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OPUS 4 | Kinder in Bewegung

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Ministerium für Bildung, Jugend und Sport

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Steinstraße 104 –106

14480 Potsdam

E-mail: poststelle@mbjs.brandenburg.de www.mbjs.brandenburg.de

JUGEND

K I T AD E B AT T E 1 / 2 0 0 6

Kinder in Bewegung

1/2006

M i n i s t e r i u m f ü r B i l d u n g , J u g e n d u n d S p o r t

KinderinBewegungKITADEBATTE

(2)

Kinder in Bewegung

BRANDENBURG LAND

M i n i s t e r i u m f ü r B i l d u n g , J u g e n d u n d S p o r t

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1. Auflage, August 2006

Herausgegeben vom:Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Steinstraße 104-106 14480 Potsdam

Internet: www.mbjs.brandenburg.de

www.mbjs.brandenburg.de/Kita/kita-startseite E-Mail: poststelle@mbjs.brandenburg.de

Bildungsserver: www.bildung-brandenburg.de Redaktion:Sabine Karradt, Ralf Kohlberger

Fotos: privat, Archiv

Der seit Januar 1998 ehrenamtlich tätige Redaktionsbeirat KITADEBATTE unterstützt bei Themenfindung und Realisierung die KitaDebatte. Für die Ausgabe 1/2006 kamen Zuarbeiten unter anderem von Christine Henning, Referat Kita im Landesjugendamt; Karin Herrmann, Praxisberaterin/Supervisorin, Landkreis Märkisch-Oderland;

Sigrid Höhne, Leiterin/Erzieherin, Bardenitz.

Layout/Druck: sd:k Satz Druck GmbH Umschlaggestaltung: sehstern

Die namentlich gekennzeichneten Beiträge entsprechen nicht in jedem Fall der Meinung des Herausgebers und der Redaktion.

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Inhaltsverzeichnis

Seite

Vorwort . . . 6 Pfiffikus durch Bewegungsfluss – ein Modellprojekt

Frank Bittmann . . . 8 Sitzer oder Flitzer – wichtig ist die Bewegung mit Kindern

Astrid Sult, Barbara Schmitz . . . 25 Bewegung macht schlau – Sport im Tagesablauf

Projektentwicklung im Hort Eggersdorf / Anregung gab das Projekt

„Pfiffikus durch Bewgungsfluss“ . . . 28 Die bewegungs- und gesundheitsorientierte Kindertagesstätte der Brandenburgischen Sportjugend im LSB e.v.

Die Kita „Storchennest“ im Potsdamer Ortsteil Golm besuchen 60 Kinder . . . 31 TransKiGs – oder auf dem Weg zu einer gemeinsamen Bildungsphilosophie

von Kindertagesstätte und Grundschule . . . 38 Sprachförderung in der Kita für bessere Lernchancen

Projekt „Kompensatorische Sprachförderung im Jahr vor der Einschulung“

im Land Brandenburg gestartet / Katja Braukhane . . . 41 Bericht zur Qualitätsverbesserung der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg . . . 45 Das „Individuelle Curriculum“ eine Weiterentwicklung des infans-Konzepts

Beate Andres . . . 47 So lernen Kinder

„Märkische Oderzeitung“: Beitrag von Jens Sell zur Kindertagesstätte „Kinderland“

in Straußberg . . . 54

INHALTSVERZEICHNIS 3

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4 INHALTSVERZEICHNIS

Das Thema wurde mit den Zeichnungen lebendig

In der Kita „Blausternchen“malen Kinder die „Grundsätze elementarer Bildung“ /

Gabriele Marien . . . 56 Gemeinsam mit den Kindern und den Eltern

Ute Wieland über die Erfahrungen bei der Umsetzung der „Grundsätze der elementaren Bildung“ in der Kita „Falkenberger Spatzennest“ . . . 59 Pädagogische Qualität in brandenburgischen Tagespflegestellen

Steffen Taubert, Wolfgang Tietze . . . 64 Gesundheitsförderung bei Kindern – ein wichtiges Thema für Kindereinrichtungen und Familien

Dr. Heike Zimmermann . . . 70 Chancen und Perspektiven des „Netzwerks gesunde Kita“

Heidemarie Wanninger . . . 78 Die Bewegungsbaustelle des „Netzwerks gesunde Kita“

Nicola Böcker . . . 83

„EMMI“-Preis an gesundheitsbewusste Kitas vergeben

Erstmals wurden 2005 mit dem Förderpreis brandenburgische Kitas geehrt /

Mitwirkung der Eltern ist wichtig / Iris Wulsch . . . 88

AUS DER PRAXIS – FÜR DIE PRAXIS

Treffen uns Situationen unerwartet? Wir haben genauer nachgeschaut!

Erfahrungen in drei Kitas der Gemeinde Petershagen/Eggersdorf /

Anja Gräbert und Verena Schwarz . . . 96 Wandern auf neuen Wegen

Kita „Schloss Fröhlichhausen“ entwickelt Konzepte für Wanderwege im Krämer Forst /

Grit Brendel . . . 101

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INHALTSVERZEICHNIS 5

„Fit für den Schulweg“ – Rollerprojekt zur Mobilitäts- und Verkehrserziehung für Vorschulkinder

Kita „Kunterbunt“ in Lindow/Mark mit dem Roller unterwegs/Bewegung schaftt Sicherheit /

Karin Franke . . . 105

Eine Radfahrmappe für jedes Kind Radfahren im Kindergarten! Oder: Radfahren etwa schon im Kindergarten? Kita „Kinderland“ in Treuenbrietzen trainiert Verkehrssicherheit / Sigrid Höhne . . . 111

Hilfe, mein Kind kommt zur Schule! Erfahrungen in der Vorschularbeit der Robinson-Grundschule mit den Kindertagesstätten in Brieselang / Anke Skroch, Konrektorin der Robinson Grundschule . . . 112

„Garten der Sinne“ – Erleben und Einssein mit der Natur Kinder und Erzieherinnen freuen sich über die Einrichtung / Uta Starke . . . 114

WAS – WANN – WO – WAS – WANN – WO Praxisunterstützungssysteme für Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg . . . 117

Ausschreibung Projekt „KidSmart“ 2006 / 2007 . . . 124

Kurse zur Kindertagesbetreuung in Brandenburg . . . 126

FACHLITERATUR – REZENSIONEN – ANKÜNDIGUNGEN Nächtliches Abenteuer . . . 127

Reise in die Freiheit . . . 127

Ein Bilderbuch zum Aufstehen und Schlafengehen . . . 128

100 Welten entdeckt das Kind . . . 128

Singzwerge & Krabbelmäuse . . . 129

„book-buddy“ – das Bücherkumpel-Projekt . . . 130

GESETZE – VERORDNUNGEN – EMPFEHLUNGEN Was bedeutet die geänderte Biostoffverordnung für Kinderbetreuungseinrichtungen? Frank Gerschke (Landesamt für Arbeitsschutz) . . . 134

Gesetzliche Neuerungen für die Kindertagespflege Eveline Gerszonowicz . . . 139

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Vorwort

Liebe Erzieherinnen, liebe Erzieher, liebe Eltern,

zu Beginn eines neuen Kindergartenjahres liegt jetzt die jüngs- te Ausgabe der KitaDebatte vor. Das zentrale Thema „Kinder in Bewegung” hat viele Autoren motiviert, eigene Beiträge zu schreiben. Sie werden in dem Heft Anregungen und Beispie- le finden, wie selbstverständlich Bewegung in den Alltag der Kindertagesstätte gehört. Hervorzuheben ist der Abschluss- bericht des Projekts „Pfiffikus durch Bewegungsfluss”, das gemeinsam von der Universität Potsdam, der AOK Brandenburg und meinem Haus in den vergangenen Jahren in Potsdamer Kitas umgesetzt wurde. Die Projektergeb- nisse finde ich beispielgebend. Sie zeigen, dass auch ohne große Ausstattung und Investition vieles möglich ist, wenn die Erzieherinnen und Erzieher sich für ein sol- ches Projekt in ihrem Kita-Alltag engagieren.

Intensiv setzen sich brandenburgische Kitas mit elementarer Bildung auseinander.

Ein zentraler Baustein unserer Politik ist es, allen Kindern die gleichen Vorausset- zungen für den Eintritt in die Schule zu eröffnen und kindliche Bildungsprozesse bereits in den Kitas zu starten. Ob Kinder ihre natürliche Bildungsfähigkeiten entfal- ten können, hängt vorrangig von den Anregungen ab, die ihnen die Umwelt bereit- stellt. Hier haben neben den Familien die Einrichtungen der Kindertagesbetreuung den Auftrag, vielfältige und anregungsreiche Bildungsmöglichkeiten zu schaffen und den Erfahrungsraum der Kinder zu erweitern. Das sind knapp gefasst das Bild vom Kind und der Auftrag der Kindertagesbetreuung, wie sie im Kita-Gesetz und in den Grundsätzen elementarer Bildung für die Einrichtungen der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg formuliert sind.

Das Thema „Sprachförderung” findet sich in dieser Ausgabe der KitaDebatte ebenso wie ein Bericht zur pädagogischen Qualität in Tagespflegestellen und zahlreiche Bei- spiele, die zeigen, wie sich Kindertagesstätten auf den Weg gemacht haben, die Grundsätze der elementaren Bildung im Land Brandenburg praktisch umzusetzen.

VORWORT 6

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VORWORT 7 Verweisen möchte ich auf den Artikel von Beate Andres, in dem die Autorin das „Indi- viduelle Curriculum”, eine Weiterentwicklung des Infans-Konzepts, vorstellt. Hier wird direkt auf die Ihnen im vergangenen Jahr zur Verfügung gestellten Bildungsordner Bezug genommen und auf der Grundlage des darin enthaltenen Handlungskonzepts der aktuelle Stand der Weiterarbeit dargestellt.

Ich wünsche den Leserinnen und Lesern dieser KitaDebatte eine anregende Lektüre.

„Kinder in Bewegung” – Nachahmung ist durchaus erwünscht.

Holger Rupprecht

Minister für Bildung, Jugend und Sport

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Pfiffikus durch Bewegungsfluss – ein Modellprojekt

Frank Bittmann

Von November 2002 bis Oktober 2005 lief in vier Potsdamer Kindergärten ein drei- jähriges Modell-Pro- jekt, dessen Name Programm war. Das Projekt „Pfiffikus durch Bewegungs- fluss“ verfolgte das Ziel, in der sensiblen Phase der Hirnreifung die körperliche und gei- stige Entwicklung von Kindern im Vorschulal- ter integrativ zu fördern. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass im Vorschulalter weni- ger das Lernen selbst zu intensivieren ist, sondern eher die Grundlagen für späteres effektives Lernen zu legen sind. Aus biologi- scher Sicht bedeutet dies, die in dieser Zeit intensiv vor sich gehende Vernetzung des Gehirns zu stimulieren. Diese ist die Grundla- ge für dessen hohe Leistungsfähigkeit. Der Aufbau der Nervenverbindungen vollzieht sich gerade im Kindergartenalter sehr stür- misch und kommt gegen Ende des Grund- schulalters zu einem relativen Abschluss. Das Zeitfenster für die Schaffung der grundlegen- den Architektur des Gehirns schließt sich dann. Versäumnisse sind danach nicht mehr in gleicher Qualität nachholbar!

Das Projekt wollte Erkenntnisse von Psycho- logen und Hirnforschern umsetzen wie die fol- genden:

– Es gibt verschiedene Formen von Intelli- genz, so neben der mathematisch-sach- logischen Intelligenz und anderen Formen auch eine musisch-ästhetische und eine kinästhetische. Körperliches Bewegen ist eine Hirnleistung! Die Hirnentwick- lung ist damit ebenfalls durch Bewegungs- förderung zu unterstützen.

– Bestimmte Bewegungsabläufe erfordern weniger Hirnaktivität, andere wesentlich mehr! Zu den neurologisch anspruchsvol- len Bewegungsformen gehören u.a. Kör- perbalance, das gleichzeitige und koordi- nierte Bewegen beider Körperseiten, Fin- germotorik, Augenmotorik, Mimik und Sprachmotorik. Wir entwickelten deshalb einen Katalog von Bewegungsformen, die einen höheren Anspruch an die nervale Steuerung stellen. Diese Neuromotorik kam im Projekt zum Einsatz.

– Es werden diejenigen Hirnzentren und - funktionen besonders entwickelt, die häu- fig beansprucht werden. Dieser Prozess ist umso effektiver, wenn verschiedene Aktivitäten gleichzeitig stattfinden. Das Augenmerk lag damit einerseits auf dem Training einzelner hirnstimulierender Fähigkeiten, andererseits aber auch darin, möglichst viele körperliche und geistige Tätigkeiten gleichzeitig miteinander zu kombinieren.

Es zeigte sich im Projektverlauf schnell, dass es nicht ausreicht, über geeignete Übungsfor- men zu verfügen. Damit sie wirksam werden

PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 8

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PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 9 können, müssen sie mit geeigneten pädago-

gischen Methoden vermittelt und in sinnvolle organisatorische Formen eingebettet werden.

Daher erarbeiteten wir in Zusammenarbeit mit den vier Potsdamer Projekt-Kitas1Methoden sowie Organisationsformen und erprobten deren Praxistauglichkeit. Hierbei bewährte es sich, dass die zum Projektteam gehörenden Sportwissenschaftler (Jana Herrmann, Katje Schmidt und Norman Radeiski) das Kita- Leben mitbegleiteten und die IB-Erzieherin Karin Lorenz als Mitglied des Teams die Spe- zifik der Kita-Erziehung einbrachte.

Als besonders wertvoll erwies es sich dabei, viele Elemente aus der Zirkuspädagogik zu integrieren. Sie fördert wie kein zweites pädagogisches Konzept die Entwicklung neu- romotorischer Fertigkeiten auf eine erlebnis- reiche und freudbetonte Art. Die originären Zirkuskünste beinhalten neben der Förderung der Sensomotorik zugleich psychologische und soziale Qualitäten. So werden z.B. diver- se Balanceleistungen, Jonglage in den unter- schiedlichsten Schwierigkeitsstufen, aber auch Clownerie, Tanz und Musik zu einem Gemeinschaftsunternehmen vereint, in das sich jedes Kind differenziert nach seinen Möglichkeiten einbringen kann.2

Mit Blick auf eine nachhaltige Umsetzung in der Praxis durfte „Pfiffikus“ nicht zusätzlich zum Kita-Alltag „draufgesetzt“ werden, son- dern musste organisch und ohne Mehrauf- wand in die täglichen Abläufe der Kindergär- ten zu integrieren sein. Das Pfiffikus-Konzept kann damit später ohne zusätzlichen perso- nellen und materiellen Aufwand auf andere Einrichtungen übertragen werden.

Präventionsprojekte kranken häufig daran, dass zwar viel Energie in die Messung mögli- cher Effekte gesteckt, die Frage einer optima- len Gestaltung der vorbeugenden Interventi- on jedoch vernachlässigt wird. Auch aus der Erfahrung früherer Projekte legten wir daher das Hauptaugenmerk auf die Praxis der Bewegungsförderung in der Kita. Damit stand die Prozessqualität der präventiven Interven- tion im Vordergrund und band gleichzeitig die meiste Kapazität. Trotzdem wurde auch eine wissenschaftliche Begleitforschung durchge- führt, die möglicherweise erzielte Effekte überprüfen sollte. Hierzu führte das Uni-Team Eingangs- und Ausgangsuntersuchungen durch.

Sollte es durch „Pfiffikus“ gelingen, Kinder gleichzeitig fitter und „schlauer“ zu machen, dann wäre das Konzept auch ein Beitrag für die Gesunderhaltung der nachfolgenden Generationen. Denn Gesundheit hängt in erster Linie von Bildung und sozialem Status ab. Deshalb engagierten sich die AOK – Die Gesundheitskasse des Landes Brandenburg – und der Kita-Träger Internationaler Bund gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport sowie der Universität Pots- dam3 für das Projekt. Außerdem wurde mit dem Kita-Träger Independent Living koope- riert.

Aller Anfang ist schwer Teamtreffen

Zur Umsetzung der oben genannten Ziele fanden ab November 2002 parallel zur Ein- gangsuntersuchung erste regelmäßige Fort- bildungen für zwei Multiplikatoren aus jeder Kita statt. Diese sollten das dort vermittelte

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10 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … Wissen zum Thema „Bewegungsförderung“

an ihre Kolleginnen weitergeben.

Leider zeigte die Realität schnell, dass eine Weiterbildung der Multiplikatoren allein nicht ausreichte, um das gesamte Team einer Ein- richtung auf einen einheitlichen Wissensstand zu bringen. Häufig kam es aufgrund von Zeit- mangel und Personalproblemen zu Informati- onsverlusten. Deshalb wurden ab Januar 2004 regelmäßige Teamschulungen durchge-

führt mit der praktischen Vorstellung der ver- schiedenen Übungsschwerpunkte und der Einführung der Bewegungsbausteine.

Raumgestaltung, Materialien und pädagogisches Konzept

Ein weiterer notwendiger Schritt zur Umset- zung der Pfiffikus-Inhalte war die Bestands- aufnahme der räumlichen und materiellen Gegebenheiten. Das Kita-Team führte daher in jeder Kita eine Analyse nach einer zu die- sem Zweck erstellten Kriterienliste durch. Es zeigte sich, dass manche Räume unstruktu- riert eingerichtet waren. Eine Vielzahl von Spielsachen und Möbeln bewirkte, dass die Kinder zu wenig Bewegungsraum hatten und sich aufgrund des Überangebots an Materiali- en nur kurzfristig und oberflächlich mit einzel- nen Spielsachen beschäftigten.

Im Zuge der Auswertung mit den Kita-Teams kam es zu zahlreichen organisatorischen und strukturellen Veränderungen in den Einrich- tungen. Alle Räume wurden auf ihre Funktio- nalität hin überprüft und von überflüssigem Material befreit.

Die Raumgestaltung war natürlich nicht los- gelöst vom pädagogischen Nutzungskonzept.

Ein geschlossenes Konzept bringt so fast zwangsläufig Raumenge und Überladung in den multifunktionell zu nutzenden Gruppen- räumen mit sich. Wo es gelang, das Erziehe- rinnenteam dafür aufzuschließen, wurde das Konzept geöffnet. Aus den früheren Gruppen- räumen, in welchen sich das gesamte Tages- geschehen der Kinder abspielte, entstanden dann Funktionsräume wie z.B. ein Bewe- gungsraum, ein Sinnesraum, ein Kreativraum oder auch ein Musikraum.

Regelmäßige Team-Treffs zur Vermittlung der Inhalte an die Erzieherinnen

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PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 11 Durch einfache und preiswerte Maßnahmen

wurden Bewegungsanreize geschaffen. Der Flurbereich verwandelte sich durch das Auf- kleben von Balancierlinien und die Bereitstel- lung von verschiedenen Materialien (Bänke, Kegel, Bälle u. a.) in eine wahre Bewegungs- landschaft, die auch heute noch von den Kin- dern sehr rege genutzt wird.

Mit der Umgestaltung von Räumlichkeiten begann langsam ein Öffnungsprozess in den Kindergärten, der sich auch auf die konzep- tionelle Arbeit der Einrichtungen auswirkte.

Die zuvor geschlossenen Türen der Gruppen- räume wurden geöffnet. Die Kinder durften selbstständig in Absprache mit der Erzieherin die Angebote in anderen Gruppen besuchen.

Hierdurch waren die Erzieherinnen gefordert, mehr miteinander zu kommunizieren und sich abzusprechen. Das in drei Kindergärten vor- herrschende geschlossene Konzept wandelte Bewegungsförderung braucht Bewegungsraum – offene Konzepte schaffen Platz für Bewegung

Markierungen auf dem Boden verwandeln den Flur in einen Bewegungsspielplatz und kosten wenig

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12 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … sich zusehends in ein teiloffenes oder sogar offenes.

In Bezug auf die materielle Ausstattung der Kitas fiel auf, dass nicht alle Sachen für die Kinder frei verfügbar waren. Es kam häufiger vor, dass bestimmte Materialien wegge- schlossen bzw. in eine für Kinder unerreich- bare Höhe gestellt wurden. Dies wurde von den Erzieherinnen geändert. Unter Einhal- tung bestimmter Regeln bekamen die Kinder freien Zugriff auf alle Materialien. Um den Kin- dern eine grundlegende Orientierung für das Finden – und natürlich auch wieder Aufräu- men – zu geben, wurden alle Regale in den Räumen beschriftet und bebildert.

Zusätzlich wurden in Absprache mit den Erzieherinnen Kleingeräte und Ausstattungen angeschafft, die die Pfiffikus-Inhalte unter- stützten. Hierzu zählten Balancegeräte, die Wahrnehmungsmaterialien, Instrumente für die Schulung von Rhythmus und Hand-Auge- Koordination u.a.m. Der Aufwand hierfür ist jedoch begrenzt und kann von Kitas im Rah- men der ohnehin stattfindenden Beschaffun- gen realisiert werden. Das Pfiffkus-Team stell- te im Verlaufe des Projekts einen Fundus geeigneter Geräte, Materialien und Instru- mente zusammen.

Frei zugängliche Sinnesmaterialien in übersichtlicher Menge mit einem Ordnungssystem

Neuromotorisch wertvolle Geräte sind koordinativ anspruchsvoll

Rhythmus-Instrumente im Einsatz

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PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 13 Die Übungskartei

In der Praxis erwies es sich für die Erziehe- rinnen dennoch als schwierig, die Vielzahl der möglichen Übungsformen zu beherrschen und in hoher Qualität umzusetzen. Um die Auswahl der geeigneten Übungen zu erleich- tern, stellte daher das Uni-Team eine Pfiffi- kus-Übungssammlung für den einfachen und unmittelbaren Einsatz in der täglichen Praxis zusammen. Die entwickelten Karteikarten wurden nach den 7 Pfiffikus-Schwerpunkten – Gleichgewicht,

– Überkreuzbewegungen, – bilaterale Bewegungen, – Wahrnehmung, – Musik,

– Mimik und Gestik (Finger-, Augen- und Zungenmotorik) und

– kognitive Inhalte unterteilt.

Sie geben für die Erzieherin methodische Hin- weise, sind andererseits aber so gehalten, dass sie durch die Kinder selbst benutzt wer- den können. Durch Fotos und Grafiken sind die Übungen für die Kinder gut erkennbar. Die Übungsnamen sind mit großen Buchstaben

aufgedruckt und können für das elementare Lesenlernen eingesetzt werden. Die Übungs- schwerpunkte unterscheiden sich farblich, sodass nebenbei die Farbwahrnehmung ge- schult wird. Durch Verwendung mehrerer Kar- ten kann nebenbei elementare Mengenlehre geübt werden.

Organisatorisch-methodische Umsetzung Tägliche Rituale

Um einen systematischen Übungseffekt zu erzielen, mussten wir erreichen, dass Pfiffi- kus-Übungen zu festen Zeiten täglich im All- tag wiederkehrten. Dies sollte bei den Kindern auch die Gewohnheit zu körperlicher Aktivität stärken. Es wurden daher drei feste Zeitpunk- te im Tagesablauf der Kitas für Pfiffikus-Übun- gen eingerichtet. Dies übernahmen die Kitas selbst. Relativ schnell kristallisierten sich u. a.

– der Morgenkreis,

– die Zeit vor dem Schlafen und – die täglichen Angebote als geeignete Rituale heraus.

Pfiffikus-Karte Schmetterling

Pfiffikus-Karte mit Foto

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14 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … Einführung von Bewegungsmottos Nachdem die Übungskartei in Verbindung mit den täglichen Ritualen als fester Bestandteil eingeführt war, wurde ab Dezember 2003 als neuer Baustein das Bewegungsmotto ent- wickelt. Ziel des Bewegungsmottos war es, einen Tag oder auch eine Woche unter ein bestimmtes Bewegungsthema zu stellen. Das jeweilige Thema sollte dann möglichst oft im Tagesablauf „eingebaut“ werden.

In der Vorbereitungsphase entwarf das Uni- Team zu vier verschiedenen Themen (Balan- cieren, Arbeiten mit der anderen Hand, Rück- wärtsbewegen, Hüpfen) Plakate, um die Kin-

der optisch anzusprechen und gleichzeitig die Eltern zu informieren. Der „Rückwärtstag“

bedeutete, dass alle Fortbewegungen an die- sem Tag – soweit sinnvoll und gefahrlos – rückwärts erfolgen sollten, das Treppestei- gen, Laufen, Hüpfen, Dreiradfahren etc. Am

„Tag der anderen Hand“ waren die Kinder spielerisch aufgefordert, für alle Verrichtun- gen die andere als die gewohnte Hand zu benutzen. Dies fördert die bilaterale feinmoto- rische Qualität. Außerdem ergab sich damit die Möglichkeit für die Erzieherinnen, das Thema „Links und Rechts“ zu vertiefen.

Ab Februar 2004 wurde das Bewegungsmot- to in den Kitas eingeführt.

Die Erzieherinnen führten die Bewegungs- mottos und die dazugehörigen Schilder im Morgenkreis ein. Am Tag des Bewegungs- mottos hingen die entsprechenden Schilder im Flur aus. Die Kinder wurden anfangs noch durch die Erzieherinnen animiert, was aber bald kaum noch nötig war.

Die Häufigkeit der Durchführung wurde sehr unterschiedlich gehandhabt. So galt in einer Einrichtung ein Motto eine ganze Woche lang Neuromotorische Übungen im Morgenkreis

und vor dem Schlafengehen

Fußmotorik vor dem Schlafengehen

Bewegungsmotto „Balance“ an der Eingangstür

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PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 15 im gesamten Haus, wogegen eine andere

Kita mehrere Mottos in einer Woche hatte.

Integration von Pfiffikusübungen in die Sportstunde

Neben der Einführung der Bewegungsmottos wurde auch die wöchentliche Sportstunde ge- nauer unter die Lupe genommen, wobei wir nach vier Schwerpunkten beobachteten:

1. Aufbau der Sportstunde 2. vorbereitete Umgebung

3. Umgang mit eigener Übungskreativität der Kinder

4. Umsetzung der Pfiffikus-Inhalte.

Die Beobachtungen zeigten, wie unterschied- lich Erzieherinnen Bewegungsstunden plan- ten und durchführten. Von ungeplanten im- provisierten Sportstunden bis hin zu gut vor- bereiteten Stunden mit zielgerichteter Förde- rung der Motorik und Kognition war alles ver- treten. Um zu sichern, dass in den Bewe- gungsstunden immer auch neuromotorische Elemente enthalten waren, entwickelte das Uni-Team Empfehlungen zu den inhaltlich- organisatorischen Schwerpunkten. Es zeigte

sich, dass ein Mindestmaß an Planung und Dokumentation bei der Vorbereitung der Sportstunde erforderlich ist. Diese kann mit den entsprechenden Instrumenten sehr schnell und einfach erfolgen. Ungeplantes Vorgehen ist ungezielt und überlässt den Effekt der Bewegungsförderung dem Zufall.

Nur auf diesem Weg können neue Fähigkei- ten und Fertigkeiten schrittweise vermittelt werden, ohne Kinder zu über- oder zu unter- fordern. Systematische Beobachtung und Dokumentation erlauben es den Erzieherin- nen, individuell auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen.

Zur Unterstützung entwarf das Kita-Team Vor- drucke für die Wochen- und Stundenplanung für alle Bewegungsbausteine. Zusätzlich ent- stand ein „Pfiffikus“-Ordner mit einer klaren Gliederung zur Dokumentation. In ihm sind neben einer wöchentlichen Vorausplanung für die verschiedenen Bewegungsbausteine und deren Reflexion eine Spielesammlung und eine Fotodokumentation enthalten.

Schild mit dem Bewegungsmotto

„Rückwärtstag“

Balanceübungen mit dem Seil

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16 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … Bei den Beobachtungen zeigte sich, dass der Umgang mit den Übungen teilweise zu wenig flexibel erfolgte. Der Sinn von „Pfiffikus“

besteht nicht darin, vorgegebene Übungen und Bewegungsabläufe möglichst exakt und genau „abzuturnen“. Es gibt hier kein richtig oder falsch. Die Übungen wollen als Anregun- gen für eigenes Ausprobieren durch die Kin- der verstanden werden. Vorbereitete, bewe- gungsanregende Umgebungen sollten den gleichen Zweck erfüllen. Vor diesem Hinter- grund wurde häufig der Fehler begangen, die Kinder in der Ausführung zu korrigieren und eine exakte „Technik“ anzumahnen. Dies wirkte zudem demotivierend. Gerade aber bei vorbereiteten Umgebungen oder auch im Umgang mit den Übungskarten sollte sich die Erzieherin auf eine eher passive Beobachter- rolle zurückziehen, die Kinder agieren und kreativ werden lassen. Von den Kindern ent- wickelte neue Bewegungsideen sollten gelobt und hervorgehoben werden. Nur im Bedarfs- fall sollte unterstützt – nicht aber korrigiert – werden.

Einführung des Trimmpfades

Ein weiteres Ziel war es, verstärkt das Außen- gelände in die Interventionsmaßnahmen mit- einzubeziehen. Ab Februar 2004 erfolgte des- halb eine Spielplatzanalyse in den beteiligten Kindergärten unter der Fragestellung „Wie können die Pfiffikus-Inhalte in das Außen- gelände integriert werden?“.

Die dabei gesammelten Erkenntnisse führten zur Entwicklung eines Trimmpfades, der von Mai bis Juni 2004 in die Kitas eingeführt wurde. Entscheidende Anforderung an die Konzeption des Trimmpfades war, dass er ohne großen materiellen und zeitlichen Auf- wand genutzt werden kann. Im Ergebnis ent- stand ein Material, in dem exemplarisch drei Übungseinheiten unter Nutzung des Trimm- pfades vorgestellt wurden.

Die Trimmpfad-Einheit untergliedert sich in die drei Teile Aufwärmteil, Hauptteil (Aktivität) und Ausklang (Ruhe) und dauert ca. 20 Minu- ten. Es gibt einen festgelegten Start- und Endpunkt. Auf ein Startzeichen hin durchlau- fen die Kinder verschiedene Stationen, an denen Pfiffikus-Schwerpunkte geübt werden.

Der Trimmpfad stand in allen Kindergärten mindestens einmal wöchentlich während der Vormittagszeit auf dem Plan und fand bei den Kindern sehr guten Anklang. Der Einfalls- reichtum der Erzieherinnen und Kinder führte schnell zu einer Erweiterung der Übungs- sammlung. Beispielsweise wurden zum Aus- klang verschiedene Varianten gefunden, vom Abschlusslied über eine Abschlussgeschich- te, bei denen die Kinder unter einem Schwungtuch liegen, bis zur Abschlussme- ditation (Augen schließen und in die Natur hineinhören).

Bilaterale Motorikübungen mit preiswerten farbigen Markierungen

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PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 17 Projektarbeit

Zusätzlich zu den oben genannten Organisa- tionsformen wurden die Pfiffikus-Inhalte auch in die laufenden Projekte (z.B. Frühlings- und Herbstfest) und Feierlichkeiten (z.B. Fa- sching, Ostern) eingebaut.

Zum Abschluss der „Pfiffikus“-Projektphase und als Startschuss für eine eigenständige Weiterführung des Konzepts begann ab Sep- tember 2004 in allen vier Kindergärten die Planung für die Durchführung eines mehrmo- natigen Projekts. Ziel war es, dass sich die Kinder zusammen mit den Erzieherinnen und Eltern intensiv über einen längeren Zeitraum auf kreative Art und Weise mit einem Thema ihrer Wahl auseinander setzten. Die Anforde- rung des Teams war, dass dabei alle Pfiffikus- schwerpunkte eingebaut und miteinander kombiniert werden. Zwei Einrichtungen ent- schieden sich für eine Zirkusaufführung, eine für ein Märchenmusical und die vierte Kita für ein Theaterstück mit dem Thema „Reise um die Welt“.

Die Ergebnisse der Projekte waren alle sehr ansprechend und wurden ab April 2005 in

mehreren öffentlichen Aufführungen bestaunt.

Erfreulich war in diesem Zusammenhang außerdem die rege Unterstützung durch viele Eltern. Es zeigte sich, dass die Projektform sich gut für eine Integration der Elternhäuser eignet.

Linien auf dem Sportplatz als Teil des

Trimmpfades Der Trimmpfad in verschiedenen Variationen:

Gestaltete Bewegung im Freien

Abschlussprojekt Zirkus

Aufführungen als öffentlicher Abschluss der Projektarbeit mit Elternbeteiligung

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18 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … Auswertung

Begleitforschung

Zu Beginn und zum Ende des Projekts wur- den die Projektkinder vom Uni-Team im Hin- blick auf ihre motorische und kognitive Ent- wicklung untersucht. Aus kapazitiven und organisatorischen Gründen konnte leider keine echte Kontrollgruppe geführt werden.

So erfolgte ein Vergleich mit gleichaltrigen Kontrollkindern oder aktuellen Normwerten.

Einschränkend muss gesagt werden, dass dies zwar eine orientierende Aussage über mögliche Projekteffekte erlaubt, jedoch nicht als beweisend angesehen werden kann.

Bei den Untersuchungen wurden ein komple- xer mehrgliedriger Entwicklungstest (ET 6-6 mit aktuellen Referenzwerten), motorische Tests (nach Vogt; KTK nach KPIHARD und SCHILLING) und ein neu entwickelter, bildba- sierter Intelligenztest nach SCHAAR- SCHMIDT (ebenfalls mit aktuellen Referenz- werten) eingesetzt. Nachfolgend sollen einige ausgewählte Ergebnisse dargelegt werden.

Motorik

Im ET 6-6 zeigten sich die Projektkinder zu Beginn bezüglich ihrer Körpermo- torik sehr genau in der von diesem Test vorgegebe- nen aktuellen Norm gleich- altriger Kinder. 80,5 % befanden sich im Normbe- reich, 13 % darüber und 6,5 darunter. Mit Projekt- abschluss wiesen 47,6 % der Kinder eine überdurch- schnittliche Bewegungs-

qualität und 11 eine unterdurchschnittliche auf (41,3 % waren im Normbereich).

Bei der Koordinationsprüfung nach Vogt zeig- ten die Projektkinder mit 3 Jahren keine we- sentlichen Unterschiede zur Norm – mit Aus- nahme eines der vier Tests (Seitliches Umset- zen), bei dem sie deutlich schwächer waren.

Hier ist zu bedenken, dass die Normwerte von Kindern aus den 70er-Jahren stammen. Zu Projektende erreichten die Kinder (im Kinder- koordinationstest KTK) einen motorischen Quotienten (MQ) von 99,7 und entsprachen damit fast exakt der Norm von 100. Auch diese stammt von 1970. Der Test stellt damit einen Vergleich mit Kindern aus den 70er- Jahren dar. Deren Norm wurde in den letzten 10 Jahren bei den allermeisten Untersuchun- gen dieser Art nicht mehr erreicht, zum Teil weit unterschritten. Nur wenige Untersuchun- gen, v.a. bei Landkindern, erreichen noch das alte Niveau. Daher ist der Entwicklungsstand der Projektkinder durchaus als positiv einzu- schätzen. Um diesen Aspekt besser beurtei-

Diagramm 1:

Ergebnisse des Kinderkoordinatentests im Vergleich von Pfiffikuskindern und gleichaltrigen Potsdamer Kindergartenkindern

100 80 60 40 20

0 Gesamt MQ

Pfiffikus Querschnitt Potsdam 99,7 92,2

(20)

PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 19 len zu können, führten wir zeitgleich einen

identischen Test bei zufällig ausgewählten und vergleichbaren Kindern aus 12 Potsda- mer Kitas durch, die mit ihren sozialen Ein- zugsbereichen einen Querschnitt der Potsda- mer Verhältnisse darstellen. Diese erreichten einen durchschnittlichen MQ von 92,2, waren damit wesentlich schlechter. Bei allen 4 Teil- tests war der Potsdamer Querschnitt unter- durchschnittlich, insbesondere beim Rück- wärtsbalancieren.

Auch der Anteil der nach den KTK-Ergebnis- sen als „auffällig“ einzuschätzenden Kinder war im Vergleich mit dem Potsdamer Quer- schnitt, aber auch anderen Studien der letz- ten Jahre deutlich geringer (siehe Diagramm).

Im Bereich der Handmotorik unterschied sich die Bewegungsfrequenz bei den 6-Jährigen zwar nicht von der einer gleichaltrigen Kont- rollgrupe, die Qualität für die Bewegung war jedoch bei den „Pfiffikus“-Kindern in allen

Belangen (Bewegungsverständnis, -flüssig- keit, -symmetrie, -vollständigkeit und -repro- duzierbarkeit) deutlich besser.

Kognition

Im ET 6-6 wurden 4 Denkqualitäten geprüft.

Diese lagen zu Projektbeginn im Normbe- reich. Dies änderte sich auch bis zum Ende des Projekts nicht wesentlich, bis auf den Bereich Strategie: Hier wiesen zwei Drittel der

„Pfiffikus“-Kinder überdurchschnittliche Er- gebnisse auf.

In der Abteilung Sprachentwicklung des ET 6- 6 zeigten sich zu Projektbeginn in der Pfiffi- kus-Gruppe deutliche Defizite (bei drei der vier Kitas). Fast ein Drittel war zu diesem Zeit- punkt als unterdurchschnittlich einzustufen.

Der Anteil dieser Kinder betrug am Ende nur noch 6 %.Auch bei den bildbasierten Intelligenztests nach SCHAARSCHMIDT (Uni- versität Potsdam) waren zu Anfang – insbesondere bei den 4-Jährigen – deut- liche Rückstände im Ver- gleich zu den aktuell ermit- telten Normwerten festzu- stellen. Im altersangepass- ten Test bei den 6-jährigen Kindern nach dem Projekt werden demgegenüber knapp durchschnittliche Ergebnisse erreicht.

Die Kinder erreichen die Norm gleichaltriger Zeitgenossen, mehr jedoch nicht.

Diagramm 2:

Anteil auffälliger Kinder im KTK im Vergleich mit anderen Studien 40

3530 2520 15 105

0 Auffällige Kinder in %

Gaschler 1987 Gaschler 1992 Dordel 2000 Potsdam 2005 Pfiifikus 2005

(21)

20 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … Erste Rückmeldungen aus der Schule Wissenschaftliche Tests sind zwar sehr genau und objektiv, sie messen jedoch immer nur einen schmalen Ausschnitt aus einem sehr komplexen Ganzen. Wie also lässt sich so etwas Komplexes wie die Entwicklung einer kindlichen Persönlichkeit im pädagogi- schen Prozess darstellen, mit allen seinen körperlichen, geistigen, seelischen und sozia- len Komponenten. Dies kann wohl am ehes- ten vom Pädagogen beurteilt werden, der täg- lich mit dem Kind zusammenarbeitet. Daher ist für die Frage des Effekts und insbesonde- re dessen Nachhaltigkeit von besonderem Interesse, welche Entwicklung die Kinder in der Schule nehmen werden. Daher ist geplant, sie noch weitere 4 Jahre in ihrer Ent- wicklung zu verfolgen.

Einen ersten Eindruck gibt die Beurteilung nach einem halben Jahr Grundschule. Die Kinder zweier Projektkitas fanden sich in einer Klasse einer Grundschule wieder, die die Kinder dieses als sozialer Brennpunkt ein- zustufenden Wohngebietes einschult. (Kinder der Montessori-Kita waren hier nicht beteiligt.) Damit setzt sich eine der drei 1. Klassen der Schule aus „Pfiffikus“-Kindern zusammen.

Diese fiel von Anfang an sowohl der Schullei- tung als auch der jahrelang erfahrenen Klas- senleiterin auf. Nachfolgend einige der Aus- sagen der Klassenleiterin zur „Pfiffikus-Klas- se“:„Klasse 1c ist auffallend leistungsstärker und belastbarer und mit weniger „Problemfällen“

belastet als die anderen beiden Klassen, obwohl die Kinder alle in ein und demselben Neubaugebiet wohnen.“

„Sie sind leistungsstärker als die anderen bei- den Klassen in allen Bereichen (was ständige Vergleiche zeigen), aber auch sehr tempera- mentvoll und aktiv, manchmal auch unruhig.

Entsprechend der Klassensituation bin ich dann schon zügiger mit dem Lernstoff voran- geschritten.“

„Sie waren es gewöhnt, in Gesprächsrunden zu sitzen, ihre Meinungen zu sagen oder auch selbstständig, konzentriert an Lernauf- gaben zu arbeiten.“

„Das Ausgangsniveau ist nicht so breit diffe- renziert wie oft üblich...man muss sie jedoch hintereinander beschäftigen, damit sie nicht unterfordert sind.“

„Zu Beginn des Schuljahres haben wir in allen drei Klassen mit dem Bleistift begonnen zu schreiben. Ich habe aber dann frühzeitiger den Füller eingeführt. Dabei traten fast keine Probleme auf (wie etwa falsche Handhabung oder Verkrampfungen).“

„Zum jetzigen Zeitpunkt (März 2006) ist eine bemerkenswert schnelle Aufnahmefähigkeit der Schüler bezüglich neuer Buchstabenver- bindungen erkennbar. Wir lesen jetzt schon zum Teil in speziellen Kinderbüchern für das Erstlesealter.“

Diese Entwicklung lässt sich teilweise auch an den standardisierten Tests, die in den Grundschulen geschrieben werden, zeigen.

Nebenstehende Abbildung zeigt den Ver- gleich der Ergebnisse eines Rechtschreib- tests, der in dieser Form in allen ersten Klas- sen geschrieben wird, um LRS-gefährdete Kinder möglichst früh zu erkennen. Hier lag der Fehlerdurchschnitt (von max. 7 möglichen Fehlern) in den Parallelklassen bei 1,7 bzw.

1,5, in der „Pfiffikus-Klasse“ bei 0,5. Nach

(22)

PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 21 Aussagen der Klassenleiterin stellt sich die

Situation in den anderen Tests vergleichbar dar.

Die Klassenleiterin verweist auch darauf, dass durch das „Pfiffikus“-Projekt offenbar ein engerer Zusammenhalt zwischen den Schülern untereinander als auch zwischen den Eltern dieser Kinder herrscht. Sie sieht hier einen wertvollen sozialen Effekt.

Die Fachtagung „Pfiffikus durch Bewegungsfluss“

Im Rahmen der Fachtagung „ Pfiffikus durch Bewegungsfluss“ am 9. März 2006 wurden die Ergebnisse des Pfiffikus-Projekts erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Am Tag der Veranstaltung füllte sich das Audimax der Universität Potsdam mit über 300 Erzie- herinnen aus dem gesamten Land Branden- burg, aber auch aus anderen Bundesländern.

Neben der Vermittlung von Grundlagenwis- sen und der Vorstellung der Fortbildungs- und

Beratungsangebote des Pfiffikus-Teams wurden auch die wissenschaftli- chen Ergebnisse von Pro- jektleiter Prof. Frank Bitt- mann präsentiert.

Nach den eröffnenden Grußworten der Projekt- partner und einem beweg- ten Einstieg folgte ein Vor- trag zur Bedeutung von Bewegung für die ganz- heitliche Entwicklung im Vorschulalter. Das theore- tische Hintergrundwissen wurde dabei von Norman Radeiski mit praktischen Beispielen zum Mit- machen umgesetzt.

Anschließend stellte der Projektleiter Prof.

Frank Bittmann die Ergebnisse der wissen- schaftlichen Untersuchungen dar.

Der Nachmittag stand im Zeichen der Praxis.

In 10 Workshops wurden die Themen „Bewe- gung“, „Ernährung“ und „Entspannung“ in der Kita an konkreten praktischen Beispielen Diagramm 3:

Ergebnisse des standardisierten Rechtschreibtests der Pfiffikus- Klasse 1c im Vergleich mit den Parallelklasssen

Die „Pfiffikus“-Fachtagung zum Mitmachen mit vielen Praxisanregungen

2 1,5 1 0,5

0 mittlere Fehlerzahl

1a 1b

1c (Pfiffikus)

(23)

22 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … behandelt. Es gab viel Gelegenheit zum Mit- machen und Probieren.

Als krönender Abschluss erfolgte die Auf- führung eines Märchenmusicals der Projekt- Kita „Märchenland“. Hier zeigten bereits die

Kinder der nächsten „Pfiffikus“-Generation mit viel Spaß und Engagement der Erzieherinnen und Eltern, wie „Pfiffikus“ mit viel Spaß umge- setzt werden kann.

Die von den Teilnehmern ausgefüllten Bewer- tungsbogen bescheinigten eine sehr positive Bilanz und das Interesse an weiteren Ange- boten dieser Art. Schon im Vorfeld der Fach- tagung zeichnete sich ab, dass das Interesse seitens der Praxis mit über 600 Anmeldungen die Kapazität weit überstieg. Daher wurde in Abstimmung mit den Projektpartnern be- schlossen, die Fachtagung für alle, die nicht teilnehmen konnten, und weitere Interessen- ten am Donnerstag, dem 21. September 2006, an der Universität Potsdam zu wie- derholen (Anmeldungen an Frau Janine Wolf, Institut für Sportmedizin und Prävention, Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam; Fax: 0331 9771 296 oder email: pfiffikus@bvfg-pots- dam.de).

Fazit:

Im Rückblick auf das Projekt lassen sich die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse wie folgt zusammenfassen:

– Der Schwerpunkt bei der Ausrichtung einer Kita auf das bewegungsfördernde

„Pfiffikus“-Konzept (und sicher auch ande- re) liegt weniger in der Auswahl der geeig- neten Inhalte und Übungen, sondern viel- mehr in der Entwicklung und schrittweisen Einführung der dazu erforderlichen pä- dagogischen Methoden und Organisati- onsformen.

– Optimale Bedingungen für „Pfiffikus“ bietet ein offenes pädagogisches Konzept.

– Das Beharrungsvermögen innerhalb ge- wohnter Abläufe ist sehr hoch. Neue Inhal- te zu integrieren braucht deshalb Zeit und Ausdauer. Nicht alle Mitarbeiterinnen unterstützen Veränderungen.

– Um nachhaltige Veränderungen zu errei- chen, genügt es nicht, von außen Informa- tionen in die Einrichtung zu geben und darauf zu vertrauen, dass diese eigen- ständig umgesetzt werden. Das Berater- Team muss für eine gewisse Zeit unmittel- bar am täglichen Ablauf teilnehmen und im Laufe dieser Zeit bei den Erzieherinnen die Anerkennung als Partner erwerben.

– Die vorbehaltlose aktive Unterstützung durch die Kita-Leitung ist unerlässlich.

– Es ist sehr schwierig, Veränderungen aus einer Kita von sich heraus zu initiieren.

Zudem sind bestimmte Schwachpunkte von außen besser zu erkennen. Eine gewisse „Betriebsblindheit“ schafft einen Supervisionsbedarf.

Aufführung der nächsten „Pfiffikus“- Generation im Auditorium Maximum

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PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … 23 – Von den 3 Jahren Projektlaufzeit wurden

ca. 1,5 Jahre für Organisation und Imple- mentierung des Konzepts benötigt. Damit standen effektiv höchstens 1,5 Jahre für die eigentliche Intervention direkt am Kind zur Verfügung. Die Ergebnisse sind vor diesem Hintergrund entsprechend höher zu bewerten. Es ist zu erwarten, dass in drei Jahren noch wesentlich bessere Effekte zu erzielen sind. Es ist davon aus- zugehen, dass die Umstellung auf „Pfiffi- kus“ etwa ein Jahr benötigt.

– „Pfiffikus“ bedeutet keinen wirklichen Mehraufwand. Es bedarf vielmehr des guten Willens bei den Beteiligten für eini- ge vorbereitende Aktivitäten und organisa- torische Anstrengungen wie: inhaltliche und methodische Qualifikation, Öffnung des pädagogischen Konzepts, Kooperati- on mit einem Beraterteam, Einführung von Planung und Dokumentation, Ausrichtung der Ausstattung nach bewegungsförderli- chen Gesichtspunkten.

Ausblick

Die Resonanz auf das Projekt zeigt uns, dass das Interesse an Hintergrundwissen zum Thema „Bewegungsförderung“, an Praxisan- regungen und Beratung sehr groß ist.

Häufige Fragen sind:

Was macht einen bewegungs- und kogniti- onsfördernden Kindergarten aus?

Wo fangen wir als Einrichtung an?

Welches sind geeignete Materialien?

Gibt es dazu eine Fortbildung?...

Auch nach der Projektphase bleibt das „Pfiffi- kus“-Team bestehen und gibt sein Erfahrun- gen weiter. Das Thema wird in der Form der

Sektion „Pfiffikus“ des an der Universität Pots- dam ansässigen brandenburgischen Vereins für Gesundheitsförderung e.V. weitergeführt werden.

Die Tätigkeitsfelder der Sektion lassen sich in vier Schwerpunkte gliedern:

Bewegungsdiagnostik von

bewegungsauffälligen Kindern im Vor- und Grundschulalter

Mithilfe standardisierter, motorischer Tests werden motorische Entwicklungsdefizite bei Kindern untersucht und genauer bestimmt.

Aufgrund der Ergebnisse ist es dann möglich, Empfehlungen für die geeignete Bewegungs- förderung zu geben. Bei der Suche nach geeigneten Angeboten kann unterstützt wer- den. Eine Kooperation mit dem Landessport- bund wird angestrebt.

Bewegungsangebote

Da Angebote zur allgemeinen Bewegungs- und Sinnesschulung im Sinne einer Förde- rung von Kindern mit Entwicklungsdefiziten für das Vorschul- und Grundschulalter schwer zu finden sind, werden für den Potsdamer Raum Kurse angeboten. Hier sollen vor allem die Kinder, bei denen ein motorisches Ent- wicklungsdefizit erkannt wurde, gefördert werden.

Beratung

Die Sektion „Pfiffikus“ steht Interessenten beratend zur Seite. Insbesondere wird Stätten der Kindertagesbetreuung Unterstützung bei der inhaltlichen und organisatorischen Um- setzung von Bewegungs- und Kognitionsför- derung angeboten. Mit der Entwicklung eines bewegungsfreundlichen Kindergartens ist meist ein Prozess der Umgestaltung (Räume, Materialien) verbunden. Aber auch Personal-

(25)

24 PFIFFIKUS DURCH BEWEGUNGSFLUSS … kapazitäten und Teamarbeit stellen wichtige Voraussetzungen für die Umsetzbarkeit dar.

Unser Ziel ist es, gemeinsam mit dem Kinder- gartenteam diese Rahmenbedingungen zu schaffen und den Prozess zu unterstützen und zu begleiten. Insbesondere auch bei der Umstrukturierung des pädagogischen Kon- zepts sind eine „sanfte“ Begleitung und Unter- stützung von außen sehr hilfreich.

Fortbildung

Die Ergebnisse des „Pfiffikus“-Projekts sind in ein Fortbildungscurriculum für Erzieherinnen eingeflossen. Hierin werden Grundlagenwis- sen und vor allem praktische Übungsinhalte, Methoden und Organisationsformen vermit- telt. Das Fortbildungsprogramm besteht aus 7 Modulen zu verschiedenen Teilthemen. Diese Module können in fast beliebiger Reihenfolge frei belegt werden. Die Fortbildungen werden sowohl in der Universität Potsdam als auch als Inhouse-Veranstaltungen in der Einrich- tung angeboten. Nähere Informationen sind der u.g. Internetseite zu entnehmen oder von der Projektstelle anzufordern.

Danksagung

Das Pfiffikus-Team bedankt sich bei den Erzieherinnen und den Leitungen der Potsda- mer Projekt-Kitas „Märchenland“, „Storchen- nest“, „Nuthewinkel“ und der IB-Montessori- Kita, insbesondere denen, die „Pfiffikus“ aktiv unterstützten. Die sehr angenehme Koopera- tion mit Frau Ulrike Plogstieß, Herrn Jürgen

Heese von der AOK – Die Gesundheitskasse und den Vorständen der AOK, Herrn Wolf- gang Niebuhr (†) sowie Herrn Franz-Josef Lünne machte – wie das Engagement der AOK generell – das Projekt erst möglich und sorgte für ein angenehmes Projektklima. Das engagierte Referat Kindertageserziehung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport mit Detlef Diskowski und Ralf Kohlberger war immer ein verlässlicher und fairer Partner.

Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit Herrn Peter Große und Manfred Ritzau vom Internationalen Bund.

Kontakt:

Frau Janine Wolf

Pfiffikus-Team, Universität Potsdam Institut für Sportmedizin und Prävention Am Neuen Palais 10

Tel.: 0331 9771 768

E-Mail: pfiffikus@bvfg-potsdam.de Internet: www.pfiffikusdurchbewegungs- fluss.de

Informationen zur Übungskartei: unter der Internetadresse des „Pfiffikus“-Teams Adresse des Autors:

Prof. Dr. rer. nat. Frank Bittmann Universität Potsdam

Institut für Sportmedizin und Prävention Am Neuen Palais 10

Tel.: 0331 9771 768

E-Mail: bittmann@rz.uni-potsdam.de 1 die Kitas „Märchenland“ (Internationaler Bund), „Nuthewinkel“ (IB), die IB-Montessori-Kita sowie das

„Storchennest“ von Independent Living

2 Die zirkuspädagogische Kompetenz wurde ebenfalls von Karin Lorenz vom Uni-Projektteam eingebracht.

Karin Lorenz leitet den Potsdamer Kinderzirkus „Montelino“.

3 Institut für Sportmedizin und Prävention

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Sitzer oder Flitzer – wichtig ist die Bewegung mit Kindern!

Astrid Sult, Barbara Schmitz

In öffentlichen Diskussionen wird beklagt, dass Kinder zu viel sitzen und sich zu wenig bewegen. Mitunter fallen ihnen einfache Tätigkeiten wie Fahrrad fahren, Klettern und Ball spielen schwer. Kindheit findet im Sitzen statt. Überall wird gesessen: im Auto, auf dem Fahrrad, beim Einkaufen, im Kindergarten und in der Schule.

Durch den Mangel an Bewegung entsteht das Risiko von Übergewicht und motorischer Unbeweglichkeit. Selbst Krankenkassen prognostizieren körperlich „kranke Sitzrie- sen“.

Vom ersten Augenblick des Lebens an sind Kinder bewegungsfreudig und dies bedeutet mehr als der Einsatz von Armen und Beinen.

Bewegung ist der Motor für jedes Lernen.

In der aktuellen Bildungsdebatte gibt es einen Paradigmenwechsel: Früher war das Kind das Objekt der Bildungsbemühungen und heute Subjekt seiner Selbstbildungsprozesse.

Daraus ergibt sich:

– Veränderung der Rolle der Erwachsenen – Veränderung vom Bild des Kindes.und Der Rollenwechsel der Pädagogen im Be- reich der Bewegungsförderung sollte sichtba- re Konsequenzen haben und aufzeigen, wie leicht die Einbindung von Bewegung in den Alltag geschehen kann.

Was ist Psychomotorik?

Psychomotorik ist kein neuer pädagogischer Begriff. Er ist in den fünfziger Jahren in der Heilpädagogik entstanden und definiert den Zusammenhang zwischen körperlicher und geistiger Wahrnehmungserfahrung.

Renate Zimmer benennt drei Inhalte der Psy- chomotorik:

– Selbstwahrnehmung/ Körpererfahrung

„Bewegung lässt Kinder ihren Körper spüren und erleben. Ein erster inhaltlicher Schwerpunkt der Psychomotorik besteht daher in der Intensivierung der Körper- wahrnehmung.“

– materiale Erfahrungen

„Materiale Erfahrungen heißt, sich mit der Eigengesetzlichkeit der Geräte auseinan- der zu setzen, ihre spezifische Beschaf- fenheit kennen zu lernen und sich in den eigenen Bewegungen darauf einzustel- len.“

– soziale Erfahrungen

„Bewegungssituationen werden gemein- sam gestaltet, im Spiel werden unter- schiedliche Rollen eingenommen, die sich gegenseitig ergänzen. So werden soziale Erfahrungen quasi nebenbei gemacht.“

In der kindlichen Entwicklung hat das Thema

„Bewegung“ große Bedeutung für alle Berei- che. Wissenschaftliche Forschungsergebnis- se zeigen einen Zusammenhang zwischen Bewegung, Sprachentwicklung, kognitiver Entwicklung, emotionaler Entwicklung und sozialem Verhalten.

SITZER ODER FLITZER – 25

(27)

26 SITZER ODER FLITZER – Vom Reden zum Handeln

In der heutigen Diskussion – nicht nur zur Psychomotorik, geht es um Selbstbild, Selbst- vertrauen, Selbstständigkeit von Kindern, überall taucht das Selbst auf....Doch wo beginnt das Selbst? Und wie schwierig ist der Weg der Veränderung, aus der alten Rolle der Pädagogen für Kinder vorauszudenken, vo- rauszuplanen, zu gestalten, die „Macherin“ zu sein und den eigenen Erfolg an dem Kind zu messen. In unseren Fortbildungen stellen wir oftmals fest, dass neue Gedanken mit Be- geisterung aufgenommen werden, sich mitun- ter aber deutlich von Handlungen und Haltun- gen im Alltag unterscheiden.

In der Umsetzung sollte es immer um die Frage gehen: Wie kann ich als Pädagogin die alte vorausgeplante Turnstunde durch alltägli- che Bewegungsmöglichkeiten ersetzen und die gelebte Bewegungsfreude der Kinder auf- greifen, Zusatzimpulse geben und bei nötigen Veränderungen im Raum eine Assistenz an- bieten. Es kann erforderlich sein, dass die Pädagogen bei der Beschaffung von Ergän- zungsmaterialien für das geplante Spiel be- hilflich sind.

Kinder sollen sich bewegen dürfen und Pädagogen müssen Bewegungsräume zur Verfügung stellen.

Veränderte Rolle des Pädagogen und methodische Prinzipien im

Kindergartenalltag

Gewünscht ist Eigeninitiative des Kindes für seine Bewegungserfahrung. Nicht mehr der Pädagoge oder die Pädagogin animiert und lenkt das Kind, sondern die pädagogische Fachkraft unterstützt die Eigenaktivitäten des

Kindes. Herausforderungen für Bewegung gehen nicht von den Erwachsenen aus, son- dern vom Material und von der Aufforderung zur sozialen Interaktion. Das Material fordert zur Kreativität im Umgang auf und den Kin- dern wird der Freiraum gelassen zu entschei- den, wie sie mit dem Material umgehen und es unter Umständen auch zweckentfremden.

Psychomotorische „Angebote“ bedeuten Ein- bindung in Spielsituationen, in denen sich immer auch die Erlebniswelten von Kindern widerspiegeln, das heißt, das Kind hat Lust mitzuspielen und sich auszuprobieren. Somit sollen psychomotorische „Angebote“ keine Funktionsübungen darstellen, sondern sie sollten ständiger Bestandteil des Alltags sein, eingebunden in die Spieltätigkeit, – weit weg von den alten angeleiteten „Turnstunden“ wie wir sie von früher her kennen.

Grundsätze elementarer Bildung im Land Brandenburg

Auch die Grundsätze elementarer Bildung heben die motorische Entwicklung des Kin- des als wesentliche Voraussetzung für die intellektuelle, soziale und sprachliche Ent- wicklung hervor. Jeder Kindergarten ist aufge- fordert darzustellen, wie er die körperlichen Kompetenzen aller sehr unterschiedlichen Kinder unterstützt und dies in Raum und Zeit- gestaltung erkennbar macht. Als Grundsatz elementarer Bildung ist also, Bewegung nicht

„wegzusitzen“.

Gestaltungshinweise/ Fragen für die Einrichtungen:

– Raumgestaltung: Ist genug Platz für grob- motorische Bewegungen vorhanden?

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SITZER ODER FLITZER – 27 Oder kann dieser ohne großen Aufwand

als solcher von den Kindern in eigener Entscheidung umgebaut werden?

– Mehr selbstbestimmte Bewegungsanläs- se für Kinder schaffen:

Einfachheit und Offenheit der Materialien ermöglichen einen vielseitigen Einsatz:

Zeitungen, Teppichfliesen, Luftballons, Tücher, Stachelbälle, Tennisbälle, Roll- bretter.

– Ist Zweckentfremdung von Materialien, Tische und Stühle möglich?

– Die Anzahl installierter Möbel hinsichtlich ihrer Notwendigkeit überprüfen.

– Kinder beteiligen, Bewegungsparcours nach eigenen Spielideen bauen lassen.

– Eigenaktivitäten der Kinder verstärken.

– Bekommen die Kinder ausreichend Zeit für das Freispiel?

– Kinder Erfahrungen machen lassen/ nicht eingreifen.

– Kinder nicht zur Bewegung drängen.

– Fehler als Chance sehen, sodass das Kind die Aufgabe beim nächsten Mal selbst bewältigt – nicht kritisieren.

– Weniger ist mehr! – Reizüberflutung lähmt.

– Eigene Bewältigung von Bewegungsan- geboten unterstützen, Vorbild sein und mitmachen.

– Eigene Ängste / Grenzen überdenken, mit Eltern und Kolleginnen darüber ins Ge- spräch kommen und überprüfen.

Jedes Kind bringt Lust und Freude an Bewe- gung grundsätzlich mit, dazu gehören Expe- rimente mit dem eigenem Körper – also mit dem Selbst –, um das es geht.

Vorstellungen von Körpergrößen, Körper- grenzen und Körperempfindungen gehören dazu und sind Ausdruck von Lebensfreude.

Die Aufgabe der Pädagogen ist es zu beglei- ten.Wir wollen keine Welt mit Sitzriesen und Bewegungsmuffeln, also überlassen wir Kin- dern frühzeitig die Entscheidung, das Tempo und die Beantwortung der Fragen: „Was tut mir gut?“ „Wo setze ich mir meine Ziele und Grenzen und bin stolz und glücklich über selbst erklommene „Hürden“ und „Berge“?

Literatur:

Zimmer, Renate (2006): Psychomotorische Entwicklungsförderung (CD), Herder, Frei- burg im Breisgau

Zimmer, Renate (2004): Handbuch der Psy- chomotorik. Theorie und Praxis der psycho- motorischen Förderung von Kindern. Herder, Freiburg im Breisgau

Pesch, Ludger (Hg.) (2005): Elementare Bil- dung, Grundsätze und Praxis. Das Netz, Wei- mar/Berlin.

Kontakt:

Astrid Sult, Diplom-Sozialpädagogin Barbara Schmitz, Diplom-Sozialpädago- gin/ Mediatorin

Familien für Kinder gGmbH ESF Projekt Brandenburg

Qualifizierung für Tagespflegepersonen Geisbergstraße 30

10777 Berlin Tel.: 030 / 21 96 78 53

(29)

Bewegung macht schlau – Sport im Tagesablauf

Projektentwicklung im Hort Eggersdorf / Anregung gab das Projekt „Pfiffikus durch Bewegungsfluss“

In unserem Hort in Eggersdorf werden 22 Kin- dergartenkinder und 146 Hortkinder der Jahr- gangsstufen 1–6 von 10 Erzieherinnen und einem Erzieher betreut.

Unter dem Motto „Bewegung macht schlau!“

wollen wir unseren Kindern die Möglichkeit geben, aktiv am „eigenen Schlauwerden“ mit- zuwirken. Was verbirgt sich hinter diesem Motto?

Unser Projekt verfolgt das Ziel, die Phase der Hirnreifung vor dem 10. Lebensjahr optimal zu fördern. Besondere Schwerpunkte dafür sind die Ausbildung von Verbindungen zwi- schen Nervenzellen des Gehirns. Gerade motorische Aktivitäten fördern die Herstellung von Vernetzungen zwischen der rechten und linken Hirnhälfte. Viele wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die körperliche Verfassung von Kindern in jüng- ster Vergangenheit dramatisch verschlechtert hat. Kinder laufen langsamer, springen und werfen weniger weit und haben Probleme mit dem Gleichgewicht. Wir wollen durch Übun- gen, die nicht als zusätzliche Last empfunden werden, unseren Kindern mehr Spielraum geben. Es geht nicht um das isolierte Training einzelner Fähigkeiten, sondern um ein geziel- tes „MEHR“ an spezifischen Bewegungsfor- men.

Wie kam es zu diesem Projekt? Anregungen dazu erhielten wir mit der „KitaDebatte“

1/2004 und dem Artikel „Pfiffikus durch Bewe- gungsfluss“. Wir stellten fest, das die Gedan- ken eigentlich nichts „Neues“ sagen, aber bei vielen Erzieherinnen doch in Vergessenheit geraten sind. Die genannten Argumente machten uns erneut bewusst, dass wir auf dem sportlichen Gebiet aktiver mit den Kin- dern arbeiten müssen. In den folgenden Monaten lasen wir alles, was uns zu diesem Thema in die Hände kam. Auch die nächste KitaDebatte mit den Hengstesberg-Projekten war sehr interessant.

Vor Einführung unseres Projekts waren fol- gende Schritte notwendig:

– Weiterbildung „Pfiffikus-Lernen im Zirkus- zelt“

– Besuch einer Projektkita in Potsdam – Evaluation im Team

– Weiterbildung mit der Brandenburgischen Unfallkasse

– umfangreiche Elterninformation und Elter- mitwirkung

– Erstellen eines Flyers

– Gespräche im Team zum Thema „Be- schaffung von Geldern“ – Einmütiger Beschluss: Unser Spendenkonto wird ver- wendet.

– Information an den Träger und den Kita- ausschuss über unser neues Projekt – Aufnahme des Projekts in unsere Konzep-

tion

BEWEGUNG MACHT SCHLAU – 28

(30)

BEWEGUNG MACHT SCHLAU – 29 – Absprachen mit der Schule

– „Bettelanrufe“ durch uns und Eltern bei den örtlichen Krankenkassen und der Uni Potsdam

– Zusammentragen von Fachliteratur – Einbeziehung unseres schon vorhande-

nen Ballbades ins Projekt

– Einbeziehung der Kinder zu den Fragen:

• Wie soll unser Bewegungsraum aus- sehen?

• Was wollen wir auf dem Spielplatz ver- ändern?

• Wie gestalten wir die täglichen Lauf- übungen auf dem Weg zum Mittages- sen und zu den Hausaufgaben?

– Einrichtung eines Bewegungsraumes mit speziellen Sportgeräten, Kletterwald und Hängenetz

– Anschaffung eines großen Außentrampo- lins und einer Klettekugel

– Anschaffung von speziellen, ergothera- peutischen Spielfahrzeugen für den Spiel- platz

– in der offenen Hortarbeit neben zwei Turn- hallennachmittagen die Schaffung von drei neuen AGs Bewegung nach Musik, Fußball und Wald.

Wie gestaltet sich die Umsetzung in die Praxis?

Mit dem neuen Schuljahr 2004/2005 haben wir folgende Maßnahmen in den normalen Tagesablauf einfließen lassen:

– verschiedene Laufübungen auf dem Weg zum Mittagessen und zu den Hausaufga- ben

– Finger- und Überkreuzungsübungen vor und während der Hausaufgaben – Turnhallennachmittage für jede Gruppe – innerhalb der offenen Hortarbeit tägliche

Benutzung des Bewegungsraumes mög- lich• Kletterwand mit Netz und Stange

• Gymnastik und Sitzbälle

• Massageräte

• diverse Balance- und Jongleurgeräte – einen Nachmittag pro Woche Aufenthalt

im Wald - Klettern ausdrücklich erwünscht – Fußbodengestaltung im Hort durch Klebe- streifen, die Anreize schaffen, sich vielsei- tig und experimentell zu bewegen.

– Bei Hortfesten (zum Beispiel Fasching oder Grillparty mit den Eltern) lassen sich viele Spiele und Übungen integrieren, so finden nicht nur Kinder, sondern auch deren Eltern ihre Herausforderung.

– In den Ferienzeiten haben wir noch vielfäl- tigere Möglichkeiten, unsere Bewegungs- programme umzusetzen.

Ein Beispiel hierfür sind die zurückliegenden Winterferien:

Montag Schlittenfahren und Turnhalle Dienstag Geländespiel im Wald „ Das

Geheimnis des Moosmutzels“

anschließend Lagerfeuer auf dem Spielplatz

Mittwoch Schwimmhalle: Apuajogging mit einer Physiotherapeuten Donnerstag Indoor-Erlebnishalle Bim &

Freitag BoomKegeln.

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30 BEWEGUNG MACHT SCHLAU –

– Auch unsere jährlich stattfindenden Feri- enlager sind durch sportliche Aktivitäten gekennzeichnet. So achten wir schon in der Auswahl der Lager auf umfangreiche Spiel- und Sportmöglichkeiten direkt im Gelände des Lagers. Ein sehr empfeh- lenswertes Lager ist hierfür das Feriendorf

„Hoher Hain“ in Limbach-Oberfrohna.

Welche Wirkungen / Ergebnisse zeigen sich bei den Kindern im bisherigen Projektverlauf?

Kinder, die sich zum Anfang der Jahrgangs- stufe 1 motorisch auffällig zeigten, sind ein Stück weit sicherer geworden. Rückwartslau- fen, Ball fangen, auf Bäume klettern, ... sind Dinge, denen einige Kinder anfangs ängstlich begegneten. Jetzt in der Jahrgangsstufe 2 sind das keine Themen mehr. Unsere Kinder sind insgesamt sehr bewegungsfreudig. Bei einigen Kindern gibt es auch deutliche Ver- besserungen in der Feinmotorik. Dies ist sicher nicht ausschließlich auf unser Projekt zurückzuführen. Einen Beitrag dazu hat es aber mit Sicherheit geleistet.

Wie geht es weiter?

Im März 2006 nahmen wir mit vier Kollegen an der Fachtagung zum Projekt „Pfiffikus durch Bewegungsfluss“ teil. Seit 2004 er- halten wir Hilfe bei den zuständigen Mitarbei- tern des Ministeriums und der Uni Potsdam.

Die gute Zusammenarbeit mit dem Gemein- deunfallversicherungsverband werden wir weiter vertiefen. Eine 2. Weiterbildung ist schon in der Planung.

Konkrete Pläne gibt es auch für die Umge- staltung des Spiel- und Sportplatzes. Auch

hier sollen Bewegungsangebote erweitert werden. Die Finanzierung soll über unsere Ganztagsangebote gesichert werden.

Für die inhaltliche Umsetzung unseres Pro- jekts im Bewegungsraum befinden wir uns derzeit inmitten einer großen Teamdiskus- sion. Wir suchen vor allem Antwort auf die Fragen:

Dürfen die Kinder in diesem Raum „nur ´“

toben oder sollen sie die eventuell dafür vor- gesehenen Übungen einhalten? Welche Regeln stellen wir gemeinsam mit den Kin- dern auf?

Wessen Maßstäbe setzen wir bei der Nut- zung sämtlicher, uns zur Verfügung stehender Bewegungseinrichtungen an?

– Die, der Kinder?

– Die, der Erzieher?

– Die, der Eltern?

Eine gesunde Mischung aus den 3 oben genannten Punkten, mit der alle Beteiligten zufrieden sind, sollte uns gelingen, schließlich wollen wir zufriedene, bewegungsfreudige und voller Ideen den Alltag erlebende Kinder - denn es ist ihre Freizeit!

Eine spannende Reise, die wir noch vor uns haben!

Das Hortteam aus Eggersdorf

Hort Eggersdorf, Tel.: 03341/48173 www.hort-eggersdorf.de

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Die bewegungs- und gesundheitsorientierte Kindertagesstätte der Brandenburgischen Sportjugend im LSB

Die gesunde Entwicklung eines Menschen im Kindesalter entscheidet wesentlich über die Leistungsfähigkeit im weiteren Leben. Wäh- rend etwa Kraft und körperliche Ausdauer auch später noch ausgebildet werden kön- nen, ist bereits vor Schuleintritt die Entfaltung der Funktionen, die vom Nervensystem ab- hängen, bedeutend. Hierzu gehören elemen- tare Denk- und Erkenntnisoperationen des Gehirns. Dies ist im psychischen Bereich die Entwicklung oft lebenslang wirksamer Einstel- lungen und Gewohnheiten wie z.B. im sozia- len Bereich etwa die Entfaltung der Team- und Konfliktfähigkeit sowie im körperlichen Bereich vor allem das rasante Bewegungsler-

nen und damit das Ausbilden grundlegender Fähigkeiten und teilweise Fertigkeiten der Bewegungskoordination.

Das Zeitfenster für eine optimale Reifung in diesen Feldern schließt sich etwa gegen Ende der Grundschulzeit. Versäumnisse kön- nen später nicht mehr adäquat nachgeholt werden.

Aus dieser entwicklungsbiologischen Sicht wird deutlich, wie wichtig eine optimale und frühe Förderung ist. Diese wird angesichts sich häufender Defizite bei unseren Kindern zur dringenden Notwendigkeit!

Die Wissenschaftler sehen einen negativen Trend in der körperlichen Leistungsfähigkeit

DIE BEWEGUNGS- UND … 31

(33)

32 DIE BEWEGUNGS- UND …

unserer Kinder, die langsamer und weniger ausdauernd laufen, den Ball weniger weit werfen, nicht mehr so weit springen können und sich weniger geschickt bewegen.

Dies ist durchaus kein nebensächliches Prob- lem, erwachsen doch dadurch Risiken wie Gesundheitsgefährdung und Unfallgefahr.

So wird in letzter Zeit über ein bisher nicht gekanntes Ausmaß übergewichtiger und teil- weise fettleibiger Kinder berichtet.

Im Zusammenhang damit sind auch Meldun- gen über bluthochdruckkranke Kinder und sogar Altersdiabetes im Jugendalter zu sehen. Jugendärzte melden seit Jahren konti- nuierlich steigende Zahlen bei Allergien, aber auch von Hyperaktivitäten und Konzentra- tionsproblemen. Defizite im Muskel-Skelett- System sind seit längerer Zeit gemeinhin bekannt.

Die wenig erfreulichen Ergebnisse von PISA und IGLU lassen zudem mögliche Schwä- chen ebenso im kognitiven Bereich vermuten.

Diese bedenkliche Gesamtentwicklung ist inzwischen in das Bewusstsein wichtiger poli- tischer und anderer gesellschaftlicher Instan- zen gerückt. Die Förderung unserer Jugend ist als wichtigste Zukunftsinvestition erkannt und proklamiert worden.

Das neue Präventionsgesetz sieht als Haupt- schwerpunkt das Kindesalter. Bundesministe- rien initiieren Kampagnen und Projekte gegen Adipositas im Kindesalter. Der DFB startete eine Kinderkampagne. Das Robert-Koch- Institut führt erstmals einen bundesweiten Survey zur Erfassung der Gesundheit im Kin- desalter durch. International vergleichende Studien (PISA, IGLU, Kita-Studie) evaluieren die Qualität der pädagogischen Konzepte.

(34)

DIE BEWEGUNGS- UND … 33 Erstmals in der Bundesrepublik wurden im

Land Brandenburg Bildungs- und Erziehungs- ziele für Kitas entwickelt und empfohlen.

Einig sind sich alle genannten Institutionen darin, dass neben sozialen Faktoren, Ernäh-

rungsfehlern und Reizüberflutung insbeson- dere der Bewegungsmangel schon von Kin- desbeinen an eine maßgebliche

Rolle bei diesen Fehlentwicklungen spielt.

Der wichtigste Entwicklungsstimulus für alle Organsysteme des heranwachsenden Kindes ist die Bewegung! Sie fördert nicht nur die Organreifung, sondern ist auch der Weg, auf dem Kinder ihr Umfeld erkunden und lernen.

In dieser Konsequenz engagiert sich der Lan- dessportbund Brandenburg mit seiner Sport- jugend für eine systematische Bewegungsför- derung im Kindesalter.

Die bewegungs- und gesundheitsoptimierten Kindergärten werden die Voraussetzungen für eine kindgerechte körperliche und geistige Entwicklung schaffen. Diese Kitas sind aller- dings keine Einrichtungen für die Heranbil- dung von Leistungssportkadern.

Basierend auf einem gesundheitsfördernden Alltag werden den Kindern vielfältige Bewe- gungs- und Spielformen angeboten.

Die Kinder können, ihren Neigungen entspre- chend, möglichst viele Bewegungserfahrun- gen sammeln und werden entdecken: Bewe- gung und Sport machen Spaß! Nur wenn es gelingt, bewegungsfreundliche Einstellungen und Gewohnheiten zu wecken, kann man davon ausgehen, dass die Kinder

sich auch später noch bewegungsaktiv ver- halten.

Die besonderen Möglichkeiten, die der Lan- dessportbund Brandenburg und die Branden- burgische Sportjugend für die Kitas bieten, werden hierfür beste Bedingungen schaffen.

Das Sportbund-Bewegungsmobil als wö- chentlicher Höhepunkt, Sportfeste, Schwimm- angebote, die Unterstützung der Kita-Erzie- herinnen durch ausgebildete Sportfachkräfte oder eine zusätzliche Funktionsuntersuchung sind Beispiele hierfür. Zusätzlich bietet die Kooperation mit dem örtlichen Sportverein jenen Kindern,

die ihre Freude an der Bewegung entdeckt haben, das breite Spektrum des Freizeit- sports.

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Die bewegungs- und gesundheitsfördernde Kindertagesstätte „Am Storchennest“

Die LSB SportService Brandenburg gGmbH wurde im August 2004 als 100-prozentige Tochter der Brandenburgischen Sportjugend im Landessportbundes Brandenburg e.V.

gegründet. Die Brandenburgische Sportju- gend als Jugendorganisation des Landes- sportbundes kümmert sich vordringlich um die Belange der Kinder- und Jugendlichen im Land Brandenburg. Eine neue Konzeption sieht vor, sich verstärkt den Entwicklungs- und Bewegungsdefiziten im frühen Kindesal- ter zu widmen. Die neue Gesellschaft hat den Auftrag, das gemeinsam mit der Universität Potsdam entwickelte Konzept der „Bewe- gungs- und gesundheitsorientierten Kinderta- gesstätten“ umzusetzen und dazu Träger von geeigneten Kindertagesstätten im Land Bran- denburg zu werden.

Die Kindertagesstätte „Am Storchennest“

befindet sich seit dem 01. Juni 2005 in der Trägerschaft der LSB SportService Branden- burg gGmbH. Seitdem besitzt das Thema

„Bewegungserziehung“ einen besonderen Stellenwert. Früher hatte die Kindertagesstät- te nur wenig Bezug zu Bewegung und Sport.

Viele Aktivitäten waren mit der gesetzlich zur Verfügung gestellten Personalausstattung nicht umsetzbar. Dabei spielt die Bewegungs- förderung doch eine sehr große Rolle für die ganzheitliche Entwicklung unserer Kinder. Mit dem Wechsel in die freie Trägerschaft wurde begonnen, das Konzept von „Bewegungs- und gesundheitsorientierten Kindertagesstät- ten“ nachhaltig einzuführen und kontinuierlich umzusetzen. Heute kann sich die Einrichtung stolz als Bewegungskindertagesstätte be- zeichnen – die professionelle Unterstützung

DIE BEWEGUNGS- UND … 34

Abbildung

Abbildung 1: Verteilung der pädagogischen Prozessqualität (TAS) in den untersuchten Tagespflegestellen302520151050 10 16 26 24 10 11 31,0–1,51,5–2,02,0–2,52,5–3,03,0–3,53,5–4,04,0–4,54,5–5,05,0–5,5 5,5–6,0 6,0–6,5 6,5–7,0ProzentTAS-Werte BrandenburgZone un

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