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0 b e r s i c h t s b e i t r ~ g e S t o f f - u n d G e n t e c h n i k p o l i t i k

"l)bersichtsbeitr ge

. . .

]

Kriterien fiir eine 6kologisch nachhaltige Scoff- und Gentechnikpolitik*

Walter Kl6pffer

Korrespondenzautor: Prof. Dr. Walter Kl6pffer, C.A.U. GmbH, Daimlerstrafle 23, D-63303 Dreieich; e-mail: WalterKloepffer@cs.com

DOh http:flwww.dx.doi.org/10.1065/uwsf2001.03.047

Zusammenfassung. Aufbauend auf dem Vorsorgeprinzip und dem funktionalen Umweltmodell wird die Bedeutung des Krite- riums Persistenz erl~iutert und auf organische Chemikalien und gentechnisch ver/inderte Organismen (GVOs) angewendet. Es wird gezeigt, dass das Kriterium Persistenz eine Operatio- nalisierung des Vorsorgeprinzips in seiner strengen Auslegung erlaubt und damit die 6kologische Komponente der Nachhaltig- keit fiir die betrachteten Umweltproblemfelder erfasst. Anhand von Beispielen aus dem Chemikaliensektor wird aufgezeigt, dass bei der Substitution yon als umweltscMdlich erkannten Stoffen Fehler aufgetreten sind, well die Persistenz nicht als das zentrale Kriterium der Umweltbewertung organischer Stoffe angewandt wurde. Die nunmehr unterzeichnete Konvention fiber 'Persistent Organic Pollutants' (POPs) gibt eine Chance, die Forschung fiber die Persistenz organischer Chemikalien wiederzubeleben. Ahnli- ches gilt ffir die GVOs, deren 6kosystemare Risiken ebenfalls nicht ausschlief~lich tiber ihre humantoxikologischen und bereits erkannren 6kologischen Aspekte definiert werden sollten.

Schlagw6rter: Bewertungskriterien; Chemikalienbewertung;

Gentechnik; gentechnisch ver~inderte Organismen (GVOs);

GVOs; Persistent Organic Pollutants (POPs); Persistenz; POPs;

Sustainable Development; Umweltchemikalien; Obersichts- beitr~ige; Vorsorgeprinzip

Einleitung/Vorsorgeprinzip

Das Leitbild der 'Nachhaltigen Entwicklung' gewinnt seit der Konferenz der Vereinten Nationen f/fir Umwelt und Entwick- lung in Rio de Janeiro (1992) in alle Bereichen der Politik, Wirtschaft und Forschung zunehmend an Bedeutung. Was sind die Kriterien f/fir eine 6kologisch nachhaltige Stoff- und Gentechnikpolitik? Welche besondere Rolle kommt dabei der Persistenz zu?

Das Zusammenwirken der drei genannten Bereiche beruht heute noch auf den drei S~iulen der Umweltpolitik, die zum Beispiel von H a r t k o p f und Bohne (1983) aus Sicht der da- maligen Bundesrepublik erl~iutert wurden:

9 Verursacherprinzip

~ Vorsorgeprinzip

~ Kooperationsprinzip

Verursacherprinzip. Im Umweltrecht und beim Vollzug der Gesetze dominiert das Verursacherprinzip. Es ist mit dem Ordnungsrecht optimal vertr~igtich. Seine Anwendung setzt

* Der Text beruht auf einem Seminarvortrag im Laboratorium for Technische Chemie, Gruppe for Sicherheit und Umweltschutz in der Chemie, ETH ZOrich am 27.10.2000

Abstract. Criteria for Ecologically-sustainable Material and Gene-technological Politics (Review)

Based on the precautionary principles and the functional model of the environment, the meaning of the criterion of sustainability is explained and applied on organic chemicals and genetically modified organisms (GMOs). It is shown that the criterion per- mits the sustainabitity of an operationalization of the precautio- nary principle as interpreted strictly and the ecological compo- nent records the sustainability for the respective areas of environ- mental problems. Using examples from the field of chemistry, it

has been demonstrated that problems have arisen through the substituted substances which are recognized as being ecologically harmful, since the sustainability was not applied as the central

criterion for the environmental evaluation of organic materials.

The conventions on 'Persistent Organic Pollutants' (POPs) which have been agreed upon provide a chance to revive the research on

the sustainahility of organic chemicals. Similar findings are seen

for the GMOs, whose ecosystemic risks should not merely be

defined based upon their human toxicological and already

recognized ecological aspects.

KeD/vords: Chemical evaluation; environmental chemicals; eva- luation criteria; gene technology; Genetically Modified Organ- isms (GMOs); GMO; Persistent Organic Pollutants (POPs); POPs;

precautionary principle; sustainability; sustainable development

die Kenntnis von Kausalbeziehungen voraus, well man dem Verursacher beweisen muss, dass er die Ursache einer Schadwirkung zu verantworten hat.

Kooperationsprinzip. Das Kooperationsprinzip findet in der deutschen Umweltpolitik ebenfalls Anwendung, auch wenn insgesamt die ordnungsrechtlichen L6sungen iiberwiegen, an denen die betroffenen Kreise jedoch durchaus mitarbeiten.

Vor allem bei der Ausarbeitung konkreter Verordnungen sind kooperative Elemente auch im Ordnungsrecht vorhanden.

Vorsorgeprinzip. Die Implementierung des Vorsorgeprinzip ist oft schwierig, da es nicht einfach zu operationalisieren ist und oft Mai~nahmen erfordert, noch bevor schfidliche Aus- wirkungen in der Umwelt auftreten. Ein gutes Beispiel f/fir die Anwendung des Vorsorgeprinzips ist das Verbot der Frigene, genauer der Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW). Zur Zeit der Wiener Konvention (22.3.1985) und des Protokolls yon Montreal (16.9.1987) war die Kausal- beziehung zwischen dem stratosph/irischen Ozon-Abbau und den FCKWs noch nicht eindeutig gekl~irt. Alterdings f~illt die v611ig iiberraschende Entdeckung des Ozonlochs fiber der Antarktis etwa in die gleiche Zeit (1984/85) und hat den Abschluss zumindest des Protokolls yon Montreal sicher- lich beschleunigt.

UWSF- Z U mweltchem Okotox 13 (3) 159 - 164 (2001)

9 ecomed verlagsgesellschaft AG & Co. KG, D-8689g Landsberg und Ft. Worth/TX. USA ~, Tokyo, Japan ~ Mumnai, india o SeouI, Korea

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Stoff- und Gentechnikpolitik 0bersichtsbeitr~ge

Einer strengen Auslegung des Vorsorgeprinzips stehen vor allem wirtschaftliche Argumente entgegen, die allerdings die 'Reparaturkosten' fiir zu sp~it entdeckte Effekte auf~er Acht lassen. Dennoch geh6rt die Operationalisierung und Durch- setzung des Vorsorgeprinzips zu den wichtigsten umweltpo- litischen Maf~nahmen. Das Leitbild der nachhaltigen Ent- wicklung ist ohne LSsung dieses Problems nicht zu errei- chen. Neben den wirtschaftlichen Widerst~inden sind auch psychologische Barrieren zu iiberwinden: die explizite Ein- beziehung des Nichtwissens in die Entscheidungsfindung st6f~t auf h~iufige Ablehnung. Es widerspricht allem, was Technokraten wert und heilig ist, vor allem der Vorstellung, 'alles im Griff zu haben' und alle wichtigen ZusammenMnge in der Natur bereits zu kennen. In Bezug auf Okosysteme ist jedoch das Gegenteil Realit~it. Die stofflichen und funktio- nalen Zusammenh~inge sind weitgehend unbekannt, wie sich St6rungen auswirken ist kaum vorhersehbar. Es gibt keine Theorie, die mit geniigender Genauigkeit 'predictive' w~ire um z.B. die Wirkung von Chemikalien in verschiedenen Konzentrationen auf ein gegebenes Okosystem vorherzusa- gen. Damit fehlt auch die Basis fiir die Erstellung von wis- senschaftlich begriindbaren Grenzwerten zum Schutz von Okosystemen.

Diese Einbeziehung des Nichtwissens ist for das Vorsorge- prinzip von entscheidender Bedeutung. Die Menschheit kann es sich nicht mehr leisten, immer auf die letzte Best~itigung m6glicher - vor allem globaler - Schadwirkungen zu war- ten, well es dann zu sprit sein k6nnte.

1 Das funktionale Umweltmodel!

Zur Bewertung von Chemikalien unter Umweltaspekten, wurde am Battelle-Institut e.V. Frankfurt am Main das 'Funk- tionale Umweltmodell' entwickelt (Frische et al. 1979, t982).

Basis fiir die Ableitung yon geeigneten Kriterien zur Um- weltbewertung sind dabei die Definitionen yon

| 'Technosph~ire' als alles, was der Mensch unter Kontrolle hat und

9 'Umwelt' als alles, was nicht Technosph~ire ist.

Das Modell beruht also auf einer gedanklichen Zweiteilung der Welt in Technosph~ire und Umwelt. Damit werden gro- t~e Schwierigkeiten vermieden, die bei jeder r~iumlichen De- finition der Umwelt unweigerlich auftreten.

W~ihrend sich der (damals neue) Begriff oder zumindest das Wort Technosph~ire teilweise durchgesetzt hat, ist die Niitz- lichkeit eines aus funktionaler Sicht definierten Begriffs 'Um- welt' bisher nicht erkannt worden.

Mit Hilfe des 'Funktionalen Umweltmodells' kann man z.B.

abgrenzen,

9 wo die erwiinschte Wirkung (Technosph~ire) von Pestizi- den endet und die unerwtinschte UmweltgeEihrdung be- ginnt: die T6tung von unerwiinschten Insekten oder Wild- kr~iutern auf einer Anbaufl~che kann nicht als Umwelt- schaden definiert werden, wohl abet die T6tung von Or- ganismen durch abgedriftetes oder in den Boden oder ins Grundwasser gelangtes Pestizid und damit die Sch~idigung von 0kosystemen (Wald, Wiese, Gew~isser...). Der Bo- den befindet sich in unmittelbarer N~ihe des Ortes der Auf- bringung und kann r~iumlich gar nicht getrennt werden

vom Agrar6kosystem. Nur die funktionale Betrachtungs- weise kann Technosph/ire und Umwelt differenzieren.

dass ein Kiihlschrank, der am Waldrand liegt, kein echtes Umweltproblem darstellt (man kann ihn jederzeit entsor- gen), wohl abet ein in die Luft entlassener persistenter Stoff (kann bei molekularer Verteilung unm6glich zuriick- geholt werden); und zeigen,

dass das Abwasser in einer Kl~iranlage zwar einen abge- grenzten Raum einnimmt, abet iiber Ausgasung und ge- 16ste Stoffe im Vorfluter die Umwelt belastet wird, und . dass eine Deponie durch Vergessen (ohne sich vonder Stelle

zu bewegen) aus der Technosph~ire in die Umwelt gelan- gen kann.

Die Definition der Persistenz gilt nur im Bereich der 'Funk- tionalen Umwelt', die Technosph~ire, also auch massive Materialanh~iufungen, siehe Kiihlschrank, ist definitions- gem~it~ ausgeschlossen. Besfiindigkeit in der Technosph~ire ist fiir die Funktion vieler Chemikalien unabdingbar (z.B.

die Lichtechtheit der Farbstoffe). Der Begriff der Persistenz bezieht sich auch nut auf organische Stoffe und solche anor- ganischen Verbindungen, auf die der Molekiilbegriff sinn- voll anzuwenden ist (z.B.

SF6).

Fiir die Bewertung yon Umweltchemikalien wurde auf der Basis des funktionalen Umweltmodells folgende Liste von Kriterien erstellt (Frische et al. 1979, 1982):

| Menge (die in die Umwelt eintritt)

9 Mobilit~it (Ausbreitungs- und Verteilungstendenz) 9 Akkumulation (besser: Akkumulierbarkeit) 9 Persistenz

9 Schadwirkungen (humantoxisch, 6kotoxisch, scMdlich fiir unbelebte Systeme; direkte und indirekte Wirkungen) Das Kriterium 'Menge' ist sicherlich nicht das wichtigste; es darf auch nicht mit den Produktionsmengen verwechselt werden. Nur der aus der TechnospMre in die Umwelt aus- tretende Bruchteil ist von Bedeutung. Bei geschlossenen An- lagen rechnet man nach dem 'Technical Guidance Document' der EU (TGD 1996) mit ca. 1%.

Die 'Mobilifiit' hat sozusagen ein Janusgesicht: sie entschei- det in Kombination mit Persistenz fiber die ubiquit~ire Stoff- verteilung, im Nahbereich einer Punktquelte ftihrt sie zu Verdiinnung und kann das Erreichen von Schadschwellen verhindern.

Die 'Akkumulierbarkeit' verst~irkt die Persistenz in ihren Auswirkungen. Sie fiihrt in speziellen Bereichen, z.B. im Fett- gewebe von Lebenwesen oder im Sediment zu besonders ho- hen Konzentrationen. Akkumulierbarkeit wird meist bei lipophilen Stoffen beobachtet, kann prinzipiell aber auch bei polaren Verbindungen auftreten, von deren Umweltverhalten wir abet sehr wenig wissen. Die Akkumulierbarkeit lipophiler Stoffe spielt neuerdings bei der Definition der Persistent Orga- nic Pollutants (POPs) eine grofge Rolle (Richter et al. 2001).

Die 'Persistenz' ist das zentrale Kriterium bei der Umwelt- bewertung organischer Stoffe, ~ihnlich wie die Human- toxizitiit in der Technosph~ire. Dies soil im Weiteren begriin- det werden.

Die erkannten Schadwirkungen sind im Modell zu einer Kategorie zusammengefasst, was etwas willkiirlich erscheint.

Man k6nnte zumindest Human- und Okotoxizit~it und die

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0bersichtsbeitrAge Stoff- und Gentechnikpolitik

Schadwirkung auf unbelebte Systeme (von der Domfassade bis zur Ozonschicht) davon abtrennen. Ferner k6nnte man direkte und indirekte Schadwirkungen unterscheiden. Nicht in diese Kategorie geh6ren die Schadwirkungen am Arbeits- platz, weil dieser im funktionalen Umweltmodell zur Technosph/ire z~ihlt (hat der Mensch unter Kontrolle).

Es ist eingewendet worden, dass diese und fihnliche Kriterien- listen ohne richtige Systematik erstellt wurden und vor al- lem die Zuordnung zu den Grundprinzipien der Umweltpo- litik fehlt. In unserer Darstellung erkennt man jedoch einige wichtige Zusammenh/inge. Die (erkannten) Schadwirkungen und die in die Umwelt eingebrachte Menge haben viel mit dem Verursacherprinzip zu tun; die iibrigen drei Kriterien, besonders jedoch die Persistenz, eignen sich sehr gut zur Operationalisierung des Vorsorgeprinzips im Umweltschutz.

2 Persistenz als zentrales Umweltkriterium for organische Stoffe

Die folgenden Ausfiihrungen beruhen im Wesentlichen auf den Arbeiten yon Frische et al. (1982), K16pffer et al. (1982) und K16pffer (1989, 1991, 1994, 1996). Die bisher ausfiihr- lichste Darstel|ung des Problems 'Persistenz und Reichweite yon Umweltchemikalien' durch Martin Scheringer (1999) erg~inzt und begrfindet mit vielen zus/itzlichen Argumenten die hier nur skizzierten Thesen. Sie enth~ilt auch Vorschl/ige zur Quantifizierung des Kriteriums, die tiber unseren Vor- schlag einer mit Hilfe eines Multimediamodells prinzipiell berechenbaren Halbwertszeit (K16pffer et al. 1982) hinaus- gehen. Auf den Aspekt der Quantifizierung wird hier nicht weiter eingegangen.

Die Persistenz als Umweltkriterium fiir organische, anthro- pogene Stoffe kann dutch das Fehlen von Senken (Abbau- prozessen) in der Umwelt charakterisiert werden.

Persistent ist ein Stoff, w e n n er sich i m m u n gegeniiber allen Abbauprozessen erweist - was selten ist - oder wenn er vor- handene Senken nicht oder nur sehr langsam erreicht. Ein Stoff kann vonder Anwendung her, z.B. als ein Bestandteil von Waschmitteln, zu 100% in das Kompartiment Wasser gelangen und keine Fliichtigkeit aufweisen. Wenn nun in der Atmosph/ire eine Senke vorhanden ist (Reaktion mit OH- Radikalen), kann sie nicht erreicht werden und der Stoff ist de facto persistent, sofern er in Wasser nicht abbaubar ist!

9 Persistent ist ein Stoff, wenn er entweder gar keine Ab- bauprozesse (Senken) aufweist oder wenn er vorhandene Senken nicht erreicht.

| Als Senke gilt streng nur die Mineralisierung durch bio- tische oder abiotische Abbauprozesse.

| Praktisch werden auch Stoffe als persistent bezeichnet, die nicht v611ig stabil sind, sondern entweder sehr langsam abgebaut werden oder nut in einem Kompartiment (z.B. im Sediment) nicht abbaubar sind.

Die Abbaubarkeit sollte prinzipiell immer als Minera- lisierbarkeit (d.h. Abbau bis zu Wasser, CO2, HC1 usw.) ver- standen werden. Wenn man die Persistenz nut auf das Ver- schwinden der Muttersubstanz bezieht, besteht die Gefahr, dass die Bildung eines noch best~ndigeren Transformations- produktes unberficksichtigt bleibt (Beispiel: DDT --- DDE)

und die Muttersubstanz unzul~issig als abbaubar eingestuft wird. So stellt auch die Hydrolyse meist keine echte Senke im Sinne der Mineralisierung dar, weil sie in der Regel zu zwei gut definierten Bruchsti]cken Transformationsproduk- ten) ffihrt, z.B.:

E s t e r - ~ S~iure + Alkohol

Die Problematik der Transformauonsprodukte wurde von Fenner et al. (2000) im Rahmen der multi-media Modellie- rung (Level IV) behandelt.

Fiir die Akzeptanz des Kriteriums Persistenz ist die Zustim- mung zu folgenden 3 Thesen notwendig:

1. Nut persistente Substanzen k6nnen sich nennenswert in der Umwelt anreichern (ggf. verstfirkt durch Akku- mulierbarkeit) und bei gleichzeitiger Mobilit/it ubiquit~ir verteilen.

2. Die Persistenz ist das zentrale Umweltkriterium, ~ihnlich wie die Humantoxizit/it fiir den Arbeitsplatz.

3. Sie steht stellvertretend und im Sinne des Vorsorgeprinzips fiir die direkt nicht erfassbare Okotoxizit~it.

These (1) ist nie ernsthaft bestritten worden, sie ist zu often- sichtlich richtig, auch vonder Warte des Verursacherprinzips aus. Die Bezeichnung 'Persistenz' gibt es auch schon seit den 50er Jahren und wurde bereits Anfang der 70er Jahre von Korte (1970) fiir schwer abbaubare Pestizide wie DDT ge- braucht. Eine synonyme, ~iltere Bezeichnung fiir 'persistent', besonders im limnischen Bereich ist 'refrakt~ir'. Der Begriff 'Persistenz' wurde also nicht vom Battelle Team erfunden, sondern gefunden. Er wurde allerdings strenger, nach These (2) und (3) ausgelegt.

Theoretisch w~ire das zentrale Kriterium der Umwelt- bewertung von organischen Stoffen natfirlich die Oko- toxizifiit, die sich jedoch beim heutigen Kenntnisstand der Okosystemforschung nicht messen l~isst. Daran ~indern auch die Fortschritte in der 6kotoxikologischen Grundlagen- forschung nichts, weil die an einzelnen Organismen gewon- nenen Erkennmisse bisher zu keiner umfassenden Theorie der Okosysteme und deren Sch~idigung durch Chemikalien fiihrten. Die Persistenz steht daher stellvertretend und im Sinne des Vorsorgeprinzips fiir die direkt nicht erfassbare (~kotoxizit~it (These 3).

Das zentrale Argument fiir die Thesen 2 und 3) ist die Nichtriickholbarkeit persistenter Stoffe aus der Umwelt, besonders bei molekularer Verteilung. Nur abbaubare Stof- fe k6nnen dutch Produktionsverbote aus der Umwelt ent- fernt werden, persistente verbleiben im (seltenen) Extrem- fall v611iger Abwesenheit von Senken fiir alle Zeiten in der Umwelt. Dadurch sind auch solche Stoffe, von denen der- zeit keine Schadwirkungen bekannt sind, im Falle der Per- sistenz negativ zu bewerten: im Sinne des Vorsorgeprinzips!

Denn wenn in der Zukunft neue Schadwirkungen erkannt werden, kann nur bei abbaubaren Substanzen eine rasche Verringerung der Exposition erzielt werden. Bei den schon erw~ihnten Frigenen wird es noch Jahrzehnte dauern, bis sich die Stratosph~ire wieder erholt hat, und niemand kann si- chef sagen, ob und wann sich der friihere Zustand wieder einstellen wird.

Die Persistenzthese ist nicht falsifizierbar im Popperschen Sinne (Popper 1934). Das liegt daran, dass man von keinem

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Stoff- u n d G e n t e c h n i k p o l i t i k 0 b e r s i c h t s b e i t r ~ g e

Stoff mit Sicherheit sagen kann, dass er nicht umweltsch~id- lich ist. Gerade das miisste man aber yon einigen Stoffen wissen, urn ein 'experimenturn crucis' konstruieren und die These prinzipiell falsifizieren zu k6nnen. Bei der Persis- tenzthese handelt sich um eine allgemein wissenschaftliche These, die man begrtinden kann, tiber die man debattieren kann, aus der man Handlungsanweisungen ableiten kann usw. Man k6nnte die These auch ohne strenge Widerlegung unwahrscheinlich rnachen, wenn man zeigen k6nnte, dass die Mehrzahl der Problemstoffe abbaubar ist; da aber das Gegenteil der Fall ist, muss man sich mit der These ernsthaft auseinandersetzen.

Sie ist ein Beitrag zur Operationalisierung des Vorsorge- prinzips - zun~ichst far die organischen Stoffe. Bei den anor- ganischen Stoffen bietet die Definition der Persistenz auf der Ebene der Elemente keine fiir die Chemikalienbewertung brauchbaren Unterscheidungsm6glichkeiten, weil alle Ele- mente mit Ausnahme der radioaktiven persistent sind. Mo- lekulare anorganische Stoffe werden, wie oben bereits ange- merkt, den organischen gleichgestellt.

3 Aus Fehlern lernen (?)

Zu den schwierigsten Dingen scheint es zu geh6ren, aus Feh- lern zu lernen, wie die folgenden Beispiele belegen:

. 'Ugilec': Ein PCB-Ersatzstoff aus der Altstoffkiste - Fluorierte Ersatzstoffe far FCKWs: chlorfrei, abet treib-

hausaktiv

, Nitromoschus-Riechstoffe: persistent und teilweise toxisch

= Endokrin wirksame persistente Stoffe: lauter alte Bekannte

* Octamethylcyclotetrasiloxan (OMTS): ein 6kotoxisches Silikon

Einige Beispiele daffir, dass man aus der Frigenlektion nichts gelernt hat:

I. Nach dem Verbot der polychlorierten Biphenyle wurden Ersatzstoffe ftir die verschiedenen Einsatzgebiete gesucht.

Fiir die Hydrautikfliissigkeiten verfiel man trotz der Mah- nungen des UBA auf 'Ugilec', ein ebenfalls hochchloriertes arornatisches Molekiil, das in seiner Struktur et~va zwi- schen den PCBs und DDT/DDE liegr. Die Subsranz wur- de in der Lippe (Ruhrgebiet) and noch unterhalb der Miindung in den Rhein (Bootshafen Wesel) in hohen Konzentrationen gefunden; besonders in den Fischen (Akkumulierbarkeit) (R6nnefahrt 1987; Fiirst et al. t987).

Sie wurde bei Battelle Ende der 80er Jahre auch in ande- ren Fltissen gesucht, aber nicht gefunden. Eine ubiqui- t~ire Verteilung war noch nicht erfolgt, sozusagen ein Schadstoff 'in statu nascendi' (Kl6pffer 1991).

2. Als Ersatzstoffe fiir die Frigene liegen zahlreiche leicht abbaubare Stoffe vor. Dennoch wurde die Produktion yon persistenten (aber nicht ganz so extrem wie bei FCKW 11,12,113) Fluorkohlenwasserstoffen (HFC) aufgenom- men, z.B. R 134a: 1,1,1,2-Tetrafluorethan (CF3CH2F).

Es stehen 2 H-Atome zur Reaktion mit OH in der Atmo- sphfire zur Verfiigung. Dennoch betr/igt die Lebensdauer in der Troposphere rund 14 Jahre (WMO t999). Ferner ist die Substanz ein starkes Treibhausgas mit einem 1600- fachen GWP relativ zu CO 2 (Zeithorizont 100a (WMO 1999)). ~ihnliches gilt f/& andere HFCs. Dieses Beispiel ist geradezu ein Lehrbuchbeipiel f~r eindimensionates

.

4.

.

Denken: nur kein Chlor im Molekiil, dann kann es kei- nen ozonabbauenden Effekt haben. Nicht einmal das stimmt: das Treibhausgas N20 (Lachgas), troposphSrische Lebensdauer 120 Jahre, ist ebenfalls ein Ozonabbauer (WMO 1999).

Die synthetischen Nitromoschus-Verbindungen hat man wohl wegen ihrer relativ kleinen Tonnagen tibersehen, dabei sagt das elementarste chemische Verst/indnis, dass die Substitution mit Nitrogruppen ein Molekiil stabiler macht. Einige dieser Riechstoffe, die in der Umwelt schon sehr weit verbreitet sind, sollen auch toxisch sein (Geyer et al. 1994). Es wird gepriift.

Eine Best/itigung der Persistenzthese ist die Tatsache, dass auf der Liste der vermutlich endokrin wirkenden Um- wehchemikalien viele 'alte Bekannte' stehen, z.B. DDT/

DDE/DDD; PCB: Nonylpheno[; DEHP; PCDD/F; TBT (Gtilden et al. 1997). Unklar ist noch, ob sie in den klei- nen Konzentrationen neben den natiirlichen und synthe- tischen Hormonen wirken k6nnen. Auch Abbauproduk- te (Metabolismus von medizinischen Pr~iparaten im menschlichen und tierischen Organismus), sowie die un- ver/indert ausgeschiedenen Muttersubstanzen yon Arznei- mitteln sind Stoffe und fallen prinzipielt unter das Chemi- kaliengesetz.

Das pr~ignanteste Beipiel fiir 'harmlose' persistente Stof- fe ist das Octamethylcyclotetrasiloxan OMCTS. Es ist ein Mitglied der Familie der Silikone, die immer als v61- lig harmlose Chemikalien galten und als Einschr/inkung der Persistenzthese angesehen wurden. OMCTS ist aus Wasser sehr fliichtig (volatil) und daher sind Fisch- und Daphnientests besonders schwer duchzufiihren. In ge- schlossenen Apparaturen wurden NOEC-Werte im Be- reich weniger Mikrogramme/L (!) bestimmt, also im Be- reich hoch-6kotoxischer Verbindungen (Hobson 1995).

Wenn die Substanz in der Umwelt wahrscheintich den- noch keinen grogen Schaden anrichtet, so wegen ihrer hohen VolatilitSt, denn in der Atmosph/ire ist in Form der OH-Radikale eine Senke vorhanden. Wegen der ex- tremen Hydrophobizit/it (ein Grund fiir den Einsatz der Silikone) kommt OMCTS im Sediment vor, wo die Toxizi- t/it - wohl wegen der starken Adsorption an lipophile Sedimentbestandteile - geringer ist als im freien Wasser.

4 Neuere Entwicklungen

Seit einigen Jahren l/iuft das UNEP Persistent Organic Pollutants (POPs) Programm, das den weltweiten Bann der gef/ihrlichsten persistenten und toxischen Substanzen, des sog. 'dirty dozen', vorsieht und demn/ichst zur Unterzeich- nung einer Konvention fiihren wird (Richter et al. 2001).

Die 12 Substanzen, die in der ersten Phase der Konvention verboten werden, sind Aldrin, Chlordan, DDT, Dieldrin, Endrin, Heptachlor, Hexachlorbenzol (HCB), Mirex, Toxaphen, PCB und PCDD/F. Ftir DDT, das zur Malaria- bek~impfung in vielen Staaten der Dritten Welt noch uner- setzlich ist, wurde eine Obergangsregelung getroffen.

Einschrfinkend muss gesagt werden, dass nur die Kombina- tion persistent + toxisch + bioakkumulierend zur Aufnahme in die Liste fiihrt. Das Vorsorgeprinzip wird also restriktiv ausgelegt; die Stoffe auf der Liste sind in den grogen Indu- striestaaten schon verboten oder wurden, wie die poly- chlorierten Dibenzodioxine and -furane (PCDD/F), nie in

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0bersichtsbeitr&ge Stoff- und Gentechnikpolitik

nennenswerten Mengen produziert. Dennoch werden einige dieser Stoffe noch produziert und in Dritte-Welt-L~inder ex- portiert, was mit der Konvention verhindert werden soil Die Liste POPs ist prinzipiell often und soil erg~inzt werden.

Zum Thema POPs erscheint in dieser Zeitschrift und in der Schwesterzeitschrift Environmental Science and Pollution Research (ESPR) eine Artikelserie (K16pffer und Scheringer 2000).

Bei OSPAR (Oslo-Paris Convention) zum Schutz der Nord- see und des Nordostatlantiks (und ~ihnlich bei der Ostsee- Konvention HELCOM) wird das Vorsorgeprinzip stark in den Vordergrund gestellt. Innerhalb yon nur einer Generati- on soil der Schadstoffeintrag auf Null (!) sinken. Die Hoff- nung ist daher berechtigt, dass hier die Persistenz zur Ge- wichtung eine entscheidende Rolle spielen wird. Auf der Expertenebene regen sich bereits Widerst~inde, die Anlass zur Sorge geben, dass hier - wie so oft - hehre politische Grundsatzentscheidungen auf der Umsetzungsebene verw~is- sert, wenn nicht ins Gegenteil verkehrt werden.

5 Gentechnisch ver~inderte Organismen (GVOs) Bei der Anwendung auf Organismen, und hier speziell auf GVOs, stelh sich die Frage, inwieweit die Kriterienliste ftir die Chemikalienbewertung auf Lebewesen (auch auf hohem Abstraktionsgrad) tibertragbar ist (K16pffer 1998):

~ Menge (die in die Umweh eintritt): weniger wichtig

~ Mobilitiit: sehr wichtig

* Akkumulation: wichtig, besonders wenn toxische Wirkun- gen mit der Freisetzung verbunden sind

| Persistenz: sehr wichtig

~ Schadwirkungen (humantoxisch, 6kotoxisch): abh~ingig vonder Art der Erbinformations~inderung; Nichtwissen beriicksichtigen!

Das Kriterium Menge spieh schon bei den Chemikalien eine untergeordnete Rolle. Als Beleg daftir k6nnen die poly- chlorierten Dibenzodioxine und -furane (PCDD;F) dienen, deren Produktionsmenge nahe Null ist und deren Eintrag iiber andere Pfade sehr gering isc Bei den Lebewesen ist die Menge wegen ihrer Vermehrungsf/ihigkeit besonders unwich- tig.

Die Mobilitiit ist entweder bestimmt durch die Eigenmobilidit des Organismus (in Wasser, Boden, ggf. auch in der Luft) oder seine Verbreitung durch Pollen und Samen z.T. tiber weite Strecken. Nach dem funktionalen Umweltmodell wtir- de man sagen, dass (in Analogie zum oben erw/ihnten Ktihl- schrank) gr6tgere Tiere und Pflanzen ein geringeres Risiko darstellen. Aber was ist grof~? Die Kaninchen in Australien, die dort keine nattirtichen Feinde haben und sich daher zu einer Landplage entwickeh haben, geh6ren offenbar schon zu den Lebewesen, die nicht aus der Umwelt entfernt wer- den k6nnen; jedenfalls sind bisher alle Versuche zu ihrer Kontrolle gescheitert. Bei groflen Pflanzen tritt das Problem des Pollenfluges und der Auskreuzung auf, welches eben- falls einer Kontrolle entgegenwirkt. V611ig unkontrollierbar dtirften Mikroorganismen sein, sofern sie nicht sehr gezielt auf Abbaubarkeit hin geziichtet wurden.

Die Akkumulierbarkeit wtirde bei Organismen bedeuten, dass sie sich unter bestimmten, geographisch abgrenzbaren

Bedingungen besonders gut vermehren. Das bedeutet zwei- erlei: eine m6gliche Plage in den betroffenen Gebieten, aber leichtere Kontrolle durch die Konzentration.

Die Persistenz tritt uns bier mit gebalher Macht gegentiber:

Chemikalien k6nnen in der Umweh schlimmstenfalls in glei- chef Menge auf sehr lange Zeit erhahen bleiben, doch Or- ganismen k6nnen sich auch noch vermehren. Dies trifft vor allem auf robuste Organismen zu, die sich in der Umwelt behaupten k6nnen. Gentechnisch ver~inderte Mikroorganis- men, die nur in N~ihrl6sungen bei bestimmter Temperatur etc. existieren k6nnen, stellen unter Umweltgesichtspunkten ein wesentlich geringeres Problem dar.

Bei den Schadwirkungen ist, ~ihnlich wie bei den Chemikali- en, unsere profunde Unkenntnis in Bezug auf 6kosystemare Sch~iden zu berticksichtigen. Okosysteme k6nnen durch ihre Pufferkapazit~it unempfindlicher sein als einzelne Arten oder Individuen; sie kSnnen abet auch durch Effekte gest6rt wer- den, die absolut nichts mit der klassischen Toxizit~it zu tun haben (so sind z.B. auf dem Gebiet der Chemikalien die FCKWs praktisch nicht toxisch; Phosphat und CO 2 sind N~ihrstoffe, keineswegs Gifte).

Die Schadwirkungen sind also wegen unseres geringen Kenntnisstandes als Kriterien ftir das Vorsorgeprinzip nur bedingt geeignet. Als wichtigste Kriterien fiir das Vorsorge- prinzip sind auch ftir Organismen die der 'Troika' Persistenz/

Akkumulierbarkeit/Mobilit~it zu nennen. Ob daneben noch weitere Kriterien eine Rolle spielen, die fiir Lebewesen spe- zifisch sind, muss von biologischer Seite entschieden wer- den. Eine Liste von Risikobereichen, die bei der genehmi- gungspflichtigen Freisetzung transgener Pflanzen zu beach- ten sind, findet sich in der Richtlinie 94/1S EG (Kommissi- on der EU 1994).

Folgende Problemfelder scheinen bei GVOs besonders kl~irungsbedtirftig zu sein:

9 Beeintr~ichtigung yon Okosystemen durch Polleneintrag, Einkreuzung in Wildformen

~ Uberleben genetischer Information in robusten Mikroor- g.anismen

~ Uberleben genetischer Information durch Gentransfer {auch von labilen Mikroorganismen?)

9 Kann DNA als persistentes Molektil betrachtet werden??

~ K6nnen tiber die GVOs (besonders bei Nutzpflanzen) sch~idliche Eigenschaften in die Nahrungskette iibertra- gen werden?

Die teilweise leidenschaftlich gefiihrte 6ffentliche Diskussi- on konzentriert sich besonders auf die Beftirchtungen in Hinblick auf m6gliche toxische Nebenwirkungen gen- technisch ver~inderter Nahrung. Ohne hier ein gewisses 'Rest- risiko' leugnen zu wollen, erscheinen doch die m6glichen 6kosystemaren Auswirkungen einer explosionsartig ausge- weiteten Anwendung von GVOs in der Landwirtschaft grundr bedenklicher. Eine vergleichende Okobilanz (LCA) von gentechnisch ver~indertem Mais und Raps mit konventionetlem Landbau und Biolandbau ftir 6sterreichi- sche Verh~iltnisse erbrachte keine 6kologischen Vorteile ftir die GVOs (K16pffer et al. 1999). Dabei wurde Elemente der Risikoabschfitzung in die Wirkungsabsch~itzung der 0kobilanz nach ISO EN 14042 mitaufgenommen, siehe auch (Kl6pffer und Renner 2000).

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(6)

Stoff- und Gentechnikpolitik @bersichtsbeitr~ge

6 Schlussbemerkung

Bei der Freisetzung von GVOs stellt sich, ebenso wie bei den Chemikalien, das Problem der Quantifizierung des Kriteri- ums Persistenz. Bei den Chemikalien ist, nicht zu|etzt durch das Buch yon Scheringer (t999), klargeworden, dass neben dem zeitlichen Faktor (z.B. einer multimedia-Halbwertszeit) auch ein r~iumlicher Faktor wichtig ist, der die Ausbreitung ('MobilitSt') quantifiziert. Hier ist an eine L~inge ('Reich- weite') oder an eine Fl/iche zu denken.

Das T h e m a Persistenz hat durch die POPs-Konvention trotz der relativ restriktiven Auslegung des Begriffs bzw. durch die Kopplung mit den Kriterien Bioakkumulierbarkeit und Toxizit/it weltweit Beachtung gefunden. Es ist zu hoffen, dass die lange vernachl/issigte Forschung zur Quantifizierung der Persistenz, die auch die Entwicklung yon geeigneten Expo- sitionsmodellen und Messverfahren zum Abbau yon Che- mikalien in der Umwelt einschlietgen, wieder verst~irkt auf- genommen wird. Ahnliches gilt fiir die GVOs, deren Wir- kungen nicht auf die m6glichen und in Einzelf~illen bewiese- nen toxischen Wirkungen auf den Menschen eingeengt wer- den diirfen.

N u r die strenge Auslegung des Vorsorgeprinzips kann den (unverzichtbaren!) technischen Fortschritt bringen, der zu einer nachhaltigen Entwicklung fiihrt.

Danksagung. Ich danke meinen Team-Kotlegen am Battelle-lnstitut zum Thema Chemikalienbewertung: Rainer Frische, Wolfgang Sch0n- born, Gerhard Esser und Gerd Rippen, sowie dem Gentechnik-Team:

lsa Renner (C.A.U. GmbH, Dreieich), Beatrix Tappeser und Claudia E ckelkamp (Oko-lnstitut e.V., Freiburg i.Br.) und Richard Dietrich (OVAF, Wien). Wichtige Impulse zum Thema Chemikalienbewertung habe ich auch durch Gespr&che mit Friedrich Schmidt-Bleek, Martin Held, lan Meerkamp van Embden, Arnim von Gleich und Friedhelm Korte erhalten. Die Besch~iftigung mit dem GVO-Problem erm6glich- te ein vom Umweltbundesamt Wien erteiltes Projekt, das yon Helmut Gaugitsch koordiniert wurde.

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Referenzen

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