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„Zwickauer Appell für Demokratie und Toleranz“ 25. November 2011 Rede der Oberbürgermeisterin Dr. Pia Findeiß

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„Zwickauer Appell für Demokratie und Toleranz“

25. November 2011

Rede der Oberbürgermeisterin Dr. Pia Findeiß

Liebe Zwickauerinnen und Zwickauer, liebe Gäste,

wir sind die Automobil- und Robert-Schumann-Stadt, hier wurden Max Pechstein und Gert Fröbe geboren,

wir sind dem Bergbau verpflichtet und waren die weltweit zweite Stadt, in der sich die Reformation durchsetzte,

wir haben Baudenkmale von europäischer Bedeutung, die wir mit viel Aufwand bewahren,

wir sind eine innovative Industrie- und Hochschulstadt

unser Ehrenbürger Jürgen Croy ist sportliches Vorbild für Jung und Alt

der Zwickauer Elin Kollev hat mit seiner Hauptrolle in dem Film „Die Wunderkinder“

das Verantwortungsbewusstsein und das Lebensgefühl seiner Heimatstadt zum Ausdruck gebracht.

Und heute?

Heute ist Zwickau die Stadt des Terrortrios und der brauen Zelle.

Haben wir etwas falsch gemacht? Haben wir uns zu wenig für Demokratie und Toleranz engagiert? Waren wir auf dem „rechten Auge“ blind?

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Liebe Zwickauerinnen und Zwickauer,

als ich am 4. November nach Weißenborn gerufen wurde, war ich vor Ort zunächst dankbar, dass keine Menschen zu Schaden kamen. Heute weiß ich, dass ich außerdem dankbar sein muss, dass die Angehörigen unserer Berufs- und der Freiwilligen Feuerwehren, die gute Arbeit leisteten, nicht zu Schaden kamen – angesichts der Gegenstände, die in dem Haus gefunden wurden.

Die schwerwiegenden Fragen drängten sich dann erst in den folgenden Tagen auf – Tage, in denen sich die Ereignisse überschlugen und ich, ebenso wie Sie, aus den Medien erfahren musste, dass die Explosion uns nicht nur Hinter-, sondern Abgründe offenbarte, die wir uns nicht vorstellen konnten und schon gar nicht vorstellen

wollten!

Wie konnte das alles ausgerechnet in Deutschland geschehen, angesichts der braunen Vergangenheit, die wir alle kennen? Warum wurden die Täter nicht schon längst ergriffen? Wer steckt – möglicherweise – hinter dem Geschehen? Wie viele Personen und Gruppierungen unterstützten die Terroristen? Und: Haben die – sogenannten – Verfassungsschützer wirklich unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung geschützt?

Warum hat der sächsische Ministerpräsident nicht den Besuch in einem Zwickauer Unternehmen letzte Woche genutzt zu diesem furchtbaren Vorfall hier im

sächsischen Zwickau Stellung zu nehmen? Bis heute hat weder ein Vertreter der Bundesregierung noch der sächsischen Staatsregierung nachgefragt, wie geht es Zwickau, braucht Zwickau Hilfe! Die Zwickauer warten darauf!

Die Fragen, warum das Furchtbare geschehen konnte, kann ich Ihnen nicht beantworten.

Aber eines sage ich sehr deutlich: Wir waren nicht auf dem rechten Auge blind und unsere Stadt ist nicht braun:

• Alt OB Rainer Eichhorn hat schon Mitte der 90er Jahre mitgewirkt bei der Gründung des Bündnisses gegen Rechts.

• Alt OB Dietmar Vettermann demonstrierte mit vielen Bürgern gegen die Eröffnung des Büros des damaligen NPD-Landtagsabgeordneten!

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• wir haben ein funktionierendes Bündnis für Demokratie und Toleranz, in dem alle – ich betone – alle demokratischen Parteien ebenso mitarbeiten wie Kirchen, Verbände, Gewerkschaften, kulturelle Einrichtungen oder Einzelpersonen.

• am 1. Mai 2010 stellten sich 2.000 Menschen einer Demo des Freien Netzes entgegen, deren Teilnehmer kaum aus Zwickau kamen, sondern aus anderen Bundesländern anreisten,

• wir sind „Ort der Vielfalt“ und unser Bündnis erhielt erst vor 2 ½ Wochen einen Anerkennungspreis beim Sächsischen Förderpreis für Demokratie,

• wir engagieren uns für die Kinder und Jugendlichen dieser Stadt: Kürzungen vom Freistaat und vom Landkreis im Bereich der Sozialarbeit wurden mit Stadtratsbeschluss abgefangen und die Projekte Schul- und

Straßensozialarbeit konnten fortgeführt werden.

• Und für welche Werte wir eintreten und stehen – dass beweisen Sie, die Sie heute auf unseren Georgenplatz gekommen sind.

Liebe Zwickauerinnen und Zwickauer,

dennoch sind wir zutiefst bestürzt, dass die Rechtsterroristen und Handlanger jahrelang in unserer Stadt lebten und sich von hier aus zu ihren

verabscheuungswürdigen Verbrechen aufmachten.

Wir trauern um die Menschen, die Opfer des Terrortrios wurden. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen.

Ihnen versprechen wir, dass wir in unseren Bemühungen, gegen politischen Rechtsextremismus einzutreten nicht nachlassen, und dass wir weiterhin für Demokratie und Toleranz eintreten.

Was uns bleibt ist die Hoffnung:

• die Hoffnung und auch die Erwartung, dass die Taten und Geschehnisse lückenlos aufgeklärt werden,

• die Hoffnung, dass alle demokratischen Kräfte in ganz Deutschland

gemeinsam für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten,

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• die Hoffnung, dass Landes- und Bundesregierung die schrecklichen Ereignisse in ihrer künftigen Politik berücksichtigen,

• und es bleibt auch die Hoffnung, dass wir nicht mehr als Stadt der Terrorzelle bekannt sind, sondern als Automobil- und Robert-Schumann-Stadt, als Stadt von Innovationen, und vor allem als Stadt, in der Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Aussehen oder ihrer Religion herzlich willkommen sind!

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