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Europäische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft Kommunale Insolvenz

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Europäische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft 5168

Kommunale Insolvenz

Untersuchungen zu einem Insolvenzverfahren nach Vorbild des US-amerikanischen Chapter 9

Bearbeitet von Anne F. Naguschewski

1. Auflage 2011. Taschenbuch. 179 S. Paperback ISBN 978 3 631 61722 9

Format (B x L): 14,8 x 21 cm Gewicht: 240 g

Recht > Zivilverfahrensrecht, Berufsrecht, Insolvenzrecht > Insolvenzrecht, Unternehmenssanierung

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A. Einleitung

Die Arbeit widmet sich den Möglichkeiten eines kommunalen Insolvenzverfah- rens in Deutschland.

I. Motivation

Gesunde staatliche Finanzen sind die erste Voraussetzung für eine geordnete Entwicklung des gesamten sozialen und politischen Lebens.1 Doch Deutschlands Kommunen sind hoch verschuldet. Allerorten im Bundesgebiet werden Spar- maßnahmen ersonnen, um mit den vorhandenen Mitteln die notwenigen Aufga- ben erfüllen und die Ausgaben decken zu können. Dennoch wächst die Schul- denlast, Verantwortliche klagen, sie „verwalten den Sachzwang“.2

Die ohnehin angespannte Finanzlage vieler Gemeinden wird durch die Fol- gen der weltweiten Wirtschaftskrise drastisch verschärft. Für das Jahr 2010 wird den Kommunen ein Rekorddefizit von mehr als 12 Milliarden Euro vorausge- sagt.3 Der Vergleich mit dem bis dato höchsten Schuldenstand von 8,4 Milliar- den Euro im Jahre 20034 verdeutlicht das Ausmaß der Entwicklung.

Die Gründe für die Schwierigkeiten gleichen sich vielerorts. Altschulden mit hohen Zinszahlungen, Mindereinnahmen durch Abwanderung oder Auslagerung der Betriebe und durch den Niedergang von Industriezweigen zählen ebenso da- zu wie die Folgen der Rezession und nicht zuletzt die Steuersenkungspolitik der Bundesregierung. In den neuen Bundesländern kommen hohe Kosten für die Angleichung der Löhne der im öffentlichen Dienst Beschäftigten an das Westni- veau sowie die andauernde Abwanderung dazu. Städte im äußersten Westen Deutschlands kämpfen dagegen immer noch mit den Folgen des nicht erfolg- reich vollzogenen Strukturwandels. Die Auswirkungen sind sinkende Einnah- men, denen steigende Sozialausgaben gegenüberstehen. Seit den 90er-Jahren haben sich die Sozialausgaben der Kommunen fast verdoppelt, für das Jahr 2010 wird ein Anstieg auf über 40 Milliarden Euro erwartet.5 Demgegenüber stehen sinkende Steuereinnahmen. Bereits im Jahr 2009 brachen mehr als zehn Prozent

1 BVerfGE 15, 126, 141.

2 Peter Laudenbach, „Die Schulden führen Regie“, ZEIT vom 17.02.2010, Tagesspiegel.

3 „Kommunen vor dem Kollaps“, zitiert nach: www.tagesschau.de/inland/

kommunendefizit100.html; Stand: 10.04.2010.

4 Matthias Schlegel, „Schuldenrekord in den Städten“, ZEIT ONLINE, Tagesspiegel, 03.02.2010.

5 „Kommunen vor dem Kollaps“, zitiert nach: www.tagesschau.de/inland/

kommunendefizit100.html; Stand 10.04.2010.

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der kommunalen Einnahmen weg,6 Experten prognostizieren im Jahr 2010 einen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen von bis zu 40 %.7

Die Finanznot der Gemeinden ist über die Grenzen sozialer Bevölkerungs- schichten hinweg in vielen Lebensbereichen spürbar. Die Mittel fehlen für Kin- derbetreuung, den Unterhalt von Schulgebäuden, Breitensport, Kulturangebot, Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, Pflege öffentlicher Anlagen, Nahverkehr und nicht zuletzt für die Grundversorgung.

Vielen Gemeinden bleibt nur ein rigoroser Sparkurs, der mitunter tiefe Ker- ben in das örtliche soziale und kulturelle Leben schlägt. Die Badetemperatur in kommunalen Schwimmbädern zu senken, ist derzeit en vogue, überdies werden die Stadt- und Straßenbeleuchtung nachts abgeschaltet, Zwangsferien verordnet, Grundschulen geschlossen, Betreuungsstellen in Kindergärten gestrichen, Bi- bliotheken abgeschafft und Grünanlagenverkäufe erwogen. Auch vor der Schließung von Theatern, in der Kulturschaffende medienwirksam die „Ver- ödung und Verwüstung deutscher Kommunen“8 wähnen, macht der Sparzwang nicht halt. Gleichzeitig werden die Bürger stärker in die Pflicht genommen. So ist etwa die Erhöhung von Parkgebühren, Eintrittsgeldern, Abschleppkosten oder der Hundesteuer gängige Praxis.

Doch diese teils gegen erbitterten Widerstand der Einwohner durchgesetzten Bemühungen können nur einem weiteren Abrutschen in die Krise entgegenwir- ken, einen effektiven Sanierungsansatz bieten sie nicht.

Als ein solcher wird seit geraumer Zeit die kommunale Insolvenz ins Feld geführt. Denn mit Einführung der Insolvenzordnung, die neue Wege eröffnet, ist einigen grundlegenden Bedenken gegen eine Insolvenz der öffentlichen Hand der Boden entzogen. Der Blick über den Tellerrand – auf das in den USA prak- tizierte Chapter-9-Verfahren – zeigt, dass andernorts die Insolvenz von Kom- munen bereits eine lange Rechtstradition hat.

Die folgende Untersuchung widmet sich den Bedingungen eines kommuna- len Insolvenzverfahrens nach US-amerikanischem Vorbild, den Umsetzungs- möglichkeiten und letztlich der Frage nach dem Nutzen als Sanierungsansatz.

6 Matthias Schlegel, „Schuldenrekord in den Städten“, ZEIT ONLINE, Tagesspiegel, 03.02.2010.

7 „Kommunen schlittern in ,beispiellose Finanzkrise’“ vom 30.08.2009, zitiert nach:

www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,645874,00.html; Stand: 10.04.2010.

8 Matthias Bartsch, Andrea Brandt, Michael Fröhlingsdorf, Simone Kaiser, Steffen Win- ter, „Zwei Grad kälter“, SPIEGEL 2/2010, S. 28.

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II. Thematische Einführung

Den Einstieg in die Untersuchung bildet ein rechtsvergleichender Überblick über die historischen Grundlagen des Konkurses in Deutschland und den USA.

Das vorläufige Ende der deutschen Rechtsentwicklung in diesem Bereich markiert die 1999 eingeführte Insolvenzordnung. Das Gesetz bietet erstmals in der Tradition des deutschen Konkursrechts einen Anknüpfungspunkt für ein In- solvenzverfahren über das Vermögen eines öffentlichen Schuldners. Die allge- mein im Vordergrund stehende Gestaltungsfreiheit, insbesondere aber die nach Vorbild US-amerikanischer Regelungen im Bankruptcy Code gestalteten Vor- schriften über das Planverfahren und die Eigenverwaltung machen die Insol- venzordnung zu einer ergiebigen Grundlage. Einer schablonenhaften Anwen- dung der bestehenden Vorschriften steht die Beteiligung eines öffentlichen Schuldners jedoch entgegen. Das Gesetz kann für ein hypothetisches kommuna- les Insolvenzverfahren nur als Gerüst dienen.

Als Verfahrensmodell wird das Chapter-9-Verfahren des Bankruptcy Code herangezogen. Der Regelungskomplex widmet sich ausschließlich dem Umgang mit öffentlichen Schuldnern in der Insolvenz. Fest verankert in der US- amerikanischen Rechtstradition wird dieses Verfahren seit 1937 praktiziert. En- ge Bezüge bestehen zum weithin bekannten Chapter-11-Verfahren des Ban- kruptcy Code, das die Reorganisation in Gestalt eines Insolvenzplanverfahrens regelt. Gleichwohl folgt das Chapter 9 einer anderen Ausrichtung. Obwohl ebenfalls als Planverfahren ausgestaltet, ist hier nicht Reorganization, sondern Adjustment of debts9 – Schuldenbereinigung – das Ziel. Ein reorganisatorischer Ansatz im Sinne einer strukturellen Umgestaltung im Zuge des Insolvenzverfah- rens wird nicht verfolgt.

Im Ersten Hauptteil der Untersuchung werden die wesentlichen Aspekte dargestellt. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt die Arbeit dabei nicht.

Wie im US-amerikanischen Recht üblich kennzeichnet das Gesetz ein geringer Grad an Abstraktheit, statt dessen regelt sich der Gesetzgeber diverse Fallvarian- ten. Der Übersichtlichkeit halber soll für den überwiegenden Teil der Darstel- lung die Auseinandersetzung mit Aufbau und Struktur des Verfahrens genügen.

Darauf aufbauend behandelt der Zweite Hauptteil die Möglichkeiten eines kommunalen Insolvenzverfahrens im deutschen Recht. Dabei stellt sich zu- nächst die Frage, inwieweit das Chapter-9-Verfahren verwertbare Ansätze bie- tet. Einer Übertragung der Regelungen ins deutsche Recht sind enge Grenzen gesetzt. Bereits an der ersten Weichenstellung, der Zielsetzung, muss ein deut-

9 Der volle Titel des Chapter 9 lautet: „Adjustment of the debts of a municipality“ – frei übersetzt: Schuldenbereinigung bei Gemeinden.

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sches Verfahren einen anderen Weg nehmen. Aus dem gesellschaftlichen Kon- text, der mit der Rechtsentwicklung durch wechselseitige Beeinflussung ver- bunden ist, ergibt sich eine grundlegend verschiedene Bewertung der Insolvenz in den USA und in Deutschland. Während dem Chapter 9 das Ziel zugrunde liegt, dem Schuldner einen fresh start zu ermöglichen, stellt das hiesige Insol- venzrecht die Haftungsverwirklichung in den Vordergrund. Die Auswirkungen dessen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Untersuchung und erfordern an vielen Stellen ein Abweichen von den Vorgaben des Chapter 9.

Gleichzeitig werden die zu untersuchenden Verfahrensvorschriften in den Kontext der Insolvenzordnung gesetzt. Aus dem Zusammenspiel mit den beste- henden Vorschriften ergeben sich weitere notwenige Anpassungen.

Im wichtigsten Arbeitsschritt fließt die besondere Rechtsstellung des Schuldners als Körperschaft des öffentlichen Rechts in die Betrachtung ein. Ins- besondere die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung wirkt sich an vielen Stellen prägend auf die Verfahrensgestaltung aus. Die erfor- derlichen Abweichungen von den üblichen Vorschriften der Insolvenzordnung haben oftmals weitreichende Konsequenzen, insbesondere im Hinblick auf die Mitwirkungsrechte der Gläubiger im Verfahren. Auch in diesem Teil soll die Untersuchung zumeist auf die Eckpfeiler eines hypothetischen deutschen Ver- fahrens beschränkt bleiben. Die Schwerpunktsetzung richtet sich dabei zum ei- nen nach den maßgeblichen Vorschriften der Insolvenzordnung für das Planver- fahren und die Eigenverwaltung, zum anderen nach der Ergiebigkeit des Ver- gleichs mit dem Chapter-9-Verfahren.

Die vorliegende Arbeit skizziert den Verfahrensablauf eines hypothetischen kommunalen Insolvenzverfahrens in seinen wesentlichen Punkten und mündet im Ziel der Untersuchung: der Auswertung, in welcher Für und Wider eines sol- chen Verfahrens gegeneinander abgewogen werden.

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