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Fingerkrafttraining für Kletterer: Anleitung

zur Verwendung eines Trainingsboards

Eva López-Rivera

Wer sich beim Klettern verbessern möchte, muss seine Fingerkraft trainieren. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die erfahrene Kletterin Eva López-Rivera erklärt, was man beim Training mit dem Hangboard beachten muss.

Die Hände sind wohl das Erste, was einem beim Thema Klettern in den Sinn kommt, und in diesem Fall wird der gesunde Menschenverstand tatsächlich durch die wis- senschaftliche Evidenz gestützt – zum Klettern braucht man kräftige Finger. Abgesehen von der zu erwarten- den Voreingenommenheit der Kletterer in dieser An- gelegenheit gibt es eine Unmenge an Fachliteratur zu diesem Thema. Muss die Fingerkraft spezifisch trainiert werden? Sollte es nicht ausreichen, einfach nur zu klet- tern? Wenn wir die erste Frage mit Ja beantworten, stellt sich uns eine weitere Frage: Wenn wir schon unsere Fin- ger beim Klettern einem gewissen Verletzungsrisiko aus- setzen, ist es da wirklich sinnvoll, sie durch spezielle Trai- ningsmethoden und -geräte zusätzlich zu belasten? Im Fol- genden werden wir versuchen, diese und andere Fragen zu beantworten.

Fingerkraft und Steigleistung

Wie in entsprechenden Untersuchungen gezeigt wurde, verfügen sowohl Profi- als auch Hobbykletterer über eine größere maximale Greifkraft als Nichtkletterer [2][6]. Ein unmittelbarer Zusammenhang besteht auch zwischen der maximalen Greifkraft und der Kletterfähigkeit [13] bzw.

zwischen der erhöhten Ermüdungsresistenz der Finger- flexoren und der Steigleistung [5], welche die Autoren daher zu den wichtigsten Prädiktoren für die Kletterleis- tung zählen.

In praktischer Hinsicht hängt der Schwierigkeitsgrad einer Kletterroute teilweise von der Form und Tiefe ihrer Griffe ab, die häufig nur eine Phalanx (Fingerglied) oder weniger tief sind. Aber auch tiefere Griffe erfordern eine enorme Fingerkraft, wenn sie sich in einer sehr steilen oder über- hängenden Route befinden. Daneben gibt es noch weite-

re Faktoren, die verständlich machen, warum ein Kletterer eine hohe Greifkraft haben muss, z. B. die Beschaffenheit der Tritte und der Abstand zwischen den Griffen.

Fingerkraft und Verletzungsprävention

Fingerverletzungen gehören zu den häufigsten Verlet- zungen beim Felsklettern [18]. So stellt sich natürlich die Frage, ob und wie man diesen Verletzungen vorbeugen könnte. Was wir dazu brauchen, sind aktuelle Forschungs- ergebnisse zu dieser Art von Verletzungen, z. B. zu den Ri- sikofaktoren. Kritische Reviews aus jüngerer Zeit [7][14]

[16][17] haben gezeigt, dass

▪ bei Kletterern die Prävalenz von chronischen Be- schwerden aufgrund von Überbelastung höher ist als die von akuten Verletzungen und dass

▪ zunehmendes Alter, Klettererfahrung (in Jahren) und höhere Kletterintensität zu den Risikofaktoren zählen.

Andererseits konnte nachgewiesen werden, dass je nach Sportart und Interventionsmethode die Verletzungsrate um 54–65 % gesenkt werden kann [15]. Der einfachste und effektivste Weg, dieses Ziel zu erreichen, ist das Kraft- training [11]. Untersuchungen der Knochen [8] und des Bindegewebes von erfahrenen Kletterern (Flexorsehnen, Ringbänder, Kollateralbänder und Gelenkkapseln) [19]

haben gezeigt, dass regelmäßige Belastung zu langfris- tigen Adaptionen führt [4]. Aus diesem Grund wurde die Vermutung geäußert, dass im Hinblick auf die Verletzungs- gefahr eine dauerhafte geringere Belastung ein Risikofak- tor sein könnte [10].

Alles in allem spricht nichts dagegen und vieles dafür, dass Fingertraining auf dem neuesten methodologischen

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Update

Stand und bei angemessener Periodisierung dazu beitra- gen kann, Fingerverletzungen vorzubeugen.

Trainingsboard: Wem kann es empfohlen werden?

Das wohl beliebteste Trainingsgerät der Kletterer ist das sogenannte Trainingsboard (manchmal auch als Hang- oder Fingerboard bezeichnet, ▶Abb. 1, ▶Abb. 2). An ihm können Übungen wie Dead Hangs oder das Hängen an schmalen Leisten trainiert werden [20]. Wie lange ein Kletterer maximal ohne Unterbrechung an einer Leiste hängen kann, ist ein guter Prädiktor für seine Hand-Arm- Kraft und Ausdauer und somit für seine Steigleistung [2]

[12][13].

Es müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein, bevor mit diesem spezifischen und sehr intensiven Trai- ning begonnen werden kann:

▪ Der Kletterer sollte mehr als zwei Jahre systema- tisch geklettert und trainiert haben. Systematisch bedeutet hier, mit einer gewissen Konstanz und Re- gelmäßigkeit 2–3-mal pro Woche zu trainieren oder zu klettern; dies gilt insbesondere für das letzte Jahr, da die meisten Kletterer während der ersten Jahre die Ausübung ihres Sports eher „locker“ angehen. Diese Voraussetzung muss auch deshalb erfüllt sein, weil sich zwar die Muskeln innerhalb weniger Monate an die sportartspezifischen Anforderungen anpassen können, andere anatomische Strukturen wie Gelenk- kapseln und -knorpel, Sehnen und Bänder für Adap- tionen jedoch mitunter mehrere Jahre brauchen [4].

Nach unserer Erfahrung und laut der Fachliteratur dauert es 2–3 Jahre, bis Dead Hangs sicher und ge- fahrlos möglich sind.

▪ Der Kletterer sollte über ein durchschnittliches technisch-taktisches Repertoire verfügen. Wenn nicht viel Zeit für das Training zur Verfügung steht, besteht die Gefahr, dass zugunsten des spezifischen Fingertrainings die Arbeit an der Klettertechnik ver- nachlässigt wird. Technische Fortschritte können

durch Training in der Sporthalle erzielt werden und sind gerade in den ersten Jahren enorm wichtig.

▪ Der Kletterer sollte 16 Jahre oder älter sein, das heißt, es sollten keine Wachstumsschübe mehr zu erwarten sein. Es besteht ein Zusammenhang zwi- schen intensivem Fingertraining bzw. der Anwendung des aufgestellten Griffs (Crimp Grip) vor der Puber- tät und der Inzidenz von schweren Verletzungen wie epiphysären Frakturen und früher Osteoarthritis [3]

[9].Die gefährlichste Phase ist der Wachstumsschub, der bei Mädchen im Alter von 11–12 Jahren und bei Jungen im Alter von 13–14 Jahren stattfindet. Das er- höhte Verletzungsrisiko bleibt bestehen, bis sich die Wachstumsfugen geschlossen haben.

▪ Der Kletterer sollte verletzungsfrei sein. Leichtere Verletzungen brauchen mindestens 2 Monate, um zu verheilen; bei schwereren Verletzungen kann es 6 Monate oder länger dauern. Sobald die subakute Phase vorbei ist und das Rekonditionierungstraining beginnt, sind Dead Hangs jedoch nicht zwangsläu- fig ausgeschlossen. Mithilfe eines erfahrenen Physio- therapeuten kann der Kletterer ein systematisches Übungsprogramm absolvieren und unterstützte Dead Hangs (mit Gummibändern oder Seilzug) an tie- fen abgerundeten Griffen üben. Bei diesen Trainings- programmen handelt es sich jedoch ausdrücklich NICHT um die Programme, die in diesem Text emp- fohlen werden.

▶Abb. 1 Das Trainingsboard Transgression hat Eva López entwickelt. Die Leisten haben eine Breite von 6–18 mm und ermöglichen so ein systematisches Training der Fingerkraft. (Quelle: © E. López)

▶Abb. 2 Eva López beim Training an dem von ihr ent- wickelten Traingsboard. (Quelle: © Javipec)

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▪ Die Fingerkraft des Kletterers darf nicht zu gering sein. Sie kann mithilfe des folgenden Tests bewer- tet werden: Kann der Kletterer 15 Sekunden lang an einem 25 Millimeter (anderthalb Fingerglieder) tiefen Griff hängen, ist er bereit, seine Greifkraft durch Dead Hangs zu trainieren. Ein Testergebnis von weniger als 15 Sekunden deutet darauf hin, dass in diesem Stadi- um das Klettern an sich schon stimulierend genug ist und Trainingsübungen wie Dead Hangs nicht erfor- derlich sind.

Richtlinien für eine effiziente Technik

Es gibt nicht die eine „perfekte Technik“, die jeder Klette- rer erlernen sollte. Im Einzelfall hängt die optimale Tech- nik sowohl von Umweltfaktoren als auch von individuel- len Faktoren ab, z. B. Anthropometrie, Körperhaltung, Trainingserfahrung und anderen. Es gibt jedoch einige grundsätzliche Richtlinien, um die Hängetechnik effizien- ter und sicherer zu machen:

▪ Griffweite: schulterbreit oder ein wenig breiter

▪ Schaukeln vermeiden: Stellen Sie sich unter dem Griff oder knapp davor auf; legen Sie die Hand auf den Griff und bewegen Sie sich vorwärts, bis sich Ihr Körperschwerpunkt genau unterhalb des Griffs befin- det; verlagern Sie das Körpergewicht von den Füßen auf die Hände, spannen Sie die Körpermitte an; zie- hen Sie dabei den Bauch ein und winkeln Sie die

Knie so weit an, wie Sie es als angenehm empfinden (▶Abb. 3).

▪ Die Ellbogen bleiben gestreckt und zeigen nach innen: Hängen mit gebeugten Ellenbogen ist in- effizient, weil es die entsprechenden Muskeln und Gelenke unnötig belastet – es sei denn, man will die Ellenbogenflexoren trainieren.

▪ Die Ellbogen nicht auseinanderspreizen: Das Nach- lassen der Außenrotation und das Anheben der Ell- bogen im „Hühnerflügel“-Stil ist ein biomechanischer Trick, um Ermüdung oder eine zu hohe Belastung zu kompensieren. Dieser Trick kann gelegentlich als Not- lösung sinnvoll sein, sollte jedoch nicht zur Gewohn- heit werden, da er langfristig zu lateraler Tendino- pathie, Ulnariskompression oder Nackenschmerzen führen kann.

▪ Aktives Hängen: Beim aktiven Hängen werden be- stimmte Schultermuskeln eingesetzt (vor allem der untere Teil des M. trapezius), um passive Struktu- ren wie Gelenkkapseln und Bänder zu entlasten. Kör- perspannung und die Atemkontrolle sind ebenfalls wichtig.

▪ Ausrichtung des Kopfes: Ein gelegentlicher kurzer Blick auf die Hände ist unproblematisch, aber der Hals sollte nicht länger überstreckt bleiben als nötig, da diese Position zu Beschwerden führen kann.

▶Abb. 3 Um beim Dead Hang am Trainingsboard nicht zu schaukeln, stellt man sich zunächst so hin, dass der Körperschwerpunkt sich genau unterhalb des Griffs befindet. Anschließend spannt man die Rumpfmuskulatur an und winkelt schließlich die Knie so an, wie man es als angenehm empfindet. (Quelle: ©Eva López-Rivera; graf. Umsetzung: Thieme)

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Update

Grundlegende Trainingsmethodologie

Erstbewertung und Zielsetzung

Welche Methode und Periodisierung für das Training am Board gewählt wird, hängt von zwei Faktoren ab: zum einen davon, wie individuelle Eigenschaften wie Trainings- erfahrung, Alter, Verletzungsvorgeschichte oder Finger- kraft bewertet werden; zum anderen davon, welche Ziele erreicht werden sollen. Soll beispielsweise nur eine einzel- ne Griffart wie der halb aufgestellte oder der offene Griff verbessert werden, oder sollen beide Griffe gleichermaßen trainiert werden? In letzterem Fall ist natürlich mehr Trai- ning erforderlich, und die beiden Griffe werden sich weni- ger stark verbessern als bei einem Training, das sich aus- schließlich auf eine einzige Griffart konzentriert.

Trainingsbelastung bei Dead Hangs

Die angemessene Belastung ergibt sich aus der Kombinati- on zweier Faktoren: dem Umfang (Anzahl der Sets) und der Intensität einer Übung und den Erholungspausen zwischen den einzelnen Sets. Die Intensität wird durch die Hänge- dauer und den zeitlichen Spielraum bis zum Muskelversa- gen bestimmt. Im Folgenden werden verschiedene Trai- ningsmethoden beschrieben, die sich aus den Interaktio- nen dieser Variablen ergeben.

Maximales Hängen (MaxHangs)

Diese Methode dient der Maximierung der Greifkraft.

Dies geschieht in erster Linie durch neurale Adaptionen, die durch eine hohe mechanische Zugbelastung induziert werden. Im traditionellen Gewichttraining muss sich die Überbelastung mit der Anzahl der Wiederholungen pro Set decken. Jede Trainingsmethode des Dead Hangs ist den- selben Einschränkungen unterworfen, aber es gibt zwei Möglichkeiten, mit diesen Einschränkungen umzugehen:

Maximales zusätzliches Gewicht (MAW). Die Intensität wird durch zusätzliches Gewicht erhöht (das für ge- wöhnlich an einem Gürtel befestigt wird), während die Griffgröße oder die Leistentiefe gleich bleiben.

Wie viel Gewicht hinzugefügt wird, hängt von der an- visierten Hängedauer und dem zeitlichen Spielraum vor dem Muskelversagen ab. Im Allgemeinen ist es ratsam, mit einer Leistentiefe von ungefähr einer Fin- gerbeere (18–20 mm) zu beginnen und die Leisten- tiefe erst dann zu verringern, wenn bei der ursprüngli- chen Tiefe die Greifkraft nur noch durch eine unprak- tikable Menge an zusätzlichem Gewicht verbessert werden könnte.

Minimale Leistentiefe (MED). Die Größe oder der Schwierigkeitsgrad des Griffs wird verändert, wobei eine Leistentiefe oder – im Fall eines Auflegers (Sloper) – ein Winkel gewählt wird, der es ermöglicht, die gewählte Hängedauer und den zeitlichen Spiel- raum bis zum Muskelversagen einzuhalten.

Bei dieser Trainingsmethode ist die Intensität üblicherwei- se hoch (80 % und mehr) und die Hängedauer kurz, wobei immer ein Puffer bis zum Muskelversagen eingeplant wer- den muss. Die Pausen müssen so lang sein, dass eine voll- ständige Erholung möglich ist (▶Tab. 1).

Intermittierendes Hängen (IntHangs) und submaximales Hängen (SubHangs)

Diese Trainingsmethoden erhöhen nicht nur die Muskel- ausdauer, sondern bewirken auch eine Kräftigung der Muskeln, vermutlich aufgrund von Hypertrophie, die auf das Zusammenwirken von zwei Faktoren zurückzuführen ist: mechanische Zugbelastung und metabolischer Stress [12]. Die Intensität liegt bei 70–80 %, der zeitliche Spiel- raum oder Puffer für jedes Set ist vernachlässigbar. Die Er-

▶Tab. 1 Beschreibung der verschiedenen Trainingsmethoden.

Methode Belastungsart Anzahl der Sets

Anzahl der Wiederholungen pro Set

Griff- größe [mm]

Hänge- dauer [s]

Spielraum bis zum Muskelversagen (Puffer) [s]

Pause zwi- schen Wieder- holungen [s]

Pause zwischen Sets [min]

Maximales Hängen (MaxHangs)

maximales zusätzliches Gewicht (MAW)

2–8 1 6–20 3–15 1–5 3–5

minimale Leis- tentiefe (MED)

2–8 1 3–15 1–5 3–5

Submaxima- les Hängen (SubHangs)

maximales zusätzliches Gewicht (MAW)

3–8 1 6–20 18–45 fast 0 0,5–2

minimale Leis- tentiefe (MED)

3–8 1 18–45 fast 0 0,5–2

Intermit- tierendes Hängen (IntHangs)

maximales zusätzliches Gewicht (MAW)

3–8 4–5 10–20 5–15 fast 0 bei der letz-

ten Wiederholung des letzten Sets

3–30 1–3

minimale Leis- tentiefe (MED)

3–8 4–5 5–15 3–30 1–3

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wünschte Intensitätsniveau aufrechtzuerhalten (▶Tab. 1).

Bestimmung der optimalen Belastung

Das Management oder die Steuerungder Belastung ist der wichtigste Aspekt des Trainings. Um die gewünschten Trai- ningsziele zu erreichen und Verletzungen zu vermeiden, muss nicht nur die Gesamtbelastung einer Trainingssessi- on angemessen veranschlagt werden, sondern auch die Belastung für jedes Set und jede Wiederholung.

Ein Beispiel: Bei 2–3 Aufwärmsätzen hat ein Kletterer fest- gestellt, dass er 10 Kilogramm Zusatzgewicht für eine Übungsreihe von vier 10-sekündigen Sets mit einem Puf- fer von 2 Sekunden verwenden sollte. Bei den ersten bei- den Sets gibt es keine Probleme, aber das dritte Set endet fast mit einem Muskelversagen. Daher muss er die Belas- tung für das vierte Set reduzieren. Umgekehrt gilt, dass das zusätzliche Gewicht gesteigert werden kann, wenn sich der Puffer länger anfühlt, als er ursprünglich geplant war. Bei der MED-Variante kommt dieselbe Strategie zum Einsatz, nur eben bezogen auf die Veränderung der Leis- tentiefe.

Planung des Fingertrainings

Wie kann das Training am Board in den allgemeinen Trainingsplan integriert werden?

Bei umfangreichen Trainingssessions mit vielen unter- schiedlichen Aktivitäten sollten Dead Hangs die erste Übung nach dem Aufwärmen sein. MaxHangs sollten vor- zugsweise im Rahmen anderer Aktivitäten zur Muskelkräf- tigung praktiziert werden, z. B. Bouldern und allgemeine Leistungsverbesserung, während IntHangs und SubHangs an Tagen, an denen die Ausdauer im Mittelpunkt steht, mit spezifischen Workouts an der Wand kombiniert werden können, z. B. Intervalltraining, Etappenklettern oder kon- tinuierliches Klettern.

Kletterer, die nicht bereits über eine außerordentliche Fin- gerkraft verfügen, sollten beim Training mit MaxHangs beginnen. Darauf folgen submaximales und intermittie- rendes Hängen, um die Ausdauer zu verbessern und die durch Hypertrophie induzierte Muskelkräftigung zu för- dern. Zum Beispiel: 8 Wochen MaxHangs, 2 Wochen ohne Training am Board und dann 8 Wochen submaximales oder intermittierendes Hängen. Der Grundgedanke hinter die- ser Reihenfolge ist, dass zunächst die Muskelkraft trainiert werden soll, damit bei den folgenden Übungen eine hö- here Intensität (kleinere Griffe oder mehr zusätzliches Ge- wicht) erreicht werden kann, was letztendlich zu einer grö- ßeren Steigleistung führt.

Für erfahrene Sportler und herausragende Kletterer kann die Kombination mehrerer Methoden in einer Woche eine interessante Strategie sein.

Im Allgemeinen ist es ratsam, sich an die Regel der „minimal effektiven Dosis“ zu halten [1], was bedeutet, zunächst die einfachste Methode und die geringste Belastung zu wählen, die noch eine positive Wirkung haben. Mit der Zeit nehmen Erfahrung und Leistungsfähigkeit durch die Anwendung und Sequenzierung unterschiedlicher Methoden und Intensitä- ten zu, bis schließlich der Punkt erreicht wird, an dem die Leistungskurve abflacht und ein anderer Trainingsansatz nötig wird, der wie in ▶Tab. 1 dargestellt einen größeren Umfang und eine höhere Intensität beinhaltet.

Für einen Anfänger kann es beispielsweise schon ausreichen, 2 Sets à 12 Sekunden mit einem Puffer von 3 oder 5 Sekun- den in der MED-Variante zu machen, um Fortschritte zu er- zielen. Ein Profikletterer hingegen wird eher 8 Sets der MAW- Variante absolvieren, bei denen er jeweils nur 3–5 Sekunden an einer Leiste von 6–10 Millimeter Tiefe hängt (statt der für Anfänger dieser Methode empfohlenen 18–20 Millimeter).

Tab. 2 und ▶Tab. 3 enthalten auf Forschungsarbeiten [12][13] basierende Vorschläge für die wöchentliche Pe- riodisierung von Umfang und Intensität.

Beispiel eines Wochenplans für das Training an einem Board für Kletterer mit geringer bis hoher Fingerkraft

▶Tab. 2 Exemplarische Trainingsplanung für Dead Hangs für Anfänger und Kletterer mit geringer Fingerkraft*.

Woche Tag 1 Tag 2 (48–72 Stunden nach Tag 1)

1 2 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

2 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

2 3 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

3 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

3 4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

4 4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (5): 3 min

5–6 Erholungspause

7 3 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

3 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

8 4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

9 4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

4 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

10 5 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

5 Sets × MaxHangs MED × 12 s (3): 3 min

* kann weniger als 10 Sekunden an einer 10-mm-Leiste hängen MaxHangs = maximales Hängen; MED = Variante minimale Leistentiefe;

(5) = 5 Sekunden als zeitliche Reserve vor dem Muskelversagen, das heißt, der Kletterer wählt eine Leistentiefe, an der er 17 Sekunden lang bis zum Muskelversagen hängen kann, was auf eine tatsächliche Hängedauer von 12 Sekunden hinausläuft (17 Sekunden minus 5 Sekunden Puffer)

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Update

▶Tab. 3 Trainingsplan für Dead Hangs für Kletterer mit mittlerer bis hoher Fingerkraft* und ausreichender Erfahrung mit Dead Hangs.

Woche Tag 1 Tag 2 (48–72 Stunden

nach Tag 1)

1 3 Sets × MaxHangs MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min

3 Sets × MaxHangs MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min 2 4 Sets × MaxHangs

MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min

4 Sets × MaxHangs MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min 3 5 Sets × MaxHangs

MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min

5 Sets × MaxHangs MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min 4 5 Sets × MaxHangs

MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min

5 Sets × MaxHangs MAW × 18 mm × 10 s (3):

3 min

5 Erholungspause

6 3 Sets × MaxHangs MED × 10 s (3): 3 min

3 Sets × MaxHangs MED × 10 s (3): 3 min 7 4 Sets × MaxHangs

MED × 10 s (3): 3 min

4 Sets × MaxHangs MED × 10 s (3): 3 min 8 5 Sets × MaxHangs

MED × 10 s (3): 3 min

5 Sets × MaxHangs MED × 10 s (3): 3 min 9 5 Sets × MaxHangs

MED × 10 s (3): 3 min

5 Sets × MaxHangs MED × 10 s (3): 3 min

* kann länger als 40 Sekunden an einer 18-mm-Leiste hängen

MaxHangs = maximales Hängen; MAW = Variante

„maximales zusätzliches Gewicht“; MED = Variante „mini- male Leistentiefe“; (3) = 3 Sekunden als zeitliche Reserve vor dem Muskelversagen, das heißt, der Kletterer wählt eine Leistentiefe, an der er 13 Sekunden lang bis zum Muskelversagen hängen kann, was auf eine tatsächliche Hängedauer von 10 Sekunden hinausläft (13 Sekunden minus 3 Sekunden Puffer)

Interessenkonflikt

Die Autorin war an der Entwicklung der im Artikel genannten Kletterboards beteiligt.

Autorinnen/Autoren

Eva López-Rivera

Eva López-Rivera, PhD („Sports Performance“), hat einen Abschluss als Bachelor in Sport- wissenschaft. Sie ist Mitglied der interna- tionalen Felsklettern-Forschungsgruppe CHIPPER, Klettertrainerin und Beraterin für

„Sports Performance“. Als Kletterin erreichte sie einen maximalen Rotpunktgrad von 8c + und 8a onsight.

Sie ist Entwicklerin der Trainingsboards Progression und Transgression.

Korrespondenzadresse

Eva López-Rivera

E-Mail: evalopezblog@gmail.com

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© 2021. Thieme. All rights reserved.

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