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Mexiko im Drogenkrieg. Akteure und Strukturen

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M exik o im Dr ogenk rieg

Siegert das buch

Ausgehend vom Problem des massiven gewaltanstiegs im mexikanischen Drogenkrieg werden Ursachen für die etablierung einer Drogenökonomie in Mexiko mit der Frage nach dem gewaltausbruch im Verhältnis von Staat und Drogenkartellen verbunden.

Dafür wird ein Modell zum Verhältnis Drogenökonomie und Staat mit speziellem Bezug auf gewalt erstellt, welches dann am Fallbeispiel Mexiko angewandt wird. Mit Blick auf gesellschaftliche, politische und sozioökonomische einflüsse werden Faktoren für den gewaltanstieg im Drogenkrieg ausgemacht. Diese sind die Beendigung des Kooperationsverhältnisses zwischen Staat und Drogenökonomie, die Destabilisierung des mexikanischen Drogenmarktes, die Sättigung des US-Drogenmarktes und das schwache staatliche gewaltmonopol. Der mexikanische Drogenkrieg wird umfassend auf verschiedenen interpretationsebenen beleuchtet, wodurch das komplexe Zusammen- spiel von internen und externen, sowie politischen und gesellschaftlichen Faktoren deutlich wird.

die autorin

tiffany Siegert, geboren 1987 in riesa, studierte Friedens- und Konfliktforschung und europäische Studien in Magdeburg, Osnabrück und Krakau.

t i F FA n y S i e g e rt

Mexiko im Drogenkrieg

Akteure und Strukturen

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Mexiko im Drogenkrieg

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Tiffany Siegert

Mexiko im Drogenkrieg Akteure und Strukturen

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

AVM – Akademische Verlagsgemeinschaft München 2011

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e-ISBN (ePDF) 978-3-96091-169-2 ISBN (Print) 978-3-86924-157-9 Verlagsverzeichnis schickt gern:

AVM – Akademische Verlagsgemeinschaft München Schwanthalerstr. 81

D-80336 München www.avm-verlag.de

(6)

MEXIKO IM DROGENKRIEG AKTEURE UND STRUKTUREN

INHALTSVERZEICHNIS

1.

Einleitung

1

1.1. Fragestellung 3

1.2. Aufbau und Methodik 3

1.3. Forschungsstand 4

2.

Drogenökonomie, Staat und Gewalt

8

2.1. Einführung: Funktionsweise der internationalen Drogenökonomie 8 2.1.1. Die Drogenökonomie als internationaler Markt 8 2.1.2. Die Handelskette des Kokainverkaufs 10 2.1.3. Drogenkartelle als internationale Unternehmen 12

2.2. Schwache Staaten und Drogenökonomien 14

2.2.1. Schwache Staatlichkeit nach Max Weber 15 2.2.2. Schwache Staaten als Idealstaaten der Drogenökonomie 17

2.2.3. Negative Effekte für den Staat 18

2.3. Die Logik und Realität der repressiven Drogenbekämpfungsstrategie 21 2.3.1. Das internationale Anti-Drogen-Regime 21 2.3.2. Auslegung und Methoden des repressiven Ansatzes 22 2.3.3. Die Reaktion des Drogenmarktes auf die repressive

Drogenstrategie 23

2.4. Zwischenfazit: Das Verhältnis von Drogenökonomie, Staat und

Gewalt 27

(7)

3.

Der Kampf gegen die Drogen in Mexiko

30

3.1. Gesellschaftliche, politische und sozio-ökonomische Hintergründe für das Entstehen einer Drogenökonomie in Mexiko 30

3.1.1. Von der Revolution zur Demokratie: Mexiko und die PRI

von 1929 bis 2000 30

3.1.2. Der schwierige Stand des demokratischen Rechtsstaates in

Mexiko 32

3.1.3. Sozio-ökonomische Veränderungen seit 1980 36 3.1.4. Mexiko als Akteur in der internationalen Drogenökonomie 39 3.1.5. Zusammenfassung: Voraussetzungen für das Entstehen einer

Drogenökonomie in Mexiko 41

3.2. Konfliktgenese des mexikanischen Kampfes gegen die Drogen 43 3.2.1. Verlauf und Konfliktlinien des mexikanischen Drogen-

Krieges 44

3.2.2. Akteure im Drogenkrieg 49

3.2.3. Rolle der USA 53

3.2.4. Zusammenfassung und Zwischenfazit 56

3.3. Die veränderte Marktsituation durch den repressiven Drogenkrieg 57 3.3.1. Wandel der Beziehungen zwischen mexikanischem Staat

und Drogenkartellen 57

3.3.2. Die blutige Neujustierung des mexikanischen Drogen-

Marktes 64

3.3.3. Auswirkungen des Drogenkrieges auf die internationale

Drogenökonomie 67

3.3.4. Folgen und Reaktionen der mexikanischen Öffentlichkeit 72 3.3.5. Zusammenfassung: Was verursacht die Gewalt im

mexikanischen Drogenkrieg? 78

4.

Schluss

80

4.1. Wird der Krieg in Mexiko jemals enden? 80

4.2. Zusammenfassung der Ergebnisse 83

5.

Literaturverzeichnis

88

6.

Abbildungsverzeichnis

108

7.

Anhang: Originalzitate

109

(8)

1

„Der Herr sah, dass die Menschen voller Bosheit waren. Jede Stunde, jeden Tag ihres Lebens hatten sie nur eines im Sinn: Böses planen, Böses tun.“ (Genesis 6, 5)

1. Einleitung

Mexiko sieht sich seit dem offiziellen Beginn des Kampfes gegen die ansäs- sigen Drogenkartelle im Dezember 2006 einer nicht enden wollenden Gewalt- welle gegenüber gestellt. Diese scheint weder abzuebben, noch sich in ihrer In- tensität und Brutalität zu verringern. Die Strategie des mexikanischen Präsiden- ten Felipe Calderón, die Kartelle mit verstärkter Strafverfolgung und dem Ein- satz des Militärs zu bekämpfen und so den öffentlichen Raum wieder unter staatliche Kontrolle zu bringen, hat nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt.

Zwar gibt es immer wieder Meldungen über beschlagnahmte Drogenlieferungen und Verhaftungen von Anführern der kriminellen Organisationen, jedoch kön- nen sie nicht von den laufend steigenden Todeszahlen und der immer brutaler werdenden Gewalt ablenken. Zum Zeitpunkt der Arbeit (August 2011) liegt die Opferzahl bei ca. 40.000 (Ellingwood/Hernández 2011) und eine Entspannung der Lage ist nicht abzusehen. Einige internationale Beobachter reden sogar be- reits von Mexiko als einen neuen failed state, da einige Regionen des mexikani- schen Territoriums nicht mehr unter staatlicher Gewalt stehen und die Zivilbe- völkerung zunehmend in Mitleidenschaft gezogen wird (Maihold 2010: 1). Der Konflikt wird deshalb bereits als innerstaatlicher Krieg kategorisiert (HIIK 2011: 48f.).

Doch warum kam es zu diesem rasanten Anstieg der Gewalt? Schließlich gibt es seit Jahrzehnten einen florierenden Drogenmarkt in Mexiko, ohne dass sich dieser Umstand in hohen Mordraten niedergeschlagen hätte. Durch seine geostrategisch äußerst günstige Lage zwischen den Hauptproduktionsländern für Koka (Kolumbien, Bolivien und Peru) und dem Hauptkonsumland USA hat sich Mexiko zum Haupttransitland für Kokain, Heroin, Cannabis und Meth- Amphetamin entwickelt. Die Zerschlagung der kolumbianischen Kartelle in den 1990er Jahren hat dabei entscheidend zum Machtaufbau der mexikanischen Drogenökonomie beigetragen. Darüber hinaus präsentiert sich das soziale wie auch politische Gefüge Mexikos mit seinem stark klientelistisch und informell geprägten Charakter als geradezu prädestiniert für die Drogenökonomie. Die Kartelle nutzen ihre enormen Gewinne, um mittels Bestechung breite Informati- ons- und Unterstützernetzwerke aufzubauen, welche sie vor staatlichen Aktio- nen schützen (Hoffmann 2009: 63f.). Die Geschehnisse im jetzigen Drogenkrieg haben unwiderruflich gezeigt, wie stark die Kartelle die mexikanischen Behör- den und Institutionen bereits infiltriert haben. Außerdem besitzen sie einen ge- wissen gesellschaftlichen Rückhalt, weil Teile der Bevölkerung direkt oder indi- rekt am Drogenmarkt beteiligt sind und daraus Vorteile ziehen. Vor allem junge

(9)

2

marginalisierte Männer sind dabei ideales Personal für die Kartelle und sind nun besonders von der Gewalt betroffen (Patterson 2010).

Das anhaltend hohe Gewaltniveau lässt sich auf unterschiedliche Weise er- klären. Einer der Haupteinflüsse stellt die Taktik des repressiven Drogenkrieges dar, deren (oftmals unbeabsichtigte) negative Effekte die angestrebten Ziele um ein Vielfaches übersteigen. Dies zeigt sich nunmehr am deutlichsten an der Situ- ation Mexikos. Nicht nur hat die Anwendung der repressiven Strategie in Ko- lumbien maßgeblich zur Entstehung der Kartelle in Mexiko beigetragen, viel- mehr hat ihre Anwendung in Mexiko zu einem Kampf der Kartelle untereinan- der und gegen den Staat geführt. Aufgrund von Verhaftungen wichtiger Dro- genbosse ist ein Machtvakuum entstanden, was die Neujustierung des Marktes ausgelöst hat. Die verschärfte Wettbewerbssituation auf dem US-Markt verstärkt die Konkurrenz zwischen den Kartellen noch zusätzlich. Gewalt spielt dabei ei- ne entscheidende Rolle, denn sie ist Kommunikations-, Sanktions- und Konflikt- lösungsinstrument zugleich (Maihold 2010: 1). Beunruhigend ist in diesem Zu- sammenhang auch das Erstarken von paramilitärischen Verbänden, welche einst die bewaffneten Arme einiger Kartelle darstellten und sich im Laufe des Konf- liktes selbstständig gemacht haben. Sie sind oftmals besser ausgestattet und aus- gebildet als die staatlichen Militärs und geben der Gewalt somit eine neue Quali- tät: „Die Zeit der traditionellen »sicarios« [Auftragsmörder], die außer Skrupel- losigkeit keine besonderen Fähigkeiten besitzen mussten, scheint zu Ende zu sein; jetzt setzen Paramilitärs die Standards im Gewaltgeschehen“ (Hoffmann 2009: 70). Zusätzlich werden sie durch illegale Importe US-amerikanischer Waffen gestärkt, welche aufgrund der liberalen Waffengesetze in einigen US- Bundesstaaten leicht nach Mexiko geschmuggelt werden können. Die Gewalt entwickelt indes eine Eigendynamik, welche die Kontrollmechanismen der Kar- telle überfordert und ein Ausufern der Gewalt immer weiter vorantreibt. Der mexikanische Staat kann aufgrund seines schwachen Gewaltmonopols und des ineffektiven Verwaltungs- und Justizapparat der um sich greifenden Gewalt kei- nen Einhalt gebieten. Durch massive Korruption sind seine Institutionen und Sicherheitskräfte von der Drogenökonomie infiltriert, was seine innere Struktur und seine Legitimation innerhalb der Bevölkerung schwächt. Zwar war das Ver- trauen der Mexikaner in ihre politische Führung durch siebzig Jahre der quasi autoritären Herrschaft der PRI (Partido Revolucionario Institucional) nie beson- ders groß gewesen, jedoch hatte sich seit dem friedlichen demokratischen Wan- del im Jahr 2000 eine Verbesserung in Aussicht gestellt (Schütze 2004: 241).

Durch den Krieg gegen die Drogenkartelle hat sich jetzt aber ein permanentes Gefühl der Unsicherheit eingestellt und die Wirksamkeit der staatlichen Strate- gie wird vermehrt in Frage gestellt (Hernández-Bringas/Narro-Robles 2010:

268). Die Gewalt ist zu einem Teil des alltäglichen Lebens geworden und trau- matisiert die gesamte mexikanische Gesellschaft.

(10)

3

1.1. Fragestellung

Diese Arbeit will am Beispiel Mexikos exemplarisch untersuchen, in welcher Weise und gestützt auf welche sozioökonomischen, politischen und gesellschaft- lichen Konstellationen sich eine funktionierende Drogenökonomie in einem Staat herausbilden kann und was die intensive Gewalt in einem Konflikt zwi- schen den Akteuren verursacht.

Durch die so erzielten Ergebnisse soll es am Ende der Arbeit möglich sein, die Gewaltanwendung im mexikanischen Drogenkrieg besser zu verstehen und Prognosen für die weitere Entwicklung des Konfliktes geben zu können.

1.2. Aufbau und Methodik

In einem ersten Schritt wird ein idealtypisches Modell entwickelt, welches die Beziehung zwischen Staat und der Funktionsweise der Drogenökonomie mit speziellem Fokus auf das Aufkommen von Gewalt verdeutlichen soll. Dazu werden auch die Logik der repressiven Strategie und die Reaktion der Drogen- ökonomie auf eine solche staatliche Intervention mit einbezogen.

In einem zweiten Schritt soll das Modell auf den mexikanischen Fall übertra- gen werden. Zuerst werden dazu die gesellschaftlichen Hintergründe beleuchtet, um die Determinanten für die Entwicklung der Drogenökonomie in Mexiko her- auszuarbeiten. Danach wird der Verlauf des Konfliktes beschrieben und insbe- sondere die Beziehungsmuster zwischen den verschiedenen Akteuren in den Fo- kus gerückt. Besonderes Augenmerk wird auch auf die verschiedenen Gründe für den Ausbruch und die Intensivierung der Gewalt gelegt. Außerdem wird die Reaktion der Bevölkerung mit in die Untersuchung einbezogen.

Im letzten Schritt sollen die so erlangten Erkenntnisse Prognosen zum weite- ren Verlauf des Konfliktes geben und so auch die spezielle Situation des mexi- kanischen Konfliktes herausheben.

Diese Arbeit nutzt zur Informationsgewinnung eine breite Palette von Se- kundär- und Zeitungsliteratur. Eine Reihe aktueller wissenschaftlicher Aufsätze zum Thema Drogenkrieg bilden dabei die Grundlage. Dies sind u.a. Texte von Bailey/Taylor 2009, Felbab-Brown 2009 und 2010, Brombacher 2010, Hoff- mann 2008 und 2009, Maihold 2010, Rice 2009, eine Veröffentlichung der Heinrich-Böll-Stiftung („Drogen Dollars Demokratie“ 2009) und eine Publikati- on der GTZ („Drugs and Conflict“ 2007). Auch die Monographie von Anne Huffschmid 2010 gibt viel Aufschluss über die aktuelle Situation in Mexiko.

Auch werden Werke zur Drogenproblematik in Kolumbien genutzt (Jäger et.al.

2007, Zinecker 2004).

Darüber hinaus eröffnet sich ein weites Feld von informativen und teilweise kritischen Artikeln in der aktuellen mexikanischen, internationalen und deut-

(11)

4

schen Presse, welche für diese Arbeit genutzt wurden. Dabei soll durch die Auswahl der Zeitungen einerseits die mexikanische Diskussion besser nachvoll- ziehbar sein (durch Artikel der mexikanischen Tageszeitung El Universal und der kritischen Wochenzeitschrift Proceso) und andererseits die internationale Perspektive auf die Ereignisse in Mexiko anhand der größten internationalen spanischsprachigen Tageszeitung El País, der amerikanischen Los Angeles Ti- mes und der deutschen Süddeutschen Zeitung aufgezeigt werden. So können auch die neuesten Entwicklungen im mexikanischen Konflikt mit einbezogen werden.

Zu den Mechanismen der Drogenökonomie und der repressiven Bekämp- fungsstrategie gibt es erstaunlich wenig Material und die vorhandenen Mono- graphien sind bereits aus den 1990er Jahren, was ihrer Aktualität und Qualität jedoch keinen Abbruch tut (Rasmussen/Benson 1994, Hartwig/Pies 1995). Für den Theorieteil wurden neben den thematischen Artikeln auch Werke von Waldmann 2002 und Schlichte 2005 und 2009 genutzt, sowie vielfältige Beiträ- ge aus Sammelbänden von Hölz/Zimmermann (Hg.) 2004, Graf/Stehnken (Hg.) 2008 oder Birle/Nolte/Sangmeister (Hg.) 2006, um die Situation der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Mexiko zu beschreiben. Einen einführenden Über- blick über das politische System, Geschichte und die demokratische Entwick- lung Mexikos geben Braig/Müller 2008 und Rehrmann 2005.

1.3. Forschungsstand

Es existiert eine Reihe theoretischer Konzepte, die versuchen, das schwierige Verhältnis von Staat, Drogenökonomie und Gewalt zu beschreiben. Bai- ley/Taylor 2009, Felbab-Brown 2009 und 2010, Huffschmid 2010 oder Brom- bacher 2010 gehen primär davon aus, dass das Verhältnis von Staat und Dro- genökonomie normalerweise ein eher friedliches Zusammenspiel ist, welches nur in Gewalt umschlägt, sobald das Marktgleichgewicht durch staatliche Inter- vention, wie Verhaftungen von ranghohen Angehörigen der Drogenmafia, ge- stört wird. So entsteht ein Machtvakuum, was ein Ungleichgewicht auf dem il- legalen Markt und dem Verhältnis von Staat und Drogenökonomie erzeugt (Bai- ley/Taylor 2009: 12). Rivalisierende Banden werden versuchen, die neue Situa- tion auf dem Markt zu nutzen, um ihre Macht gegenüber Konkurrenten und dem Staat zu erhalten oder zu vergrößern. Dies impliziert auch einen Anstieg der Gewalt, da dies das wichtigste Mittel der Konfliktlösung auf dem illegalen Markt ist (Felbab-Brown 2009: 5). Der Wandel des Verhältnisses der PRI zur lokalen mexikanischen Drogenökonomie wird im mexikanischen Kontext be- sonders thematisiert (Huffschmid 2010: 221).

(12)

5 Graubner (GTZ Veröffentlichung) versucht eine Verbindung von Drogen- ökonomie und Konflikten herzustellen und argumentiert, dass die illegale Öko- nomie sich bevorzugt in bereits schwachen Staaten niederlässt und gleichzeitig Grund für eine Schwächung des Staates aber auch Folge der staatlichen Schwä- che ist (Graubner 2007: 10ff.).

Einen anderen Ansatz verfolgen Autoren wie Zinecker 2004, Jäger et.al.

2007 (und indirekt Waldmann 2002 und Kurtenbach 2006). Sie sehen die Ursa- che für steigende Gewalt in Verbindung mit der Drogenökonomie hauptsächlich in der traditionell schwachen Staatlichkeit in Lateinamerika, welche sich in Form von alternativen Normencodes und von staatlicher Kontrolle entzogenen Regionen äußern. Der Begriff der Anomie, der Abwesenheit von verbindlichen Regeln und Rechtsprechung, wird hier oft als Folge der Entwicklungen benannt (Zinecker 2004: 11). Die Autoren sehen die Schwäche des Staates hinsichtlich seines eigenen Gewaltmonopols als eigentlichen Ausgangspunkt für die Etablie- rung einer Drogenökonomie und beziehen sich damit auf die traditionellen Kon- zepte von Staatlichkeit von Max Weber. Sie ergänzen somit den politökono- misch geprägten Ansatz, da sie auch auf die sozialen Ursachen für die Ausbrei- tung der Drogenökonomie verweisen. Jäger et. al. 2007 oder Azzelini 2002 be- leuchten den Umstand, dass die Drogenökonomie bestehende Konflikte zwi- schen der Regierung und bewaffneten Gruppen entscheidend verlängern und verschärfen kann (Azzelini 2002: 2). Eine erweiterte Perspektive über die Orga- nisation von bewaffneten Gruppen erörtert Schlichte 2009. Er bezieht sich zwar nicht direkt auf die illegale Drogenökonomie, verbindet aber wirtschaftliche In- teressen von kriminellen bewaffneten Gruppen mit soziologischen Rahmenbe- dingungen und Organisationprinzipien und erweitert den Begriff der Kriegsöko- nomie um eine soziologische Komponente (Schlichte 2009: 116).

Hoffmann 2009 erklärt das Aufkommen von Gewalt im mexikanischen Kon- flikt auf eine andere Weise und argumentiert, dass die Stagnation auf dem US- Drogenmarkt dazu führt, dass ein Konkurrenzkampf zwischen den Kartellen entbrannt ist, welcher durch die staatliche Intervention nur noch weiter ange- heizt wurde und nun eine Eigendynamik entwickelt hat, welche weder Staat noch Drogenkartelle kontrollieren können (Hoffmann 2009: 70).

Rasmussen/Benson (1994) und Hartwig/Pies (1995) haben sich intensiv mit der Logik und den Folgen der repressiven Drogenbekämpfungsstrategie beschäf- tigt. Diese eher wirtschaftlich geprägte Betrachtung der Drogenökonomie argu- mentiert, dass je weiter das staatliche Engagement geht, der illegale Markt umso flexibler und innovativer reagiert (Rasmussen/Benson 1994: 67f.). Daher schla- gen die intendierten Ziele der repressiven Drogenstrategie in das Gegenteil um (Hartwig/Pies 1995: 103ff.). Tokatlian/Briscoe 2010 haben sich in diesem Zu- sammenhang speziell mit den gesellschaftlichen Folgen der Strategie beschäf- tigt.

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