäbnten j^f, f^j^ß^ix^öj^,

m.

Mittheilungen über die DuÄik-Kurden.

Zu den noch am meisten unabhängigen und darum am we¬

nigsten gekannten, am seltensten von Augenzeugen besuchten

Kurdenstämmen gehören hekanntlich die Duiik im Dersim-

Gehirge südlich von Erzin^än.

Wenn ich in der Lage hin, über diese freiheitsliebenden und

tapferen Bergvölker einige über das , was Lerch von den Gefan¬

genen in Roslawl erfuhr (Mulang. Asiat. II, 637 f.), hinaus¬

gehende Mittheilungen zu macben, so danke ich diese der Freund¬

lichkeit eines ehemals preussischen, jetzt in türkischen Diensten

stebenden Artillerieofficiers, Hrn. W. Strecker, welcber einen län¬

gern Aufenthalt in Erzin^än auf meine Bitte dazu benutzte, aller¬

hand Erkundigungen' über die Du^ik einzuziehen. Ich gebe die

folgeuden Aufzeichnungen , wie sie von jenen Beobachter an Ort

und Stelle niedergeschrieben wurden, und tbue von Eigenem nur

ein paar Anmerkungen hinzu.

„Die DuBcbik Kurden sind alle Kisilbasch, eine Benen¬

nang, die, wie bekannt, vor allem von den Sunniten den Persern

1) Dass Ma'den in Kurdistin gemeint ist, vermuthe ich deswegen, weil der Vr. nnter dem Art. Brzin^an dasselbe neben Kämileh , Egin nnd Malitia als am Euphrut gelegen erwähnt

2) In Strecktr't Tagebuch ist der Name bald so bald Dnd jig ge¬

schrieben. lfrcAa.8. 0. schreibt Tuzik, Layard (Discav. S. 9) Dudjooli, Tichichattchef (Ilinerar vom J. 1858 S. 37) gar DurdjuL. Icb balte mit Kiepert (Note 88 zu Tschichatscbef) Dushik fiir die richtigere Aussprache, besooders weil nueh der türkische Staatskalender einen Kurdenitamm in die¬

sem (lebiete ^Cwjv) schreibt. Anf einer in Constantinopel litho|p-aphirten Karte Anatoliens steht allerdiogs ti)b>jO| allein diese Karte ist aus einer

deulschen älteren Datums übersetzt, nnd beweist also niehls Tur die

aulhentische Schreibung. BI.

4 0«

(16)

622 Blau, Nachrichlen über kurdische Slämme.

als Anhängern Ali's gegeben wird und in diesem Sinne unserm

„Ketzer" gleichbedeutend ist. Ali nämlich, der Schwiegersohn

des Propheten, pflegte im Kriege eine vergoldete Stahlhaube zu

tragen, wodurch er sich vor seiner Umgebung auszeichnete, und

erhielt deshalh von seinen Anhängern den Beinamen ,,der mit dem

goldenen Baupte" ((jiLj Haupt, golden), ünter den üuschik-

Kurden sollen nun einige Stämme den Ali niclit nur als höchsten

Propheten und Stellvertreter Gottes, sondern als Gott selbst ver¬

ehren, diese werden daher par excellence Kisilbasch genannt').

Ueher die religiösen Gebräuche der Duschik-Kurden ist im

Einzelnen nur wenig bekannt geworden, da sie dieselbeu vor je¬

dem Uneingeweihten möglichst geheimhalten und im Noilifalle ge¬

genüber den Türken sich gleich mit der Phrase: El-Hamdu-

lillah, M ü s ü 1 m a n - i m — Gott sei gepriesen ! ich bin ein Mu¬

selman — durchhelfen. Docb legen sie in ihrem eigenen unab¬

hängigen Gehiete eine entschiedene Vorliebe für die Perser an

den Tag, die sich sowohl dadurch bekundet, dass sie ihre Töchter

wobl mit Persern aber nicht mit Türken verbeirathen, als da¬

durch, dass sie ihre Plünderungen weniger auf reisende Perser

als auf Osmanlis ausdehnen. Ihre Personennamen sind fast durch¬

gängig türkisch; nur werden die Nameu Mehined , Szadik, Is¬

mail sorgfältig vermieden. Die Perser ihrerseits sind freilich

wenig damit einverstanden, wenn jene sie als Glaubensgenossen

und Brüder begrüssen.

Nach der Aussage von vorurtbeilsfreien TUrken und von

Armeniern, die als Handelsleute bis auf gewisse Entfernungen

in das Gebiet dieser Stämme eindrangen und denen gegenüber

dieselben sich weniger scheu zeigten, scheiut es, uls ob die

Bewohner dieses Theiles von Kurdistan, wie in politischer, so

auch in religiöser Beziehung in verschiedene einander mehr oder

minder feindlich gegenüberstehende Parteien zerfallen, im All¬

gemeinen aber ihren äusseren Gebräuchen nach an die Ali-Illulii

und Müni-Söinderan (wörtl. Kerzenauslöscher) anzureihen sind.

Sie hesitzen weder Moscheen noch sonstige Tempel; son¬

dern verrichten ibre Andacht im Freien , die einen indem sie zu

Ali heten, die andern indein sie sich vor der .Sonne verbeugen,

noch andere, indem sie vor uralten Bäumen Opfer verrichten.

Man bat bemerkt, dass sie hei Sonnenaufgang an altem Gemäuer

die Stelle küssen, wo der erste Sonnenstrahl hinfällt, sowie aucb

öfters gesehen worden ist, dass sie Stöcke aus Kirscbbaumholz

1) In diesem Sinne braucbt aucb Ni'metulläb selbst Perser und ^iit, die Bezeicbnung Kyzylbäs von den OUubeli- und Saqüqi-Kurden. l'nter d.

Art. Erzin^in ful. 43r. besläligl derselbe übrigens ausdrüeklicb, dass die

Bewobner der Gebirge um diese Sladt'Ali-Allähi's sind: ^Lä^sLw

'^J^^ I^J-^J i.^' Bl.

(17)

Blau, Nachrichlen über kurdische Slämme. 623

inbrÜDStig und feierlich küssen. Von Zeit zu Zeit halten sie

relitciüse Versammlungen in grossen Zimmern, das Antlitz gegen

den Kamin gerichtet, in welchem eiu Feuer brennt und vor wel¬

chem sich der Priester befindet. Eiumal jährlich sollen diese

Versammlungen mit Orgien endigen , denen ähnlich, von welchen

die .Miim-Soinderan den Namen haben, d. Ii. es werden die Lich¬

ter und das Feuer ausgelöscht und die Anwesenden vermischen

sich geschlechtlich ohne Rücksicht auf Alter und Verwandtschaft.

Unverlieirathete Mädchen und Kinder werden zu diesen Versamm¬

lungen nicht zugelassen. Einige halten zweimal im Jahre Fa¬

sten nach türkischer Art, nur insofern noch strenger als sie auch

Nachts kein Fleisch essen. Die eine Fastenzeit wird während

15 Tagen in der ersten Hälfte des Muharrem gehalten und heisst

hortsch-i-Aschuraschcur; die andere fällt in den Monat Schewal,

dauert zehn Tage und heisst hortsch-Hidriless '). Auf das Fa¬

sten folgt jedesmal ein grosses Opferfest (Kurban).

Das Amt der Priester (Chodscha) ist durchaus in der fa¬

milie erblich, und wird, wenn eine solche ausstirbt, auf eine an¬

dere übertragen. Man sagt nie ,,vun der und der Familie", son¬

dern „von dem und dem Kamin". Die Mitglieder solcher Prie¬

sterfamilien heissen .Sseid (l\a.w). Die Priester , deren es nicht

viele giebt, stehen bei allen Stämmen in hoher Achtuog. Sie

reisen vielfach im Lande umher und werden nach Umständen

reichlich beschenkt. Man drängt sich um ilinen die innere Hand¬

fläche zu küssen; hei grossem Zufluss ist man auch zufrieden,

den Saum ihres Kleides erreicht zu haben. Sie sind «hne Kennt¬

nisse, können äusserst selten etwas türkisch lesen oder schreiben,

icb hatte alles Mögliche aufgeboten, um irgend ein in ihrer

Sprache abgefasstes Schriftwerk "in die Hände zu bckomman, doch

versicherte man mir auf das Bestimmteste, dass uoter ihnen nichts

derartiges existirt. Die Thätigkeit des Chodscha beschränkt

sich daher darauf, gute Lehren zu ertheileu und die äusserlichen

Ceremonien zu handhaben. Merkwürdig unter diesen Lebren der

Moral ist, dass das Blutvergiessen bei Plünderungen verboten

wird, eine Lehre, nach welcber sich die Kurden aufs strengste

insoweit richten, als sie denen, die sich ohne Widerstand aus¬

rauhen lassen, keio weiteres I^eid zufügen , sobald aber bei ver¬

suchter Gegenwehr einer der ihrigen blutig verwundet wird, deo

Gegner ohne Barmherzigkeit morden.

Wenn einer von ibnen gestorben ist, so gebeo sie ihm ios

Grab etwas Brod, Käse und einen Stock mit. Der Todte soll

den ihm begegnenden bösen Geistern zuerst jene Leckerbissen

anbieten, und wenn er sie nicbt damit beschwichtigen kann, sicb

1) Verderbte Aussprache Hir Cbidr-IIJäs; vgl. Kiepert Note 46 zu

Tschicbatscbefs Itioerar S. 20; uod zur Sadbe Ritter Erdk. IX, 757. B 1.

Bd. XVI. 41

(18)

624 BJau , Nachrichlen über kurdische Slämme.

mit dem Stocke helfen. Die Steine auf ihren Begräbnissstätten

tragen zum Theil Inschriften in türkischen Lettern, den Namen

des Verstorbenen enthaltend , meistens aher nur Bilder von Pfer¬

den, Pistolen, Schaafen u. dergl. je nach dem Stand, dem Be¬

sitzthum, den Eigenscbaften des Begrabenen.

Die Blutrache ist eins ihrer vornehmsten Gesetze, und führt

natürlich zu unaufhörlichen Befelidungen der einzelnen Stämme

und Familien unter einander. Doch sind die Stämme nicht so

streng einer vom andern abgeschieden, dass sie sich nicbt unter¬

einander verbeirathen sollten. Die vornehmen Beys und Aghas

heirathen nur aus deu reichen Familien.

Bei Hochzeiten wird die Braut mit Sang und Klang zu

Pferde in das Haus des Bräutigams geführt. Der Priester

(Chodscha) hat das Vorrecht, sie vom Pferde zu hebeo; die

Frauen tragen einen spitzen dachartigen Kopfputz aus dünnen

Brettereben, welche mit Tüchern und Shawls umwunden und mit

Ketten voo alten Münzen überhängt sind, desgleichen Halsketten,

im übrigen die Tracht der türkischen Weiher. Bei dem jähr¬

lichen grossen Fest hat der Chodscha das jus primae noctis, in¬

dem er, nacbdem die Versammlung ihm die Handfläche geküsst

hat, ausruft: „ich bin der grosse Bulle, kein Mastochse!" W9r-

auf die jüngst verbeirathete der anwesenden Frauen , welche wn

möglich erst an demselben Tage Hochzeit gemacht hat, zu ihm

tritt und spricbt: „ich bin die junge Kuh!" Bei diesen Worten

werden die Lichter ausgelöscht und die Orgien beginnen. —

Um übrigens die Kosten der Hocbzeitsfeierlichkeiten zu erspa¬

ren , ist es bei diesen Kurden gar nichts ungewöhnliches, dass

Heirathslustige , doch meist mit Zustimmung der Eltern, junge

Mädchen entführen, den Eltern vorber die als Brautschatz verab¬

redete ^umme zablen, und sicb Sodann nur so lange verborgen

halten, als der Grimm der um den Hochzeitsschmaus geprellten

Vettern nnd Freunde zu befürchten ist, dann aber unaogefochteo

ibren Hausstand gründen.

Die Duschik zerfallen in viele kleine Stämme, deren Namen

mir folgender Maassen angegehen wurden:')

Tscbarikli (Scbeieb Hussein Oghlu) Abbas-Uscbaghi

Bozon Oghlu (Scheich Haaian) tiülab „

1) Aebniicb Lerch a. a. 0. S. 637 welcher 19 Duschik-Stämme aufzählt, (leren Namen theilweis mit denen obiger Liste Ubereinstimmen, noeh häufiger aher, sei es in abweichender Gestalt, sei es durch gänzliche Verschieden¬

heit, damit in Widerspruch erscheinen. Sie lauten dort: Kotscha-l'schaghi, Ferat-U., Karaharlu, Guläbi, Baet-Uschaghi , Ghaosbaghi, Bozan-Uschaghi, Scham-C, NeUchin-U., Kurganlo, Scham-Ogli, Guläb-Uschaghi, Topuz-U., Resk-Ü, , Brntani, Kerym - Ogli , Snr-Ogli , Schau-^lussein-Ogli , Babtiarlü, Auf welcher Seite die grössere Genauigkeit in der Wiedergabe der gehörten Namen ist und wer von beiden ans besserer Quelle geschöpft^hat , ist natür¬

lich nicht.zn entscheiden. BL

(19)

Blau , ffarhrirhlen über kurdische Stämme. 625

Sclieniikli

Gureschli (Bnlabam) Lolangli

Aschuranli Demanli Rasgberanli nalanli Mewali Bagistiarli

Ferbad - Uscbagbi

Ri'ske „

Rarabalu „

Kerim-Ogblu „

Rötbani Letschin

Topuz „

Baet „

Sür Oghlu „

Sie bewohnen dae Gebirgsland zwischeu den heiden Euphrat-

armen Kara Su und Murad-Tschay, das Liwa üersim in der Pro¬

vinz Charpurt') und die Kreise Terdschan und Kyghy, welche

nach Erzerum gehören. Im eigentlichen, im engern Sinne soge¬

nannten Dersim sitzen die Ahbäs-Uschaghi , während die Unter¬

gebenen das Scheich Huslür-Oghlu hauptsäcblicb im District Ku-

seldschan^) wohnen, der das Mudirlik zunächst südlich vom Wege

nach Erzerum bildet. Das Gehiet dieser letzteren ist ausser¬

ordeutlich waldreich und besonders mit schönen Eichen bestan¬

den; dazwiscben viele Weiden und Quellgebiete mit Ackerland,

auf dem Weizen und Gerste gehaut wird. Angehlich finden sicb

dort auch Bleigruben, und die Sage berichtet sogar, dass eioige

Bäche in diesem Theile Kurdistans edle Metalle führeo. Auch

nn alten Ruinen fehlt es nicht in diesem Lande,, und, wie ge¬

wöhnlich , knüpfte die türkische Ueberlieferung daran den Glau¬

hen an verborgene Sebätze. So ward z. B. noch vor kurzem

im Kreise Terdschao io der Nähe des Fleckeos Pekerridsch,

etwa 16 Stuoden von Erzindschan , seitwärts vom Wege nacb

Erzerum, auf der Spitze eines Berges eine alte Burgruine auf¬

gefunden. Auf einigen Ruinen unter ihren Trümmern fand man

eine Art Scbriftzeichen von ungefähr folgenden Formen vor:

y\ f'^, mebrere Zeilen lang; eiu Umstand, der die türkischen

Officiere, die die Entdeckung macbten, vollends glauben Hess,

es sei ein Scbatz darunter verborgen.

Scheich Hussein Oghlu ist einer der vornehmsten Beys qnter

den Duschik: er kann im Nothfalle einige tausend streitbare

.Männer aufbieten. Nach wiederholten .Streifzügen der türkischen

Armee gegen ihn hat er sich bereit erklärt, die Steuer Vergü

1) Nach dem Staatskalender 1277 gehören zu diesem Liwa Folgende

Ger^anis, letztere beide aut dem rechten LTer des Kara-Su gelegen. Der

2) Richtiger Qozlitschan, s. vorige Anmerkung. Bl.

41*

(20)

.626 Blau , Nachrichlen über kurdische Slämme,

(Abgabe vom Grundbesitz) zu zahlen, deren Betrag er jedocb zum Theil durch Verständigung mit den Beamten auf ein Minimum zu reduciren,

zum Theil durcb Erpressungen von den Armeniern , die zerstreut

in seinem ganzen Gebiete leben, aufzutreiben weiss. Aeusserlich

und öffentlich erweist er türkischen Beamten und selbst gemei¬

nen Soldaten volle Aufmerksamkeit, als Dienern des Padiscbah.

Aber seine Untergebenen erkennen nur ihn als ihren alleinigen

Herrn an, und er selbst kommt aus Furcht nie persönlich nach

Erzindschan. Vor einigen Jahren hatte man ihn einmal gefangen

genommen und nach Widdin') in Rumelien verbannt. Er ent¬

wischte aber von dort und wurde später, wohl aus kluger poli¬

tischer Rücksicht, zum Mudir von Terdschan ernannt. Als man

ihn aber bier zur Verantwortung ziehen wollte, um verschiedener

von seinen Leuten begangener Räubereien willen, und dazu die

Kriegslist brauchen wollte, ihn in Gemeinschaft mit eioem regu¬

lären Regiment zu einem Zuge gegen die unabhängigen Stämme

höher im Gebirge zu bewegeo, um sich dano gelegeotlich seiner

zu bemächtigen, entzog er sich durch die Flucht der ihm ge¬

stellten Falle. Vierhundert seiner Mannen aber wurden gefangen

und in die Armee eingereiht. Es wurde nun eine Expedition

gegeo ihn voo Erzindschan aus ausgerüstet; man kam io seine

Residenz in Kuseldscban, in einem grossen Dorfe von 60 Häusern,

und verbrannte seinen Konak, den er inzwischen wieder aufge¬

baut hat. Kaum aber waren die Soldaten abgezogen , so kehrte

er zurück und brannte aus Rache die verlasseneu Casernements

der Truppen in Pollamur, einem vorgeschobenen Posten acht

Stunden von Erzindschan, nieder. Bezeichnende Zustände für die

angeblicbe Unterwürfigkeit der kurdischen Bejs unter türkische

Oberhoheit!

Endlich habe ich auch Gelegenheit gefunden, einige Proben

des Dialects, deo die Kurden in diesem Phrat-Murad-Dreieck

sprechen, einzusammeln, doch fürchte ich, dass sie wenig wissen¬

schaftlichen Werth haben werden. Man behauptet, dass es im

ganzen Gau Dersim sieben verschiedene Mundarten gebe. Die

folgenden Wörter gehören dem Dialect von Kuseldscban an:

1) Oer dsBslige österreichische Vieeconsul in Widdin, Hr. v. Lenk Wulfsberg, Jiannte den Seheich Hussein persönlich und schildert ihn mir als einen Sheraus schöoen stattlichen Mano, der damals (1854) einige dreissig Jahre alt sein mochte. Er bewerkstelligte seine Flucht, indem er sich die Erlaubniss erwirkte an dem Feldzuge gegen die Russen theilzunehnien , das Commando einer Ahtheilung Bascbi-Bozuks erhielt und nach dem Trelfen bei Kalafat angehlich versprengt wurde, in der Thal aber heimlich in sein Vaterland zurUckkehrte. Gleichzeitig waren anch zwei andere Häuptlinge der Duschik-Kurden, Mansur-Bey und sein Bruder Isdegird-Bey in Widdin internirt, weil sie im rnssisch-türkiscben Feldzuge in Anatolien mit den Russen conspirirt hatten. Diese stammten aus der Familie der Fürsten von

Kämach. B 1.

(21)

Blau, Nachrichten über kurdische Slämme, 627

non, Brod avo , Wasser ssolich , Salz mum, Licht muru , Birne

ssaii, Apfel drde , Mehl goschd, Fleisch bise, Ziege mie, Schaaf dslori , l'fer gha, Kuh güke , Kalb herin, Esel Aod, saure Milch eron, Butter köli, Holz

«'ö« , Schnee schiiu. Regen

lidschi, Sonne aschmi, Mond isliri , Stern tille, Jahr schiscliaschmi,

Ualbjahi heriasehmi, Viertel¬

jahr sieh aschmi, 1 Monat Inga, Acker, Feld genem, Weizen dschio , Gerste hok, Ei kerk , Huhn serindji, Rebhuhn awrisch, Hase kulschik, Hund mi^'e , Haar kemür , Stein djcAenatcar, Wolf ehis , Schwein hingerir , Weintraube

ischem, Auge fik, Mund gosch, Ohr (iest, Hand /t'n^t, F'uss djini, Frau djimirdi , Mann ladjik, Knabe

Ischinek, Mädchen dschemiel , Versammlung maie , Mutter

ftäu , Vater bira, Bruder woie , Schwester lornun, Enkel

amige, Onkel (Vatersbruüer) chai, Onkel (Mutterbruder) pirek, Grossvater dika , Grossmutter

Cardinalzahlen

1 si 8 hiresnht 60 scheschl

2 di 9 nid 70 hawda

3 hire 10 des 80 heschde

4 tschar 20 wist 90 nawari

5 bensch 30 diress 100 XP. M

6 schesch 40 Ischewress

7 hefl 50 panschass

I) Soviel ergieol sich ans diesem Verzeiehniss mit Sicherheit, dass der hier gesprochene Uialect zu dem Zaza gehört, wie schon Lerch a. a. 0. 642 in betrelT der Duschik im Allgemeinen riehtig bemerkt hat. Doeh weichen die Wörter, s" vii:l ich vergleichen kann, von dein Zaza bei Lerch mannig- facb ah; nmnentlich scheini mir die Quetschung des k (gerade wie die des

bei den Beduinen des llauriin) in tschinek Mädchen nehen kenek

(Lerch da.s vollere ladjik Knabe neben lad seh (Lerch a. a. 0.),

kurmafigi lauk, wie umgekehrt Lerchs bank Vater neben Streckers häii

(kuriu. bäv) beachtenswerth. B I.

(22)

6iS

Sprüche und Erzählungen aus dem chinesischen

Hausschatz.

l'ebersetit von

Dr. Gützlftir und mitgetheiU von Prur. IVeunianil.

V 0 r w 0 r t.

Gützlaff hat mir iA den letzten Jahren seines Lebens mehrere

Handschriften zukommen lassen, theils selbständige Arbeiten,

theils Uebersetzungen. Einiges wurde hie und da veröffentlicht;

das Meiste ist liegen gehlieben. Der rastlos thätige Mann sab

zu wenig auf die Form; er warf seioe .Sätze ih Eile dahin, ohne

zu beachten, ob Worte uod Wendungen dem Geiste unserer

Sprache angemessen oder nicbt. Die Sichtung seiner voo mir

lierausgegebenen Geschichte des chinesischeo Reiches hatte so¬

viel Mühe uod Zeitaufwaod in Anspruch genommen , dass ich

mich nicht nochmals zu solch einer unerquicklichen uod uodank-

bareo Arbeit entschliessen mochte. Gützlaff befolgte überdies

solch eine eigenthümlicbe Weise in der Umschreibung der chine¬

sischen Namen, dass es unumgänglich nothwendig war die von

ihm äusserst selten angegebenen Quellen aufzusuchen, um jene

Namen nach unserer deutschen Aussprache abzuändern. Zu den

Mittbeilungen des verstorbenen Freundes gehören auch nachfol¬

gende Sprüche und Erzählungen, welche ich bereits vor Jahren

zum Drucke vorbereitet hatte. Sie sind aus einer bekannten uod

weitverbreiteten cbinesiscben Uauspostille eotoommeo, weicbe den

Titel fübrt: Kia p,au tsuan tsi, der Hausscbatz in Ord¬

nung. Der oder die Verfasser sind eifrige Aohäoger der Moral-

tbeologie des Confueius, waa leicht aus ihrem Hasse gegeo die

Buddhisten und Jünger des Laotse zu erkeooen. Eine ausführ¬

liche Bescbreibung dieses Hausschatzes fiodet man in meinen

aiiatiscben Studien. Neumann.

I.

Die zebn Verkehrtheiten tböricbter Menschen.

1. Sie zeigen ibren Aeltero keioen kindlichen Gehorsam und

beten Buddba an.

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