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Der wiclitigate Dienst, welchen die Aruher in der Entwick¬ lung der Culturgeschichte leisteten, ist die Vermittelung welche sie zwischen der zertrümmerten alten und der in der neuen Akademie im 15

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577

J)ie philosophischen Bestrebungen der lautern

Brüder.

Von

Prer. F. H. Dieterici.

Der wiclitigate Dienst, welchen die Aruher in der Entwick¬

lung der Culturgeschichte leisteten, ist die Vermittelung welche

sie zwischen der zertrümmerten alten und der in der neuen

Akademie im 15. Jahrhundert • erhiühenden neuen Bildung ein¬

treten liessen.

Doss die Araher zwischen der zertrümmerten alten Bildung

und der neuern Geistesrichtung die Brücke schlugen, ist schoo in

der Wissenschaft in eiuer Beziehung allgemein durch den Satz

anerkannt: durch die Araher und hesonders durch Ibn Ruschd

(Averroes) ist Aristoteles dem Abeodlaod bekaoot gemacbt worden.

Das heisst soviel als: Der idealeo oeuphitoniscben Geistesricbtung,

wooach man von dem Einen unfasshareo Sein durcb Vermitt¬

lung einer Ideenwelt in mystischer Weise die sinnliche Welt

ableitete und so das All zu eioer grossen Einheit gestaltete,

trat die besonneue aristotelische Weltauffassung entgegen, welche

die sinnliche Wahrnehmung als sichere Grundlage des Erkenoeos

auffasste und von hier aus stufenweise das All zu erkeonen

suchte. Jener gesetzten Einheit im All trat nun die erkannte

Vielheit der Erscheinung als Grund aller Forschung entgegen,

an die Stelle einer mel|r im Bilde lebenden Speculation trat der

Drang nach genauer Beobachtung und der Schluss von der sicheren

Beobachtuog aus durch die Induction.

Wie man schou für die logische Erkenntniss zwei Wege hat,

den Schluss vom Eiozelnen auf das Allgemeine (induction) und

den von der Allgemeinheit auf das Einzelne (Syllogismus), so babeo

wir auch in unserem allgemeinen geistigen Treiben zwei Principien, welche diesen Erkenntnissweisen entsprechen. Unser Verstand bringt

uns durcb die Unterscheidung eine Vielbeit zum Bewusstsein, und

verbindet er auch einzelnes Gleichartiges wieder, so ist er doch our

dem Arbeiter zu vergleicheo welcher bei eioem Bau das Einzelne

zusammenfügt ohoe vom Plao des Ganzeo eioen klaren Begriff

zu baben. Nehen dieser die Vielheit hervorbebeodeo Kraft baben

wir aber eine andre Kraft, die Vernunft, in uoserm Innern, weicbe

lebt io dem Bewusstsein von der Einbeit im All, und wir können

(2)

57 S Dielerici, die philosoph. Beslrebvngen d. taulern Urüder.

dieses Bewusstsein nimmer verlengnen '). Wer beide Principien

vereinigen liönnte, der bätte den Slein der Weisen gefunden.

Plato, von dem Bewusslsein der Einbeit ausgebend, bulle vou

diesem .Sein uus die Welt construirt, indem er, um den Widersprucb zwischen dem Vergänglichen und Unvergänglichen zu beben, die Ideen¬

welt zur Vermittlung gebrauchte. Die ncuplaloniscbe Schule, wenn

sie gleich immer mehr sich gewöhnte ulles hildlich darzustellen, blieh diesem Principe treu; sie verband stets, von dem einfachen unfuss- haren Sein aus, durch Vermittlung sinnlicher Bilder wie Ausstrahlung.

Ausströmung, die sinnlicbe Welt mit dem wuhrbuften Sein, sie

gab nie die Einheit als Princip auf, und übersah lieber die gewal¬

tige Kluft zwischen dem Geistigen und Sinnlichen, die sie durcb

Bilder verdeckte, aber nicht erklärte. Der Neuplatonismus hutte

durcb diese Vorstellung von der in der Welt herrschenden Ein¬

heit, von der mit dem wahrhaften Seiu hestehenden Verbindung

des All, dem Christenthum die Stätte in der gebildeten Ueidenwell

bereitet. Die Grundwahrheit des Christentbums, die vou einem Gotl

hervorgerufeoe, geleitete uod mit ibm verbundene Schöpfung,

war der neuplatoniscben Grundidee so ähnlich, dass die Kirchen¬

väter mit diesem System die begriffliche Lehre des Christenthums

begründeten. Hat man dabei ouo auch nicbt zu übersehu, dass

erstlich das Christenthum anstatt des unfassharen, abstracten, todten

ov eioen lebendigen, allmächtigen Geist der Liehe in seinem Gott

verehrte, uod dass es feroer durch seine Lehre von der Schöpfung

aus Nicbts nur eine geistige oicht stoffliche Gemeioscbaft zwi¬

scbeo Gott uod Welt setzte, so war es doch natürlich dass die

Lehrer der Kircbe, die schoo im Juhaoneischen Evangelium das

Vorhild batte wie die philosophische Idee des köyog als in Christo

verwirklicht aufgefasst werdeo köoote, zu ibrer begrifilicben Aus-

bilduog den Neuplatooismus wäblteo. Von der Kirche ging aber

mehr denn eio Jahrtauseod hindurch alle Bildung bei den Christen

aus und ward somit die oeuplatonische Geistesrichtuog uod VVeltauf- fassung die allgemeio herrscheode.

Die Werke welche Jahrhunderte hindurch die Geister be¬

herrschten, wie die des Pseudo-Dionysius, geben den besten Beleg

für diese Ansicht und erklären am besten wie man üher ein Jahr¬

tausend sich in den christlichen Staaten voo dem grössten Denker

aller Zeiteo, von Aristoteles abweoden köoote uod die klarsten Köpfe, in den mystisciren Vorstelluogea hefaogen, die jähe Kluft übersehen konnten, die doch immer zwischen dem Geistigen uod Stofflichen lag.

Dieser mystischeo Auffassung welche die Wahrheit schon in

aller Fülle hatte, musste natürlich die Beobachtung des Einzelnen

niedrig und untergeordoet erscheioen, und der mühevolle Weg des

g«oauen auf die sinnliche Wahrnehmung begründeten Denkens,

■uaste denen suwider sein, welche mit einem Sprung sicb in

1) Lote« Mikrokosmos I. 2d9.

(3)

Dielerici, die philosoph. Bestrebungen d. lautern Brüder. 579

den Kero aller Wahrheit hineinzuversetzen meinten. — Es ist so¬

mit kein ^iferinges Verdienst der Araher, wenn sie es vermittelten,

dass man die bisherige Geistesstritmung verliess , die rasch und

leicht zum Ziel zu führen versprach, nnd sich hinwandte zu dem

mühevollen schwierigen Anstieg eines gewaltig steilen Felsen,

der doch, wenn man ihu auch erklomm, immer nur ein begrenztes

Gebiet dem Auge zu eröffnen verspracb.

Aber auch hei den Arabern war die Rückebr zur reinen Lehre

des Aristoteles ein Sieg, der erst nach langem Kumpf mit den

andern Geistesrichtuogen gewonnen ward. Uie .Schriften der lau¬

tern Brüder , etwa 2 Jahrhunderte vor Averroes , gewähren eine

klare Einsicht in das wissenschaftliche Bewusstsein der Araher

im 10. Jahrb. Hier sehn wir noch dus Strebeu beide Geistesrich¬

tungen, die des Aristoteles und die der Neuplutoniker, zu vereinen

und sich gegenseitig ergänzen zu lassen. Von Aristoteles ge¬

leitet erkeunen sie die Vielheit in den Erscheinungen, dem Be¬

wusstsein von der Einheit im All suchen sie aber durcb die neu-

plotonische \ orstellung vun der Allseele zu genügen.

Somit schlug die Bilduug bei den Arabern eineu ähnlichen

Weg ein wie im Abendland : auch hier wandte sie sich von den

neuplatnnischeii Philosophemcn immer mehr ab und der aristote-

lischeo üeokweise zu ; doch war hier der Unterschied, dass mao

hei deu Arabern deu Arisloteles uie su vergass wie im Abeodlaod,

ja dass man eigentlich die neuplatunischen Lehren nur da ein¬

führte wo (iie aristotelische [>ehre nicht zu genügen schien, wie

bei den höheren speculativen Fragen. Die Frucht welche schoo

früh die aristotelische Lehre hei ihnen trug, waren nuu zunäcbst

die Uocbschätzuog und Schärfuog der Beobachtung.

Deno wie im Abendland nach der Wiedereinführung des Aristo¬

teles die Beobachtung bei Albertus Magnus begann , ebeuso war

hei den Arabern durch Aristoteles schon Jahrhunderte früher der

Trieb zur Beobachtuog geweckt. Wir könoeo io deo voo mir

übersetzteo 8 Artikeln '), von deneo 7 eine geschlossene Natur¬

philosophie geben [(1. Physik. Raum, Zeit, Bewegung, Form,

Materie). 2. Uimmel uod Welt (die Sphären). 3. Entsteho uod Ver-

gehn t die 4 Elemente). 4. Die Meteorologie (der Aether;. 5. Mineral.

7. Pflanze. 8. Thier.] diese Fortschritte schoo verfolgeo. Uatte Pto¬

lemaeus (al Magist) eio für seine Zeit richtiges System der Sphären- theorlW gegeben, bei dem das Princip und die damalige Beobachtung einander entsprachen, so nahmen die Araher als Schüler dies Princip zwar an, sie verschärften aber die Beobachtung und erleichterten

durch die Eioführung der sphärischeo Trigooometrie die Berech¬

nung, so dass durch die genauere Beobachtung und Berechnung

die Differenz zwiscben dem alteu Princip und der Beubachtuog

immer mehr hervortrat. — Gelaog es ihoeo gleicb oicbt das oeue

I) Naturaoschanung und Naturpbiloüopbie der Araber. Berlia 1861.

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5 80 Dielerici, die philosoph, Beslrebungen d. laulern Brüder.

Princip, das des Copernicus, welches durch die geoaue Beohachtung

eines Tycho de Brahe und den Scharfsinn eines Keppler zur he¬

stimmten Theorie ward, aufzustellen, so arbeiteten sie doch dieser

grossen Entdeckung vor.

So erscbeint hei den Arabern die vum Fixsternbimmel aus

stufeoweise zunehmende Grösse der Bewegung von West nach

Ost gegen diu allgemeine von Ost nach West sinnreich als all¬

mählicher Verlust der Kraft des primum mobile, welche Alles um¬

fassend vou West nach Ost dreht. Diese Stufenfolge erlaogt hier

zum ersteomal ihreo Scblusssteio io der entschiednen Vergleichung

der Praecessions-Bewegung des Fixsternhimmels mit der Bahnbe¬

wegung der Planeten , einer Analogie weicbe die Alexandriner

aozuoehmeo zögerteo uod welche io ihrer coosequenteo Ausbildung

durch die .Araber, wie sie uns hier entgegentritt , dem Copernicus

eio Mittel wnrde mit eioem Ruck das Sphären-Gebäude, dessen

Scblussstein sie bildete , zu zertrümmern.

Auch giebt die ganze Ausdrucksweise ein deutliches Zeugniss

voo dem allgemeineo Wacbsthum ao Geisteskraft io der Beherr¬

schuog mathematischer Anschauungen.

In der Mineralogie wird zwar consequeuter Weise nach ari¬

stotelischer Grundanschauung die Entstehung des Minerals aus

deo 4 Elementen abgeleitet , und erscheint uns diese Weise frei¬

lich sehr naiv. Da aber die Mineralogie des Aristoteles verloren

ist, füllt diese Darstellung wie die der Botaoik eioe fühlbare Lücke

in dem aristotelischen System aus. Wo indessen der Beobachtong

mit blossem Auge der Gegeostand offener lag, wie bei den hydro-

graphischeo Verbältoissen, sind die Erscheinungen richtig aufgefasst und alles Quellwasser als Niederschlag dargestellt.

In der Botaoik da finden wir die Pflanze am meisten dem

Auge offen liegt, die Entwicklung der Pflanze io 7 zur Wirkuog

hervortreteoden Kräften anschaulich gemacht. Hier wird das

Wacbsthum schou durch die Assimilation erklärt, die .Species schun

stofflich gescfaiedeo S. 165, den Wurzelo eioe eiosaugende Kraft

zugeschrieben. Beim Palmhaum wird schoo das .mäonlicbe und

weibliche Individuum gescbieden, und so der Anfang gemacht zu der

jetzt so wichtigeo Theorie vom Gescblechtslebeo der Pflaoze.

Der Palmbaum wird daun selbst geoaner beobachtet uod aogegebco,

wie die Holzfasero des Stamms in eiozeloe Wurzeifasero aus¬

gehn, auch wird am Dattelkern der Samenmund genauer beobachtet.

Die Wärme wird schoo bei deo Arabern als Küostlerin uod die

Feuchtigkeit als Materie betrachtet, ganz der beutigen Aoschauuog

entsprechend : die erhöhte Wärme setzt den Chemismus der Pflaoze

in Gang.

in der Zoologie tritt bei den Arahero schoo das Gehirn als

die eigentlicbe dem Menscben einwohoende Lebens- und Gefühls-^

kraft hervor, während das Herz nnr eine untergeordoete Rolle

spielt.

(5)

Dielerici, die philosoph. Beslrebungen d. lautem Brüder. 581

Auch vom Experiment, der unter bestimmten Bedingungen hervor¬

gebrachten Ersclieinung, und der Beobachtung derselhen sind schon

einige Spuren erkennbar. Der vergleichenden Betrachtung ^LyCcI

wird das Experiment S-Jj^Vs beigesellt und der Druck eines Wasser-

schlauchs und eines Lut'tschlauchs je im Wasser und in der Luft

beobachtet, wie auch das Feuersprühn aus einer Sandarakblase, die der

laufende Tausendkünstler in den Mund nimmt, und die Destillation

des Wassers in der Destillirblase als Analogie gebraucht wird, um

Naturerscheinungen zu erklären. Die vielfache Wahrnehmung brachte

somit den Arabern die Vielheit im All zum Bewusstsein; dieselbe

nun zu einem organisch gegliederten Ganzen zu vereinen ist die

eigentliche Aufgabe der Naturphilosophie. Die Lösung dieser Auf- ,

gäbe ist aber so ungemein schwer, dass sie bis jetzt den schärf¬

sten Denkern noch nicht gelungen ist. Kann män es daher den

späteren Griechen wie deu Arabern verdenken, dass sie jur Lösung

dieser Aufgabe den bisher eingeschlagenen Weg verliessen und

sicb der andern Geistesrichtung in die Arme warfen, welche von

dem Einen ausgehend, auf den Schwingen poetischer Aoschauuog

die Klüfte überfliegend, wie oiit einem Baude vom höchsten Him¬

mel uus das All bis in die tiefsten Tiefen, das Kleinste mit dem

Grössten verband? Verhiess ju doch diese Lehre der dem Ini^n

des Menschen mit ewigem Grilfel eingegrabenen Wahrheit zu ge¬

nügen. iSo wurde die nenplatonische Lehre von einer vom Höch¬

sten ausgebenden, das All bis in die innersten Tiefen durchdringen¬

den und dann zum höchsten Anfang wieder zurückkehrenden All¬

seele gebraucht, um das aristotelische System' zu vollenden und zu

krönen. Die wissenschaftliche Ausführung dieses Gedankens geben

die lautern Brüder in der dritten Reihe ihrer Abhandlungen voo

30 — 40, io den psychologischen Tractaten. Nachdem ich im Jahr

1858 in meiuem Buch „der Streit zwischen Mensch und Tbier",

durch die Uebertragung der so sinnreichen Amphilogie, so wie in

den an dieselbe gebängten .Abhandlungen die Geistesrichtung der

lautern Brüder sowohl iuatheoretischer als practischer Beziehung

im allgemeinen darzustellen gesucht, dann in der 1861 von

mir veröifentlichten Naturunscbauuug und Naturphilosophie der

Araher diese Philosophen mehr als Schüler des Aristoteles hiu-

gestellt habe, möchte ich durch die Veröfi°entlichung der drei fol¬

genden Abhandlungen klar machen, wie dieser philosophische Ordeo

in neupythagoräischer Weise die unendliche Vielheit aus der Ein¬

heit abzuleiten suchte.

Es wird in der Geschichte der Philosophie mit Recht her¬

vorgebobeo, dass die Emanation hei den Neuplatooikero , als dem

griechischeo Geiste fremd, orieotaliscbeo Einflüssen, die hesonders

in der zwischen Abendland uud Morgeoläod vermittelodeo Welt¬

stadt Alexandria stattfanden , zugeschrieben werden müsse. Wer

kano auch leugnen dass diese mystische Richtung so recht dem

Brt XV. 38

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582 Dielerici, die philosoph. heslrebungen d.-taulern Urüder.

intuitiven Cliarakter des Urients entspriclit ( Diese orientalische

Geistesrichtung erhielt von den Griechen die Korm , während die

Griechen von den Orientalen das Princip , durch innere Anschauung

sich ins wahrhafte Sein zu versenken, annahmen. VVie ungemein

gross die Einwirkung dieser Ijchren auf die Orientalen war.

zeigen hesonders schon die Gnostiker.

Die Ausführung dieser Principien in einer his zum Ursprunt^-

alles Seins liindringenden Religionspliilosophie geschah, wie be¬

kannt, durch den platonisch gebildeten alexandrinischen Juden Philo,

welcher die jüdische Religion mit der griechischen Speculation

in Einklang zu bringen suchte, wozu ihm die Unterscheidung eines

mystisch tieferen .Sinnes und des blossen wörtlichen Sinnes in

der heiligen .Schrift wesentliche Dienste leisten musste. Es isl

leicht dieseihe Geistesricbtung bei diesen lantern Brüdern zu er¬

kennen, und finden wir bier ganz dieselben Bestrebungen, ganz

dieselben zur Erreichung ihres Zieles eingeschlagenen Wege. Von

den griechischen Philosophen, den Neupythagoräern, welche dieser

Geistesströmung folgten, ist der bedeutendste Plotin. Plotin spielt

unter den von ascb-Scbahristäni 1086—1116 behandelten Philoso¬

phen keine geringe Rolle; er heisst schlechtweg der griechische

Lehrer, ohne namhaft gemacht zu werden, und werden Iiier eine

F lie von Sätzen angeführt (.S. .334) die den Enneaden des Por¬

phyrins, des Schülers des Plotin, entnommen sind, vgl. Uaarbrückers

Uebersetzung II, 429. Die mehr als ein Jahrh. frülier .zusammen¬

gestellten Schriften der lautern Brüder, welche, wie wir ohen nach¬

gewiesen haben, in den naturwissenschaftlichen Abhandlungen dem

Aristoteles folgen, zeigen nuu in der dritten Reihe, in den psycho¬

logischen Abhandlungen, eine grosse Hinneigung zu Plotin, dessen

System und dessen ganze mystische Geistesrichtung sie offenbar

sehr anzog.

Plotio lässt aus dem ov oder IV oder ünXcöf tv, dem abstracten

Begriff des absoluten .Seins, aus dem Princip alles Guten uyie-

&6v wegen seiner Ueberfülle, ohne eioe Veränderung in demselben, das zweite, die Vernunft i'oii; emanircs, weicbe, die Anschauung der unterschiedlosen Einbeit denkend, diese Einbeit zur unterschie¬

denen Vielheit bringt. Das Denken dieser Vernunft uls das schöpfe¬

rische göttliche schafft die Ideenwelt sowie auch eine intelligible Materie '), da das göttliche Schaffen Ideen- und Sinnenwelt umfasst.

Wie die Vernunft aus Gott, so geht aus der Vernunft die

Seele hervor als ein intelligentes Wesen, ober mit dunklerem

Schauen und Denkeo, denn sie schaut ihr Object nicht in sich,

soodern io der Verouoft. Sie ist einmal dem Höheren , der Ver¬

nunft, ein andermal dem Niederen, der Sinnlichkeit, zugewandt.

Wir haben hier dieselbe Reihefolge der Potenzen wie bei

Plotio, uod stimmen 1. 2. 3 vollständig üherein.

1) Zeller, Gescbicble d. gr. Phil. III. 738.

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Dielerici, die pliilosoph. Beslrebungen d. laulern Brüder. 583

Diesen drei geistigen Principien steht hei Plotin die Materie

gegenüber als das durchaus Bestimniuiigslosc. P'orni- und Regungs¬

lose, die Negation des Seins ohne allen Antbeil am Guten, das

Böse, aher doch notbwendiges Substrat woran die Form sich

bildet und nothwendige Bedingung des endlicben Seins. Dugegen

linden wir bei diesen Arabern ganz in derselben Weise wie die

Vernunft aus dem ov und die .Seele aus der Vernunft, als das

Vierte die CJrmaterie aufgeführt, welche somit der geistigen Well

durchaus uicht entgegengestellt wird und erst durch Annahme

der drei Dimensionen zur zweiten Materie wird. Die Annuhme dieser

abstracten Materie bei den Arabern hat' nun offenbar auch bei

Plotin schon ihren Anhalt, indem ja die Vernunft schon das All

schöpferisch denkt und in dem Bereich der Vernunft schon eine

intelligible Muteric hesteht. Ferner ist ju.offenbar dass bei Plotin

ein steter Widerspruch herrscht zwischen der schlechten , dem

Geistigen gegenüberstehenden Materie uud der Anerkennung der

Schönheit und der Harmonie dieser Welt, die doch uus jener

Materie gebildet ist. Endlich ist die Verbindung des Geistes mit

der Materie, wenn die letztere dem ersteren direct entgegengesetzt

ist, doch immer eiu gar schwieriges Problem. Man kann nun

vermuthen dass die Araber auch bierbei nicht ohne griechische

Vorbilder sind, wie scbon die Ueberschrift der dritten.Abhandlung

dies als eine pythagoräische Lehre angiebt. Dennuch aber könnte

man den Arabern , welche an dem muhammedanischen Begriff von

Gott noch festbielteo, die Aenderung des plotinischen Systems eher

zutrauen, da sie ja von der Schöpfung durcb den Schöpfer allein

ohne Bedingung der Materie überzeugt waren.

Die Folgeu dieser Verschiedenheit sind klar. Durcb den Ge¬

gensatz zwiscben der Materie und dem Geistigen wird der Dualis¬

mus als Princip aufgestellt und die Einheit des AJIs zerrissen,'

wie dies hei den Neoplatonikern uud besonders den Gnostikern

in seinen Consequenzeu, den zwei Welten hervortritt. Dadurch aber

dass diese Philosophen voo dem Faden einer Zahlenreihe geleitet

den gewaltigen Sprung vom Geistigeo zum Sinnlichen wagen und

die Kluft zwischen beiden , wenn aucb nur trügerisch , durch die

erste Materie überbrücken, halten sie, wenii auch nur mehr äusser¬

lich, die Einheit im All zwar fest, bereiten aber dadurch, duss sie

den Stoff mit dem Geistigen direct verhinden , für consequentere

Denker den Uebergang zum Pantheismus vur, wie denselben ein

Jahrhundert später al Gbazzfili entwickelte. Danach scheint es doch

nicht ganz richtig, wenn Prof R. Gosche in seiner geistreichen

Abhandlung über al GhazzälK Lehen und VVerke, in den Abhand-

luogeo der Berliner Akademie 1859, S. 243, die von al Ghazzäli

begründete neue Philosophie des 5. Jahrh. der Hi^ra io den schärf¬

sten Gegensatz zu den Aufklärern von Basra (den lautern Brü¬

dern) stellt. Im Gegentbeil haben die lautern Brüder durch diese Auf¬

fassung der neupythagoräischeo Lehre dem Paotlieismus, d. h. der

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584 Dieterici, die philosoph, Bestrebungen d. laulern Brüder.

in al Ghazzäli durchbrechenden pantheistiscben Auffassung voll¬

ständig vorgearbeitet, weoo sie aucb selbst, voo einem zu lebeo-

digen Bewusstsein eioes allmächtigen und allgütigen persünlicben

Gottes durchdrungen und miBhr iu eklektischer als in consequeuter

Bildung geschult, vor dieser Consequenz nocb zurückwicbeo ').

Der Gedaoke von der Einheit in der Vielheit und die Ent¬

stehung der Vielbeit aus der Einheit gipfelt in dem Ausspruch :

„die Welt ist ein grosser Meosch", deon in demselben wird die

harmonische organische Entwickluog des Alls aus Eioem Seio und

die Zusammenschliessung aller Dinge in Ein Sein zum Bewusstsein

gebracht. Wir haben es daber für passend erachtet den 33. Tractat

noch biozuzufügen, weno derselbe auch mehr als die beideo an¬

dern an der Schwäche leidet, dass er im Streben den Gedanken zu

popularisireo allzuoft zu Bildern aus dem Leben seine Zuflucht

oimmt, und ein jedes aus vielen geordneten Einzelheiten bestehen¬

des Ganze Anhaltspunkte zur Vergleichung hergeben muss. Der

jenem Gedaokeo parallele Satz: „der Meosch ist eioe kleine Welt,

der Mikrokosmos",, wird von dieseo Philosophen in zwei phy¬

siologischen Ahb^odlungeo behandelt, uod hoffe ich diese bald

folgen zu lassen.

Zugleich aber ist dieser Tractat voo grossem loteresse für

die Charakteristik der Geistesrichtuog dieser Philosopheo , da er

eio recht klares Beispiel voo der Verscbmelzuog griechischer Pbi¬

losopheme mit muhaipmedanischen Glaubenssätzen giebt.

Da wir durch die übersetzten Stücke schon ein bestimmte¬

res Crtheil über die lautern Brüder fällen köooeo, so fragt es sich,

weicbe Stelle wir ibnen in der Bntwickelung der arabischen Phi¬

losophie anzuweisen hahen.

Die Philosophie ist bei den Arabern durchaus voo deo Grie¬

cheo hervorgerufeo und beeioflusst, uod dieser Eiofluss griechi¬

scher Philosophie muss in der Entwickelung der arabischen Wis¬

senschaft schon sehr früh aogenommen werdeo. Sogleich oachdem

böchgebildeteo Läodern wie Syrien und Persien das Glaubensjoch

des Islams aufgelegt wordeo war, musste sich die gekräokte alte

Bildung auch dagegen erheben und mit den starren Sätzen der neuen

Religioo, welche, da sie deo Menschen als absolut oichtig Gott

gegenüberstellte, eigentlich jede Geistesentwickelung abschloss.

den Kampf aufnehmen. Dennoch aher könoeo wir deo Aofangspunct

der arabiscben Philosophie erst von ihrem ersten Lebeosact aus

datiren. Als eioeo solcheo müssen wir jene Erklärung des Wäsil

ibn 'Atä (80— ISI) bezeicbnen, des Begründers der Mutazila, der

offeo seine Abweichung von der starten Orthodoxie bekannte uod

1) Fast könnte man sicb versucbt fühlen als eine Parallele aus der neusten Zeit anzurühren dass D. Strauss (irriger Weise) sich in seiner Dogmatil den consequenten Schiiler Scbleiermachers nennt, welcber nicht gewagt habe die Consequenzen seiaes eignen Systems zu ziehen.

(9)

Dieterici, die philosoph. Bestrehungen d. laulern Brüder. 585

dnrch die gewonnene Bildung die Schärfen der muhammedanischen

Glaubenssätze zu mildern suchte').

I. So heginnt denn die erste Periode der arabischen Philosophie

etwa eio Jahrh. nach der Flucht. Ihr Strehen ist die Satzungen des

Islam, wenn auch in gemilderter Form, festzuhalteo und den Koran

so auszulegeo, dass seine Aussprüche der damaligen Bildung nicht

widersprechen, sondern eine geistige Entwickelung zulassen. Die

bizarre Formel : der Korao eio Geschaffeoes, kennzeichnet sowobl

die speculative Richtung der Mu tazila, den Attrihuten Gottes keioe

wirkliche Existeoz zuzuschreibeo, als auch das andere Strehen, die

Aussprüche des Korao freier zu deuteo. Die Geschichte der Araher

giebt Zeugniss von dem gewaltigeo Ringen dieser Geister, die

unter al ' Mämün fast den allgemeinen Sieg errangen , dann aber

seit 850 mit äusserer Gewalt verfolgt uod unterdrückt wurden,

II. Diese äussere Gewalt zwingt den Geist eine andere Rich¬

tung anzunehmen. Man schliesst einen Scheinfrieden mit der Or¬

thodoxie, indem man einen geheimen und einen äusseren Sinn im

heiligen Bucbe unterscheidet, sonst aber aus der griecbiscben

Philosophie alle Elemente zusammensucht, um aus ihnen die Bau¬

steine zum Aufbau einer geistigen und geistlichen Bildung zn

gewinnen. Dieses Streben hat einen mebr eklektischen Charakter,

so dass man sicb'noch nicht die Consequeuzeo zieht, die aus der

Zusammenstellung solcher heter,ogenen Bruchstücke der früheren

Bildung bervorg;ehn. Im .Allgemeinen gilt: das Gemütb sucht seinen

Trost mehr in der neuplatoniscben Geistesricbtung, der Verstand

dagegen sucht seine Bildung in ()er aristotelischen Schule. Diese

Geistesricbtung repräsentiren die lautern Brüder- in ibrer encyclo-

pädischeo Zusammenfassung des ganzen Bereichs des Wissens in

51 .'Vbhandlungeri. Diese eklektische Richtung beherrscht den Geist

der Araber etwa von 850—1000. Nennen sie sich gleich Sufi's, so

sind sie doch von der späteren consequenten sufischen Schule durch

das Festhalten eines persönlichen Gottes durchaus geschieden

III. Die schlummernden Keime erwachen: man sucht coose-

quenter die verschiedeoeo Geistesrichtungen zu verfolgen und

wendet sicb zunächst an die oeuplatonisChen Elemente, besonders

ao die voo Plotio überlieferteo Pbilosopheme. Die hier gegebene

Eotwickelung voo der Einheit zur Vielheit durcb die 9 Stufen

erscbeint io der Geschichte der Speculation vielfach wieder, sie

beherrscht aucb die Geister der Juden im Mittelalter ^). Der

Rückschluss ist einfach. Es ist das Streben voo der Vielheit in

die Einheit des wahren Seins zurückzukehren. Da aber Geist und

Stoff oicbt geschiedeo und die Vielheit von der Eioheit direct abge- 1) Vgl. Abulfedä's Annalen ad ann. 131. 1, 478.

2) Vgl. Thier und Mansch S. 245. .

3) Literalurhlall des Orients IX. 1848 ; 61. wo frir die beste oder die intelligible Materie des Plotin die Zura, die Form, eintritt; vgl. aucb Relfricb, Raimund Lull 81.

I

(10)

586 Dielerici, die philosoph. Beslrebungen d. laulern Briider.

leitet wird, so fällt Natur und Gott zusammen; die Persönlichkeit

Gottes wird aufgegeben und der Pantheismus consequent ent¬

wickelt. Diese Geistesrichtung finden wir in der Krone des .Sufis¬

mus, in al Ghazzäli 1059—1111, vollendet. Es ist richtig wenn

man diese Wendung der Speculation aus eiuer Reaction des indo¬

germanischen und besonders des^ persischen Geistes gegeu die

aufgezwungene, einseitig seoiitische Religion, den Islam, erklärt;

bei der wissenschaftlichen Ausbildung dieser Geistesrichtung aber

wird wie bei aller wissenschaftlichen Thätigkeit der Araher grie¬

chischer Einfluss nicht zu leugnen sein.

IV. Diese auf directe Anschauung des Seienden dringende

und mehr in Bildern als in strengen philosophischen Schlüssen sicb

bewegende Denkweise hat sich erschöpft. Das Strehen nach nüch¬

terner und streng logischer Begründung des Wissens mucbt sicb

geltend. Man wendet sich an den Meister des Denkens, an Aristo¬

teles, und ist bemüht durch die Erklärung seiner Schriften nach ihm

sich zu schulen. Diese Richtung krönt Ibn Ruschd (Averroes), durch

und durch Aristoteliker, um 1200. Er vermittelt die Kenntniss des

Aristoteles für das .Abendland, und dieser Dienst, den die Araher (ler

Cultur des Geistes geleistet haben, gebt auf ihn zurück.

Der Mohr hat seine Dienste gethan, der Mohr kann gehn, sagen

diejenigen, welche deshalb, weil die Orientalen niclit iu knapper

klassischer Porm ibre Forschungen darzustellen verstehn, das, was

die Araber zur Entwickelung der Geistesbildung beigetragen, verach¬

ten. Wir aber sehen in dieser Entwickelung bei den Arabern ein

ehenso gewaltiges Ringen der Geister wie es in der späteren Bildung

stattfindet, wenn sie es aucb, von äusseren Mitteln wenig unter¬

stützt, nicht zu dieser Höhe des Wissens brachten. VVir erkennen

hei ihnen denselben regen Geist des Forschens an, der sie wie

die spätern Philosophen als die Schüler der Griechen kennzeichnet.

Wir müssen ihnen sogar den Vortritt zugestehen, da sie, nacbdem I

der Geist sicb bei ihnen wie hei den Occidentalen im Mittelaller

lange in mystischer Speculation abgemüht hatte, zuerst wieder !

zur nüchternen Weise des Aristoteles zurückkehrten und die Beob¬

achtung wieder uls den Grund alles Wissens betrachteten und

dieser zu ihrem Recht zu verhelfen suchten. Gelang dies ihnen

aber nicht so wie uns Neueren, so waren darun meist ihre unvoll-

kominneren Mittel schuld.

Die eiiiunddreissigte Abhandlung

ist die erste welche über die Anfänge des Vernünftigen und des

Körperlichen nucb der Ansicht des Pythagoras und der Erkennt¬

niss der Sufis handelt; sie ist die erste von den Abhandlungen

der lautern Bruder, weicbe die Seele bebandeln.

Das Ziel derselben ist dies, darzustellen dass der herrliche

Schöpfer, als er das Seiende hervorrief und das Geschaflene her-

(11)

Dieterici, äie philosoph Bestrebungen d. lautern Brüder, 587

vorgeht! liess, dies so ordnete und reihte ,• wie sich die Biner

von der Eins aus, die ja vor der Zwei war, ordnen. Er machte

dass eine jede Gattung des Geschaffenen auf eine speciell bestimmte

Zahl hinweist, immer einander (Gattung und Zahl) entsprechend ;

denn so war es am weisesten und sichersten.

Der weise Pythagoras, der erste welcher iiber die Natur der

Zahl disputirte, sagt dass die Natur des Seienden der Natur

der Zahl gemäss sei, dass also der, welcher die^Natur der Zahl,

ihre Gattungen, Arten und Einzelnheiten kenne, im Stande sei die

Menge der Gattungen und Arten des Seienden zu erkennen. Auch

hob er hervor was für eine Weisheit in der Vielheit des Seienden,

in welcher sie gerade jetzt bestehe, liege, so dass es weder mehr

noch weniger geben könne.

Denn da der gehenedeite und erhabene Schöpfer der Grund

des .Seienden, der Schöpfer alles Geschaffenen und der in Wahr¬

heit Eine ist, so wäre es niclit weise, wenn alle Dinge in jeder

Hinsicht nur Eins, noch auch wenn sie in jeder Hinsicht von ein¬

ander verschieden wären , sondern sie mussten nothwendig Eins

der Materie, aber viele der Form nach sein. Auch wäre es nicht

weise, wenn alle Dinge als 2 oder 4 und nicht als mehr oder we¬

niger beständen, sondern es ist das weiseste und sicherste, dass sie

in den Maassen und Zahlen bestehen worin sie jetzt sind. Dies

gehört zur höchsten Weisheit, dass die Dinge als 2, 3, 4, 5, 6,

7, 8, 9 und so fort bis zu irgend einer Zahl hin hestehen.

Als Zwei bestehn Dinge wie Materie und Form, Substanz

und Accidens, Ursach und Wirkung, einfach und zusammengesetzt,

dünn und dick, durchsichtig und undurchsichtig, hell und dunkel,

beweglich und ruhend, hoch und niedrig, warm und kalt, feucht

und trocken, schwer und leicht, schädlich und nützlich, gut und

schlecht, richtig und fehlerhaft, wahr und falsch, männlich und

weihlich, kurz alles was paarweise besteht, wie Gott der Erhabene

sagt (Sur. Äl, 49): Von jedem Dinge schufen wir ein Paar.

Als Drei bestehn Dinge wie die 3 Dimensionen Länge,

Breite, Tiefe, oder die 3 Maasse Linie, Fläche, Körper, oder die

3 Zeiten Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart; die 3 Modalitäten

Möglichkeit, Nothwendigkeit und Unmöglichkeit; die 3 Wissen¬

schaften Propädeutik, Natur- und Religionswissenschaft; kurz

alles was eine Mitte und zwei Enden hat.

Als Vier' bestehen Dinge wie die 4 Natureigeiischaften Hitze,

Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit; die 4 Elemente Wasser^ Luft,

Feuer und Erde; die 4 Humores gelbe und schwarze Galle, Blut und

Schleim; die 4 Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter;

die 4 Himmelsgegenden Osten, Westen, Norden und Süden; die 4

Winde Ost-, West-, Nord- und Südwind ; die 4 Pflöcke (des Himmels¬

zelts) Oben, Unten, Rechts und Links; die 4 Lebensalter Kindheit,

Jünglings-, .Mannes- und Greisenalter; die 4 Zaiilstufen Einer,

Zehner, Hunderte, Tausende.

3 8*

(12)

588 Dielerici, die philosoph. Beslrebungen d. laulern Brüder.

Die Dinge welche als Fünf hestehn, sind die h Irrsterne

Saturn, Jupiter, Mars, Venus, Mercur; sie heissen die irren¬

den, denn sie hahen die rück- und rechtläufige Bewegung,

während weder Mond uoch Sonne die rück- und rechtläufige Be¬

wegung haben. Auch sind die Körper der Natur fünf, nämlich

der Körper des Himmelsrunds und die 4 Elemente durunter,

d. h. Feuer, Luft, Wasser, Erde. Auch sind die Gattungen der

Kreatur fünf, Mensch, Vogel, Schwimmer, Läufer auf 2 oder 4

(ich vermuthe 4 und 6) Füssen und die auf dem Bauch Kriechen¬

den. Auch gieht es h Sinne bei den Geschöpfen von vollstän¬

diger Bildung, nämlich Gehör, Gesicht, Gerucb, Geschmack, Gefühl.

Fünf Theile hat die Pflanze von vollständigem Bau, den Stamm, die

Wurzel, die Aeste, das Blatt und die Frucht. Fünf sind auch

der im Buch des Euklid') erwähnten Hauptfiguren, erstlich die

Feuerfigur mit 4 dreieckigen Flächen (Tetr.ieder), dann die Erd¬

figur mit 6 Flächen (Kubus), drittens die Wnsserfigur mit 8 drei¬

eckigen Flächen (Oktaeder) . viertens die Luftligur mit 20 drei¬

eckigen Grundlagen (Ikosaeder), fünftens die Himmelsfigur mit 12

fünfeckigen Flächen-) (Dodekaeder). Fünf sind auch "der Haupt¬

verhältnisse der Musik, das Gleiche, der Theil (die Hälfte), die

(andern) Theile, das Doppelte und Vervielfachte. Dann giebts h

feste Stützen unter den Propheten, Noah, Ibrahim, .Moses, Jesus

und Muhammed. Fünf sind auch der Tage deren Namen in allen

Sprachen nach der Zahl benannt, im Arabischen wie im Persiscben.

Auch gieht es 5 Tage die von der Gesammtheit des persischen Jahres

weggenommen sind (das sind die 5 Schalttage am Ende dos Jahres).

Darin dass dies in diesen speciell bestimmten Zahlen besteht,

liegt eine Hinweisung für den mit überwiegender Vernunft, feinem

Verständniss und scharfer Einsicht Begabten. — Fürwahr Gott

der herrlich gepriesene hat Engel. Sie, die Auswabl seiner

Schöpfung und die Heere unter seiner Kreatur, sind diesen spe¬

ciellen Zablen gemäss. Ihrer Würde ist keine Trübung beigemischt.

Ihnen kam die Hindeutung zu für diese uralten speciell be¬

stimmten Dinge; Gott schuf sie seine Welt zu bewabren, er machte

sie zu Bewohnern seiner Himmel, cr machte sie zu Leitern seiner

Sphären, zu Treibern seiner Gestirne, zu Ernährern der Pflanzen

auf der Erde und zu Hirten seiner Kreatur. Zu ihnen gehören

die Boten unter Gottes Propheten. Dorcb sie kommt Offenbarung

uod Propheteowürde auf einige Menschenkinder. Sie steigen nie¬

der mit den Segnungen aus den Himmeln, sie steigen dann wieder I

auf mit den Handlungen der Kinder Adams und mit ihren Geistern.

Auf sie weist Gott hin in den Aussprüchen des Gesetzes und den

Bestimmungen des Religionsbrauchs. So giebts 5 Gehete, 5 Wa-

1) Dies sind die .1 rcgnlüren Körper, Kuklid Elemente Xlll, XIV, XV. —

Keppler, Mysterium Kosmographicum. . i „ ,

2) Offenbar feblerbaft. Die VVasscrIigur ist das Ikosaeder und die Lnft- Ggur ein Octaeler.

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Dieleriri, die philosoph. ßeslrebungnn d. laulern Brüder. 589

schungen, der Bedingungen des Glauhens sind 5,, der Islam ward

hegriindet anf 5, der Imame des Glaubens giebt es 5, der Vor¬

trefflichen unter den Verwandten (Muhammeds) giebts A, der Stufen

auf die Kanzel des Prupheten sind ö, und der Bestimmungen für

die Pilgerfahrt sind 5, der für Mina und Arafat hestimmten Tage

sind 5, und der im Anfang der Suren des Korans gebrauchten

Monogramme sind 5, von einem his fünf Buchstahen. Alle diese

Fünfer sind Andeutungen und Hinweisungen auf die 5 vortreH¬

lichen Engel, von denen einem jeden 5000 oder 50000 oder 500000

oder nocb mehr immerfort folgen. Auf sie wird in einer Anzahl

von Korauversen hingewiesen, so it>, 2: Er sendet die Engel mit

dem Geist nacb seinem Befehl nieder zu welchem seiner Knechte

er will; 19, t>5: Nur auf Befehl deines Herrn steigen wir nieder;

37, 1B4: keinen giebt es unter uns der nicht eine bestimmte

Stelle bätte: führwabr wir sind die in einer Reihe Gottes Preis

Ausrufenden. Auf die 5 vortrefflichen Engel deutet der Prophet

bin, wenn er sagt: Es berichtet Gabriel von Michael, von Isrufel,

von der Tafel, von dem Scbreibrohr.

Durch das von uns Hervorgehobene ist der Ausspruch der pytha-

goräischen Weisen klar, das Seiende sei der Natur der Zahl gemäss.

Die Dinge, weicbe als Sechs hestehn, liegen zunächst in der

Natur der Sphären, im Bestand der Sternzeichen und den Zu¬

ständen der .Sterne. Dfcr Sternzeichen giebt es 12, von denen

sind 6 männlich und 6 weiblich ; 6 davon sind dem Tage und 6

davon der Nacht angehörig, 6 nördlich und 6 südlich vom Aequa¬

tor, 6 steigen in grader Richtung (nach Norden) und 6 in krummer

Ricbtung (nach .Süden) auf'), b stehn auf der Seite der Sonne und

B auf der Seite des Mondes, 6 gehn auf bei Tag und 6 hei

Nacht, 6 sieht man stets üher der Erdscheibe, 6 sind unter der Erde.

Die B Zustände der Sterne sind nun folgende: sie sind entweder

in der Erdferne oder in der Erdnähe, sie stehn hoch oder niedrig

(in Bezug auf den Horizont), sind entweder mit dem Kopf oder mit

dem Schweif des Drachen verhunden; dies sind 6 Zustände. Sechs

andre von ibren Zuständen sind, dass sie in der Conjunction (OGrad von der Soone in Länge entfernt) oder in der Opposition (180 Grad),

im Viereck (90 Grad), Dreieck (120 Grad), Sechseck (60 Grad)

oder ausfallende sind, so dass nicht der eine Theil.auf den andern hinschaut . (d. h. die nicht vifgebende Theilung des Umkreises).

Dinge unter dem Mondkreis, welche als 6 bestehn, sind die 6 Sei¬

ten welche auf die Körper Bezug haben. Sechs andere wurden für

die Maasse und Gewichte hestimmt, an halben und ganzen Arm¬

längen, an Gefäss- und Gewichtmassen. Alles dies ist in Sechs¬

theilung, da dies die erste volleodete Zahl ist (2 X 3).

Die Dioge, welche als Siebeo hestefao, babeo wir schon her¬

vorgehoben, denn eine Anzahl von Gelehrten hahen sie mit Liehe

I) if&os nnd üofo'e, Gesetze der Aequator- und Ekliptik - Eintheilung.

(14)

590 DiHirici, die philosoidi. Heslrebungen d. laulern Brüder.

behandelt und weitläufiger besprochen ; dies ist eine Erkenntnis^

welche sich bei den Gelehrten vorfindet.

Von den Dingen, die als Acht bestehn, haben wir schon im Tractat über Musik gehandelt und hahen nicht nöthig dies zn wiederholen.

Die Dinge, welche als Neun hestehn, haben mehrere Inder

mit Liebe bebandelt und vielfacb sie erwähnt, wie auch ein Ge¬

lehrter a I K i j ä I sie mit Vorliebe behandelt und iu bekannten bei den

Gelehrten sich vorfindenden Bücbern hesprochen hat. Auch haben

wir etwas davon in einigen unsrer Tractate und in einem vorauf¬

gehenden .Abschnitt dieses Tractates hervorgehoben, indem wir

sagten, dass alle allgemeinen Dinge 9 Stufen bildeten, nicht mehr

und nicht weniger, ganz den 9 Einern entsprechend, welche von

allen Völkern übereinstimmend angenommen würden, damit die

angenommenen Dinge den Dingen der Natur, welche doch nicht

das Werk der Menschen, sondern das des weisen hochgepriesenen

Schöpfers siud , entsprächen. Alle Alldinge bilden 9 Stufen ; die

Dinge zerfallen in zwei Arten, in nicht mehr und nicht weniger,

nämlich nur in Allding und Theilding. Die Alldinge bilden 9 Stu¬

fen in wohlbewahrter Reihe und mit feststehendem We.sen, und diese

sind wie die 9 Einer. Der Erste der Schöpfer, der einige, ein¬

zige, ewige, uralte, der die Diuge hervorrief nachdem sie nicht

waren. Dann darunter die Vernunft welche als die mit zwei Kräften

bekunnt ist; dann darunter die .Seele mit ilrei \'erbindungen ; dann

die erste .Materie mit vier Beziebungen; dann die Natur mit fünf

Dingen; dann der Körper mit sechs Seiteu, Oben, Unten, Reclits

und Links, Vorn und Hinten; dann das Himmelsrund mit sieben

Leitern (Planeten); dann die Elemente mit ucbt Misoliuiigen ; dann

die entstandenen Dinge mit drei Arten und Zahlen.

Erklärung und Darlegung. Der erbabene herrliche

Schöpfer ist vor allem Seienden, wie die Eins die Wurzel und

der Anfangspunkt der Zahl ist. Von der Eins läuft die Zahl ununter¬

brochen vorwärts, sie mag gross oder klein, gerad oder ungerade,

ganz oder gebrochen sein. Die Eins ist Grund der Zahl, wie

der grosse uud herrliche .Schöpfer der Grund der Diuge ist, sie

ius Dasein ruft, sie ordnet, und iliiiem Bestehn Vollendung und

Vollkomnienlieit verleiht. Wie nun die Eins keiuen Theilnehmer und

keinen Gleichen hat, su ist auch der erhabene Schöpfer Einer, ohne

Achnliclien, ohne Gleichen, obne Gewissen. Wie die Eins jeder

Zahl Namen und Maass verleiht, so gub auch der herrlicbe erhabene

Schöpfer allem Seienden das Sein. Wie im Bestebu der Eins dus

Bestehn der Zuhl beruht, so liegt auch im Bestelin des herrlich

4(epriesenen Schöpfers dus Bestehn und die Duuer des Seienden.

Wie ferner die Zwei uus der Wiederholung der Eins hervor¬

ging, so ist nucb die Vernunft das erste Seiende, welches uns dem

Sein des herrlich erhabenen Schöpfers emunirte. Sie ist, wie bekannt, die mit zwei Kräften, sie rief der hochgepriesene erhabene Schöpfer

ins Dasein, er liess sie entstehn. In ihr ist das Natürliche und

(15)

Dielerici, die philosoph, Beslrebungen d. laulern Brüder. 59 I

das Erworbene, um auf ibre Stufe unter den Seienden binzu-

deuten.

Wie sich dann die Drei nach der Zwei von der Eins aus

ordnet, so ordnet sich die Seele im Sein nach Her Vernunft. Sie

hat drei Verbindungen und drei Gattungen, die pflunzliciie, thieri¬

sche und vernünftige. Dies dient als Hindeutung auf ibre Rang¬

stufe unter dem Seienden.

Wie sich dann die Vier ordnet nach der Drei, so ordnet sich

die Materie nach der Seele, und zwar die (Jrmaterie. Desbalb sagt

man, die Materie zerfalle in vier Arten, Materie des Werks, Ma¬

terie der Natur, Allmaterie und Crmaterie, damit diese vier .Arten

nuf ihre Rangstufe nnter dem Seienden hindeuten.

Wie dann die Fünf sich nacb der \ ier ordnet, so ordnet sich

die Natur nach der Drmaterie; deshalb sugt man, der Naturen'gebe

es fünf, die erste die Natur des .Allhinimels und vier unter dem

Himmel (vier Elemente).

Wie dunn die Sechs sich nach der Fünf ordnet, su ordnet

sich der Körper nuch der Natur. Deshalb sagt man, der Körper

habe sechs .Seiten.

Wie dann die Siehen sich ordnet nacb der Sechs, so ordoet

sich der .Allbimmel nacb dem Körper, deshalb läuft der Allhimmel

über sieben Leitsteruen, damit dies eine Hindeutung sei auf seine

Rangstufe unter dem Seienden.

Wie dann die Acht sich nach der Sieben ordnet, so ordnen

sicb auch die Elemente im Innern des .Allliimmels; desbalb sagt

man, die Elemente hüben acht Mischungen. Die Erde ist kalt und

trocken; das Wasser kalt uud feucht; die Luft warm und feucht;

dus Feuer wurm uud trocken ; damit diese acht Eigenschaften

auf ibre Rangstufe im Seienden hinweisen.

Wie dann die Neun sich ordnet nach der Acht, so ordnen

sich die Producte nach den Elementen. Wie danu die Neun die

letzte Stufe unter den Einern einnimmt, so bilden auch die Pro¬

ducte die letzte .Stufe der Alldinge, welche die Mütter sind, näm¬

lich Mineral, Pflanze, Thier. Das .Mineral zerfällt iu drei .Arten :

I. die .Stuuburtigen, sie schmelzen weder noch verbrennen sie, wie

Mtriol, Spiessglus und dergl. 2. Die Steinartigen schmelzen,

duch Ihssen sie sicb nicht verbrennen, so Gold, Kupfer, Silber u.

dergl. 3. Das Wasserai;tige schmilzt und verbrennt, Schwefel,

Pech und andres.

Die Pflanze hat drei .Arten: sie wird entweder gepflanzt, wie

die Bäume, oder gesäet, wie das Korn, oder schiesst von selbst

auf, wie Gras und Futter.

Das Thier hat drei Arten: erstlich die welche gebären und

säugen, zweitens die welche Eier legen und brüten, drittens die

welche aus der Fäulniss entstehen.

So haben die Producte drei Gattungen mit neun Arteu, damit

dies hinweise uuf ihre Rangstufe unter den Alldingen. So ist

(16)

592 Diele.rid, dif philnsnph. Beslrebungen d. laulern Brüder.

durch das Erwähnte klar, dass die Alldinge auf diesen neun er¬

wähnten und erklärten Stufen stehn. Die Theildinge aber sind

unter diesen vorerwähnten Alldingen mit inbegriffen.

Beweis voo dem Vorbestund und der Kugelgestall

der Welt.

Da der herrliche, erbabene Schöpfer das Seiende hervorrief

und das Entstehende hervorgehn hiess, er dies dann ordnete und

reihte, setzte er alles in das Innere einer Spbäre, die es von allen Seiten umgiebt, wie Gott der Gepriesene sagt: Alle in einer Sphäre

preisen Gott (21, .34). Dieser Allliimmel ist kugelartig rund und

hohl, die anderen Sphären in seinem Innern sind rund, die einen die

andern umgebend, so wie die Ringe im Ei nnd der Zwiebel. Es

sind dies 11 Sphären, die Sonne liegt in der Mitte der Sphären,

5 liegen Uber dem Sonnenkreis und 5 .darunter. DarUber liegt

der Kreis des Mars , dann der des Jupiter, dann der des Saturn,

dann der der Fixsterne, dann der ümgebungskreis. Unter der

Sonnensphäre liegt die des Merenr, die des Mondes; dann die

Sphäre der Eiskälte, die der Lnft und dann der Erdkreis, der

letzte liegt in der Mitte. Die Erde ist weder buhl noch locker,

trotz der Menge der Böhlen, Buchten und TiefgrUnde in derselben.

Die Sterne sind kugelgestaltig, leuchtend und rund, wie dies

im Buche Almagist mit geometrischen Beweisen dargelegt ist.

Gott machte die Gestalt der Welt kugelartig rund, denn dies ist

die vortrefflichste aller Körpergestalten, der dreieckigen, vierecki¬

gen, fUnf- öder sechseckigen, der (regelmässigen) Quadratfnrmen

und der unregelmässigen und sonstigen Formen. Sie lässt die

grösste Ausdehnung und Beschränkung zu, sie hat die schnellste

Bewegung und ist am wenigsten den Unfällen ausgesetzt. Ihre

Aussenseiten sind gleichmässig und ihr Mittelpunct liegt grade in

ihrer Mitte, sie kann auf ihren Stelle umkreisen ohne etwas andres

zu berühren. Ihre weiteste Höhe ist immer ein Punct, die aber

alle einander nab sind. Sie ,kann sich im Kreise umdrehen oder

auf der graden Linie. Dies alles sind Aulagen und Eigenschaften,

weicbe sich bei keiner andern Form finden.

Der Allhimmel wird in 12 Theile getheilt, denn diese Zahl

lässt sie sicb am meisten theilen.

Durch das Erwähnte ist klar dass diese Gestalt die vortreff¬

lichste voo allen ist und dass der herrlich gepriesene Schöpfer

das weiseste und sicherste schaflFt, und aus diesen heiden Vorder¬

sätzen folgt, dass die Welt kugelgestaltig rund ist.

Da die göttliche Weisheit und herrliche Fürsorge es erfor¬

derte, dass der herrlich geprieseoe Schöpfer die Welt und ehenso

die Sphäreo uod die .Sterne kugelartig ruod schuf, weil ja diese

Gestalt Vor alleo Körpergestalteo deo Vorzug bat, so machte er

aucb die Bewegung der Sterne und Sphären kugelartig rund.

Bin jeder der 7 Sterne kreist in einer kleineu Zone, die die

(17)

Dielerici, die philosoph. Beslrebungen d. laulern Briider. 593

Vmkreiaxoae (inixvxXoe) heisst, und diese Kreise schwing-eo sicli in

Kreisen mit veränderten Mittelpuncten um, welche auf dem Rande

der .Steriihurgssphäre, welche die anderu Sphären umgiebt, um¬

kreisen. Diese Umgehungsspbäre kreist auch in je 24 Stunden

einmul um die Erde von Ost nach West und von West nach Ost

unter der Erde wie ein Rad. Wäre die Gestalt des Allhimniels

und seiner .Sterne nicht kugelförmig rund, so wiirde dieser Cm-

scliwung nicht gleichmässig seiu können, auch würde nicht die Be¬

wegung seiner Gestirne in der von uns iu dieser Eigenschaft er¬

wähnten und dargestellten Weise feststehn können.

Da durch das Erwähnte klar ist dass die Welt kugelartig

rund ist, so wollen wir auch darthun, duss aucb ihre Theilkörper als runde bestehen.

Wie die Erde mit allen auf ihr befindlicben Meeren, Bergen,

trocknen Strichen, Flüssen, Läudereien und Wüsten eine Kugel

bildet, welche von der Luft von allen Seiten umgeben wird, auch

der Mondkreis die Luft umgiebt, so ist auch die Gestalt jedes

einzelnen Berges auf der Oberfläche der Erde wie ein Bogeiistück

von der Umgehung des Kreises. Ehenso verhält es sich auch

mit dem Lauf der Wasser und Ströme: sie nehmeu hei den Bergeu

ihren Anfang und laufen dem Meere zu und bewässern Dörfer,

Städte, Marschen ; dann ergiessen sich die Wasser in die Meere

uud vermischen sich mit dem Salzwasser. Die Wasser werdeu

dann zu Dünsten, erheben sich als solche in die Luft, schichten

sich zusammen und werden dicht; sie werden zu Nebel und Wolken

und die Winde treiben sie den Bergspitzen, den trocknen Feldern

und Oeden zu. Dann reguet es dort, es fliessen die Thalwässer und

dieStröme laufen wieder von den Spitzen zurückkehrend dem Meere

zu, es entstehn aus ihnen dann Nebel und Dünste, ähnlich wie im

vorigen Jabre, wie ein Rad das sich dreht.

Also ist die Bestinimung des Allmächtigen und Allwissenden, und

eben so muss es sich mit der Pflanze, dem Thier und dem Mineral

verhalten, denn sie bestehn uus diesen Elementen, sie erstehn und

wachsen, dann verderben sie und gehn unter, sie werden zu Stauh

wie sie zu Anfang waren, uud daun lässt der gepriesene erhabene

.Schöpfer daraus was er will hervorgehn. Wie derAnfang derSchöpfung begann, so lässt er sie wieder rückkehren, wie ein Rad das umgeht.

Ebenso findest du, wenn du betrachtest, beschaust und über¬

legst, die meisten Baumfrüchte, Pflanzenkerne, Samen und Blätter

von rundlicher, kugeliger, länglichrunder, oder nahezu runder Ge¬

stalt; so ist auch die Gestalt der Gefässe der Menschen, ihrer Kunst- geräthe, Räder, Brunnen, Trinkgeräthe, Schüsseln, Kessel, Beciier,

Ringe, Turbane, Scbmuck und Krone, der Rundung zugewandt.

So überlege, gütiger, harmherziger Bruder, dass dies alles

beweist, dass er Einer ohoe Aehnlichen, dass er der Eine der

Mächtige ohoe Genossen ist.

Ende der 3L Abhandlung, der ersteu psychologischen.

(18)

594 Dielerici, die philosoph, Beslrebungen d. laulern Briider.

Die 2 w e i u 11 (I d r e i s s i g- s t e A Mi a n d I ii n g

ist die zweite welclie über die Urgründe der Vernunft in den

Grundlagen des Seins und den Wurzeln der Dinge bandelt. Sie

gebört zu den psycliologiscben.

Wisse, o gütiger mitleidiger Bruder (Gott stärke dicb und

uns durcb Geist von ibm!), dass das Sein dem Bestelin, so wie das

Bestehn wieder der Vollendung und Vollkominenbeit') vorliergelil.

Denn alles Vollkommene ist vollendet, alles Vollendete besteht, und

alles Bestehende ist; wogegen nicht alles Seiende besteht, noch

alles Bestehende vollendet, noch alles Vollendete vollkommen ist.

Denu der herrliche und erhabene Schöpfer, der der Grund des .Seiu.s

ist und ihm das Bestehn, die Vollendung und die Vollkommenheit

verleibt, liess zuerst das Sein, dann dns Bestehn, dann die Vollen¬

dung und endlich die Vollkommenheit aus sich ausströmen (einatii-

reuj. Dies haben wir in einer Abbandlung, in der wir der Eigen¬

thümlichkeiten der Zahl uud des Unterschiedes zwischen Vollendung

und Vollkommenheit gedachten, dargestellt; du magst dich dort

darüber unterrichten.

Der welcher die Grundlagen des Seins so betrachten will, dass

er sie ihrem eigentlichen Wesen nach erkennt, muss zuerst eine

Betrachtung über die Grundlagen der sinnlieh fussbaren Dinge an¬

stellen, um dadurch seine Vernunft zu üben und so zur Betrachtung

der Grundlagen des nur iu der Vernunft Liegenden (des ideellen) zu

stärken. Denn die Erkenntniss der sinulicii fassbaren Dinge

liegt dem Verständniss der Anfänger näher und ist den Scbülern

leichter. Der Körper ist ein sinnlich fussbares Ding; er ist eine

Substanz die aus zwei einfachen ideellen Substanzen zusammen¬

gesetzt ist, von diesen heisst die eine Materie und die andere

Form. Die Materie ist eine Form annehmende Substanz, die Form

aber ist das, wodurcb etwas das ist, was es ist. Als Beispiel

diene das Eisen. Dies ist die .Materie für alles was aus dem¬

selben gemacht wird, so für das Schwerdt, dus Messer, das Beil,

die Säge u. s. f. Messer ist über nur der Nume für eine hesondere

Form, ebenso wie Beil und Schwerdt; denu dus Eisen ist in

ihnen allen nur eins, die Form dugegen verschieden. .So ist die

Verscliiedi^nlieit der Namen der Verschiedenheit der Form gemäss.

Dasselbe gilt vom Holz, das ist .Materie für alles was aus dem¬

selben gemacht wird, wie die Tbüre, der Thron, der Sessel.

Aucb nimmt nicht eine jede Materie eine jede Form an; so

nimmt weder das Holz die Form des Hemdes, noch ein Stück

Zeug die Form des Sessels an.

Auch kano die Materie nicht jedwede Form, sie mag voran-

1) In dieser Stufenfolg«- kiiiiiicii dir 4 Hegriirc '^y>J , "^äj , ""d

= (rd vntfov) wobl nicht anders gefasst werden.

(19)

Dielerici, die philosoph. Beslrebungen d. laulern Briider. 595

geho oder oacLfulgen , annelinieo , sondern immer nur die voran¬

gebende (ibr näcliste). Die Baumwolle nimmt nicht die Form des

Zeuges au nocb die Fäden die des Hemdes, sondern die Baum¬

wolle nimmt zunäclist nur die Form von Fäden und durch die

Vermittelung der Fadenform die Form des Zeuges an uud danu

erst die des Hemdes. Dasselbe gilt vou dem Getreide: zuerst

nimmt es die Form des Mehles, dann die des Teiges und dann

die des Brodes an. In dieser Weise nimmt die Materie die ver¬

schiedenen Formen an, immer die erste (nächste) iu der Reihenfolge.

Dies gcschielit weil die erste Materie nur die Form des (er¬

sten) Körpers, welches die (blosse) Länge, Breite und Tiefe ist,

und dann durch \ erniittelung der Körperforni erst die übrigen For¬

men, dus Dreieck, \'iereck, die Rundung und dergleichen annimmt.

\ (in der Materie sagt man , sie zerfalle in vier Arten. \ ou

diesen steht, wie wir dies oben darthaten , der sinnlichen Wahr-

iielimung am nächsten die Werkmaterie, wie Holz und Eisen;

denn jeder Handwerker muss die Materie haben, woraus uod worio

er sein Werk bildet. Die zweite ist die Naturmuterie , nämlicb

Feuer, Luft, Wasser und Erde; denn für alle Dinge, welche die

Natur unter der Mondspliäre schafft, sind diese vier Elemente die

Materie. Die dritte ist die Allmaterie; darunter verstehen wir

den absoluten Körper, welcher die Sphären und alles Seiende

uinfusst. Die Vierte ist die Urmaterie, das ist die die Form ao-

nehmeiide Substanz, und die erste Form welche sie annahm war die

Länge, Breite und Tiefe; hierdurch ward sie dann ein absoluter

Körper.

Diese Urmaterie geht aus den Urgründen der Vernunft bervor,

denn diese Materie ist die erste Wirkung der Seele, und die Seele

die erste Wirkung der Vernunft, und die Vernunft die erste Wir¬

kung des herrlich gepriesenen .Schöpfers; so ist der Schöpfer der

(Urjgrund ulles Gewordenen, der demselben dann Sein, Vollendung

und Vollkommenheit verlieb, und zwar in Reib und Ordnung, voo dem

Höchsten immer weiter absteigend. Dus Seiende ordnet sich voo ihm

aus wie sich die Zahl von der Eins aus, die vor der Zwei ist,

ordnet, wie wir dies in der Abhandlung, worin wir die Eigen¬

tbümlicbkeiten der Zahl hervorgehoben, darstellten. Die Vernunft isl das erste und erhabenste Seiende welches der liochgepriesene Schöpfer

ins Dasein rief, danu folgt die Seele, dann die Materie. Denn

die Vernunft ist eine geistige Substanz welche vom Schöpfer ema-

nirte; sie ist seiend, vollendet und vollkommen. Die Seele ist eine

geistige Substanz, die von der Verounft emunirte; sie besteht, ist

vollendet, aber nicht vollkommen. Die Urmaterie endlich ist eine

geistige Substanz, welche von der Seele emunirte; sie hesteht,

ist ober weder vollendet noch vollkommen.

Der Grund des Seins der Vernunft ist das Seio des herrlichen,

erhabenen Schöpfers, so wie die Emaoatioo welche von ihm aus¬

ging. Der Grund des Bestehens der Vernunft ist, dass der berr-

(20)

596 Dielerici, die philosoph. Beslrebungen d. laulern Brüder.

liehe, erhabene Schöpfer sie mit seinem Reichthum unterstützt, so

wie mit der Vortrefflicbkeit, welche zuerst von ibm ausströmte. —

üer Grund der Vollendung der Vernunft ist die Annuhme dieser

Emanation und dieser Vortrefflicbkeit, so wie das Verlaogeo nach

neuer Emanatioo. — Der Grund der Vollkommenheit der Vernunft

ist die Ausschüttung dieser Emunation und Vortrefflicbkeit, die

sie vom erhabenen Schöpfer erliielt, auf die Seele. So ist dann

das Bestehn der Vernunft Grund für das Sein der Seele, und die

Vollendung der Vernunft Grund für das Bestehn der Seele, und die

Vollkommeoheit der Verounft Grund für die Volleodung derSeele. —

Das Bestehen der Seele ist dann Grund für das Sein der Materie

und ihre Vollendung Grund für das Bestehn der Materie. — Wann

aher die Seele vollkommen wird, ist die Materie vollendet, und dies

ist das höchste Ziel für die Verbindung der Seele und der Materie. —

Deswegen findet der Umschwung des Himmels und die Erschaffung

der Dinge statt, auf dass die Seele vollkommen werde, dazu dass

sie ihre Vortrefflicbkeit in der Materie darstelle und die Materie

durcb die Annahme dieser Emanation der Formen und andrer Vor¬

trefflichkeiten ibre Volleodung erreiche. Wäre dem uicht also,

so wäre der Umsch^^uog des Himmels nur ein Spiel.

Die Vernunft nahm die Emanatiou des herrlichen, erhaheoeu

Schöpfers, sowie seioe Vortrefflicbkeit, weicbe im Bestebo, der

Vollendung und Vollkommenheit beruht, mit Einem Male zeit-, be-

wegungs- und affectlos ao, weil sie dem hochgepriesenen Schöpfer

so oah stebt uod ihre Geistigkeit so stark ist..

Die Seele aber, da ihr Sein vom erhabenen Schöpfer durch

Vermittlung der Verounft stattfaod, steht eine Stufe unter der Ver-

Duoft, sie ist maogelhaft in der .Annahme der Vortrefflicbkeiten ;

denn einmal wendet sie sicb der Vernunft zu. um sicb von ihr

mit dem Guten und der Vortrefllichkeit zu versehn, ein andermal

aber ist sie der Materie zugewandt um ihr von dem, was sie an

Emanatioo, Güte und Vortrefilichkeit empfiog, zu speodeo. Weodet

sie sich der Verounft zu um von ihr zu empfangen , sö unterlässt

sie an die Materie die Emaoatioo und die Güte zu spenden;

wendet sie sich aber der Materie zu um sie mit der Emanation

zu versehn, vernachlässigt sie die Verouoft und die Annahme ibrer

Vortrefilichkeit. Weil daoo die Materie auf eioer maogelhaften

Stufe steht und nicht oach der Vortrefflicbkeit der Seele strebt,

sie auch nicbt ihre Emanatioo hegehrt, muss die Seele sicb ihr

sehr stark zuweodeo und hat sie volle Sorge dieselbe wohl her¬

zustelleo. Sie ermüdet wohl und leidet hierbei Sorge und Noth.

Ja wenn der erbabene Schöpfer in der Fülle s^ner Gnade und

Güte sie oicbt mit der Vernunft stärkte und ibr beistände um sie

zu befreien , so ginge die Seele im Meere der Materie unter.

So spricbt Gött der 'erbaheo Gepriesene : Käme nicht die Vortreff¬

licbkeit Gottes uod seine Gnade auf ^euch, so würde oimmer

eioer von euch gerecht seio.

(21)

Dielerici, die philosoph. Bestrebungen d. laulern Briider. 597

Die VerDUoft aber bat, wehn sic' die Seele stärkt und ihre

Vortreffliclikeit auf sie emaniren lässt, keine MUhe ; denn die Seele ist

eine geistige Substanz, die leicht annimmt uud nnch der Vortreff¬

licbkeit der Vernunft strebt und uuf die GUte derselben begierig

ist. Sie ist lehendig ihrem Wesen nach, kundig durch die Kraft,

thätig durch die natürliche Anlage, mächtig und schaffend durch

die zufällige Eigenschaft.

Die Materie aber steht wegen ihrer Entfernung vom herrlichen,

erhabenen Schöpfer auf mangelhafter Stufe und ist der VortreflF-

lichkeit entbehrend; denn sie strebt nicht nach dem Erguss der

Seele, auch hegehrt sie nicht nach ihrer Vortrefflicbkeit, sie ist

weder kuodig, noch mächtig, noch lebendig , sondern bloss an¬

nehmend. Deshalb erleidet die Seele ErmUdung, Sorge, Müh und

Noth bei der Anordnung der Materie und ihrer Vollendung. Sie hat

keine Ruhe, es sei deun, sie wende sich der Vernunft zu, hänge

sich an dieselbe und werde Eins mit ihr. Wir wollen im Ful¬

genden, so Gott will, darstellen, wie dies geschieht.

Die Grundlagen der Körperwelt und ihre Stufen¬

folge.

Das erste Ding welches Gott, der herrlich Gepriesene, hervor¬

brachte und ins Sein rief, war eine einfache geistige Substanz,

höchst volleodet, vollkommen und vortrefflich; sie enthielt die For¬

meo aller Dioge und beisst Vernunft. Von dieser Substaoz (der

Vernunft) emuoirte eioe aodere Substanz, die. eine Stufe unter ihr

steht; sie heisst die Allseele. Von der Allsecle riss sich eine

andere Substanz los, die eioe Stufe niedriger steht; sie heisst die

Urmaterie; denn die Materie nahm das Maass, d. i. Länge, Breite

und Tiefe an;' so ward sie dadurch eio absoluter Körper, und

dies ist die zweite Materie. Dann nahm der Körper die Kugel¬

gestalt an, welches die vortrefiPlicbste aller Gestalten ist, und

daraus entstand die Sphärenwelt mit den Sternen. Das Lautere

uud Feine steht immer zuerst von dem Umgebungskreis bis zum

Ende des Mondkreises. Dies sind 9 Sphären, die eine davon immer

im Innern der nndern, so dass die nächste vom Mittelpunkt unter

ihnen die Moodsphäre und die entfernteste und oberste derselben

die Umgehungssphäre (sie heisst nuch die tragende Sphäre) ist.

Diese ist die feinste aller Sphären an Substanz und vom einfachsten

Körper. Dann folgt darunter die Sphäre der Fixsterne, darunter

die des Saturn, dann die des Jupiter, dann die des Mars, darunter

die der Sonne. Ihr folgt oach uoteo die Spbäre der Venus, dann

die des Mercur, unter welcher die des Moodes ist. Unter der

Mondspliäre siod die 4 Elemeote, Feuer, Luft, Wasser und Erde.

Die Formeo dieser Sphären sind schoo eiomal hervorgebobeo wordeo

(vgl. den 16. Tractat). Die Erde stebt im Mittelpunkt, sie ist in Hin¬

sicht der Substanz das Dichteste uod ao Körpermasse das Dickste.

Da sich diese Sphären, die eioe im Iooern der andern, so wie es

BJ. XV. 39

(22)

598 Dielerici, die philosoph. Beslrebungen d. laulern Brüder.

ihr Schöpfer, dessen Preis herrlich ist, wollte, in feiner Reihenfolge

und scböoer Ordnung stellten, dann die Sphären mit ihren Stern-

burgeo sich um die 4 Elemeote schwangen, auch sich über den¬

selben Nacht und Tag, Winter und Sommer, Hitze und Kälte

folgten, so dass das eine derselben sicb mit dem andern vermischte

und das Zarte derselben mit dem Dichten, das Leichte mit dem

Schweren, das Heisse mit dem Kalten, das Feuchte mit dem Trock-

nen sich vermengte, so fügten sich aus ihnen (den Elementen) in

der Länge der Zeit die verschiedenen Zusammensetzungen, nämlich

Mineral, Pflanze und Thier zusammen.

Mineral ist alles was von aufgelöstem Dunst und aufsteigen¬

dem Rauch oder vou der io den Höhleo und Tiefgründen zurück¬

gehaltenen Feuchtigkeit im Innern der Erde oder auf dem Grunde

des Meeres oder io den Tiefen der Gebirge sich verbindet. In ibm

sind die Erdtheile überwiegend.

Pflanze ist alles was auf der Oberfläche der Erde an Gras,

Gewächs und Kraut, an Gemüse, Saaten und Bäumen sprosst. In

ibr sind die Wassertheile überwiegend.

Thier ist jeder Körper der sicb bewegt, sinnlich wahrnimmt

und mit seiner Körpermasse von einem Orte zum andern über¬

geht. In ihm sind die Lufttheile überwiegend.

Das Mineral ist von erhabnerer Zusammensetzung als die Ele¬

mente, die Pflanze steht wieder in ibrer Zusammenfügung höher als

das Mineral, und das Thier ist von erhabnerer Zusammensetzung

als die Pflanze. Dev Mensch aber ist erhabener zusammengefügt

als alle Thiere. In ibm überwiegen die Feuerbestandtbeile. In der

Zusammensetzung des Menschen ist der Sinn alles Seienden, des

einfachen wie des zusammengesetzten, das vorher erwähnt ist, ver¬

einigt. Denn der Menscb besteht aus einem materiellen leiblichen

Körper und aus einer einfachen geistigen Seele. Deshalb oeooeo die

Weiseo den Meoschen eiue kleioe Welt uod die Welt eioeo grosseo

Menschen. Der Mensch ist, wenn er sich seihst wahrhaft erkennt,

wegen der wunderbaren Zusammensetzung seines Körpers , des

feinen Baues seiner Gestalt, wegen der verschiedenen Ricbtung sei¬

ner Seelenkräfte und ihrer offeobareo Wirkuogeo ao ihm, voller

Kraft und Würde. Voo ihm gebeo wohlgefügte Werke und sichere

Erfahrungen aus. Auch ist's ihm möglich danach deo Sinn von

allem, was er sinnlich wahrnimmt, zu messen, und sich dadurch auf

den Sinn von allem nur Ideellen in der Welt hinführen zu lassen.

So ist es denn, o gütiger mitleidiger Bruder, nötbig, dass wir,

wenn wir die Erkeontoiss vom eigentlichen Wesen der gewordeoeo

Dinge im Auge haheo, zuerst mit der Erkenntniss unsrer selbst

beginnen, da diese uns zunäcbst liegt, und uns erst dann mit

der Kenntniss der übrigen Dinge beschäftigen; deun es wäre ja

schimpflich für uns, wenn wir die Erkenntniss vom wabren Wesen

der Dinge zu haben beanspruchteo , aber, uus seihst und unser

Wesen nicht erkennten.

(23)

Dielerici, die philosoph, Beslrebungen u. taulern Brüder. 599

Die A I 1 s e e I e.

Die Allseele ist die Kraft einer geistigen Substanz , welche

mit Zulassung des herrlich ge|irieseuen Schöpfers aus der Ver¬

nunft emanirt. Dies hahen wir schon früher erwähnt. Sie hat

zwei Kräfte, welche alle Körper vom Umgebungskreis bis zum

Mittelpunkt der Erde durchdringen, wie der Sonnenstrahl ulle

Tbeile der Luft durchdringt. Die Eine derselhen ist eiue Wis-

senskrnft, die andre eine Tbatkraft. Durch ihre Tbatkraft stellt

sie die Körper als volleodet und vollkommen dadurch dur, dass

sie Form, Gestalt, Hultuog, Schmuck uod Schönheit mit ver¬

scbiedenen Färbungen ihnen anbildet. Durch die Wissenskraft

aber macbt sie ihr Wesen vollkommen, oämlich durch das, was sie von

ihrer Vortrefflicbkeit voo der Kraft zur Wirksamkeit gelangen lässt.

Das sind wahre Kenntnisse, schöne Charaktere, richtige Ansichten

und gute Handlungen, ehenso wie wohlgefügte Werke uod sicbere

Erfahrungen, je nachdem nämlicb ein jeder Einzelne einzelne

ihrer Einwirkungen mit seiner reinen Substanz und seinem feinen

Leihe aufnimmt.

Die Substanz der (All)seele hat'keinen Anfang, ihre Kräfte

schwinden nie und ihre Wirkungen hören nie auf, denu ibr Zu¬

wachs von der Vernunft ist von ewigem iiestund , wie sie auch

ewig und fortwährend die Emanation derselhen abnimmt; so stärkt

auch der erhabene Schöpfer die Vernunft ewig und i%t seine Ema-

tion auf dieselbe fortdauernd, ebenso wie die Zuwendung der Ver¬

nunft auf diese Emanatioo dauernd uod fortwährend ist. Denn

die Emanatioo des Schöpfers schwindet nie und seine Gaben hören

nie auf, wie seine Vnrtrefflichkeiten ohoe Ende siud. Deno er ist

die Quelle alles Guteo, die Fuodgrube alles Segeos, die Emaoa-

tionsstätte der Fülle und die Ursache olles Seienden, ibm ge¬

bührt Preis und Lob, Dunk uud Gabe.

Die Stufe der Allseele ist Uber dem Umgebungskreise, ibre

Kräfte durchdringen alle Theile des Himmels sowie dessen Ein-

zelerscheinuogeo'ordoungsgemäss, ebenso alle Hand- und Geistes¬

werke, so wie auch alles was der Umgebungskreis yon anderen

Körpern umfasst. Sie übt auf alle einzelnen Himmelserscheinungen

eine specielle Kraft aus, welche diese regelt und von ihr aus uder

an ihr ihre Wirkung kundthut. Diese Kraft heisst dann Theil-

seele, ebenso wie die Eiozelerscheiouog. So heisst z. B. die dem

Körper des Saturo speciell zukommende Kraft, die ibn regelt und

von ihm und an ihm ihre Kraft offeobart, die Seele des Saturn;

ehenso heisst die dem Körper des Jupiter speciell zukommende

Kraft, die ihn regelt.und an und voo ibm ihre Kräfte offeobart, die

Seele des Jupiter; ebenso beissen die übrigen Kräfte, welche

einem Stern oder einem der Himmelskörper oder einer Einzeler¬

scheinung desselben zukommen, und die an ihm oder vou ihm aus

ihre Wi'rkuog dartbuo, Seelen derselbeu. Dies ist der eigentlicbe

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