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Ich wollte halt ein Junge sein

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Academic year: 2022

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Leonie Weiß

„Ich wollte halt ein Junge sein“

Über den Umgang transidenter Personen mit Geschlechtlichkeit und die soziale Konstruktion der Transidentität

Herbert Utz Verlag · München 2017

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Münchner ethnographische Schriften Band 24

Ebook (PDF)-Ausgabe:

ISBN 978-3-8316-7316-2 Version: 1 vom 21.06.2017 Copyright© Herbert Utz Verlag 2017

Alternative Ausgabe: Softcover ISBN 978-3-8316-4635-7

Copyright© Herbert Utz Verlag 2017

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„Ich wollte halt ein Junge sein“

Leonie Weiß

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Münchner ethnographische Schriften

Kulturwissenschaftlich-ethnologische Untersuchungen

zu Alltagsgeschichte, Alltagskultur und Alltagswelten in Europa Band 24

herausgegeben vom

Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie der Ludwig-Maximilians-Universität München

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Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, ins- besondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwendung, vorbehalten.

Copyright © Herbert Utz Verlag GmbH · 2017 ISBN: 978-3-8316-4635-7

Printed in Germany

Herbert Utz Verlag GmbH, München 089-277791-00 · www.utz.de

Umschlagfoto: Tobias Schmidt-Philipp Layout: Tomislav Helebrant

Leonie Weiß, M. A.

studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München Europäische Ethnolo- gie, Ethnologie und Deutsch als Fremdsprache. Aus ihrer Magisterarbeit ist die vorliegende Publikation hervorgegangen. Derzeit ist Leonie Weiß als redaktionelle Mitarbeiterin und Lektorin eines Online-Magazins tätig.

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Dank

Für die fachliche Unterstützung bei dieser Arbeit möchte ich zunächst meinem Erstbetreuer Herrn Prof. Dr. Johannes Moser sowie meiner Zweitbetreuerin Frau Prof. Dr. Irene Götz danken, die mich von Anfang an in meiner Herangehensweise an das Thema bestärkt haben. Des Weiteren gilt mein Dank Frau Dr. Simone Egger, die mir mit Ihrem Rat zur Seite gestanden und viele wichtige Anregungen gegeben hat. Für die organisatorische sowie finanzielle Unterstützung bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Johannes Moser, Frau Dr. Maria Schwertl, dem Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie sowie der Münchner Vereinigung für Volks- kunde. Zudem danke ich Jana Lämmerer für die Gestaltung des Buchumschlags.

Besonderer Dank geht an meine Interviewpartner und Interviewpartnerinnen, die mir ihr Vertrauen entgegengebracht haben und bereit waren, sehr persönliche Gedanken und Erfahrungen mit mir zu teilen. Ohne ihre Offenheit und Ehrlich- keit wäre diese Arbeit nicht zustande gekommen. Meinem langjährigen Freund Elias Pechtl möchte ich in diesem Zusammenhang für die vielen wichtigen Gesprä- che und Denkanstöße danken, die mein Verständnis für Geschlechtlichkeit verän- dert und mir die nötige Sensibilität für dieses Thema vermittelt haben. Darüber hinaus danke ich meinem Freund Christoph Gürich sowie meinen Eltern Heidi und Michael Weiß, die sich alle mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld diesem Thema gewidmet, meine Gedanken in endlosen Gesprächen vorangetrieben und mich während der ganzen Zeit sowohl inhaltlich als auch emotional unterstützt haben.

Während der Forschung für diese Arbeit habe ich nicht nur fachlich viel gelernt, ich habe auch mich selbst aufgrund meiner Erlebnisse und Begegnungen immer wieder neu hinterfragt. Meine Perspektive auf die Welt hat sich verändert und ich bin sehr froh und dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte.

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Inhalt

1 Eine Frau mit Bart!? Über die Kunstfigur Conchita Wurst 9

2 Transidentität als Forschungsfeld 12

2.1 Der Zugang zum Feld 12

2.1.1 Eine persönliche Perspektive 12

2.2.2 Darstellung des methodischen Vorgehens 13

2.2 Was bedeutet transident? 20

2.2.1 Transgender, Transvestitismus, Intersexualität:

eine begriffliche Abgrenzung 22

2.2.2 Vom Mysterium zur psychischen Krankheit:

eine kurze Geschichte der Transidentität 25

2.2.3 Der lange Weg transidenter Personen zu ihrem Wunsch-

geschlecht: institutionelle Rahmenbedingungen der Transidentität 31 3 Forschungsstand und Forschungsperspektive 36 3.1 „Es gibt kein ‚Ich‘ vor der Annahme eines Geschlechts“:

Identität und Geschlecht 36

3.2 Von der Frauen- und Geschlechterforschung zu doing gender:

über die Praktiken der alltäglichen Produktion von Geschlecht 40 3.2.1 Die Frauenbewegung und die Anfänge der Frauen- und

Geschlechterforschung 40

3.2.2 Der Alltag als Bühne der Lebenswelt: ethnomethodologische

Perspektiven 43

3.3 Queer-feministische Perspektiven 48

3.3.1 Über die Macht der Performanz: diskurstheoretische Ansätze 48 3.3.2 Geschlecht als sinnliche Erfahrung: Gedanken zu einer

mikrosoziologischen Phänomenologie des Leibes 53 4 Zur Aushandlung der Geschlechtsidentität transidenter

Personen 57

4.1 Transidentität als leiblich-affektive Erfahrung 57 4.1.1 Das innere Gefühl ein Geschlecht zu sein 57

4.1.2 Körperlichkeit und Sichtbarkeit 64

4.1.3 Der Leidensdruck und die Ablehnung körperlicher Merkmale 71 4.2 Stigmatisierung und gesellschaftliche Rollenerwartungen 74

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4.3 Abgrenzungslogiken und der Wunsch nach Normalität 87 4.3.1 Vorstellungen und Bezeichnungen der eigenen Geschlechts-

identität 87

4.3.2 Passing – vom Erlernen ein Geschlecht zu sein 91 4.3.3 Abgrenzung zu Transvestitismus und Travestie 99

4.4 Die Pathologisierung der Transidentität 105

5 Über den Umgang transidenter Personen

mit Geschlechtlichkeit und die soziale Konstruktion der Transidentität zur Aufrechterhaltung

der zweigeschlechtlichen Ordnung 111

6 Ausblick: Für einen offeneren Umgang mit Geschlechtlichkeit 118

7 Literatur- und Quellenverzeichnis 119

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1 Eine Frau mit Bart!? Über die Kunstfigur Conchita Wurst

Als am 10. Mai 2014 beim 59. Eurovision Song Contest in Kopenhagen die öster- reichische Kandidatin die Bühne betrat, staunte das Publikum nicht schlecht. Die Scheinwerfer richteten ihr Licht auf eine in ein goldenes Abendkleid gehüllte Dame mit wallendem schwarzen Haar, die Augen dunkel geschminkt, die Bewe- gungen feminin. Conchita Wurst schmettert hingebungsvoll ihre Ballade „Rise Like A Phoenix“ und wirkt dabei wie eine gewöhnliche Sängerin, die mit ihrer Dar- bietung die Stimmen der Masse für sich gewinnen und ihrem Heimatland Öster- reich den Sieg bescheren will. Wäre da nicht ein Merkmal, das Conchita Wurst deutlich aus der Menge der Kandidaten und Kandidatinnen hervorstechen lässt:

Ein dichter dunkler Vollbart, der das Gesicht der jungen Dame ziert (vgl. Eurovi- sion Song Contest 2014).

Zunächst waren viele Menschen irritiert. Ist sie nun eine Frau oder ein Mann? Und was soll der Bart? Conchita Wurst ist eine Kunstfigur, die von dem aus der Stei- ermark stammenden Tom Neuwirth ins Leben gerufen wurde. Tom Neuwirth ist weder transsexuell noch intersexuell. Er ist ein homosexueller Mann, der für die Darstellung der Figur Conchita Wurst eine weibliche Geschlechterrolle annimmt, indem er Frauenkleidung trägt und sich als weiblich wahrgenommener Gesten und Bewegungsarten bedient (Wurst 2014). Gewöhnlicherweise wird in der Travestie das Gegengeschlecht in überzogener Form dargestellt, häufig mit der Intention, Geschlechterstereotype offenzulegen (vgl. TransMann e. V. 2012: 10). Conchita Wurst bricht jedoch auf eine andere Art und Weise mit den gängigen Geschlech- tervorstellungen. Indem sie ihr weibliches Erscheinungsbild mit dem Tragen ihres Vollbarts irritiert, stellt sie nicht nur die gängigen Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit in Frage, sondern die binäre Geschlechterordnung im allgemei- nen, denn innerhalb dieser „kann“ es keine Frauen mit Vollbärten geben.

Mit der Erschaffung der Kunstfigur Conchita Wurst möchte Tom Neuwirth ein

„starkes Zeichen für Toleranz und gegen Diskriminierung setzen“ (Wurst 2014).

Der Name ist dabei Programm, da es vollkommen „wurst“ sei, wie man aussieht, woher man kommt oder welches Geschlecht man hat. Um dies zu verdeutlichen, bewegt sich Conchita Wurst gezielt zwischen den Geschlechtern (vgl. ebd.). Das Empfinden von Normalität und Andersartigkeit in Frage stellend, dient der Bart für Tom Neuwirth dabei „[a]ls Vehikel, mit dem er seine Botschaft unübersehbar und unüberhörbar in alle Welt tragen will“ (ebd.).

Conchita Wurst stellt für Tom Neuwirth eine Wahlrolle dar. Er kann sie jederzeit ablegen, wenn er das möchte. Doch wie geht es Menschen, deren geschlechtliches Empfinden nicht der bei der Geburt zugewiesenen Geschlechtsidentität entspricht?

Personen, die sich in ihrer zugeschriebenen Geschlechterrolle nicht wohlfühlen,

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werden aus medizinischer Sicht als transsexuell beziehungsweise transident bezeichnet. In den meisten Fällen fühlen sich transidente Personen dem sogenann- ten Gegengeschlecht zugehörig und streben ein Leben als Angehörige dessen an.

Der Begriff der Transidentität lässt sich jedoch auch weiter fassen als das Gefühl, sich in der aufgrund körperlicher Merkmale erwarteten Geschlechterrolle nicht verorten zu können oder sich nicht binär – das heißt weder als Mann noch als Frau – zu identifizieren (vgl. Rauchfleisch 2012).1

Um jene vielfältigen Möglichkeiten geschlechtlicher Identifikation wird es in der vorliegenden Arbeit gehen. Sie wird sich mit geschlechtlichem Empfinden und geschlechtlicher Identifizierung beschäftigen, wobei die Frage im Zentrum steht, wie transidente Personen ihre Geschlechtsidentität aushandeln. Auf welche Art und Weise gehen transidente Personen mit Geschlechterrollen und den verschie- denen, den Geschlechtern zugeschriebenen Verhaltensmustern um und welche Identitätsvorstellungen ergeben sich daraus? Wie positionieren sich Transidente zu heteronormativen Sichtweisen und welche Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit sind dabei vorherrschend? Gibt es bestimmte „geschlechtliche“

Codes und Verhaltensweisen, auf die transidente Personen zurückgreifen, um in der Öffentlichkeit als der empfundenen Geschlechtsidentität entsprechend wahr- genommen zu werden?

Um einen Einblick in den Umgang transidenter Menschen mit Geschlechtlichkeit zu bekommen, habe ich eine ethnographische Forschung durchgeführt, wobei ich meinen Fokus auf die alltägliche Lebenswelt gelegt habe. Insgesamt habe ich mit neun transidenten Personen Interviews geführt und an verschiedenen Vereinssit- zungen der Münchner Trans*-Vereine sowie der Münchner Trans*-Tagung teil- genommen.2 Bevor ich jedoch näher auf meine Untersuchungen eingehen werde, möchte ich an dieser Stelle einen kurzen Überblick über den Aufbau der vorlie- genden Arbeit geben.

Zunächst werde ich schildern, wie ich auf die Thematik aufmerksam geworden bin und einen Einblick in meine persönliche Perspektive darauf geben. Danach werde ich meinen Zugang zum Feld beschreiben und mein methodisches Vorge- hen erläutern. Bevor eine Beschreibung der institutionellen Rahmenbedingungen

1 Um den Forschungsgegenstand zu Beginn der Arbeit vorstellen zu können, bin ich auf die Verwendung verschiedener Begrifflichkeiten angewiesen, deren ausführliche Erklä- rung jedoch erst in den nachfolgenden Kapiteln geliefert werden kann. In Kapitel 2.2 wer- de ich eine ausführliche Definition von Transidentität geben sowie die Unterscheidung der Begrifflichkeiten transsexuell und transident näher erläutern.

2 Trans* steht begrifflich für eine Vielzahl an möglichen Identitätskonzepten und Lebenswei- sen. Der Stern * fungiert dabei als Platzhalter für beliebig wählbare Endungen, die die Viel- falt der geschlechtlichen Identifizierung unterstreichen (vgl. Sauer 2014).

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folgt, in die transidente Personen auf dem Weg zu ihrem Wunschgeschlecht einge- bunden sind, werde ich zunächst den Begriff der Transidentität definieren und ihn von anderen verwandten Begrifflichkeiten abgrenzen sowie eine kurze geschicht- liche Einordnung des Phänomens vornehmen. Anschließend folgt die Darstellung des bisherigen Forschungsstandes und meiner theoretischen Forschungsperspek- tive, wobei ich mich hierbei vorwiegend auf die kultur- und sozialwissenschaft- liche Geschlechterforschung beziehe. In Kapitel 4 werde ich die Ergebnisse mei- ner empirischen Forschung zur Aushandlung der Geschlechtlichkeit transidenter Personen vorstellen und diese mit den bisherigen Erkenntnissen der Geschlech- terforschung verknüpfen. Danach folgt ein kritisches Fazit, in dem die gewonne- nen Ergebnisse noch einmal zusammenfassend reflektiert werden, sowie ein Aus- blick, in dem Gedanken für die Möglichkeiten eines zukünftigen gesellschaftli- chen Umgangs mit Geschlechtlichkeit angestoßen werden sollen.

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