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Hotellerie und Landwirtschaft - eine Schicksalsgemeinschaft ? | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Wirtschaftspolitische Stellungnahmen

39 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 9-2006

Hotellerie und Landwirtschaft – eine Schicksalsgemeinschaft ?

Mit der Agrarpolitik 2011 werden die in den Neunzigerjahren einge- leiteten Reformanstrengungen in der Landwirtschaft fortgeführt.

Die Anpassungen sollten aber – bei allem Verständnis für die Sozialverträglichkeit – entschie- den konsequenter erfolgen. Die Verhandlungen im Rahmen der WTO stehen unter einem unglück- lichen Stern. Vorstösse auf bilate- raler Ebene zur Öffnung der Gren- zen sind deshalb von grosser Be- deutung. Leider konnte die Mög- lichkeit eines Freihandels- abkommens mit den USA nicht genutzt werden. Umso wichtiger ist nun ein solcher Vorstoss im Agrar- und Lebensmittelbereich auf EU-Ebene.

Landwirtschaft und Tourismus sind zwei wirtschaftlich eng miteinander verbundene Sektoren. Gerade in Randregionen stiften sie einen bedeutenden regionalwirtschaftlichen Nutzen. Dennoch prallen mit der Hotellerie – der Leitbranche des Tourismus – und der Landwirtschaft zwei höchst ungleiche Bran- chen aufeinander: auf der einen Seite die hoch subventionierte und vom Weltmarkt abge- schottete Landwirtschaft, auf der anderen Seite der im internationalen Konkurrenz- kampf stehende Tourismus als standortge- bundene Exportbranche. Wie die Landwirt- schaft durchläuft auch die Schweizer Hotellerie seit Jahren einen notwendigen und teils schmerzhaften Strukturanpassungsprozess.

Seit 35 Jahren geht die Zahl der Hotelbetriebe im Durchschnitt jährlich um 1% zurück.

Hohe Preise schaden der Hotellerie und der Landwirtschaft

Die Hotellerie ist in der Wertschöpfungs- kette eine der Landwirtschaft nachgelagerte Branche. Sie ist deshalb von den hohen Prei- sen, die für landwirtschaftliche Produkte be- zahlt werden müssen, direkt betroffen. Ein durchschnittliches Schweizer Hotel gibt für Nahrungsmittel zwischen 30% und 60% mehr aus als ein vergleichbarer Betrieb in Öster- reich. Untersuchungen von Avenir Suisse ha- ben ergeben, dass die Nahrungsmittel, die der gastgewerbliche Sektor bezieht, im europäi- schen Ausland rund 2 Mrd. Franken günstiger bezogen werden könnten.

Unter den hohen Kosten leidet aber auch die Landwirtschaft. Sie muss Vorleistungen wie Futtermittel und Maschinen im Vergleich zur EU zu überhöhten Preisen beziehen. Wäh- rend sich allerdings die Produktionsmittel- preise seit Mitte der Neunzigerjahre nur ge- ringfügig verändert haben, ist die Spanne zwischen Produzenten- und Konsumenten- preisen in der gleichen Zeitperiode stetig ge- stiegen. Dies sind Hinweise für Marktstruktu- ren, die schlecht funktionieren oder am Funktionieren gehindert werden.

Der Tourismus als einzige standortgebun- dene Exportindustrie ist von der Diskrepanz zwischen tiefen internationalen Preisen und hohen inländischen Produktionskosten be- sonders stark betroffen. Der internationale touristische Konkurrenzkampf führt dazu,

dass längerfristig nur wettbewerbsfähige und -willige Betriebe überleben können. Oberste Priorität hat dabei die Qualität. Nur durch Produkte und Dienstleistungen, die den heu- tigen Kundenbedürfnissen entsprechen, kön- nen sich der Tourismus im Allgemeinen und die Hotellerie im Speziellen von internationa- len Konkurrenten abheben und das höhere Preisniveau im Markt durchsetzen.

Die verstärkte internationale Konkurrenz zwingt auch die Landwirtschaft, ihre Struktu- ren und Produkte anzupassen. Wie das Bei- spiel der österreichischen Landwirtschaft zeigt, kann verstärkter Wettbewerb durchaus befruchtend sein. Qualität und Innovation sind auch hier richtungweisend. Durch die Ausnützung von Nischen und die Konzentra- tion auf Qualitätserzeugnisse kann die Land- wirtschaft international gefragte und markt- fähige Produkte anbieten. Die Schweiz hat mit der Öffnung des Käsemarktes mit der EU einen ersten Schritt in die richtige Richtung getan. Weitere müssen folgen.

Zukunftsperspektiven

Weder die Landwirtschaft noch der Touris- mus können sich dem verstärkten internatio- nalen Wettbewerb entziehen. Dabei dürfen nicht nur die Gefahren, sondern es müssen auch die Chancen, die sich durch den Abbau von protektionistischen Schranken bieten, gesehen werden. Staatliche Unterstützungen unterbinden oft Eigeninitiativen und wirken den Marktmechanismen entgegen. Der Ab- bau von Subventionen und die Öffnung der Grenzen wird unternehmerisches Handeln fördern.

Damit Eigeninitiativen auf fruchtbaren Boden stossen, müssen auch die Rahmenbe- dingungen stimmen. Im Kampf gegen die Hochpreisinsel Schweiz sind deshalb entspre- chende Massnahmen zu ergreifen. Neben der Zulassung von Parallelimporten für Güter, die den Marktmechanismen unterworfen sind, der Anwendung des Cassis-de-Dijon-Prinzips und dem damit zusammenhängenden Abbau von technischen Handelshemmnissen gilt es auch, den landwirtschaftlichen Sektor entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu libera-

lisieren.

Dr. Christoph Juen CEO Hotelleriesuisse, Bern

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